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Vergütungsanspruch des Notars für Erstellung eines Zweitentwurfs

LG Frankfurt (Oder), Az.: 19 T 120/15, Beschluss vom 02.09.2016

Der Kostenprüfungsantrag des Antragsstellers betreffend die Kostenrechnung des Notars….., vom 3.7.2014, Rechnungsnummer…, wird zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert für das Verfahren wird auf 534,31 € festgesetzt.

Gründe

I.

Unter dem 28.5.2014 beauftragte die Antragstellerin den Notar mit der Fertigung eines Vertragsentwurfs. Dies geschah durch eine vom Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin an den Notar gerichtete eMail vom 28.5.2014, welche unter anderem nachfolgenden Inhalt hatte:

„Sehr geehrter Herr Notar Dr. ….

namens und in anwaltlich versicherter Vollmacht für Frau A. S. bitte ich Sie, den Entwurf einer Urkunde zu fertigen. Ich werde bei der Beurkundung Frau S. begleiten, weshalb ich auf Sie gekommen bin (Wohnort an der 5 2, in B.).

Es geht um das Objekt

 

………, Wohnungsgrundbuch C. Blätter…….., derzeitiger Eigentümer

zu 1/10 Dr. R. S. (Ehemann)

zu 1/10

B. GmbH (Alleingeschäftsführer T. F.)

zu 8/10

A. S.

(Grundbuchauszug anbei)

Meine Mandantin und ihr Mann Dr. S. wohnen in dem Objekt.

Meine Mandantin möchte das restliche 1/10 von der B. GmbH bzw. von Herrn T. F. erwerben. T. F. ist ihr Sohn.

Die Leistung meiner Mandantin soll in einer Zahlung von 80.000,- Euro bestehen, wobei Einigkeit besteht, dass der 1/10 Anteil einen Verkehrswert nur von 10.000,- bis 12.000,- Euro hat. Die Gegenleistung von T. F. besteht daher ergänzend

– in einem Pflichtteilsverzicht

– in der Beibringung einer Löschungsbewilligung hinsichtlich einer erstrangig auf der Wohnung lastenden, noch in Höhe von rund 80.000,- Euro valutierender Grundschuld über 83.600,- Euro zugunsten von T. F., abgetreten an die B. GmbH.

Die Grundschuld war seinerzeit eingetragen worden, weil Herr F. seiner Mutter ein Darlehen gewährt hat.

…. will und braucht das Geld. Die familiären Verhältnisse sind angespannt; Sinn und Zweck der Transaktion besteht darin, wirtschaftlich endgültig reinen Tisch zwischen Mutter und Sohn zu machen.

Die Personalien:

………

Aktueller WEG-Verwalter:

………….

Vergütungsanspruch des Notars für Erstellung eines Zweitentwurfs
Symbolfoto: Von Africa Studio /Shutterstock.com

Die konkrete Gestaltung der Urkunde überlässt meine Mandantin Ihnen. Beide Seiten möchten möglichst zügig beurkunden, weil der Sohn seiner Tochter täglich wegen des Geldes zusetzt und Frau S. nervlich bereits mitgenommen ist.

Bitte setzen Sie sich wegen Rückfragen und ergänzender Unterlagen jederzeit mit mir in Verbindung.“

Hierauf erstellte der Notar einen Vertragsentwurf und übersandte diesen unter dem 5. Juni 2014 dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin per eMail.

In dem Vertragsentwurf sind als Beteiligter Herr T. F. – sowohl im eigenem Namen als auch als Geschäftsführer für die B. GmbH handelnd – sowie die Antragstellerin aufgenommen. Im Vertragsentwurf wurde zugrunde gelegt, dass die B. GmbH an die Antragstellerin ein 1/10 Miteigentumsanteil am Wohnungseigentum verkauft und ein Kaufpreis von 80.000,- Euro vereinbart ist. Wegen der Einzelheiten wird auf den Vertragsentwurf verwiesen (Bl. 17 ff. d.A.).

Der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin antwortete mit eMail vom 6.6.2014 auf den übersandten Vertragsentwurf unter anderen wie folgt:

 „Sehr geehrter Herr Kollege Dr. ….,

vielen Dank für die Übersendung des Vertragsentwurfes.

Von Herrn F. kommt jetzt noch die aus der Anlage ersichtliche Urkunde, wonach die B. GmbH bereits am 9. April 2014 den 1/10 Miteigentumsanteil an der Wohnung an Herr T. F. verkauft hat, allerdings wohl bisher ohne jeden grundbuchlichen Vollzug.

Wir bitten, dies einzuarbeiten.

Dementsprechend ist dann wohl der Verkäufer Herr T. F. und nicht mehr die GmbH. Infolgedessen würde es sich nicht mehr um ein Verbrauchergeschäft handeln, sodass ohne Beachtung einer Frist grundsätzlich sofort beurkundet werden kann. Die Parteien wünschen dies ausdrücklich.

Außerdem bitte ich um Überprüfung, ob es möglich ist, die Zahlung von 80.000,- € nicht in voller Höhe als Kaufpreis anzugeben, sondern nur in Höhe von 8.000,- €‚ da der Wohnungsanteil keinesfalls auch nur annähernd 80.000,- € wert ist. Die Zahlung dient im Grunde dazu, die Grundschuld abzulösen, im Gegenzug schenkt Herr F. den Wohnungsanteil und erklärt den Pflichtteilsverzicht.

Die Löschungsbewilligung für die Grundschuld liegt Herrn F. wohl bereits in beurkundeter Form vor.“

Ferner wandte sich die Antragstellerin zusammen mit ihrem Ehemann mit einem Faxschreiben vom 12.6.2014 direkt an den Notar. In diesem Schreiben heißt es unter anderem:

„Sehr geehrter Herr Dr. …,

Sie haben sich sehr viel Mühe mit dem Schriftsatz gegeben und vieles bis ins Detail erarbeitet und geregelt. Wir hoffen, dass wir mit diesem Fax einen kleinen Beitrag zur Vermeidung evtl. Missverständnisse leisten können.

Wir stimmen mit Ihnen absolut darin überein, dass alle Vereinbarungen richtig und vollständig beurkundet sein müssen (vgl. S. 10 d. Entwurfs).

Der Sohn meiner Frau, T. F., möchte seiner Mutter, A. S., seinen 1/10-Miteigentumsanteil schenken, nicht verkaufen. Somit ist er der Schenker, seine Mutter die Beschenkte.

Diese Bezeichnung erachten wir als geeigneter, zumal nichts ver- bzw. gekauft wird. Deshalb sollte es kein Kaufvertrag sein, da unter Verwandten keine Grunderwerbssteuer anfällt. Deshalb sollte es auf S. 2 oben als Generalüberschrift ggf so heißen:

Übertragung von Miteigentumsanteilen an einer Eigentumswohnung, Löschung der bestehenden Grundbuchschuld und Pflichtteilsverzichtsvertrag.Dann wäre das erste Kapitel: I. Übertragungsvertrag von Miteigentumsanteil durch Schenkung. Leider ist aber auf der Seite 2 die Garage nicht erwähnt: Blatt 36972; 3,28/10.000stel; Nr. 254. Wir glauben, dass es auch wichtig ist, Herrn Dr. R. S., geboren am .. 1939, wohnhaft in B., H. (unter 3. auf S. 2 d. Entwurfs) aufzunehmen.

Darüber hinaus ist mit Herrn F. (Geschäftsführer der B.) vereinbart worden, dass die Grundbuchschuld in Höhe von 83.6000,- Euro (aus dem Jahre 2005) durch diese Beurkundung nun – mehr durch eine einmalige Zahlung eines Ablösebetrages in Höhe von 80.000,- Euro an die B. (derzeitiger Gläubiger) des Ehepaar S. abgelöst wird. Dann sollte aus § 3 (S. 4) des Entwurfes werden: Il. Ablösung der Grundbuchschuld. Dieses Kapitel ist von der Sachlage her unabhängig von Kapitel I. Wir erlauben uns hierfür folgenden Textvorschlag:

Für einen einmaligen Ablösebetrag in Höhe von 80.000,- Euro lösen die Schuldner, Frau A. S. und Herr Dr. R. S., die im Grundbuch Abt. III, lfd. Nr. 2 zu Gunsten der B. (Gläubiger) eingetragene Grundbuchschuld ab. Dann sollten auch die Bezeichnungen Ablösevertrag, Gläubiger und Schuldner durchgängig sein. Sollten Sie, sehr geehrter Herr Dr. K., unseren Vorschlägen folgen, dann würde aus Kapitel II. d. Entwurfs neu III. usw. werden.

Wir sind der Meinung, dass gewiss einige Absätze des Entwurfs entfallen können, da sie Sachverhalte beschreiben, die u. E. nicht gegeben sind. Dieses sind z.B. § 6 (S. 7 u. 8), § 9 c) (S. 9) und § 12 (S. 11), da wir bereits seit 2005 diese Eigentumswohnung bewohnen und wir gegenüber der Eigentümergemeinschaft bzw. Verwalter alle Pflichten – auch die von Herrn F. – wahrnehmen. Die in Ihrem Notariat entstehenden Kosten trägt Herr F. Wir hoffen, Ihnen etwas geholfen zu haben, damit alles schneller zum Ende gebracht werden kann. Für weitere Klärungen stehen Ihnen RA Herr M. und wir gerne zur Verfügung.“

Unter Berücksichtigung dieser Schreiben vom 6.6. und 12.6.2014 überarbeitete der Notar den erstellten Vertragsentwurfs. Unter anderem nahm er im überarbeiteten Entwurf Dr. R. S. als weiteren Beteiligten mit auf und legte zugrunde, dass der Miteigentumsanteil an der Wohnung von Herrn T. der Antragstellerin „überlassen“ wird. Es wurde ein einheitlicher Abfindungsbetrag von 80.000,- € für die Überlassung des Miteigentumsanteils sowie für den von Herrn T. F. erklärten Pflichtteilsverzicht angenommen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den überarbeiteten Vertragsentwurf verwiesen (Bl. 46 ff. d.A.).

Der Notar übermittelte den überarbeiteten Vertragsentwurf dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin per eMail unter dem 25.6.2014. Hierauf teilte der Verfahrensbevollmächtigte mit einer eMail vom 30.6.2914 dem Notar mit, dass aufgrund des bekannten Zeitdrucks bereits am 27.6.2014 eine Beurkundung vor einem anderen Notar erfolgt sei. Der Verfahrensbevollmächtigte verwies insbesondere darauf, dass ein Notarwechsel notwendig gewesen sei, da ein weiteres Zuwarten zu einem Schaden geführt hätte. Er monierte insoweit, dass sich das Verfahren bei dem Notar Dr. … entgegen einer vorherigen Zusicherung vor dem Hintergrund des zum Ausdruck gebrachten Eilbedürfnisses zu lange hingezogen habe.

Der Notar rechnete sowohl den ersten Vertragsentwurf (Rechnungsnummer 10078) als auch den überarbeiteten Vertragsentwurf (Rechnungsnummer 10079) unter dem 3.7.2014 gegenüber der Antragstellerin ab. Die Abrechnung der verfahrensgegenständlichen Kostenrechnung vom 3.7.2014 gestaltet sich wie folgt:

………………………

Die Kostenrechnung für die Erstellung des ersten Entwurfs über 539,67 € brachte die Antragstellerin gegenüber dem Notar zum Ausgleich. Den verfahrensgegenständlichen Rechnungsbetrag zur Rechnungsnummer 10079 glich die Antragstellerin unter dem 1.4.2015 zur Vermeidung einer Zwangsvollstreckung aus und vertritt hier die Ansicht, keine zweite Entwurfsgebühr für den überarbeiteten Entwurf zu schulden. Hierfür fehle es an einer Rechtsgrundlage, da der Notar lediglich mit der Fertigung eines Entwurfs beauftragt gewesen sei. Die Änderungen im zweiten Vertragsentwurf seien nur deshalb veranlasst gewesen, weil es der Notar versäumt habe, sich vor Erstellung des ersten Entwurfs über die wirtschaftlichen Interessen der Vertragsbeteiligten zu informieren. Es könne nicht sein, dass der Notar, statt hinreichende Betreuungstätigkeit zu entfalten, für eine Sache mehrere Vertragsentwürfe fertige, welche jeweils einzeln bezahlt werden müssten. Auch sei beachtlich, dass der Notar seine terminlichen Zusagen nicht eingehalten habe, sodass der Notarwechsel veranlasst gewesen sei und der Antragstellerin hierdurch ein Schaden in Form einer nicht in der Beurkundungsgebühr aufgehenden Entwurfsgebühr entstanden sei. Entgegen der Ansicht des Notar sei die Fertigung des zweiten Entwurfs auch nicht auf fehlerhafte Sachverhaltsangaben zurückzuführen. Insofern sei zu beachten, dass im Beurkundungsauftrag vom 28.5.2014 von einem Kaufvertrag nicht die Rede gewesen sei und man angegeben habe, dass der Erwerb des Wohnungsanteils von der B. GmbH bzw. von Herrn T. F. habe erfolgen sollen. Auch sei die Gegenleistung nicht als Kaufpreis bezeichnet worden. In diesem Zusammenhang sei jedenfalls auch beachtlich, dass es sich um ein eher atypisches Geschäft gehandelt habe, sodass der Notar hätte veranlasst sein müssen, sich etwaige weitere notwendige Informationen zu beschaffen. Für den Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin sowie für die Antragstellerin selbst sei der Notar im Übrigen für eine weitere Klärung in Abstimmung an einer Vielzahl von Tagen telefonisch nicht erreichbar gewesen. Jedenfalls habe der 1. Entwurf wegen seiner Fehlerhaftigkeit überarbeitet werden müssen, weil dieser unzutreffend als Kaufvertrag bezeichnet gewesen sei, weil die Garage als Bestandteil des zu übertragenen Miteigentums gefehlt habe, und weil der angenommene Kaufpreis von 80.000,- € im offenen Widerspruch zur Angabe im Beurkundungsauftrag gestanden habe, wonach der zu übertragende 1/10-Anteil nur einen Wert von 10.000,- € gehabt habe. Die vorgenommenen Änderungen würden sich insofern als Beseitigung von Fehlern darstellen.

Die Kammer hat die Ländernotarkasse Leipzig angehört. Wegen der Einzelheiten wird auf die Stellungnahme vom 3.1.2016 (BI. 80 ff. d.A.) verwiesen.

Mit Schreiben vom 7.1.2016 hat die Antragstellerin hilfsweise die Aufrechnung mit einem eigenen Schadensersatzanspruch gegenüber der verfahrensgegenständlichen Kostenforderung erklärt. Die Antragstellerin ist der Ansicht, der Notar habe seine Pflichten schuldhaft dadurch verletzt, dass er die Antragstellerin vor einer Fertigung des geänderten Entwurfs nicht auf hierfür nochmals entstehende Kosten hingewiesen habe. Wäre ein entsprechender Hinweis erfolgt, hätte die Antragstellerin den Notar angewiesen, keine weitere Tätigkeit zu entfalten.

Im Hinblick auf die Stellungnahme der Ländernotarkasse hat die Antragstellerin ergänzend vorgetragen, dass hieraus jedenfalls deutlich werde, dass bei dem hier gegebenen Grenzfall im Bezug auf die Frage des Vorliegens eines neuen Entwurfsauftrages eine Hinweispflicht des Notars offensichtlich sei. Die Antragstellerin sei von ihrem Verfahrensbevollmächtigten auch nicht zu Fragen des Notarkostenrechts vertreten gewesen, sondern ausschließlich für die Suche und Beauftragung eines Notars.

Mit Schreiben vom 30.3.2016 hat sich der Präsident des Landgerichts F. der Stellungnahme der Ländernotarkasse vom 3.1.2016 ausdrücklich angeschlossen.

II.

Der Kostenprüfungsantrag ist gemäß § 127 Abs. 1 Satz 1 Gerichts- und Notarkostengesetz statthaft und auch im Übrigen zulässig.

In der Sache führt der Kostenprüfungsantrag zu keiner Abänderung der angegriffenen Kostenrechnung.

Maßgeblich ist, dass der Notar vorliegend tatsächlich nach vorzeitiger Beendigung des Beurkundungsverfahrens auf Grundlage von Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 Gerichts- und Notarkostengesetz KV-Nr. 21302 für die Erstellung zweier Vertragsentwürfe auch zweimal Gebühren mit einem jeweiligen Satz von 2,0 abrechnen konnte. Die Antragstellerin hatte ihren Beurkundungsauftrag ausdrücklich mit Schreiben vom 30.6.2014 zurückgenommen, sodass eine vorzeitige Beendigung des Beurkundungsverfahrens im Sinne der Vorbemerkung 2.1.3 vor KV-Nr. 21300ff gegeben ist. Dabei fällt gemäß KV-Nr. 21302 in Verbindung mit § 92 Abs. 2 GNotKG eine volle 2,0 Gebühr an, wenn bereits ein vollständiger Entwurf erstellt wurde. Dies ist hier anzunehmen, weil die Auftragsrücknahme jedenfalls nach Erstellung der beiden vorliegenden Entwürfe erfolgte (vgl. KV-Nr. 21300).

Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ist vorliegend auch für beide erstellten Entwürfe ein jeweils eigenständiges Beurkundungsverfahren zugrunde zu legen. Fertigt ein Notar nach einer Auftragserteilung mehrere Entwürfe, so kommt es für die Gebührenentstehung für die weitere Entwurfstätigkeit maßgebend darauf an, ob diese noch der Fertigstellung des ursprünglich erbetenen Entwurfs, also etwa der Einfügung konkretisierender Änderungswünsche des Auftragsgebers, dient (OLG Hamm, JurBüro 1999, 97). Ist dagegen ein Entwurf auftragsgemäß vollständig fertiggestellt, so ist die Anfertigung eines neuen Entwurfs ein selbständiges gebührenrechtlich gesondert zu bewertendes Geschäft (OLG Hamm, a.a.O.). Insofern können sich durchaus – wie vorliegend – Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben. Hierbei ist zu beachten, dass es grundsätzlich Bestandteil der einheitlichen Entwurfstätigkeit eines Notars ist, dass ein auftragsgemäß erstellter Entwurf geändert oder ergänzt wird, was bis zur endgültigen Fertigstellung durchaus auch mehrfach erfolgen kann (LG Krefeld, Beschluss vom 11.10.2007, Az.: 6 T 309/06). Seine Grenze muss dies allerdings dort finden, wo der Entwurf sich im Ergebnis nach Abänderung in persönlicher und sachlicher Hinsicht völlig anders darstellt, als die Ursprungsfassung (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 27.8.2015, Az.: 9 W 33/13). Sieht jedenfalls der vom Notar auftragsgemäß gefertigte Zweitentwurf ein Rechtsgeschäft vor, dass von demjenigen des Erstentwurfs bereits als gegenstandsverschieden angesehen werden muss, so kann seine weitere Tätigkeit nicht als Fertigstellung des Erstentwurfs bewertet werden (OLG Hamm, a.a.O.).

Vorliegend wird nun davon ausgegangen, dass der ursprünglich vom Notar auf Grundlage des Auftrags vom 28.5.2014 gefertigte Entwurf hinreichend fertiggestellt war und die sodann an den Notar sowohl vom Verfahrensbevollmächtigten als auch die Antragstellerin selbst herangetragenen Änderungswünsche sich in sachlicher und persönlicher Hinsicht in der Gesamtschau derart umfassend darstellten, dass der Zweitentwurf gegenüber dem Erstentwurf als gegenstandsverschieden angesehen werden muss. Die bloße Veranlassung einer Fehlerbeseitigung wird – abgesehen von der Aufnahme der Garage – gerade nicht gesehen.

Ausgangspunkt ist hier, dass der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin mit seinem Schreiben vom 28.5.2014 für die Entwurfserstellung vollständige Informationen beibrachte und hierbei ausdrücklich herausstellte, dass die „konkrete Gestaltung“ der Urkunde dem Notar überlassen bleiben soll. Vor diesem Hintergrund kann die Gestaltung des Erstentwurfes als Kaufvertrag mit der Annahme eines Kaufpreises von 80.000,- € jedenfalls nicht in dem Sinne beanstandet werden, dass das im Auftragsschreiben wiedergegebene rechtliche Gestaltungsziel der Vertragsschließenden mit einem derartigen Vertragsschluss nicht erreichbar gewesen wäre. Die Gestaltung als Kaufvertrag mit einem entsprechenden Kaufpreis erweist sich deshalb aus Sicht der Kammer von der Auftragserteilung gedeckt und nicht als von vornherein zu korrigierender Fehler des Entwurfs. In diesem Zusammenhang ist auch durchaus zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin anwaltlich vertreten war, wobei deren Verfahrensbevollmächtigter bereits mit dem Auftragsschreiben ausdrücklich erklärte, dass er insofern die Beurkundung für die Antragstellerin „begleite“. Insofern konnte auch der Notar davon ausgehen, dass die mit der Auftragserteilung gewährte grundsätzliche „Gestaltungsfreiheit“ für das atypische Geschäft vom auch juristischen Bewusstsein getragen war, dass das aufgezeigte Ziel über verschiedene rechtliche Konstrukte erreicht werden kann. Dass hierbei – auch vor dem Hintergrund des aufgezeigten Zeitdrucks – noch eine gesonderte Beratung über die Vor- und Nachteile möglicher rechtlicher Konstruktionen durch den Notar erfolgen sollte, wird aus der Auftragserteilung gerade nicht deutlich. Vielmehr war aus Sicht der Kammer klare Maßgabe des Auftrags, schnellstmöglich eine rechtliche Konstruktion zu erarbeiten und zur Beurkundung zu bringen. In diesem Sinne beanstandet der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin in seinem Schreiben vom 6.6.2014 auch gar nicht die Vertragskonstruktion als „Kaufvertrag“, sondern spricht selbst davon, dass die Höhe des „Kaufpreises“ sowie die Person des „Verkäufers“ nochmals geprüft werden müsse.

Der Umfang, der nun von der Antragstellerin mit dem Schreiben vom 6.6.2014 und vor allem dem Schreiben vom 12.6.2014 geltend gemachten Änderungswünsche erweist sich hierbei nun als so groß, dass der Erstentwurf ein anderes Gepräge erhalten hat und als gegenstandsverschieden angesehen werden muss. Grundsätzlich lag es dabei auch im Risikobereich der Antragstellerin, wenn sie dem Notar zunächst eine umfassende Gestaltungsfreiheit gab und im Weiteren dann doch eine ganz konkrete rechtliche Gestaltung, welche vorher so nicht kommuniziert wurde, wünschte. Im Einzelnen war nicht kommuniziert worden, dass nun auch der Ehemann der Antragstellerin, Herr Dr. R. S., Vertragspartei werden sollte. Weiterhin ergab sich nicht, dass unter steuerrechtlichen Gesichtspunkten kein Kaufvertrag gewünscht ist. Ferner wurde nun ausdrücklich gewünscht, dass T. F. persönlich der Veräußerer des Miteigentumsanteils sein soll. Auch dies wurde vorher im Rahmen der Auftragserteilung so nicht kommuniziert und der Notar konnte ohne Weiteres auf Grundlage des Auftragsschreibens vom 28.5.2014 davon ausgehen, dass die B. GmbH als die angegebene derzeitige Miteigentümerin diejenige sein soll, welche den Anteil veräußert. In der Gesamtschau kam es damit bereits zu drei sehr wesentlichen Änderungen des Ursprungsentwurfs, indem die Vertragspartei des Veräußerungsteils des Geschäfts ausgewechselt wurde, indem eine weitere Vertragspartei in den Vertrag mit eingetreten ist, und indem das Veräußerungsgeschäft nicht mehr als Kaufvertrag qualifiziert wurde. Der Umfang dieser Änderungen geht deutlich über ein im Beurkundungsverfahren durchaus typisches Abänderungsverlangen verschiedener Punkte eines bereits erstellten Entwurfes hinaus und er war auch für den Notar notwendig mit einem neuen grundlegenden rechtlichen Durchdenken der nun für die anderweitigen Vertragsparteien auf neuer rechtlicher Grundlage zu treffenden Regelungen verbunden.

Der Geltendmachung der Gebühren für den zweiten Entwurf steht auch nicht entgegen, dass es bei dem Notar nicht zu einer zeitnahen Beurkundung kam. Insofern könnte zwar in Betracht kommen, dass das Beurkundungsverfahren gegebenenfalls aus Gründen beendet gewesen sein soll, welche in der Person des Notars lagen (vgl. KV Vorbemerkung 2.1.3 Absatz 1). Allerdings geht die Kammer – wie auch die Ländernotarkasse – davon aus, dass vor einer Auftragsrücknahme wegen Untätigkeit eine Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung geboten gewesen wäre, wenn die Vorwürfe der Antragstellerin zutreffend sein sollten. An einer solchen Fristsetzung fehlt es hier aber.

Letztlich wird auch nicht gesehen, dass der Notar seine Betreuungs- bzw. Beratungspflichten verletzt hat, sodass ihm im vorliegenden Verfahren ein Schadensersatzanspruch in Höhe der Kostenforderung entgegengehalten werden könnte. Es wird nicht davon ausgegangen, dass die anwaltlich vertretende Antragstellerin vom Notar darauf hingewiesen werden musste, dass die umfassenden Abänderungsbegehren bezüglich des Erstentwurfes zu einem neuen nochmals kostenpflichtigen Beurkundungsverfahren führen werden. Der Notar ist grundsätzlich nicht verpflichtet, über die Entstehung gesetzlich festgelegter Kosten zu belehren (BGH DNotZ 2010, 230). Im Rahmen eines erteilten Beurkundungsauftrages besteht eine Pflicht des Notars zur Kostenauskunft auch nur dann, wenn der Auftraggeber die Höhe der voraussichtlich entstehenden Kosten wissen will (Korintenberg/Bormann, GNotKG, § 125 Rdn. 7, 19. Aufl.). Unter Beachtung dieser Grundsätze wird auch nicht gesehen, dass ausnahmsweise aufgrund der vorliegenden Umstände des Einzelfalls ein Hinweis des Notars erfolgen musste. Insofern ist durchaus wiederum beachtlich, dass die Antragstellerin anwaltlich vertreten war. Mit der Formulierung im Auftragsschreiben, dass das Beurkundungsverfahren anwaltlich „begleitet“ wird, war für den Notar klar zum Ausdruck gebracht, dass die Antragstellerin juristisch beraten ist. Gleichzeitig hat die Antragstellerin weder bei der Auftragserteilung, noch mit ihrem Abänderungsbegehren irgendwie zum Ausdruck gebracht, dass die Antragstellerin über entstehende Kosten für die Inanspruchnahme des Notars aufgeklärt werden möchte. Insofern muss es die anwaltlich vertretene Antragstellerin dann auch hinnehmen, dass sie erhebliche Mehrkosten veranlasst, wenn sie dem Notar zunächst Gestaltungsfreiheit gelassen hat und sodann doch eine ganz bestimmte – anderweitige – rechtliche Gestaltung wünscht. Dass das umfassende Abänderungsverlangen jedenfalls auch zu einer umfassenden Abänderung des Entwurfes mit dem damit verbundenen Tätigkeitsaufwand für den Notar führen muss, war auch aus dem Empfängerhorizont der Antragstellerin erkennbar. Eines besonderen Hinweises des Notars zu den anfallenden Mehrkosten bedurfte es deshalb nicht.

Im Übrigen ist die Kostenberechnung auch nicht mit formellen Mängeln behaftet, wobei insoweit auch keine Einwendungen erhoben sind.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

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