OLG – Az.: 34 Wx 110/16 – Beschluss vom 04.08.2016
1. Auf die Beschwerde der Beteiligten wird der Beschluss des Amtsgerichts Starnberg – Grundbuchamt – vom 1. Oktober 2015 aufgehoben.
2. Das Grundbuchamt wird angewiesen, die Auflassung vom 30. März 2015 (Urkunde des Notars Dr. S. G. in München vom 30. März 2015, URNr. G 1037/2015) durch Eintragung der Beteiligten als (Allein-)Eigentümerin zu vollziehen.
Gründe
I.
Die Beteiligte ist im Grundbuch gemeinsam mit ihrem Ehemann Dr. Rolf M. als Eigentümer eines Grundstücks je zur Hälfte eingetragen. Ihr Ehemann ist am 1.10.2014 verstorben. Das Grundbuchamt hat aufgrund Einsicht in die beim selben Gericht geführten Nachlassakten festgestellt, dass ein eröffnetes gemeinschaftliches eigenhändiges Testament der Eheleute vom 3.8.2014 vorliegt, wonach diese sich gegenseitig zu alleinigen und unbeschränkten Erben einsetzen. Ein Erbschein ist bisher nicht beantragt.
Zu notarieller Urkunde vom 30.3.2015 überließ die Beteiligte, handelnd zugleich in eigenem Namen und für die Erben ihres Ehemannes Dr. Rolf M. aufgrund im Original vorgelegter und notariell beglaubigter Generalvollmacht vom 8.12.2010, dessen ideellen hälftigen Miteigentumsanteil an dem Grundbesitz an sich selbst zum Alleineigentum. Die Auflassung ist erklärt, deren Eintragung im Grundbuch bewilligt und beantragt. Nach der Urkunde vom 8.12.2010 bevollmächtigen sich die Eheleute unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB „über unseren Tod hinaus“ gegenseitig, (u. a.) über den ihnen hälftig zu gleichen Teilen gehörenden, im Einzelnen bezeichneten Grundstücksanteil zu verfügen und alle Erklärungen abzugeben und Rechtshandlungen vorzunehmen, die zur Übertragung des Eigentums erforderlich sind.
Auf den Vollzugsantrag vom 17.6.2015 hat das Grundbuchamt am 8.9.2015 eine Zwischenverfügung erlassen. Durch den Tod des Erblassers sei Universalsukzession eingetreten, das Eigentum von selbst auf die Beteiligte als Alleinerbin übergegangen. Für eine rechtsgeschäftliche Übertragung sei kein Raum. Zur Eintragung der Beteiligten solle ein Erbschein vorgelegt und Grundbuchberichtigung beantragt werden.
Nach fruchtlosem Ablauf der gesetzten Frist hat die Rechtspflegerin am 1.10.2015 die Eintragungsanträge zurückgewiesen und dies mit der fehlenden rechtsgeschäftlichen Übertragungsmöglichkeit nach Rechtsübergang begründet.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten vom 22.3.2016, der das Grundbuchamt nicht abgeholfen hat.
Die Beschwerde gründet sich zusammenfassend auf folgende rechtlichen Überlegungen:
Die Beteiligte habe ihre urkundlichen Erklärungen und den Antrag auf Umschreibung des (Mit-)Eigentums ausschließlich auf die gegenständliche Vollmacht gestützt. Die damit verbundene Legitimationswirkung gelte uneingeschränkt fort, solange die vom Grundbuchamt aufgrund Kenntnis des privatschriftlichen Testaments vermutete Erbfolge nicht rechtssicher durch Erbschein festgestellt sei.
Für das Grundbuchamt sei die tatsächliche Erbfolge mangels Erbennachweises bedeutungslos und unbeachtlich; es könne weder die Vorlage eines Erbennachweises (Erbscheins) verlangen noch die Beteiligte auf die Durchführung eines Erbscheinsverfahrens verweisen.
Ein weiterer Nachweis habe auch deshalb nicht gefordert werden dürfen, weil dem Grundbuchamt aus dessen Sicht offenkundig war, dass das Grundbuch hinsichtlich des Anteils des Erblassers mit dessen Tod unrichtig geworden und die Beteiligte in jedem Fall als Eigentümerin einzutragen sei, entweder aufgrund der in Form des § 29 GBO nachgewiesenen Vollmacht oder aufgrund deren unterstellten Stellung als Alleinerbin. Der Erbennachweis sei weder verfahrensrechtlich notwendig noch sachlich gerechtfertigt.
Schließlich sei die Legitimation der Beteiligten, über den Grundstücksanteil zu verfügen, nicht durch Konfusion erloschen. Solches ergebe sich weder aus dem Gesetz noch folge dies aus einer logischen Notwendigkeit. Es sei bereits fraglich, ob der gegebene Sachverhalt einer Konfusion unterfalle. Wäre dies aber so, dann würden die tatsächlichen und rechtlichen Bedürfnisse sowie die begründeten Interessen der Beteiligten und der Erblasserwille eine etwaige Konfusion überlagern.
II.
Die Beschwerde erweist sich als erfolgreich.
1. Das Rechtsmittel gegen die den Antrag (§ 13 Abs. 1 GBO) auf Eigentumsumschreibung zurückweisende Entscheidung ist als unbeschränkte Beschwerde nach § 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1 GBO statthaft, an keine Frist gebunden (Hügel/Kramer GBO 3. Aufl. § 71 Rn. 90) und auch im Übrigen zulässig (§ 73 GBO; § 10 Abs. 2 Satz 1 FamFG). Der Prüfungsumfang des Beschwerdegerichts ist unbeschränkt, auch wenn die Beteiligte die auf denselben Grund gestützte Zwischenverfügung vom 8.9.2015 nicht angegriffen hat (Senat vom 17.12.2013, 34 Wx 417/13 = Rpfleger 2014, 251; Demharter GBO 30. Aufl. § 18 Rn. 54).
2. Die Beschwerde ist begründet, weil die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen (§§ 13, 19, 20, 29 GBO) für die Umschreibung des den Regeln des Alleineigentums folgenden Bruchteilseigentums (BGH NJW 2007, 2254 Rn. 11) gegeben sind und das Grundbuchamt dementsprechend zur Eintragung anzuweisen ist (Demharter § 77 Rn. 25). Die Eintragung der Auflassung (§ 20 GBO; § 925 BGB) durch Eigentumsumschreibung kann nicht deswegen versagt werden, weil die Beteiligte als potenzielle Alleinerbin und Eigentümerin nicht die Erbfolge nachgewiesen und Grundbuchberichtigung gemäß § 22 Abs. 1 GBO beantragt hat.
a) Durch Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch soll eine (Mit-)Eigentumsübertragung aufgrund Auflassung (§ 873 Abs. 1, § 925 Abs. 1, § 1008 BGB) vollzogen werden. Hierbei hat das Grundbuchamt nach § 20 GBO die Einigung zu prüfen. Dazu muss ihm die Einigung in grundbuchmäßiger Form (§ 29 GBO) so nachgewiesen sein, wie sie sachlichrechtlich zur Herbeiführung der Rechtsänderung notwendig ist (Demharter § 20 Rn. 38), also bei Handeln eines Vertreters der Nachweis einer wirksamen Vollmacht (Demharter a. a. O. sowie Rn. 21).
b) Die Beteiligte hat sich durch die im Original vorgelegte Vollmachtsurkunde (“Generalvollmacht“) legitimiert (vgl. § 172 BGB). Die Vorlage schafft den Rechtsschein, dass die Vertretungsmacht fortbesteht (vgl. Palandt/Ellenberger BGB 75. Aufl. § 170 Rn. 1).
aa) Die Vollmacht muss das vorgenommene Geschäft abdecken. Dazu ist sie zunächst auszulegen (§ 133 BGB; Demharter § 20 Rn. 21). Es gelten die allgemeinen Grundsätze für die Auslegung von Grundbucherklärungen (Demharter a. a. O.; ferner § 19 Rn. 28 und 75; aus der Rechtspr. BayObLG Rpfleger 1996, 332).
(1) Die nach § 167 BGB wechselseitig erteilte Vollmacht regelt nicht ausdrücklich einen Geltungsbeginn, legt aber ausdrücklich fest, dass sie über den Tod hinaus gelten solle. Dies entspricht einer sogenannten transmortalen Vollmacht (vgl. Palandt/Weidlich Einf v § 2197 Rn. 9; Palandt/ Ellenberger § 168 Rn. 4). In diesem Fall legitimiert sie dazu, die Erben auch im Grundbuchverkehr hinsichtlich des Nachlasses zu vertreten (Palandt/Ellenberger a. a. O.; vgl. ferner Senat vom 15.11.2011, 34 Wx 388/11 = FGPrax 2012, 14; vom 26.7.2012, 34 Wx 248/12 = FamRZ 2013, 402; OLG Frankfurt ZEV 2012, 377). Die Rechte des Bevollmächtigten leiten sich in diesem Fall vom Erblasser ab, nicht von den Erben, die diese jedenfalls als isolierte Vollmacht frei widerrufen können (Demharter § 19 Rn. 83; Amann MittBayNot 2013, 367/368). Die Vollmacht ist ersichtlich im umfassendsten Sinne gewollt, wofür die Bezeichnung als „Generalvollmacht“ spricht, mit der der Bevollmächtigte den Vollmachtgeber „in sämtlichen Angelegenheiten“ vertreten können solle. Sie regelt aber auch im Detail – wohl weil es den Eheleuten besonders wichtig war – ausdrücklich die Verfügungsberechtigung über den jeweiligen Grundstückshälfteanteil unter Erwähnung gerade von Erklärungen und Rechtshandlungen, die zur Übertragung des Eigentums erforderlich sind. Damit umfasst sind also Auflassung (§ 925 BGB) wie Bewilligung (§ 19 GBO) nebst Umschreibungsanträgen (§ 13 GBO). Die Handlungsfähigkeit wird im Todesfall eines der beiden wechselseitig Bevollmächtigten noch sichergestellt durch die ausdrückliche Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB.
(2) Die Vollmacht gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass sie – soweit rechtlich zulässig (siehe zu c) – im Fall der (Allein-)Erbenstellung des Bevollmächtigten nicht gelten solle. Nächstliegend wäre wegen ihres umfassenden Charakters eine immanente auflösende Bedingung dieser Art nicht. Abgesehen davon, dass mit der textlichen Aufnahme von das gegenständliche Grundstück betreffenden Geschäften möglicherweise bereits die Konstellation bedacht war, die Erbenstellung nicht ohne weiteres nachweisen zu können, deutet die ebenfalls enthaltene explizite Erwähnung bankbezogener Geschäfte (“über alle unsere gemeinsamen und eigenen Konten des jeweiligen Vollmachtgebers zu verfügen und jene aufzulösen“) nachdrücklich darauf hin, dass die Vollmacht gerade Nachweisproblemen vorbeugen sollte, die nach Erbfällen im Verkehr mit Banken erfahrungsgemäß auftreten können. Jedenfalls im Jahr der Vollmachtserteilung (2010) war höchstrichterlich noch keineswegs abgeklärt, dass sich Banken für den Nachweis der Erbfolge mit eröffneten eigenhändigen Testamenten zufriedengeben müssen, wenn sie die Erbfolge mit der im Rechtsverkehr erforderlichen Eindeutigkeit nachweisen (vgl. BGH Rpfleger 2016, 415).
bb) Die von der Vollmachtsurkunde ausgehende Legitimationswirkung gemäß § 172 BGB verschafft in deren Rahmen die Rechtsmacht, Verfügungen zu treffen, etwa Grundstücksübertragungen vorzunehmen. Diese Rechtsmacht ist vom Erblasser abgeleitet; die Gesamtrechtsnachfolge spielt insoweit keine Rolle. Im Grundbuchverkehr ist die materielle Erbenstellung grundsätzlich unerheblich, solange nicht der Nachweis in Form der in § 35 Abs. 1 GBO bezeichneten Urkunden erbracht ist. Denn insoweit besteht ein Nachweistypenzwang, der andere Beweismittel ausschließt (Hügel/Wilsch GBO 3. Aufl. § 35 Rn. 24). Für die Wirksamkeit der Einigung (§ 20 GBO) wäre es auch schwer verständlich, dass der transmortal Bevollmächtigte zwar aufgrund dessen wirksam auf Dritte übertragen kann (RGZ 88, 345/348; OLG Frankfurt ZEV 2012, 366; Palandt/Weidlich Einf v § 2197 Rn. 10; Hügel/Wilsch § 35 Rn. 80), nicht aber – bei Befreiung nach § 181 BGB – auf sich selbst.
c) Die Wirksamkeit der Auflassung aufgrund transmortaler Vollmacht wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass mit dem Erbfall der Nachlass mit dem Eigenvermögen der Beteiligten als potenzieller Erbin zu einer rechtlichen Einheit verschmolzen sein kann, wodurch die Annahme eines Fortbestehens der Vollmacht für den Alleinerben auf eine gesetzlich nicht vorgesehene Fiktion hinausliefe und wofür auch kein zwingendes Bedürfnis bestünde.
aa) Teile von Rechtsprechung (OLG Stuttgart JFG 12, 274; NJW 1947/1948, 627) und Literatur (Staudinger/Reimann BGB Bearb. November 2011 Vorbem zu §§ 2197 ff. Rn. 70; J. Mayer in Bamberger/Roth BGB 3. Aufl. § 2197 Rn. 43; Bestelmeyer Rpfleger 2015, 11) gehen allerdings davon aus, die für den Alleinerben erteilte Vollmacht erlösche grundsätzlich mit dem Erbfall durch Konfusion. Dies wird im Wesentlichen aus der Logik begründet: es erscheine nämlich unmöglich, von Stellvertretung zu sprechen, wo eine solche nicht in Frage stehe (OLG Stuttgart JFG 12, 272/274; NJW 1947/1948, 627 f.), es also an einer Personenverschiedenheit fehle (Bestelmeyer Rpfleger 2015, 11), die § 164 BGB voraussetze. Nach der neueren Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Hamm (DNotZ 2013, 689) kann der Vollmachtsurkunde im Grundbuchverkehr zwar grundsätzlich weiterhin Legitimationswirkung zukommen; diese entfalle jedoch, wenn der Urkundsbeteiligte sie dadurch aufhebt, dass er ausdrücklich erklärt, als Alleinerbe berufen zu sein. Dann laufe seine Erklärung nämlich darauf hinaus, dass er eine rechtsgeschäftliche Willenserklärung als Vertreter abgegeben habe, obwohl deren Wirkungen nur ihn selbst als den vertretenen Alleinerben treffen können (OLG Hamm DNotZ 2013, 689/690). Für eine Fiktion des Fortbestands der Vollmacht sei in diesem Fall kein Raum (OLG Hamm a. a. O.).
bb) Andere Stimmen (MüKo/Schubert BGB 7. Aufl. § 168 Rn. 14; KEHE/Volmer GBO 7. Aufl. § 35 Rn. 26; Schaub in Bauer/von Oefele GBO 3. Aufl. AT VII Rn. 112; Meikel/Böttcher GBO 11. Aufl. Einl E Rn. 80; Palandt/Ellenberger § 168 Rn. 4; Amann MittBayNot 2013, 367/370; Keim DNotZ 2013, 692; Lange ZEV 2013, 343; Mensch ZNotP 2013, 171) verneinen mit teils unterschiedlichen Ansätzen entweder bereits eine Konfusion, weil die darunter verstandene Vereinigung von Schuld und Forderung in einer Person (vgl. BGHZ 48, 214/218) für die Vertretungsmacht schon nicht passe (Lange ZEV 2013, 343), oder aber den Wegfall der von der vorgelegten Urkunde ausgehenden Legitimationswirkung (MüKo/Schubert; KEHE/Volmer, Meikel/Böttcher, Amann, Keim, Mensch je a. a. O.).
cc) Der Senat hat – soweit ersichtlich – über die Wirksamkeit transmortaler Vollmachten für den Alleinerben noch nicht entschieden, jedoch anklingen lassen, dass auch einer durch Konfusion erloschenen Vollmacht gegenüber Dritten und gegenüber dem Grundbuchamt eine fortdauernde Legitimationswirkung zukommen kann (Beschluss vom 26.7.2012, 34 Wx 248/12 = FamRZ 2013, 402/403 unter II. b. (2)). Daran hält er auch jedenfalls für die vorliegende Fallgestaltung fest.
(1) Die notarielle Urkunde belegt in den für das Grundbuchamt maßgeblichen Erklärungen zur Auflassung ein Rechtsgeschäft, das sich aus zwei Willenserklärungen unterschiedlicher Rechtssubjekte zusammensetzt (Palandt/Ellenberger Einf v § 145 Rn. 1). Denn die nach § 181 BGB zum Insichgeschäft befugte Beteiligte hat hier für die von ihr nicht namhaft gemachten Erben ihres verstorbenen Ehemannes als Veräußerer und für sich als Erwerberin die nach § 20 GBO erforderlichen Erklärungen abgegeben. Dem Erfordernis gleichzeitiger Anwesenheit des Veräußerers und des Erwerbers (vgl. § 925 Abs. 1 Satz 1 BGB) wurde genügt, indem die anwesende Beteiligte zugleich für sich in eigenem Namen und gemäß § 181 BGB für die (unbekannten) Erben als deren Vertreterin die Auflassung erklärt hat (OLG Hamm FGPrax 2010, 10/11; Demharter § 20 Rn. 20; Kössinger in Bauer/von Oefele § 20 Rn. 193).
(2) Aus den in der notariellen Niederschrift enthaltenen Erklärungen der Beteiligten ergibt sich freilich auch, dass ihr Ehemann Dr. Rolf M. im Beurkundungszeitpunkt verstorben war. Das Grundbuchamt konnte sich dieses Umstands als einer ohne weiteres erkennbaren Tatsache (vgl. BGH FGPrax 2015, 5; Demharter § 19 Rn. 28) nicht verschließen. Regelmäßig ist aber selbst bei vor mehreren Jahren erteilten Vollmachten ein gesonderter Nachweis über ihren aktuellen Fortbestand nicht notwendig (OLG Hamm FGPrax 2005, 240/243). Selbstredend steht bei einer transmortalen Vollmacht das Ableben des Vollmachtgebers der Annahme einer fortdauernden Verfügungsbefugnis des Bevollmächtigten nicht entgegen (Demharter § 19 Rn. 81.1; Hügel/Reetz V Rn. 131; Weidlich MittBayNot 2013, 196/198).
(3) Die aus den Nachlassakten desselben Amtsgerichts gewonnenen Erkenntnisse bezeugen keine Erbenstellung der Beteiligten. Eine derartige Überzeugung kann sich das Grundbuchamt aus dem dort eingesehenen eigenhändigen Testament der Eheleute nämlich nicht bilden. Dies würde dem Grundsatz der strikten Nachweisbeschränkung (Hügel/Wilsch § 35 Rn. 24) widersprechen. Ausgeblendet wären auch die vielfältigen Möglichkeiten wie etwa Errichtungsmängel, Anfechtung oder Ausschlagung, die das mutmaßliche (Allein-)Erbe der Beteiligten ausschließen könnten. Eine derartige Prüfung ist aber dem Erbscheinsverfahren vorbehalten. Lediglich die Kenntnis des eigenhändigen Testaments durchbricht deshalb nicht bereits die von der Vollmachtsurkunde ausgehende Legitimationswirkung.
(4) Allerdings hat das Grundbuchamt, wenn ihm – auch außerhalb der vorgelegten Eintragungsunterlagen – konkrete Anhaltspunkte für das Erlöschen der Vollmacht bekannt geworden sind, diesen im Rahmen des Legalitätsprinzips nachzugehen (vgl. OLG Frankfurt Rpfleger 1977, 103; Hügel/Reetz V Rn. 131). Etwaigen Zweifeln an der Wirksamkeit der Vollmacht in diesem Fall dadurch zu begegnen, dass dem Antragsteller aufgegeben wird, die fehlende (Allein-)Erbenstellung nachzuweisen, wäre aber überzogen (vgl. Weidlich MittBayNot 2013, 196/199; siehe auch LG Bremen Rpfleger 1993, 235 mit Anm. Meyer-Stolte). Denn selbst wenn die (Allein-)Erbenstellung der Beteiligten aufgrund des privatschriftlichen Ehegattentestaments in Frage kommt, ist deren Verfügungsbefugnis über Erbschaftsgegenstände ohne den die Erbenstellung bezeugenden Erbschein und dem von ihm ausgehenden öffentlichen Glauben (vgl. §§ 2365 f. BGB) Beschränkungen ausgesetzt – so augenscheinlich im Grundbuchverkehr wegen § 35 GBO -, die es rechtfertigen und im Interesse eines sicheren Rechtsverkehrs auch notwendig machen, vom Fortbestand der Vollmacht auszugehen (KEHE/Volmer § 35 Rn. 26; Keim DNotZ 2013, 690/693; Weidlich MittBayNot 2013, 196/199; Meyer-Stolte Rpfleger 1993, 235/236).
(5) Das Legalitätsprinzip (Demharter Einleitung Rn. 1; Hügel/Holzer § 1 Rn. 110) steht dem auch im Übrigen nicht entgegen. Im Antragsverfahren folgt daraus die Pflicht des Grundbuchamts, zu verhindern, dass das Grundbuch – materiell – unrichtig wird (Hügel/Holzer § 1 Rn. 112). Eine derartige Gefahr besteht hier nicht. Ist die Beteiligte nach dem bekannt gewordenen eigenhändigen Testament tatsächlich Alleinerbin des eingetragenen Miteigentümers geworden, führt ihre Eintragung als Eigentümerin zur Richtigkeit des Grundbuchs; ist die Beteiligte hingegen nicht Alleinerbin, wird sie dies durch die gegenständliche Auflassung in Verbindung mit der beantragten Eintragung im Grundbuch (vgl. Keim DNotZ 2013, 692/694; Amann MittBayNot 367/371; OLG Schleswig FGPrax 2014, 206, für den Fall, dass der Bevollmächtigte Miterbe ist). Deshalb erscheint es bereits zweifelhaft, ob einem Erbschein mangels Erheblichkeit für den Nachweis der Verfügungsbefugnis hier noch eine Bedeutung zukommt (Meikel/Böttcher Einl E Rn. 80; Keim DNotZ 2013, 692/694; Amann MittbayNot 2013, 367/371; a. A. Bestelmeyer Rpfleger 2015, 11). Der Umstand, dass die Eintragungsgrundlage in Abteilung I Spalte 4 (siehe § 9 Abs. 1 Buchst. d GBV) möglicherweise unzutreffend bezeichnet ist, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle (vgl. Bay ObLGZ 2002, 30/31).
(6) Der strenge Grundsatz des Erbennachweises (nur) durch die in § 35 GBO aufgeführten Urkunden wird nicht durchbrochen. Denn eine berichtigende Eigentumsumschreibung wegen nachträglicher Unrichtigkeit durch eingetretene Erbfolge (vgl. Demharter § 22 Rn. 15) ist nicht beantragt. Nichts zwingt aber einen mit transmortaler Vollmacht ausgewiesenen und deren Rechtsscheinwirkungen nicht in Frage stellenden Beteiligten nach dem Erbfall dazu, statt einer Auflassung an sich nur den verfahrensrechtlichen Weg der Berichtigung (§§ 22, 35 GBO) zu wählen, um nach Grundbucheintragung als Eigentümer im Rechtsverkehr legitimiert zu sein (vgl. § 891 BGB). Der gegebene Fall unterscheidet sich in der unmissverständlichen Eindeutigkeit der Eintragungsunterlagen gerade von der gewählten – doppeldeutigen – Übertragungsform, die das Oberlandesgericht Hamm (DNotZ 2013, 689/690) zu beurteilen hatte. Wählt der mögliche Erbe den gegenständlichen Weg, kann er freilich auch nicht die Gebührenfreiheit nach Abs. 1 zu Nr. 14110 KV GNotKG beanspruchen, weil er im Verhältnis zum Grundbuchamt gerade nicht als „Erbe des eingetragenen Eigentümers“ eingetragen wird.
3. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.