OLG Nürnberg – Az.: 8 W 3216/20 – Beschluss vom 16.11.2020
1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 13.08.2020, Az. 12 T 4966/19, wird zurückgewiesen.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 4.339,93 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Kostenschuld für die Erstellung von Entwürfen für geplante Grundstückskaufverträge.
Gegenstand des Verfahrens ist eine an die Beschwerdeführerin gerichtete Kostenrechnung der Beschwerdegegnerin (Notarin) vom 07.12.2018 (Bl. 4 d.A.). Diese enthält eine Gebühr nach Nr. 21302 KV GNotKG aus einem Geschäftswert von 1.012.000,00 € und beläuft sich nebst Auslagen und Mehrwertsteuer auf einen Gesamtbetrag von 4.339,93 €.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts sowie des erstinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten wird auf Ziffern 1. bis 12. der Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen. Ferner wird verwiesen auf die Stellungnahme der Notarkasse vom 25.06.2020 (Bl. 27 ff. d.A.).
Mit Beschluss vom 13.08.2020 hat das Landgericht den Antrag der Beschwerdeführerin vom 07.08.2019 auf Aufhebung der vorbenannten Rechnung zurückgewiesen (Bl. 41 ff. d.A.). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass ein Ermessensspielraum der Notarin hinsichtlich der Abrechnung der Gebühren nach Grund und Höhe nicht bestanden habe. Die Antragstellerin sei als Kostenschuldnerin in Anspruch zu nehmen. Sie könne sich nicht darauf berufen, den Auftrag an die Notarin im fremden Namen erteilt zu haben. Denn die Antragstellerin habe zu erkennen gegeben, dass sie den Vertragsentwurf – obwohl als Maklerin handelnd – ausnahmsweise für sich selbst verlange und hieran ein besonderes eigenes Interesse habe, um den Entwurf für weitere Verkaufsverhandlungen selbst nutzbar zu machen. Der zeitnahe Abschluss dieser Verhandlungen habe zudem das eigene Provisionsinteresse der Antragstellerin befriedigen sollen. Dass ihr Verhalten in dieser Weise von der Notarin verstanden worden sei, habe die Antragstellerin selbst erkannt. Auch der gegenüber der Notarin geäußerte Wunsch, weitere Kosten zu vermeiden, könne nicht im Sinne vollständiger Kostenfreiheit verstanden werden.
Der Beschluss wurde den Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin am 11.09.2020 zugestellt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde ging am 17.09.2020 per Telefax beim Landgericht ein (Bl. 53 ff. d.A.). Die Beschwerdeführerin verfolgt ihren erstinstanzlichen Antrag weiter und macht insbesondere geltend, ein Makler beauftrage den Notar nach der Verkehrssitte niemals im eigenen Namen, sondern immer als für die von ihm vertretene Urkundspartei handelnd. Dies entspreche auch der Stellungnahme der Notarkasse. Eine allenfalls diskutable Haftung nach § 179 Abs. 1 BGB scheitere bereits daran, dass die Antragstellerin frühzeitig die Vollmachtsurkunde vorgelegt und damit den Umfang der Bevollmächtigung offengelegt habe. Der Wille, im fremden Namen zu handeln, sei daher klar zum Ausdruck gebracht worden. All dies könne entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht mit aus § 242 BGB herangezogenen Erwägungen überwunden werden.
Das Landgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 22.09.2020 nicht abgeholfen (Bl. 58 d.A.).
Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung (Bl. 65 ff. d.A.).
II.
1.
Die Beschwerde ist zulässig gemäß § 129 Abs. 1 GNotKG. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§ 130 Abs. 3 Satz 1 GNotKG, §§ 63 Abs. 1, 64 Abs. 1 und 2 FamFG). Darüber hinaus ist die Antragstellerin beschwerdeberechtigt (§ 130 Abs. 3 Satz 1 GNotKG, § 59 Abs. 2 FamFG).
2.
In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Das Landgericht hat den Antrag der Beschwerdeführerin zu Recht und mit überzeugender Begründung zurückgewiesen. Denn die Beschwerdeführerin ist Kostenschuldnerin der mit Rechnung vom 07.12.2018 geltend gemachten Gebühren.
a)
Dies folgt aus der allgemeinen Vorschrift des § 29 Nr. 1 GNotKG. Da die Beschwerdegegnerin letztlich keinen Kaufvertrag beurkundet hat, kann nicht auf § 30 Abs. 1 GNotKG abgestellt werden (vgl. auch OLG Düsseldorf, BeckRS 2017, 109629 Rn. 3). Die Beschwerdeführerin ist im vorliegenden Fall unbestritten als Maklerin tätig geworden. Sie war durch die Eigentümerin des Grundstücks L.-Straße in N. (Grundbuch des Amtsgerichts Nürnberg, Blatt …) beauftragt worden, den Verkauf dieses Anwesens zu vermitteln (§§ 662, 675 Abs. 1 BGB), während die Provisionszahlungspflicht den späteren Käufer treffen sollte (§ 652 Abs 1 BGB).
aa)
Ein Makler kann Veranlassungsschuldner i.S.d. § 29 Nr. 1 GNotKG sein, wenn er das Tätigwerden des Notars erkennbar nicht in Vertretung der Vertragsteile initiiert, sondern im eigenen Interesse in Auftrag gibt. So liegt der Fall auch hier. Auf die formelle oder materielle Beteiligung an der beauftragten Amtstätigkeit des Notars kommt es nicht an (vgl. HK-GNotKG/Leiß, § 30 Rn. 9). Die zum früheren Recht (§ 2 Nr. 1 KostO) vertretene Ansicht, dass grundsätzlich nur derjenige für die Kosten des Notars hafte, dessen Erklärung beurkundet werden sollte (vgl. BayObLG, BeckRS 1993, 6272 Rn. 11 a.E.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.03.2014 – I-10 W 22/14, juris Rn. 4), ist durch das GNotKG überholt.
Die Beteiligung eines Maklers begründet kein Sonderrecht (vgl. Wudy in: Rohs/Wedewer, GNotKG, § 30 Rn. 82). Allerdings ist nach dem in Rechtsprechung und Schrifttum vorherrschenden Verständnis bei einem Makler weiterhin im Regelfall davon auszugehen, dass er nicht im eigenen Namen handelt, sondern für seinen Auftraggeber. Danach soll für die Entwurfserstellung ausschließlich der den Makler beauftragende Verkäufer oder Käufer haften (vgl. OLG Düsseldorf, NZM 2017, 155 Rn. 4; LG Bremen, Beschluss vom 29.10. 2018 – 4 T 240/18, juris Rn. 21; Korintenberg/Gläser, GNotKG, 21. Aufl., § 29 Rn. 11 und 23). Diese im Regelfall gebotene Sichtweise lässt jedoch – wie bereits erwähnt – Ausnahmen zu. Eine solche hat das Landgericht hier entgegen der Ansicht der Beschwerde zutreffend angenommen.
bb)
Der vorbenannte Grundsatz setzt voraus, dass der Makler im Außenverhältnis über eine auf die Entwurfsanforderung gerichtete Vollmacht oder zumindest im Innenverhältnis über einen entsprechenden Auftrag verfügt (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 29.08.2003 – 3 W 231/03, juris Rn. 10; LG Osnabrück, RNotZ 2003, 575; HK-GNotKG/Leiß, § 29 Rn. 22). Hieran fehlte es der Beschwerdeführerin jedoch. Die nach außen bekanntgemachte Innenvollmacht vom 02.05.2017 (Anlage AG 2) berechtigte die Beschwerdeführerin lediglich zur Vertretung der Grundstückseigentümerin gegenüber Kaufinteressenten sowie zur Einsichtnahme in das Grundbuch und andere öffentliche Register. Eine Vertretung gegenüber der Notarin war hiervon demnach nicht umfasst und greifbare Anhaltspunkte für einen anderweitigen Willen bestanden nicht. Ausdrücklich war es der Beschwerdeführerin nicht gestattet, die Grundstückseigentümerin gegenüber Dritten zu verpflichten. Dies betraf bei verständiger Würdigung auch das Auslösen kostenpflichtiger Maßnahmen zu Lasten der Grundstückseigentümerin. Nicht anders durfte die Beschwerdegegnerin die ihr am 12.06.2017 vorgelegte Vollmachtsurkunde verstehen. Denn schon nach allgemeinen Grundsätzen stellt der bloße Auftrag an den Makler zur Vermittlung eines Kaufvertrags noch keine Bevollmächtigung dar, einen kostenpflichtigen Entwurf in Auftrag zu geben (vgl. OLG Hamm, NJW-RR 2017, 246 Rn. 32; Neie in: Bormann/Diehn/Sommerfeldt, GNotKG, 3. Aufl., § 29 Rn. 7). Gegenteiliges muss die Vollmachtsurkunde zweifelsfrei erkennen lassen (vgl. Wudy, aaO., Vorbem. 2.1. KV Rn. 32). Die Kosten solcher Maßnahmen sollte die Beschwerdeführerin demnach im Außenverhältnis selbst tragen, während ihr im Innenverhältnis – so die Vollmachtsurkunde ausdrücklich – ein Erstattungsanspruch gegenüber der Grundstückseigentümerin zustehen sollte (§ 670 BGB). Dass die Verwirklichung eines Ausgleichsanspruches gegen die Auftraggeberin ungewiss ist, vermag der Senat nicht zu erkennen und ist auch nicht vorgebracht worden.
Von dieser Rechtslage ist offenbar auch die Beschwerdeführerin ausgegangen. Denn auf die Frage des Notariats, auf welchen Adressaten die Gebührenrechnung ausgestellt werden solle (Anlage AG 12), hat der Geschäftsführer der Antragstellerin entsprechend dem unbestrittenen Vortrag im gerichtlichen Verfahren telefonisch mitgeteilt, die Rechnung solle auf die Beschwerdeführerin lauten (Antragserwiderung, Seite 4).
cc)
Es kommt hinzu, dass die Beschwerdeführerin die Vertragsentwürfe ersichtlich im eigenen Interesse in Auftrag gegeben hat. Dies geschah durch die klare Vorgabe von Änderungswünschen zu einem Entwurf, nachdem das Verfahren bereits durch einen anderen Kostenschuldner eingeleitet worden war (vgl. BGH, Beschluss vom 19.01.2017 – V ZB 79/16, NJW-RR 2017, 631 Rn. 7). Die Beschwerdeführerin wandte sich erstmals an die Notarin, als diese seitens der ursprünglichen Kaufinteressentin (B. GmbH) mit der Erstellung eines Kaufvertragsentwurfs beauftragt worden war (Anlage AG 2). Dieser Entwurf wurde wenig später an die Gesellschafter der Grundstückseigentümerin übersandt (Anlage AG 4).
Nachdem die Fa. B. vom Kauf Abstand genommen hatte, wandte sich die Beschwerdeführerin am 28.08.2017 an das Notariat mit dem Wunsch, auf den bestehenden Vertragsentwurf (Anlage AG 15) „aufzubauen“ sowie einzelne Änderungen und Ergänzungen einzufügen (Anlage AG 6). Hierbei wurde der potentielle Käufer noch nicht benannt. Dies lässt deutlich erkennen, dass der Beschwerdeführerin sehr daran gelegen war, den bestehenden und mit Änderungswünschen versehenen Vertragsentwurf für ihre weitere Vermittlungstätigkeit verwenden und nutzbar machen zu können (vgl. Korintenberg/Gläser, aaO., § 29 Rn. 11 m.w.N.; Wudy, aaO., Vorbem. 2.1 KV Rn. 32). Firmenname, Vertretungsverhältnisse und Geschäftssitz der voraussichtlichen Käuferin (V. GmbH) wurden erst am 01.09.2017 nebst Handelsregisterauszug an die Beschwerdegegnerin übermittelt (Anlage AG 7). Diese erstellte sodann den als Anlage AG 16 vorgelegten geänderten Vertragsentwurf.
Eine weitere „Verwertung“ des ursprünglich von der Fa. B. in Auftrag gegeben Entwurfs veranlasste die Beschwerdeführerin am 04.09.2017 (Anlage AG 8). Sie teilte der Notarin mit, dass es eine weitere Kaufinteressentin gebe (Fa. I. GmbH) und erbat „auf der Basis“ des ursprünglichen Vertragsentwurfs eine geänderte Fassung mit den Daten der genannten Interessentin und einem Kaufpreis von 1.200.000,00 €. Dieser Entwurf wiederum wurde noch am gleichen Tag – dem 04.09.2017 – an die Beschwerdeführerin und die Grundstückseigentümerin übermittelt (Anlagen AG 9, AG 10 und AG 17).
Das eigene Interesse der Beschwerdeführerin kommt schließlich dadurch zum Ausdruck, dass in den beauftragten Vertragsentwürfen (Anlagen AG 16 und AG 17) unter Ziffer XV. bzw. XVI. jeweils eine Maklerprovisionsklausel zugunsten der Beschwerdeführerin vorgesehen war (vgl. Wudy, aaO., § 30 Rn. 83 und Vorbem. 2.1 KV Rn. 32).
dd)
Unter den gegebenen Umständen oblag es der Beschwerdeführerin, ausdrücklich zu erklären, sie wolle die Notarin nur in fremdem Namen mit einer Beurkundung beauftragen (vgl. OLG München, BeckRS 2019, 26863 Rn. 6). Dies ist nicht geschehen. Der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin sprach jeweils in der „wir“-Form (Anlagen AG 6 und AG 8) und meinte damit offenkundig das von ihm geleitete Unternehmen. Da die Beschwerdeführerin den Auftrag zur Entwurfserstellung demnach selbst erteilt hat, haftet sie gegenüber der Notarin als Kostenschuldnerin (vgl. auch LG Kleve, JurBüro 2001, 432; Neie, aaO.). Sie hat insoweit nicht als (scheinbare) Vertreterin der Grundstückseigentümerin gehandelt, so dass es auf eine Haftung nach § 179 BGB nicht ankommt (vgl. hierzu KG, MittBayNot 2004, 141; LG Freiburg, BeckRS 2016, 7541; LG Schwerin, NotBZ 2017, 319).
ee)
Unmaßgeblich ist schließlich, dass der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin bei der Beauftragung der beiden Vertragsentwürfe gegenüber dem Notariat jeweils erklärte, man gehe davon aus, dass der Beschwerdeführerin keine Entwurfskosten o.ä. entstehen (Anlagen AG 6 und AG 8). Dies konnte nur so verstanden werden, dass Entwürfe nicht gesondert in Rechnung gestellt werden sollten, wenn es schließlich zur Beurkundung des Vertrages kommt (Vorbem. 2.1 Abs. 1 KV GNotKG). Hingegen ist die Tätigkeit der Notarin nicht gebührenfrei, wenn es zu einer vorzeitigen Beendigung des Beurkundungsverfahrens kommt, insbesondere weil der Auftrag zurückgenommen wird (Nrn. 21300 ff. KV GNotKG). Ein solches Zugeständnis durfte die Notarin aufgrund ihrer gesetzlichen Abrechnungspflicht nicht machen (§ 125 GNotKG) und die Beschwerdeführerin durfte derartiges auch nicht erwarten.
b)
Sonstige Einwendungen gegen die Kostenrechnung vom 07.12.2018 sind nicht erhoben worden, so dass diese im Beschwerdeverfahren auch keiner weiteren Überprüfung bedarf (vgl. OLG Frankfurt, NJW-RR 2013, 1084; OLG Hamm, Beschluss vom 28.01.1994 – 15 W 305/93, juris Rn. 20).
3.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG.
4.
Die Festsetzung des Geschäftswertes für das Beschwerdeverfahren erscheint im Hinblick auf die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten angemessen (§ 79 Abs. 1 Satz 3 GNotKG). Für die Gerichtskosten wird hingegen eine Festgebühr erhoben (Nr. 19110 KV GNotKG).
5.
Gründe für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor (§ 130 Abs. 3 Satz 1 GNotKG, § 70 Abs. 2 Satz 1 FamFG). Die grundsätzlichen Fragen der Kostenschuld nach §§ 29 ff. GNotKG sind geklärt und bedürfen keiner weiteren höchstrichterlichen Entscheidung. Der vorliegende Fall betrifft die Anwendung dieser Grundsätze in einem konkreten, besonders gelagerten Einzelfall.