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Grundstückswert einer gewerblichen Immobilie kann im Rahmen von § 19 Abs. 2 KostO

OLG München: Gutachten zur Verkehrswertermittlung übersticht Kaufpreis

Im Urteil des OLG München (Az.: 34 Wx 61/15) wurde die Beschwerde eines Beteiligten gegen die Festsetzung des Geschäftswertes für die Eintragung des Eigentumswechsels und der Eigentumsvormerkung sowie deren Löschung im Grundbuchamt Traunstein zurückgewiesen. Der Geschäftswert wurde aufgrund eines im Zwangsversteigerungsverfahren ermittelten Verkehrswertes von 1.396.000 €, der deutlich über dem ursprünglich vereinbarten Kaufpreis von 788.000 € lag, festgesetzt. Der Beteiligte argumentierte, dass das zugrundeliegende Verkehrswertgutachten fehlerhaft sei und der vereinbarte Kaufpreis maßgeblich für die Wertfestsetzung sein sollte. Das Gericht folgte dieser Argumentation nicht und bestätigte den höheren Geschäftswert, unter Berufung auf die gesetzlichen Bestimmungen und die im Gutachten angewandten Bewertungsmethoden.

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Das OLG München entschied, dass die Beschwerde gegen die Festsetzung des Geschäftswertes auf der Basis eines höheren Verkehrswertes von 1.396.000 € im Vergleich zum ursprünglichen Kaufpreis von 788.000 € zurückzuweisen ist.
  • Verkehrswertgutachten aus dem Zwangsversteigerungsverfahren wurde als maßgeblich für die Geschäftswertfestsetzung herangezogen, obwohl der Beteiligte dessen Aussagekraft und Genauigkeit infrage stellte.
  • Bewertungsmethode nach dem Ertragswertverfahren für das gewerbliche Objekt wurde vom Gericht als geeignet angesehen, auch wenn der Beteiligte zu 1 geringere Mieterträge und höhere Instandhaltungskosten geltend machte.
  • Die Argumentation, dass das Objekt aufgrund seiner speziellen Nutzung als Metzgerei und die damit verbundenen eingeschränkten Interessentenkreise weniger wert sei, wurde nicht anerkannt.
  • Das Urteil verdeutlicht, dass amtlich bekannte Tatsachen und anerkannte Bewertungsmethoden für die Festsetzung des Geschäftswertes entscheidend sind, selbst wenn diese signifikant vom vereinbarten Kaufpreis abweichen.

Bewertung von Grundstücken und Immobilien

Die Bewertung von Grundstücken und Immobilien ist von großer Bedeutung für verschiedene rechtliche und wirtschaftliche Vorgänge. Insbesondere bei Verkäufen, Verpachtungen, Beleihungen oder Erbfällen stellt sich die Frage nach dem objektiven Wert. Hierbei müssen zahlreiche Faktoren berücksichtigt werden, wie Lage, Größe, Beschaffenheit und Nutzungsmöglichkeiten der Immobilie.

Neben der Bewertung von Wohnimmobilien spielt auch die Ermittlung des Verkehrswertes für gewerbliche Objekte eine wichtige Rolle. Dabei sind spezielle Besonderheiten zu beachten, die sich aus der konkreten Nutzungsart und den damit verbundenen Ertragsaussichten ergeben. Erfahrene Gutachter wenden hier anerkannte Bewertungsmethoden wie das Ertragswertverfahren an.

Verkehrswert vor Kaufpreis: OLG München entscheidet in Streit um Geschäftswert

Im Herzen des Falles steht die Auseinandersetzung um den wahren Wert eines gewerblichen Grundstücks in Traunstein, genauer gesagt eines Gewerbeparks mit Metzgerei und Imbiss. Der Beteiligte zu 1 erwarb dieses Grundeigentum für 788.000 €, was vom Grundbuchamt Traunstein zunächst für die Festsetzung des Geschäftswertes herangezogen wurde. Diese Bewertung wurde jedoch nachträglich auf Basis eines Verkehrswertgutachtens aus einem Zwangsversteigerungsverfahren auf 1.396.000 € korrigiert, was der Kernpunkt der rechtlichen Auseinandersetzung bildet.

Der Streit um den Geschäftswert

Der Beteiligte zu 1 widersetzte sich der Neubewertung seines Eigentums vehement und argumentierte, dass das Verkehrswertgutachten, welches zu der Aufwertung führte, nicht außerhalb des Zwangsversteigerungsverfahrens gültig sein sollte. Besonders betonte er, dass das Gutachten zahlreiche Unstimmigkeiten aufweise, darunter eine Überschätzung der erzielbaren Mieterträge und eine Unterschätzung der notwendigen Instandhaltungskosten. Er beharrte darauf, dass der ursprüngliche Kaufpreis den wahren Wert des Grundstücks widerspiegele.

Verkehrswert versus Kaufpreis

Das OLG München musste in seinem Urteil die Frage klären, ob der vereinbarte Kaufpreis oder der im Verkehrswertgutachten festgestellte höhere Wert als Geschäftswert anzusetzen ist. Es stützte sich dabei auf § 19 Abs. 2 KostO, wonach alle verfügbaren Anhaltspunkte für einen den Einheitswert übersteigenden Grundstückswert herangezogen werden sollen, um dem Verkehrswert möglichst nahezukommen. Das Gericht folgte der Argumentation, dass das Verkehrswertgutachten trotz der Einwände des Beteiligten zu 1 eine valide Grundlage für die Geschäftswertfestsetzung bietet.

Rechtliche Grundlagen und Methodik der Bewertung

Im Zentrum des Urteils stand die Anwendung verschiedener Bewertungsmethoden, insbesondere des Ertragswertverfahrens, das für gewerbliche Objekte wie den betroffenen Gewerbepark anerkannt ist. Das Gericht nahm die Einschätzung des Gutachters zur Grundlage, der den Wert des Objekts unter anderem auf Basis von marktüblichen Mieterträgen und unter Berücksichtigung des Zustands und der Lage des Grundstücks neu bewertete. Trotz der spezifischen Eigenschaften des Objekts als Metzgerei mit Imbiss und der daraus resultierenden begrenzten Nutzungsmöglichkeiten fand das Gericht keinen Anlass, von den Bewertungsansätzen des Sachverständigen abzuweichen.

Die Entscheidung des OLG München

Das OLG München wies die Beschwerde des Beteiligten zu 1 zurück und bestätigte die Geschäftswertfestsetzung auf 1.396.000 €. Die Richter argumentierten, dass das Verkehrswertgutachten, auch wenn es speziell für das Zwangsversteigerungsverfahren erstellt wurde, ausreichende Anhaltspunkte für einen höheren als den Einheitswert bietet und somit für die Geschäftswertfestsetzung herangezogen werden kann. Dabei betonten sie, dass die verwendeten Bewertungsmethoden dem aktuellen Standard entsprechen und der gutachterliche Ansatz auch die besonderen Merkmale des Objekts berücksichtigt.

Im Ergebnis zeigt dieses Urteil, dass bei der Bewertung von Grundstückswerten für die Geschäftswertfestsetzung im Grundbuchamt der Verkehrswert, ermittelt durch fundierte Gutachten, gegenüber dem vereinbarten Kaufpreis den Vorrang hat, sofern dieser eine realistischere Bewertung des Eigentums darstellt.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Wie wird der Verkehrswert einer gewerblichen Immobilie ermittelt?

Die Ermittlung des Verkehrswerts einer gewerblichen Immobilie in Deutschland erfolgt in der Regel durch drei gesetzlich festgelegte Verfahren, die in der Immobilienwertermittlungsordnung (ImmoWertV) definiert sind: das Ertragswertverfahren, das Sachwertverfahren und das Vergleichswertverfahren. Jedes dieser Verfahren hat spezifische Anwendungsbereiche und berücksichtigt unterschiedliche Aspekte der Immobilie.

Ertragswertverfahren

Das Ertragswertverfahren wird vor allem bei Gewerbeimmobilien angewendet, deren Hauptzweck die Erzielung von Gewinn ist. Hierbei wird der Wert der Immobilie auf Basis der erwarteten Erträge berechnet. Dieses Verfahren ist besonders relevant für Immobilien, die vermietet sind oder eine Drittverwendungsfähigkeit aufweisen. Der Ertragswert ergibt sich aus der Summe des Bodenwerts und des Gebäudeertragswerts, wobei letzterer auf den zukünftig erzielbaren Nettoerträgen basiert, abzüglich der Bewirtschaftungskosten.

Sachwertverfahren

Das Sachwertverfahren kommt zum Einsatz, wenn es kaum vergleichbare Immobilien gibt oder die Immobilie und deren Ausstattung so speziell sind, dass sie nicht anderweitig genutzt werden können, wie beispielsweise ein Chemielabor. Auch für selbstgenutzte Immobilien wird dieses Verfahren angewendet. Der Sachwert setzt sich aus dem Bodenwert und dem Wert der baulichen Anlagen sowie der Außenanlagen zusammen.

Vergleichswertverfahren

Beim Vergleichswertverfahren werden Preise von vergleichbaren Immobilien herangezogen, um den Wert der zu bewertenden Immobilie zu ermitteln. Dieses Verfahren eignet sich besonders für Immobilien, für die ausreichend Vergleichsdaten verfügbar sind. Wichtige Faktoren sind dabei Lage, Zustand und Ausstattung der Immobilie. Der Bodenrichtwert spielt ebenfalls eine Rolle, insbesondere bei der Bewertung von Grundstücken.

Auswahl des Verfahrens

Die Wahl des geeigneten Bewertungsverfahrens hängt von der Art der Immobilie, ihrer Nutzung und den verfügbaren Vergleichsdaten ab. In der Praxis werden oft auch Kombinationen der Verfahren angewendet, um zu einem möglichst genauen Verkehrswert zu gelangen. Für die Durchführung der Bewertung ist in der Regel die Expertise von Immobiliengutachtern erforderlich, die über das notwendige Fachwissen und die Kenntnis regionaler Gegebenheiten verfügen. Die Bewertung einer gewerblichen Immobilie ist ein komplexer Prozess, der eine umfassende Analyse der Immobilie und des Marktes erfordert. Daher ist es ratsam, professionelle Gutachter oder spezialisierte Unternehmen mit der Wertermittlung zu beauftragen, um einen realistischen und marktgerechten Verkehrswert zu erhalten.

Welche Rolle spielt ein Verkehrswertgutachten bei der Geschäftswertfestsetzung?

Ein Verkehrswertgutachten spielt bei der Geschäftswertfestsetzung eine zentrale Rolle, da es den Wert eines bebauten Grundstücks oder einer Immobilie zum Zeitpunkt der Stellung des Eintragungsantrags bestimmt. Dieser Wert ist maßgeblich für die Berechnung von Gebühren und Kosten, die im Rahmen von rechtlichen Transaktionen anfallen, wie beispielsweise bei der Eintragung von Eigentumsänderungen im Grundbuch oder bei notariellen Vorgängen.

Das Verkehrswertgutachten liefert eine objektive Bewertung des Grundstücks oder der Immobilie, indem es den Preis ermittelt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Objekts zu erzielen wäre. Es berücksichtigt dabei Faktoren wie Lage, Zustand, Ausstattung und Marktsituation. Die Festsetzung des Geschäftswerts basiert auf diesem Verkehrswert und ist relevant für die Höhe der zu entrichtenden Notar- und Grundbuchgebühren.

Bei der Festsetzung des Geschäftswerts für den Vollzug der Begründung von Wohnungs- und Teileigentum im Grundbuch wird der Verkehrswert des gesamten Grundstücks herangezogen. Dabei sind nicht die Herstellungskosten, sondern die zu erzielenden Kaufpreise maßgeblich. Bei einem Bauträger kann beispielsweise von der Realisierbarkeit der Kaufpreise ausgegangen werden.

Zusammengefasst ist das Verkehrswertgutachten ein entscheidendes Instrument, um den Geschäftswert für rechtliche Vorgänge festzulegen, was wiederum die Basis für die Berechnung von Gebühren und Kosten bildet, die bei der Übertragung von Immobilieneigentum oder ähnlichen rechtlichen Transaktionen anfallen.

Inwiefern beeinflusst der Kaufpreis die Festsetzung des Geschäftswertes?

Der Kaufpreis beeinflusst die Festsetzung des Geschäftswertes maßgeblich, da er in der Regel als Grundlage für die Berechnung des Geschäftswertes dient. Der Geschäftswert ist wiederum entscheidend für die Bestimmung der Höhe der Notar- und Gerichtsgebühren, die bei rechtlichen Transaktionen wie dem Kauf oder Verkauf von Immobilien anfallen.

Bei der Beurkundung von Kaufverträgen wird der Geschäftswert in der Regel nach dem Wert des Gegenstands der Beurkundung, also dem Kaufpreis, festgesetzt. Wenn es sich um einen Grundstückskauf handelt, ist der Nettokaufpreis (ohne Umsatzsteuer) für die Festsetzung des Geschäftswertes maßgeblich. Dies bedeutet, dass der Kaufpreis direkt die Basis für die Berechnung der Notarkosten bildet, da diese Kosten auf dem Geschäftswert beruhen.

Es ist jedoch zu beachten, dass in bestimmten Fällen der Verkehrswert einer Immobilie höher sein kann als der tatsächlich vereinbarte Kaufpreis. In solchen Fällen kann der Verkehrswert für die Festsetzung des Geschäftswertes herangezogen werden, wenn er den Kaufpreis übersteigt. Dies ist insbesondere dann relevant, wenn der Kaufpreis aus bestimmten Gründen unter dem Marktwert liegt und der Verkehrswert ein realistischeres Bild des Immobilienwertes bietet.

Zusammenfassend ist der Kaufpreis ein entscheidender Faktor bei der Festsetzung des Geschäftswertes, da er in den meisten Fällen die Grundlage für die Berechnung der anfallenden Notar- und Gerichtsgebühren bildet. Der Geschäftswert kann jedoch auch durch den Verkehrswert beeinflusst werden, insbesondere wenn dieser den Kaufpreis übersteigt.

§ Wichtige Gesetze und Paragraphen in diesem Urteil

  • § 19 Abs. 2 KostO: Dieser Paragraph regelt die Bestimmung des Geschäftswertes für die Kostenberechnung in gerichtlichen Verfahren, insbesondere bei der Eintragung von Eigentumsänderungen im Grundbuch. Im vorliegenden Fall war er maßgeblich für die Neubewertung des Grundstückswertes einer gewerblichen Immobilie, basierend auf dem Verkehrswert anstatt des Kaufpreises.
  • § 196 BauGB (Baugesetzbuch): Bezieht sich auf die Ermittlung von Bodenrichtwerten, die oft zur Bewertung von Grundstücken herangezogen werden. Im Kontext wurde argumentiert, dass der Bodenrichtwert nicht adäquat den tatsächlichen Wert der gewerblichen Immobilie reflektiert.
  • § 17 ImmoWertV (Immobilienwertermittlungsverordnung): Regelt das Ertragswertverfahren, welches zur Bewertung von Immobilien, insbesondere gewerblichen Objekten, angewendet wird. Dieses Verfahren wurde genutzt, um den Wert der betroffenen Immobilie neu zu bestimmen.
  • § 74a Abs. 5 ZVG (Zwangsversteigerungsgesetz): Ermöglicht die Verwendung von Wertfestsetzungen aus Zwangsversteigerungsverfahren als Grundlage für die Bewertung in anderen rechtlichen Kontexten. Dies war relevant, da das Gericht ein Verkehrswertgutachten aus einem Zwangsversteigerungsverfahren heranzog, um den Wert der Immobilie höher als den ursprünglichen Kaufpreis anzusetzen.
  • Bodenrichtwert: Kein spezifischer Paragraph, sondern ein Begriff, der sich auf durchschnittliche Lagewerte von Grundstücken bezieht. Im Fall spielte der Bodenrichtwert eine Rolle bei der Diskussion um die Angemessenheit des im Gutachten angesetzten Werts.
  • Ertragswertverfahren: Auch hier kein spezifischer Paragraph, sondern eine Bewertungsmethode, die basierend auf potenziellen Erträgen aus der Immobilie (z.B. Mieteinnahmen) den Wert eines Grundstücks oder Gebäudes ermittelt. Das Ertragswertverfahren wurde im Gutachten angewandt, um zu einem höheren Verkehrswert als dem Kaufpreis zu kommen.


Das vorliegende Urteil

OLG München Az.: 34 Wx 61/15 – Beschluss vom 17.06.2015

Die Beschwerde des Beteiligten gegen die Geschäftswertfestsetzung des Amtsgerichts Traunstein – Grundbuchamt – vom 23. Dezember 2014 (Eintragung des Eigentumswechsels und der Eigentumsvormerkung, Löschung der Eigentumsvormerkung) wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Zu notarieller Urkunde vom 24.4.2013 erwarb der Beteiligte zu 1 zum Kaufpreis von 788.000 € Grundeigentum zu 2.687 m², nach Wirtschaftsart und Lage bezeichnet als „Gewerbepark Kaserne 19, Gebäude- und Freifläche“. Zum Vertragsobjekt, für das im Grundbuch seinerzeit ein Zwangsversteigerungsvermerk eingetragen war, heißt es in der Urkunde, es handele sich um mit einer Metzgerei mit Imbiss bebaute Grundstücke nebst Inventar, dieses bewertet mit 87.500 € und im Kaufpreis enthalten. Für die Eintragung einer Eigentumsvormerkung, die Eigentumsumschreibung nebst Katasterfortführungsgebühr sowie die Löschung der eingetragenen Vormerkung ging der Kostenbeamte in den Ansätzen vom 13.5.2013 und 5.8.2013 vom vereinbarten Kaufpreis aus.

Auf den Prüfvermerk des Bezirksrevisors – des Beteiligten zu 2 – vom 20.11.2014, wonach wegen des höheren Verkehrswerts als des vereinbarten Kaufpreises eine Wertberichtigung veranlasst sei, welcher sich aus einem im Versteigerungsverfahren erholten Gutachten vom 26.11.2012 ergebe, führte der Kostenbeamte auf der Grundlage eines Werts von nun 1.396.000 € eine Nacherhebung durch. Gegen den geänderten Kostenansatz richtete sich das als Einspruch bezeichnete Rechtsmittel des als Kostenschuldner in Anspruch genommenen Beteiligten zu 1 vom 12.12.2014, zu dem der Beteiligte zu 2 am 17.12.2014 Stellung nahm und seinerseits Geschäftswertfestsetzung auf 1.396.000 € beantragte.

Mit Beschluss vom 23.12.2014 hat das Grundbuchamt – Rechtspflegerin – den Geschäftswert für den Eigentumswechsel, die Eintragung sowie die Löschung der Eigentumsvormerkung auf 1.396.000 € festgesetzt. Das Grundbuchamt geht davon aus, dass sich der maßgebliche – und höhere – Verkehrswert des Grundbesitzes aus dem im Zwangsversteigerungsverfahren erholten Verkehrswertgutachten ergebe, das keine Fehler in der Berechnung oder sonstige Unstimmigkeiten erkennen lasse.

Gegen den am 30.12.2014 zugestellten Beschluss richtet sich die am 28.1.2015 beim Grundbuchamt eingegangene Beschwerde des Beteiligten zu 1 mit dem Ziel, es bei dem ursprünglichen am Kaufpreis orientierten Ansatz zu belassen. Er meint, das Verkehrswertgutachten, worauf sich das Amtsgericht nun stütze, habe über das Zwangsversteigerungsverfahren hinaus, für dessen Zwecke es erstellt worden sei, schon keine Aussagekraft.

Zudem enthalte es eine Reihe von Unstimmigkeiten.

So sei dem Bodenrichtwertansatz von 100 €/m² (durchschnittlicher Ansatz) deutlich zu widersprechen, weil der gegenständliche Grundbesitz im gültigen Bebauungsplan mit 1.600 m² die niedrigste Grundflächenzahl aller größeren Grundstücke im Plangebiet aufweise. Vom benachbarten Schlachthof und einer angrenzenden Bahnlinie könnten störende Geräusche ausgehen. Man könne also gerade nicht von Durchschnitts-Grundstücken sprechen.

Die im Gutachten bei der Ermittlung des Ertragswerts angenommenen Mieterträge mit 8.099,21 € seien bei weitem – nämlich um 20 % – zu hoch. Gegenwärtig werde das Objekt zu einem monatlichen Zins von (insgesamt) 6.750 € an zwei Betriebe aus der Metzgereibranche vermietet.

Die Wertminderung für notwendige Isolierarbeiten sei mit 10.000 € zu niedrig angesetzt (tatsächlich angefallene Kosten: 19.635 € inkl. MwSt.).

Das Gutachten würdige nicht hinreichend, dass es sich um eine Spezialimmobilie handele (Metzgerei), bei der die Mieterträge wegen des eingeschränkten Interessentenkreises deutlich geringer ausfielen. Letztlich sei die Kaufentscheidung daran ausgerichtet gewesen, dass sich mit einer Metzgerei nur geringere Mieterträge realisieren ließen. Für 1.396.000 € hätte der Beteiligte zu 1 die Liegenschaft nicht gekauft.

Für das zur Verkehrswertermittlung angewandte Ertragswertverfahren habe eine ausreichende Basis gefehlt, die angenommenen Mieterträge seien reine Schätzbeträge und sehr ungenau.

Der Beteiligte zu 2 beantragt die Zurückweisung der Beschwerde. Der Bodenrichtwert habe sich zum 31.12.2012 auf 140 € erhöht. Immissionen seien im Bodenrichtwert berücksichtigt. Für benachbarte Zonen seien solche von 200 bis 240 € festgesetzt. Der Minderertragswert beim Gebäude werde durch die unterbliebene Berücksichtigung der Bodenwerterhöhung ausgeglichen. Auch wenn ausreichende Tatsachen zur Ertragswertbestimmung fehlen sollten, sei nicht zwangsläufig vom Kaufpreis auszugehen, vielmehr sei der in der Regel den Ertragswert übersteigende Sachwert des Gebäudes heranzuziehen.

Das Grundbuchamt hat mit Beschluss vom 12.2.2015 nicht abgeholfen.

Der zur Stellungnahme des Bezirksrevisors angehörte Beteiligte zu 1 vermisst beim Bodenwert einen (allgemeinen) Sicherheitsabschlag (von 25 %). Die Immissionsbelastung der Immobilie erfordere für die Bodenwertermittlung einen zusätzlichen Abschlag vom Richtwert. Ein Vergleich mit anderen Zonen der Bodenrichtwertkarte sei wegen völlig anderer Nutzungsstrukturen nicht zulässig. Dass der Sachwert den Ertragswert übersteige, sei reine Spekulation, so dass für die Festsetzung zwingend vom Kaufpreis auszugehen sei.

II.

Das zulässige Rechtsmittel hat im Ergebnis keinen Erfolg.

1. Nach Art. 50 des 2. KostRModG ist das GNotKG am 1.8.2013 in Kraft getreten. Indessen sind Kostenansatz einschließlich der Nachforderung Teile des Ausgangsverfahrens, wegen dessen es zur Kostenerhebung kommt (Pfeiffer in Bormann/Diehn/Sommerfeldt GNotKG § 136 Rn. 3); es gilt dann die Kostenordnung fort (§ 136 Abs. 1 Nr. 1 GNotKG). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, weil die verfahrenseinleitenden Anträge – auch der zur Eigentumsumschreibung und zur Löschung der Eigentumsvormerkung (11.7.2013) – noch vor dem 1.8.2013 beim Grundbuchamt eingegangen waren.

Demnach richtet sich die Beschwerde gegen den Geschäftswertfestsetzungsbeschluss vom 23.12.2014 noch nach § 31 Abs. 3 KostO. Form und Frist sind gewahrt. Der Beschwerdewert von mehr als 200 € ist bei einer Kostendifferenz von 1.875,75 € erreicht (vgl. 31 Abs. 3 Sätze 1, 3 und 5, § 14 Abs. 6 Sätze 1, 2 und 4 KostO).

Nichts Abweichendes ergäbe sich, wenn man die gerichtliche Wertfestsetzung (§ 79 GNotKG) – anders als den Kostenansatz – als gesondertes Verfahren erachtete, für das dann wegen Einleitung nach dem 31.7.2013 im Dezember 2014 die Vorschriften des GNotKG gelten würden. Die Zulässigkeit folgt insoweit aus den im Wesentlichen identischen Regelungen in § 83 Abs. 1 Sätze 1 und 5 sowie § 81 Abs. 3 und 5 Sätze 1, 2 und 4 GNotKG. Die Bewertung selbst richtet sich auch in diesem Fall nach bisherigem Recht (vgl. § 134 Abs. 1 GNotKG).

2. Ausgangspunkt für die Wertermittlung von Grundbesitz bildet demnach § 19 Abs. 2 KostO. Maßgeblich ist der letzte Einheitswert, wenn sich nicht aus den in der vorerwähnten Norm aufgeführten Einzelfaktoren etwas anderes ergibt. Daher sind alle ausreichenden Anhaltspunkte für einen den Einheitswert übersteigenden Grundstückswert zu nutzen, um dem Verkehrswert als dem gemeinen Wert nach § 19 Abs. 1 Satz 1 KostO möglichst nahe zu kommen (BayObLGZ 1972, 297/299).

a) Nach der Rechtsprechung des vormals zuständigen Bayerischen Obersten Landesgerichts (vgl. BayObLGZ 1976, 89; 1993, 173/175), der der Senat gefolgt ist (siehe etwa Beschluss vom 20.3.2011, 34 Wx 23/11), lässt sich der Wert bebauten Grundbesitzes häufig unter Heranziehung des aus dem Brandversicherungswert ermittelten Gebäudewerts zuzüglich des Richtwerts nach § 196 BauGB für Grund und Boden feststellen, wobei für den Bodenrichtwert regelmäßig ein Sicherheitsabschlag von bis zu 25 % anerkannt ist (BayObLGZ 1972, 297; Diehn in Bormann/Diehn Sommerfeldt § 46 Rn. 20). Dies ist aber nicht die einzige Methode, um den „gemeinen Wert“ zu ermitteln.

b) Anerkannt ist vielmehr, dass auch Wertfestsetzungen nach § 74a Abs. 5 ZVG – als amtlich bekannte Tatsache für einen höheren als den Einheitswert – verwendbar sind (Senat vom 25.2.2011, 34 Wx 13/11 = MDR 2011, 687; Hartmann Kostengesetze 40. Aufl. § 19 KostO Rn. 21; Bengel/Tiedtke in Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann KostO 18. Aufl. § 19 Rn. 21; Rohs in Rohs/Wedewer KostO Stand August 2005 § 19 Rn. 45). Dasselbe gilt für die zu diesem Zweck erstellten Wertgutachten (vgl. Senat vom 25.2.2011), die – weil individuell und nach anerkannten betriebswirtschaftlichen Methoden erstellt – der zuerst genannten Ermittlung nach allgemeinen Kriterien meist überlegen sind. Durch Aktenbeiziehung können sie für die Geschäftsbewertung grundsätzlich verwendet werden.

c) Ausreichende Anhaltspunkte, dass das Gutachten vom 26.11.2012 aus dem Zwangsversteigerungsverfahren zum Stichtag 6.10.2012 und damit noch ausreichend zeitnah nicht generell verwendet werden könnte, sind nicht dargetan und auch nicht ersichtlich.

Der unter „Allgemeine Daten“ – Auftrag und Zweck“ gebrachte Vorbehalt des Sachverständigen, dass im Gutachten für das Zwangsversteigerungsverfahren unter Umständen verfahrensrechtliche Besonderheiten Berücksichtigung fänden, die sich von der Verkehrswertermittlung für andere Zwecke unterscheiden könnten und der ermittelte Verkehrswert „nicht allgemein gültig“ sei, schließt die Verwendbarkeit hier nicht aus. Er besagt nach dem nächstliegenden Verständnis nur, dass der ermittelte Wert nicht unbesehen anderswo, außerhalb des Zwangsversteigerungsverfahrens, übernommen werden könne. Das Gesetz lässt es genügen, dass „ausreichende Anhaltspunkte“ für einen anderen (höheren) Wert gegeben sind. Diese bietet das Gutachten. Völlige Gewissheit braucht nicht vorzuliegen (Hartmann § 19 KostO Rn. 17 f.).

d) Der gewählte Bewertungsmethode nach dem sogenannten Ertragswert (vgl. § 17 ImmoWertV) ist, jedenfalls für gewerbliche Objekte wie das gegenständliche, grundsätzlich auch im Bereich der Geschäftsbewertung nach § 19 KostO anerkannt (BayObLGZ 1979, 69/77; BayObLG NJW-RR 2001, 287/288; OLG Düsseldorf Rpfleger 2002, 47/48). Nach den Gepflogenheiten des Marktes steht bei solchen Immobilien der nachhaltig erzielbare Ertrag im Vordergrund der Erwägungen von Kaufinteressenten (OLG Düsseldorf a. a. O.). Auch der Sachverständige führt dies bei Gegenüberstellung der Verfahrenswahl überzeugend aus. Liegt ein nach den Bewertungsgrundsätzen der ImmoWertV erstelltes und auf ausreichenden tatsächlichen Grundlagen beruhendes Gutachten vor, spricht nichts dagegen, es hier auch zu verwenden.

(1) Dem ortsansässigen Sachverständigen lagen zwar keine hinreichenden Angaben zu Pachterlösen aus dem fraglichen Objekt vor. Als marktüblich erzielbar hat er aber in Anlehnung an ähnliche Einheiten im örtlichen Umfeld und unter Heranziehung der Datengrundlage von Gewerbevermittlern bzw. des gewerblichen Angebots vor Ort einen Rohertrag von 97.100 € p. a. (8.099 € monatlich) festgestellt. Auch mit Rücksicht auf die vom Beteiligten vorgelegten längerfristigen Mietverträge mit Metzgereibetrieben vom April 2013 bzw. April 2014 (5 bzw. 8 Jahre mit Verlängerungsoptionen) ist nicht von den insoweit getroffenen Ansätzen des Sachverständigen abzuweichen. Zwar liegt es fern anzunehmen, der Käufer der Liegenschaft habe bei der Vermietung an Metzgereibetriebe in beiden Fällen deutlich unter dem in dieser Branche erzielbaren Mietniveau Verträge abgeschlossen. Jedoch hat der Sachverständige festgestellt, nur auf den ersten Blick scheine es sich um eine Spezialimmobilie mit einem stark beschränkten Interessentenkreis zu handeln. Vielmehr seien die Nutzungsmöglichkeiten, nach gewissen Umbauarbeiten, breit gefächert. Der Sachverständige hat dies in einer ergänzenden Stellungnahme zum Inventarwert auch insofern bestätigt, als er ausgeführt hat, der branchenfremde Nachfragerkreis für die Liegenschaft sei seiner Ansicht nach größer als der Nachfragerkreis aus der Metzgereibranche. Auf dieser Grundlage erscheint der Blick nur auf branchenspezifische Betriebe und die dort erzielbaren Erträge als zu eng; vielmehr ist es gerechtfertigt, die Ertragsberechnung in diesem Punkt zu übernehmen zumal der Beteiligte den Sachverständigenansatz insofern bestätigt hat, als er einräumt, mit einer Metzgerei nur geringere Mieterträge realisieren zu können und daran auch seine Kaufpreisvorstellungen ausgerichtet zu haben. Dann spricht aber ein auf höheren Mieteinnahmen ermittelter höherer Verkehrswert keineswegs gegen die Richtigkeit des gutachterlichen Ansatzes.

(2) Der Ansatz des Bodenwerts (§ 16 Abs. 1, § 17 Abs. 2 ImmoWertV) mit 100 € m² ist gerechtfertigt. Das Gutachten bezeichnet den Standort des Objekts als durchschnittlich und stützt die Bewertung u. a. darauf, dass sich das Richtwertgrundstück in unmittelbarer Nachbarschaft, nämlich südöstlich gegenüber dem Bewertungsobjekt befinde. Es mag zutreffen, dass die Grundflächenzahl mit 1.600 m² für das Objekt im Verhältnis zu anderen Objekten in dem Gewerbegebiet – etwa dem Richtwertgrundstück mit 2.150 m² – niedrig bemessen ist. Dass der Sachverständige dies nicht im Auge gehabt hätte, ist jedoch fernliegend, zumal das Gutachten die maßgeblichen Daten enthält (S. 57). Der Beteiligte zu 2 weist zu Recht darauf hin, dass die Bodenrichtwertkarte zum Stand 31.12.2012 für die maßgebliche Zone 21 bereits einen Wert von 140 € m² ausweise und einen Minderertragswert beim Gebäude ausgleiche. Auf andere benachbarte Zonen kommt es nicht an; auf dortige höhere Richtwerte wurde auch nicht zurückgegriffen. Für einen zusätzlichen Abschlag wegen Immissionen – Schlachthofnähe, benachbarte Bahnlinie – ist andererseits kein Raum, weil derartige „Störungen“ regelmäßig bereits im niedrigeren Bodenwert ihren Niederschlag finden. Zudem dürfte ein Gewerbeobjekt wie das gegenständliche – es wird gegenwärtig zur Metzgereiproduktion mit Laden und integriertem Imbiss genutzt – durch die nahe Schlachthoflage nicht benachteiligt sein.

Andererseits geht der Senat aus Sicherheitsgründen für die Bodenbewertung auch nicht in Fortschreibung der maßgeblichen Richtwertkarte von einem höheren Wert (bis zu 140 €/m²) aus. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten nämlich angegeben, die vorjährigen (2011) Erhebungen hätten zwischen 69 und 95 €/m² gelegen. Dass im Mai bzw. August 2013 in Lagen der beschriebenen Art bereits Quadratmeterpreise in Höhe des fortgeschriebenen Richtwerts erzielbar gewesen wären, ist deshalb mit gewissen Unsicherheiten behaftet, die sich zugunsten des Beteiligten zu 1 auswirken.

Weil sich der Senat an der einzelfallbezogenen Objektbewertung durch einen Sachverständigen orientiert, besteht kein Anlass, auf den ermittelten Bodenwert noch einen Sicherheitsabschlag (BayObLGZ 1972, 297/303) vorzunehmen (siehe BayObLGZ 1976, 89/91). Ergänzend anzumerken ist nur, dass man in diesem Fall konsequent vom zum 31.12.2012 aktualisierten Bodenrichtwert ausgehen müsste und dann selbst bei einem 25 %igen Abschlag mit 105 € m² zu einem Wert noch über dem gewählten Ansatz gelangen würde.

(3) Auch der gutachterliche Ansatz für besondere objektspezifische Merkmale (§ 8 Abs. 3 ImmoWertV) bedarf im Hinblick auf den Einwand, die notwendigen Isolierarbeiten seien mit 10.000 € pauschal zu niedrig angesetzt, im Ergebnis keiner Korrektur. Würde ein höherer Betrag, nämlich die tatsächlich aufgewandten und mit Abschlags- und Schlussrechnung unterlegten Kosten von 16.500 € netto (= 19.635 € brutto) angesetzt werden, verbliebe zum abgerundeten Ertragswert (siehe Bl. 39 des Wertgutachtens) immer noch ein ausreichender Spielraum.

e) Sonstige gegen die Bewertung der Liegenschaft sprechende Umstände sind nicht vorgebracht und auch nicht ersichtlich.

3. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 31 Abs. 5 KostO).

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