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Grundbuchverfahren – Unrichtigkeitsnachweises für Löschung einer Auflassungsvormerkung

OLG Zweibrücken – Az.: 3 W 146/11 – Beschluss vom 08.03.2012

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000 € festgesetzt.

3. Die Rechtsbeschwerde gegen diesen Beschluss wird zugelassen.

Gründe

I.

Im Grundbuch des im Betreff genannten Grundstücks sind in Abteilung II unter Nrn. 4 und 5 zwei Auflassungsvormerkungen „gemäß Bewilligung vom 4. November 1998“ zugunsten der Eltern der Eigentümerin eingetragen. Mit notarieller Urkunde vom 4. November 1998 hatte die Mutter das Grundstück im Wege vorweggenommener Erbfolge an die Beteiligte übereignet. Die Auflassungsvormerkungen sichern einen Rückübereignungsanspruch der Mutter sowie einen Übereignungsanspruch des Vaters der Eigentümerin, der unter im Einzelnen dargestellten Bedingungen bestehen sollte. In der notariellen Vertragsurkunde vom 4. November 1998 heißt es hierzu unter § 4:

„1. Verkauft die Beschenkte das im Grundbuch … eingetragene Grundstück … ohne Zustimmung der Schenkerin oder stirbt die Beschenkte kinderlos vor der Schenkerin ohne Hinterlassung von Abkömmlingen oder wird zu Lebzeiten der Schenkerin in den geschenkten Grundbesitz aufgrund eines Vollstreckungstitels gegen die Beschenkte vollstreckt und gelingt es der Beschenkten nicht, die Vollstreckung binnen eines Monats abzuwenden, ist die Beschenkte (bzw. deren Erben) auf Verlangen der Schenkerin zur unentgeltlichen Rückübertragung des Schenkungsgegenstandes auf die Schenkerin verpflichtet. Das gilt auch, wenn über das Vermögen der Beschenkten das Konkurs- oder Vergleichsverfahren oder ein anderes Insolvenzverfahren eröffnet oder mangels Masse nicht eröffnet wird.“

2. Stirbt die Schenkerin vor dem Erschienenen zu 2, kann der Erschienene zu 2, aber nur zu seinen Lebzeiten, von der Beschenkten die Übertragung des Schenkungsgegenstandes auf sich in entsprechender Anwendung von Abs. 1 in den dort genannten Fällen verlangen.

3. Kann die Schenkerin oder kann der Erschienene zu 2) unter den Voraussetzungen von Abs. 1 oder Abs. 2 die Rückübertragung bzw. Übertragung des Schenkungsgegenstandes auf sich verlangen, so erlischt dieses Recht sechs Monate nach Kenntnis der Schenkerin bzw. des Erschienenen zu 2) von dem Rückforderungsgrund bzw. Übertragungsgrund. Der Berechtigte kann auf dieses Recht jederzeit verzichten, um die Schwebezeit abzukürzen…“

Der Vater der Eigentümerin ist 2004, ihre Mutter 2007 gestorben. Die Eigentümerin ist zusammen mit ihrem Bruder Erbin ihrer Mutter. Beide Erben haben die Löschung der Auflassungsvormerkung zugunsten ihrer Mutter bewilligt und das Grundbuchamt hat die Löschung vollzogen.

Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Auflassungsvormerkung zugunsten des Vaters der Eigentümerin. Dieser war mit der Mutter der Eigentümerin in zweiter Ehe verheiratet. Er hat Kinder aus erster Ehe. Nach seinem Tod ist (wohl) die gesetzliche Erbfolge eingetreten.

Die Eigentümerin hat unter Vorlage der Sterbeurkunden ihrer Eltern sowie einer eidesstattlichen Versicherung, wonach die in der notariellen Urkunde vom 4. November 1998 getroffenen Vereinbarungen niemals abgeändert worden seien, die Löschung auch der zugunsten ihres Vaters eingetragenen Auflassungsvormerkung beantragt.

Mit der angegriffenen Zwischenverfügung hat der Rechtspfleger bei dem Amtsgericht die Löschung von der Bewilligung sämtlicher Erben des Vaters abhängig gemacht (§ 19 GBO). Zur Begründung ist ausgeführt, alleine durch die Sterbeurkunden sei der Unrichtigkeitsnachweis im Sinne von § 22 GBO nicht geführt. Die Auflassungsvormerkung selbst sei nicht bedingt (auf Lebenszeit des Vaters befristet), wenn auch der gesicherte Anspruch in dieser Weise bedingt sei. Im Weiteren sei nicht auszuschließen, dass der Vormerkung durch Vereinbarung der Parteien andere Rücktrittsgründe unterlegt worden seien, insbesondere der Rücktritt durch den Vater abweichend von der ursprünglichen Regelung nicht mehr vom Vorversterben der Mutter abhängig sein sollte.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten, der der Rechtspfleger nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt hat.

II.

1. Die Beschwerde ist nach § 71 Abs. 1 GBO zulässig. Der Senat ist nach §§ 72, 81 Abs. 1 GBO für die Entscheidung über die Beschwerde zuständig.

2. Die Beschwerde führt in der Sache nicht zu dem angestrebten Erfolg. Das Grundbuchamt hat vielmehr mit zutreffender Begründung, auf die der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen verweist,  den Löschungsantrag abgelehnt. Zusammenfassend gilt demnach folgendes:

a) Der Senat schließt sich der Rechtsansicht an, wonach zulässiger Gegenstand einer Zwischenverfügung hier das Fehlen der erforderlichen Bewilligungserklärungen bzw. der Genehmigung der Bewilligung durch die Erben des Vormerkungsberechtigten sein kann (OLG Hamm, DNotZ 2011, 691; OLG Frankfurt, Beschluss vom 13.4.2011, 20 W 146/11; OLG Köln FGPrax 2010, 14).

b) Zutreffend hat das Grundbuchamt ausgeführt, dass die hier im Grundbuch eingetragene Vormerkung selbst ausweislich der notariellen Urkunde vom 4. November 1998 nicht auf die Lebenszeit des Vaters der Eigentümerin befristet (§ 23 GBO) oder dadurch auflösend bedingt war, dass er die Mutter der Eigentümerin nicht überlebt. Lediglich der gesicherte Anspruch war auf diese Weise befristet bzw. bedingt.

c) Für die Löschung einer im Grundbuch eingetragenen Auflassungsvormerkung bedarf es grundsätzlich einer Bewilligung des Betroffenen (§ 19 GBO) oder eines Unrichtigkeitsnachweises (§ 22 GBO) durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden (§ 29 GBO). Vorliegend hat die Eigentümerin ihren Antrag auf Berichtigung des Grundbuchs ausdrücklich auf § 22 Abs. 1 Satz 1 GBO gestützt. Hierfür bedarf es der Bewilligung nach § 19 GBO nicht, wenn die Unrichtigkeit, also die Nichtübereinstimmung des Grundbuchs in Ansehung eines Rechts an einem Grundstück mit der wirklichen Rechtslage (§ 894 BGB), in der Form des § 29 GBO nachgewiesen wird. Zwar stellt eine Auflassungsvormerkung selbst kein dingliches Recht dar. Ihre Eintragung unterliegt aber der Berichtigung nach § 22 GBO, sofern in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise der Nachweis geführt wird, dass die wirkliche Rechtslage mit dem Inhalt des Grundbuchs deshalb nicht übereinstimmt, weil der durch die Vormerkung gesicherte schuldrechtliche Anspruch auf dingliche Rechtsänderung nicht mehr besteht und auch nicht mehr entstehen kann, so dass die – ursprünglich zu Recht eingetragene – Auflassungsvormerkung das Grundbuch unrichtig macht (BayObLG NJW-RR 1997, 590; OLG Düsseldorf RNotZ 2011, 295; Senat Rpfleger 2005, 597).

Ein solcher Nachweis ist hier nicht geführt. Es steht nicht fest, dass ein durch die Auflassungsvormerkung gesicherter Übereignungsanspruch des Vaters der Eigentümerin bzw. seiner Erben nicht besteht. Zwar ist der in der notariellen Vertragsurkunde vom 4. November 1998 vereinbarte Übereignungsanspruch des Vaters an die nachgewiesen nicht eingetretene Bedingung geknüpft, dass dieser die Mutter der Eigentümerin überlebt. Auch nimmt die Grundbucheintragung Bezug auf die in der notariellen Urkunde enthaltene Eintragungsbewilligung, die wiederum auf die Regelung in § 4 des Vertrages verweist. Zu berücksichtigen ist aber, dass es den Vertragsparteien frei stand, den durch die Vormerkung gesicherten Anspruch außerhalb des Grundbuchs zu ändern oder auch auszutauschen (BGH NJW 2008, 578). Zu Recht hat der Rechtspfleger in der angegriffenen Entscheidung daher ausgeführt, dass die Vertragsparteien den Übereignungsanspruch des Vaters der Eigentümerin von der Bedingung, dass er seine Ehefrau überlebe, befreien konnten. Ebenso konnten die Vertragsparteien den Übereignungsanspruch des Vaters an sonstige Voraussetzungen knüpfen, zu deren Inhalt nichts bekannt ist und deren Nichteintritt deshalb auch nicht nach § 29 GBO nachzuweisen ist (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 13.4.2011, 20 W 146/11, OLG Schleswig FGPrax 2010, 282, und Beschluss vom 10.11.2010, 2 W 144/10; KG, Beschluss vom 24.02.2011, 1 W 472/10; OLG Köln FGPrax 2010, 14; OLG Bremen MDR 2011, 288). Dass der ursprünglich vereinbarte und zu sichernde Anspruch durch das Vorversterben des Vaters der Eigentümerin erloschen ist, reicht für eine Grundbuchberichtigung nicht aus. Es ist nicht Aufgabe des Grundbuchs, Auskunft über den Inhalt und die Wirksamkeit des durch eine Vormerkung gesicherten Anspruches zu geben (BGH a.a.O). Deshalb ergreift auch die Vermutungswirkung des § 891 BGB nicht den Gegenstand und den Bestand der zu sichernden Forderung. Alleine aus dem Nachweis, dass der dem Inhalt der Grundakten zufolge gesicherte Anspruch nicht (mehr) besteht, folgt somit nicht die Unrichtigkeit des Grundbuchs.

Der Eigentümerin ist zuzugeben, dass eine Änderung der ursprünglichen Vereinbarung eher fern liegt. Insbesondere spricht kaum etwas dafür, dass der Vater der Eigentümerin noch zu Lebzeiten seiner Ehefrau einen Anspruch auf (Teil-)Übereignung des Grundstückes erwerben sollte, obwohl ursprünglich alleine seine Ehefrau Eigentümerin des Grundstücks war und dieses nach der notariellen Vereinbarung bei Bedingungseintritt auch alleine an sie zurückfallen sollte. Auszuschließen ist eine solche Vereinbarung durch alle Vertragsparteien aber gerade unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Vater der Eigentümerin aus erster Ehe Kinder hat, nicht.

Die insoweit von der Eigentümerin abgegebene eidesstattliche Versicherung ist hier kein taugliches Beweismittel. Sie kommt gegenüber dem Grundbuch in Betracht für den Nachweis solcher Negativtatsachen, die in dieser Form auch gegenüber dem Nachlassgericht bewiesen werden können (vgl. § 2356 Abs. 2 BGB). Im Übrigen ist sie kein im Grundbuchverfahrensrecht allgemein zugelassenes Nachweismittel (BayObLG Rpfleger 2000, 451).

3. Der Senat hat die Rechtsbeschwerde nach § 78 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 GBO zugelassen, weil die Frage der Löschung von Auflassungsvormerkungen durch Unrichtigkeitsnachweis von grundsätzlicher Bedeutung ist und eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs hierzu bislang nicht ergangen ist.

4. Den Geschäftswert  hat der Senat nach § 131 Abs. 1 und Abs. 4 i. V. m. § 30 Abs. 1 KostO festgesetzt.

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