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Grundbuchverfahren – Umfang der Richtigkeitsvermutung des Grundbuchs

Grundbuch: Richtigkeitsvermutung steht dem Eigentümer im Weg

Das Oberlandesgericht München bestätigte die Zurückweisung einer Beschwerde gegen die Entscheidung des Amtsgerichts Augsburg hinsichtlich der Berichtigung eines Grundbucheintrags, da der erforderliche Unrichtigkeitsnachweis nicht erbracht wurde.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 34 Wx 245/15  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Zentrale Punkte aus dem Urteil:

  1. Zurückweisung der Beschwerde: Das OLG München bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts Augsburg, die Beschwerde gegen den Grundbuchberichtigungsantrag zurückzuweisen.
  2. Festsetzung des Geschäftswerts: Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wurde auf 500.000,00 € festgesetzt.
  3. Grundbuchseintragungen der Eheleute Lorenz und Therese Sch.: Sie waren im Güterstand der allgemeinen Gütergemeinschaft im Grundbuch eingetragen.
  4. Erbschafts- und Vollmachtsfragen: Die Erbfolge und die Gültigkeit einer erteilten Generalvollmacht waren entscheidende Aspekte in der Auseinandersetzung.
  5. Anforderungen an den Unrichtigkeitsnachweis: Das Gericht betonte die hohen Anforderungen an den Nachweis der Grundbuchunrichtigkeit, die nicht erfüllt wurden.
  6. Vermutung der Richtigkeit des Grundbuchs: Gemäß § 891 Abs. 1 BGB gilt die im Grundbuch eingetragene Rechtslage bis zum Beweis des Gegenteils als richtig.
  7. Erforderliche Unterlagen nicht beigebracht: Die erforderlichen Urkunden zur Widerlegung der Grundbuchrichtigkeit wurden von der Beteiligten nicht vorgelegt.
  8. Keine Rechtskraft des unangefochtenen Beschlusses: Das OLG stellte fest, dass der ursprüngliche Beschluss des Grundbuchamts keine Rechtskraft erlangt hatte.

In der Rechtswelt spielt das Grundbuch eine zentrale Rolle, wenn es um den Nachweis von Eigentumsrechten an Immobilien geht. Die Richtigkeitsvermutung des Grundbuchs, ein wesentlicher Grundsatz im deutschen Immobilienrecht, besagt, dass die im Grundbuch eingetragenen Informationen als korrekt gelten, bis das Gegenteil bewiesen ist. Dieser Grundsatz bildet häufig den Dreh- und Angelpunkt bei juristischen Auseinandersetzungen rund um Eigentumsfragen, speziell in Fällen, in denen es um die Berichtigung von Grundbucheinträgen geht.

Die Berichtigung des Grundbuchs erfordert einen präzisen Nachweis der Unrichtigkeit der bestehenden Eintragungen, was besonders bei komplizierten Erbfolgen oder Gütergemeinschaften eine Herausforderung darstellen kann. In diesem Kontext ist auch die Rolle von Erbscheinen, notariellen Urkunden und Vollmachten von Bedeutung, da diese Dokumente oft die Grundlage für die Änderung von Grundbucheinträgen bilden. Der vorliegende Fall behandelt solch eine Konstellation, in der die Klärung der rechtmäßigen Eigentumsverhältnisse und die damit verbundene Berichtigung des Grundbuchs im Mittelpunkt stehen.

Der Streit um die Richtigkeit von Grundbucheinträgen

Das Oberlandesgericht München befasste sich in seinem Beschluss vom 21. Dezember 2015 mit einem komplexen Grundbuchverfahren. Kern des Streits war die Frage, ob die im Grundbuch eingetragenen Eigentumsverhältnisse eines Grundstücks den tatsächlichen rechtlichen Gegebenheiten entsprechen. Im Mittelpunkt standen dabei die Erbengemeinschaft nach Lorenz Sch. und die Gütergemeinschaft mit seiner Ehefrau Therese Sch., die in der Vergangenheit mehrfache Erbgänge durchlaufen hatte.

Die Rolle der Generalvollmacht in der Erbfolge

Eine zentrale Rolle in diesem Fall spielte eine Generalvollmacht, die von Irmgard Sch. erteilt wurde. Irmgard Sch., eine Erbin im Rahmen der Erbengemeinschaft nach Lorenz Sch., verstarb und wurde laut Erbschein von drei Personen beerbt, darunter der Ehemann der Beteiligten. Dieser beantragte als Generalbevollmächtigter die Berichtigung des Grundbuchs, indem die Beteiligte als alleinige Eigentümerin eingetragen werden sollte. Er argumentierte, dass Irmgard Sch. aufgrund der Erbfolge nach Johann Sch. alleinige Eigentümerin geworden sei.

Juristische Komplexität bei der Grundbuchberichtigung

Das Grundbuchamt wies den Antrag auf Grundbuchberichtigung zurück. Der Antragsteller konnte nicht den erforderlichen Unrichtigkeitsnachweis erbringen. Das Gericht betonte, dass für eine berichtigende Eintragung im Grundbuch entweder Berichtigungsbewilligungen der Betroffenen oder ein eindeutiger Nachweis der Grundbuchunrichtigkeit erforderlich sind. Der vom Antragsteller geführte Nachweis genügte diesen strengen Anforderungen nicht.

Entscheidung des OLG München und deren Begründung

Das OLG München wies die Beschwerde gegen die Entscheidung des Grundbuchamts zurück. Es betonte, dass die rechtliche Vermutung für die Richtigkeit der im Grundbuch eingetragenen Rechte besteht. Die vorgelegten Dokumente und Urkunden reichten nicht aus, um diese Vermutung zu widerlegen. Insbesondere wurden weder die behauptete Alleinerbenstellung von Irmgard Sch. noch die der Beteiligten selbst durch einen Erbschein oder eine notarielle Verfügung von Todes wegen hinreichend belegt.

Zusammenfassend zeigte dieser Fall die rechtlichen Herausforderungen und Komplexitäten auf, die mit der Berichtigung von Grundbucheinträgen verbunden sind, besonders wenn mehrere Erbengemeinschaften und Gütergemeinschaften involviert sind. Die Entscheidung des OLG München unterstreicht die Bedeutung der genauen Prüfung und Dokumentation in Erb- und Grundbuchangelegenheiten.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Was bedeutet die Richtigkeitsvermutung des Grundbuchs nach § 891 BGB?

Die Richtigkeitsvermutung des Grundbuchs nach § 891 BGB besagt, dass im deutschen Rechtssystem vermutet wird, dass eingetragene Rechte im Grundbuch tatsächlich bestehen und gelöschte Rechte nicht mehr bestehen. Diese Vermutung ist widerlegbar, das bedeutet, dass derjenige, der die Unrichtigkeit einer Eintragung behauptet, dies beweisen muss. Die Richtigkeitsvermutung gilt für jedermann, auch für das Grundbuchamt.

Die Richtigkeitsvermutung ist wichtig, weil sie Rechtssicherheit im Grundstücksverkehr gewährleistet. Sie schützt Personen, die auf die Richtigkeit der Eintragungen im Grundbuch vertrauen, wenn sie Grundstücksgeschäfte abschließen. Der öffentliche Glaube des Grundbuchs nach § 892 BGB verstärkt die Richtigkeitsvermutung und schützt gutgläubige Erwerber, die auf die Richtigkeit der Eintragungen vertrauen, selbst wenn sie unrichtig sind.


Das vorliegende Urteil

OLG München – Az.: 34 Wx 245/15 – Beschluss vom 21.12.2015

I. Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Augsburg – Grundbuchamt – vom 2. Juli 2015 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 500.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Als Eigentümer des gegenständlichen Grundbesitzes waren die Eheleute Lorenz und Therese Sch. im Güterstand der allgemeinen Gütergemeinschaft (in der bis 31.3.1953 geltenden Fassung des BGB) im Grundbuch eingetragen. Die mit dem Versterben von Lorenz Sch. am 24.8.1931 beendete Gütergemeinschaft und die aus Therese Sch. sowie fünf Kindern bestehende Erbengemeinschaft nach Lorenz Sch. wurden in der Folgezeit nicht auseinandergesetzt. Hinsichtlich des gütergemeinschaftlichen Anteils von Lorenz Sch. und nach dem Versterben von Therese Sch. auch hinsichtlich deren Anteils wurden im Grundbuch die Erben nach inzwischen mehreren Erbgängen mit teils gesetzlicher und teils testamentarisch angeordneter Erbfolge je auf der Grundlage von Erbscheinen oder notariell beurkundeten letztwilligen Verfügungen eingetragen und die notariell beurkundete Erbanteilsübertragung von Therese Sch. auf ihren Sohn Johann Sch. nachvollzogen. Am 22.11.2005 wurde Irmgard Sch. in Erbengemeinschaft mit fünf weiteren Personen für den Anteil von Johann Sch. nach Therese Sch. und in mehrfach gestufter Erbengemeinschaft hinsichtlich des gütergemeinschaftlichen Anteils nach Lorenz Sch. im Grundbuch eingetragen.

Irmgard Sch. ist verstorben und wurde laut Erbschein vom 18.3.2014 von der Beteiligten und zwei weiteren Personen beerbt. Am 9.7.2007 hatte die Verstorbene dem Ehemann der Beteiligten eine unterschriftsbeglaubigte Generalvollmacht erteilt, die folgenden Wortlaut hat:

Generalvollmacht

Mit dieser Generalvollmacht ermächtige ich … soweit gesetzlich zulässig, in allen persönlichen Angelegenheiten, …, sowie gegenüber Behörden, … und sonstigen Rechtsangelegenheiten in jeder denkbaren Richtung,

Herrn …

mich gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten … .

Die Vollmacht berechtigt insbesondere zur Verwaltung meines Vermögens, zur Verfügung über Vermögensgegenstände, zu Vermögenserwerb … und zu allen Verfahrenshandlungen. … Die Vollmacht bleibt in Kraft, wenn ich geschäftsunfähig geworden sein sollte oder wenn ich nicht mehr lebe. …

Ort, Datum und Unterschrift der Vollmachtgeberin

Die Erben nach Irmgard Sch. wurden am 6.5.2014 im Grundbuch eingetragen.

Der Ehemann der Beteiligten beantragte in seiner Eigenschaft als Generalbevollmächtigter am 6.8.2014 die Berichtigung des Grundbuchs durch Eintragung der Beteiligten als alleinige Eigentümerin. Irmgard Sch. sei aufgrund Erbfolge nach Johann Sch. alleinige Eigentümerin des Grundbesitzes geworden und von der Beteiligten allein aufgrund testamentarischer Verfügung beerbt worden. Diesen Antrag wies das Grundbuchamt mit nicht angefochtenem Beschluss vom 14.8.2014 zurück.

Auf weitere Eingaben des Bevollmächtigten teilte ihm das Grundbuchamt mit formlosem Schreiben vom 1.6.2015 mit, dass für eine Grundbuchberichtigung bis zu einem mit neuen Unterlagen zu führenden Unrichtigkeitsnachweis kein Raum sei. Diese Mitteilung beanstandete der Bevollmächtigte unter Verweis auf die bereits vorgelegten Urkunden. Seine Eingabe hat das Grundbuchamt als Berichtigungsantrag der Beteiligten ausgelegt und mit Beschluss vom 2.7.2015 zurückgewiesen. Der Unrichtigkeitsnachweis sei nicht erbracht. Zu berücksichtigen sei die unterschiedliche Rechtsnachfolge in die gütergemeinschaftlichen Anteile der Eheleute Lorenz und Therese Sch. Zudem seien weder die behauptete Alleinerbenstellung von Irmgard Sch. noch die der Beteiligten selbst durch Erbschein oder notarielle Verfügung von Todes wegen nebst Eröffnungsniederschrift nachgewiesen.

Hiergegen wendet sich der Generalbevollmächtigte mit der Beschwerde. Alle Originalbelege, deren Vorlage er anbiete, „bestehend aus Testamenten, Verfügungen und Erklärungen“ seien „notarisiert und beurkundet“.

Das Grundbuchamt hat nicht abgeholfen.

Gegenüber dem Beschwerdegericht hat der Generalbevollmächtigte die an ihn gerichtete Frage, für wen er das Rechtsmittel eingelegt habe, mit einem Verweis auf die ihm von Irmgard Sch. erteilte Generalvollmacht beantwortet.

II.

Das Rechtsmittel erweist sich als zulässig, in der Sache aber nicht begründet.

1. Gegen die Zurückweisung des Grundbuchberichtigungsantrages ist nach der herrschenden Meinung die unbeschränkte Beschwerde nach § 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1 GBO insoweit statthaft, als mit ihr eine nachträgliche Grundbuchunrichtigkeit – etwa infolge einer Erbanteilsübertragung – geltend gemacht werden soll, und die beschränkte Beschwerde nach § 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 2 GBO, soweit die im Grundbuch bestehenden Eintragungen weiterer Miterben, teils in gestufter Erbengemeinschaft, als von Anfang an unrichtig beanstandet werden. Soweit deshalb mit der Beschwerde nur die Eintragung eines Amtswiderspruchs, § 53 Abs. 1 GBO, betrieben werden kann (OLG Hamm Rpfleger 1993, 486/487; Demharter GBO 29. Aufl. § 71 Rn. 27 – 30), ist sie trotz fehlender ausdrücklicher Antragsbeschränkung als mit diesem Ziel eingelegt auszulegen (Demharter § 71 Rn. 55). Sie erweist sich daher insgesamt als statthaft.

Die unter Verweis auf die transmortale Wirkung der Generalvollmacht (§ 167 BGB) eingelegte Beschwerde ist in Vertretung für die Beteiligte als (Mit-)Erbin nach Irmgard Sch. wirksam erhoben. Nach dem Tod der Vollmachtgeberin vertritt der Bevollmächtigte innerhalb der ihm über das Nachlassvermögen eingeräumten Vertretungsmacht die Erben (Palandt/Weidlich BGB 75. Aufl. Einf. v. § 2197 Rn. 10). Aus dem mit dem Rechtsmittel verfolgten Ziel ergibt sich, dass der Bevollmächtigte (nur) namens seiner gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 GBO antrags- und daher auch beschwerdebefugten Ehefrau, der Beteiligten, handelt (vgl. § 164 Abs. 1 Satz 2 BGB). Das nicht ausdrücklich formulierte Beschwerdeziel kann nämlich durch Auslegung (vgl. BayObLG Rpfleger 1979, 106; Kohler in Bauer/von Oefele GBO 3. Aufl. § 22 Rn. 166) unter Berücksichtigung der aktenkundigen Vorgeschichte dahingehend ermittelt werden, dass die Beteiligte als alleinige Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen werden solle.

Der unangefochten gebliebene Beschluss des Grundbuchamts vom 14.8.2014 steht der Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht entgegen; denn eine Rechtskraft kommt ihm nicht zu.

2. In der Sache bleibt die Beschwerde ohne Erfolg.

Eine berichtigende Eintragung im Grundbuch kann gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 GBO nur vorgenommen werden, wenn entweder bei schlüssiger Darlegung der Grundbuchunrichtigkeit Berichtigungsbewilligungen der Betroffenen nach § 19 GBO vorgelegt werden oder der Antragsteller die Grundbuchunrichtigkeit in grundbuchtauglicher Form nachweist. Keine dieser Voraussetzungen ist erfüllt.

a) Nach der ersten Alternative wären Berichtigungsbewilligungen sämtlicher Buchberechtigten, gegebenenfalls ihrer Erben, in der Form des § 29 GBO beizubringen, da deren Recht von der erstrebten Eintragung betroffen wird (Senat vom 29.1.2013, 34 Wx 370/12 = NJW-RR 2013, 589; Demharter § 22 Rn. 32; Hügel/Holzer GBO 2. Aufl. § 22 Rn. 74).

b) Nach der zweiten Alternative ist der Nachweis der Grundbuchunrichtigkeit zu erbringen. An ihn sind strenge Anforderungen zu stellen; als ausreichende Grundlage für eine Berichtigung ohne Bewilligung der Betroffenen (siehe a) genügt nicht einmal eine gewisse Wahrscheinlichkeit der vorgetragenen Umstände. Vielmehr ist in der Form des § 29 GBO lückenlos jede Möglichkeit auszuräumen, die der Richtigkeit der begehrten Eintragung entgegenstehen könnte. Nur ganz entfernt liegende, theoretische Möglichkeiten müssen nicht ausgeräumt werden. Einer Nachweisführung bedarf es zudem dann nicht, wenn sich die materielle Unrichtigkeit aus der Eintragung im Grundbuch einschließlich ihrer zulässigen Bezugnahmen (§ 874 BGB) ergibt. Auch was offenkundig ist, braucht nicht bewiesen zu werden (vgl. Demharter § 22 Rn. 37; Kohler in Bauer/von Oefele § 22 Rn. 171 f.). Die Führung des Nachweises obliegt dem Antragsteller. Eine amtswegige Sachaufklärung durch das Grundbuchamt findet nicht statt (BayObLG Rpfleger 1982, 467; Böttcher ZfIR 2008, 507/509; Kohler in Bauer/von Oefele § 22 Rn. 171 und 174).

Nach diesen Maßstäben ist der Unrichtigkeitsnachweis nicht geführt. Er würde voraussetzen, dass lückenlos alles widerlegt wird, was für die gemäß § 891 Abs. 1 BGB gesetzlich vermutete Richtigkeit der im Grundbuch gemäß § 35 GBO auf der Basis vorgelegter Erbscheine und notarieller Verfügungen vollzogenen Eintragungen spricht.

aa) § 891 Abs. 1 BGB begründet eine (grundsätzlich widerlegbare) Vermutung für das gegenwärtige Bestehen des im Grundbuch eingetragenen Rechts. Diese Vermutung gilt auch für das Grundbuchamt selbst (Palandt/Bassenge BGB 75. Aufl. § 891 Rn. 1 und 4) und wird nur durch den vollen Beweis des Gegenteils widerlegt (BGH NJW-RR 2006, 662/663). Dabei erstreckt sich der zu erbringende Gegenbeweis auf jede sich aus dem Grundbuch ergebende (oder von dem Eingetragenen behauptete) Erwerbsmöglichkeit (BGH a. a. O.).

Da der Nachweis der Erbfolge gegenüber dem Grundbuchamt in der Form des § 35 Abs. 1 GBO zu führen ist, wäre hinsichtlich jeder Eintragung, die als anfänglich unrichtig beanstandet wird, durch Vorlage eines entsprechenden Erbscheins oder einer öffentlichen Urkunde nebst Eröffnungsniederschrift der Nachweis zu führen, dass in Wahrheit eine andere Person als die eingetragene Erbe geworden ist. Die Behauptung einer nachträglichen Grundbuchunrichtigkeit wäre dem Grundbuchamt mittels Urkunden nachzuweisen, aus denen sich ein materiell-rechtlicher Übergang der gesamthänderischen Mitberechtigung am Grundstück auf die Beteiligte allein ergibt und die der Form des § 29 Abs. 1 GBO oder – sofern der Übergang auf Erbfolge beruht – wiederum den Anforderungen des § 35 Abs. 1 GBO entsprechen.

bb) Die zur Widerlegung der Grundbuchrichtigkeit danach erforderlichen Unterlagen hat die Beteiligte nicht beigebracht. Die von ihr zum angeblichen Nachweis der Grundbuchunrichtigkeit in Bezug genommenen Dokumente genügen den dargestellten Anforderungen nicht.

(1) Die behauptete Alleinerbenstellung der Beteiligten nach Irmgard Sch. ist nicht bewiesen. Es liegt ein anderslautender Erbschein vor, der die Beteiligte als Miterbin ausweist. Die Richtigkeit der im Erbschein bezeugten Erbfolge hat das Grundbuchamt nicht nachzuprüfen (Demharter § 35 Rn. 26). Vielmehr entfaltet der Erbschein im Grundbuchverfahren über die Vermutungswirkung des § 2365 BGB hinaus nach § 35 Abs. 1 GBO volle Beweiskraft für das Bestehen des in ihm bezeugten Erbrechts (Demharter § 35 Rn. 27 und 29; Palandt/Weidlich § 2365 Rn. 2).

Die von der Beteiligten in Bezug genommenen Dokumente geben dem Grundbuchamt auch keine Veranlassung, beim Nachlassgericht die Einziehung des Erbscheins (§ 2361 BGB) anzuregen (vgl. Demharter § 35 Rn. 26), weil sich mit ihnen eine inhaltliche Unrichtigkeit des Erbscheins nicht begründen lässt. Das vom Nachlassgericht eröffnete, dem Augenschein nach wegen Verstoßes gegen § 2247 Abs. 1 BGB formunwirksame Testament vom 10.7.2007 sowie die von Irmgard Sch. unterzeichnete maschinenschriftliche Erklärung vom 18.6.2010 sind nicht geeignet, eine Alleinerbenstellung der Marianne Sch. zu begründen.

(2) Die behauptete Alleinerbenstellung der Irmgard Sch. nach Johann Sch. widerspricht dem Inhalt des Erbscheins vom 11.5.2005. Der Verweis der Beteiligten auf die notarielle Urkunde vom 22.10.1955 ist deshalb unbehelflich (siehe zu (1)). In dieser Urkunde ist die Erbfolge nach Therese Sch. geregelt; eine letztwillige Verfügung des Johann Sch. enthält sie nicht. Belastbare Zweifel an der Richtigkeit des Erbscheins bestehen auch insoweit nicht.

Eine nachträgliche Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft nach Johann Sch. und eine Vereinigung aller Anteile in einer Hand behauptet die Beteiligte selbst nicht.

(3) Die Grundbucheintragungen betreffend die Erbnachfolge in den gütergemeinschaftlichen Anteil von Lorenz Sch. entsprechen den im (Ehe- und) Erbvertrag der Eheleute Lorenz und Therese Sch. vom 24.10.1901 getroffenen letztwilligen Anordnungen (§ 35 Abs. 1 GBO).

Im vertraglichen Güterstand der allgemeinen Gütergemeinschaft nach §§ 1347 ff. BGB in der bis zum 31.3.1953, nämlich bis zum Inkrafttreten des Grundsatzes der Gleichberechtigung von Mann und Frau am 1.4.1953 (Art. 3 Abs. 2, Art. 117 Abs. 1 GG), geltenden Fassung wurden die Vermögen beider Ehegatten und die zum Vermögen gehörenden Gegenstände einschließlich des Vermögens, das die Ehegatten während des Bestands der Gütergemeinschaft erwerben, gemeinschaftliches Vermögen beider Ehegatten (Gesamtgut). Insoweit besteht kein Unterscheid zum geltenden Recht (vgl. zur rechtsgeschichtlichen Entwicklung MüKo/Kanzleiter BGB 6. Aufl. vor § 1415 Rn. 5 – 10). Mit dem Ende der Gütergemeinschaft infolge Versterbens eines Ehegatten fällt dessen Anteil am Gesamtgut in den Nachlass. Geht sein Anteil – wie hier – auf mehrere Miterben über, so entstehen zwei gestaffelte Gesamthandsgemeinschaften, die der Auseinandersetzung bedürfen (vgl. zu den aktuellen Gesetzesbestimmungen: MüKo/Kanzleiter § 1471 Rn. 11 f. mit § 1482 Rn. 3; Palandt/Brudermüller § 1482 Rn. 1). Ist die Gütergemeinschaft beendet, aber noch nicht auseinandergesetzt, so ist dies im Grundbuch eintragungsfähig (Wegmann in Bauer/von Oefele § 47 Rn. 170). Dies galt in gleicher Weise bereits für die Rechtslage unter dem Wahlgüterstand der allgemeinen Gütergemeinschaft im hier maßgeblichen Todesjahr 1931 (siehe BayObLGZ 1921, 10/17).

Auch eine nachträgliche Unrichtigkeit des Grundbuchs insoweit ist nicht nachgewiesen, denn die Beschwerde zeigt nicht auf, dass die nach dem oben Gesagten notwendige Auseinandersetzung sowohl der (beendeten) Gütergemeinschaft als auch der inzwischen mehrfach gestuften Erbengemeinschaft nach Lorenz Sch. stattgefunden habe. Eine Auseinandersetzung ergibt sich weder aus dem Inhalt der notariellen Urkunde vom 20.4.1948 noch aus der Übertragung des erbengemeinschaftlichen Anteils (nur) der Therese Sch. am gütergemeinschaftlichen Anteil des Lorenz Sch. gemäß notarieller Urkunde vom 22.10.1955. Eine Teilungsversteigerung des Grundbesitzes, die im Jahr 1993 beantragt worden sein soll, hat nicht stattgefunden.

(4) Soweit die Beteiligte mit der Verjährung von Pflichtteilsansprüchen argumentiert, verkennt sie die Rechtsstellung der neben ihr im Grundbuch eingetragenen Miterben, die als Mitglieder von Erbengemeinschaften unverjährbares Eigentum innehaben (§ 902 Abs. 1 Satz 1 BGB).

III.

Die Pflicht zur Kostentragung der Beteiligten ergibt sich aus dem Gesetz, § 22 GNotKG.

Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens bemisst sich nach dem geschätzten Wert des bebauten und mehr als 3.000 qm großen Grundstücks als wesentlichem Wert des zur Absicherung einer Darlehensverbindlichkeit verpfändeten Erbanteils der Irmgard Sch. und ist mit mindestens dem angenommenen Betrag anzusetzen, § 36 Abs. 1 GNotKG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 78 Abs. 2 GBO) liegen nicht vor.

 

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