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Formerfordernis für Nachverpfändungserklärung einer Grundschuld

Oberlandesgericht Hamm: Nachverpfändungserklärung ohne Bezugsurkunde gültig

Im rechtlichen Kontext von Grundschulden und deren Sicherheiten stellt die Frage nach der formalen Gültigkeit von Nachverpfändungserklärungen eine wesentliche Problemstellung dar. Konkret geht es um die Anforderungen an die Form und den Inhalt solcher Erklärungen, insbesondere um das Formerfordernis und die damit verbundene Notwendigkeit, Bezugsurkunden beizufügen. Dies berührt grundlegende Aspekte des Grundbuchrechts, wie sie in der Grundbuchordnung (GBO) verankert sind, sowie Fragen zur Vollstreckungsunterwerfung nach der Zivilprozessordnung (ZPO).

Die rechtliche Herausforderung in diesem Bereich liegt in der Interpretation und Anwendung des Bestimmtheitsgrundsatzes, der für die Wirksamkeit derartiger Erklärungen ausschlaggebend ist. Es geht um die Klärung, inwieweit eine Nachverpfändungserklärung ohne die physische Anhängung einer Bezugsurkunde den rechtlichen Anforderungen genügt. Diese Fragestellung hat sowohl für Rechtsanwälte als auch für Notare eine hohe Relevanz, da sie die tägliche Praxis der Beurkundung und der rechtlichen Beratung in Grundschuldsachen betrifft.

In diesem Zusammenhang wird auch die Rolle von Zwischenverfügungen und die darauf folgenden Beschwerden bedeutsam. Sie bilden oft den Ausgangspunkt für gerichtliche Auseinandersetzungen, in denen über die Auslegung und Anwendung gesetzlicher Vorschriften im Kontext der Grundschuldbestellung und deren Sicherung entschieden wird.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: I-15 W 536/15 >>>

Das Wichtigste in Kürze


Das Oberlandesgericht Hamm hebt eine Zwischenverfügung auf, die die Einreichung einer Bezugsurkunde für eine Nachverpfändungserklärung einer Grundschuld verlangt hatte, und bestätigt damit, dass eine solche Erklärung auch ohne die physische Beifügung der Urkunde rechtsgültig sein kann.

Zentrale Punkte des Urteils:

  1. Aufhebung der Zwischenverfügung: Das OLG Hamm hebt eine Zwischenverfügung auf, die von einem Beteiligten die Vorlage einer spezifischen Bezugsurkunde verlangt hatte.
  2. Gültigkeit der Beschwerde: Die Beschwerde des Beteiligten gegen die Zwischenverfügung war gerechtfertigt und führte zur Aufhebung der Verfügung.
  3. Formerfordernis bei Nachverpfändungserklärungen: Das Gericht klärt, dass für die Gültigkeit einer Nachverpfändungserklärung mit Vollstreckungsunterwerfung nicht zwingend die physische Beifügung der Bezugsurkunde erforderlich ist.
  4. Bestimmtheitsgrundsatz: Die Erfüllung des Bestimmtheitsgrundsatzes kann auch erreicht werden, wenn die in Bezug genommene Urkunde in die Nachverpfändungserklärung inhaltlich integriert wird.
  5. § 13a BeurkG und Beurkundungsform: Das Gericht stellt fest, dass die in § 13a BeurkG vorgesehene Beurkundungsform eine vollgültige Form für die Beurkundung von Willenserklärungen ist.
  6. Verzicht auf die Bezugsurkunde: Der Beteiligte hatte in der relevanten Urkunde auf das Verlesen und die Beifügung der ihm bekannten Bezugsurkunde verzichtet, was das Gericht als ausreichend ansah.
  7. Zinsbeginn und Regelung zur Fälligkeit: Der Zinsbeginn und die Regelung zur Fälligkeit der Grundschuld ergeben sich aus der wirksam in Bezug genommenen Bewilligung in der Bezugsurkunde.
  8. Keine Wertfestsetzung erforderlich: Aufgrund des Erfolgs der Beschwerde war keine Wertfestsetzung notwendig.

Streitpunkt Nachverpfändungserklärung: OLG Hamm klärt Formerfordernis

Im Zentrum dieses rechtlichen Disputs stand die Frage, ob eine Nachverpfändungserklärung einer Grundschuld der Beifügung einer Bezugsurkunde bedarf. Ausgelöst wurde die Auseinandersetzung durch eine Zwischenverfügung des Grundbuchamts, welches vom Beteiligten, vertreten durch Rechtsanwalt und Notar Dr. Kotz aus Kreuztal, die Vorlage einer bestimmten Bezugsurkunde forderte. Dies warf die grundlegende Frage auf, ob solch eine Nachverpfändungserklärung ohne die besagte Urkunde rechtlich unzureichend sei.

Das Oberlandesgericht Hamm befasste sich in seinem Beschluss vom 30. Dezember 2015 intensiv mit der Thematik. Es ging dabei um eine Urkunde vom 28. Juni 2010 (UR-Nr. 548/2010), die vom Notar F in H ausgestellt wurde. Diese wurde im Rahmen einer nach §§ 71 ff. GBO zulässigen Beschwerde vom Beteiligten thematisiert, wobei das OLG Hamm die Bedeutung und Notwendigkeit der Vorlage dieser Urkunde im Kontext der Nachverpfändungserklärung einer Grundschuld kritisch hinterfragte.

Die Rolle der Vollstreckungsunterwerfung in der Rechtsprechung

Die Kernfrage, die das Gericht zu klären hatte, bezog sich auf die Rechtsmäßigkeit der Nachverpfändungserklärung in Verbindung mit der Vollstreckungsunterwerfung. Nach der Rechtsauffassung des Grundbuchamtes, die sich auf vorherige Kommentare und Urteile stützte, schien die Einbeziehung der Bezugsurkunde unerlässlich. Die Begründung lag in der Annahme, dass ohne diese Urkunde die Nachverpfändungserklärung dem Bestimmtheitsgrundsatz nicht genüge.

Dieser Auffassung widersprach jedoch das OLG Hamm. Es argumentierte, dass gemäß § 13a BeurkG, der die Beurkundungsform regelt, die Vollstreckungsunterwerfung auch ohne physische Beifügung der Bezugsurkunde wirksam sein kann. Entscheidend sei, dass die Bezugsurkunde inhaltlich in die Nachverpfändungserklärung integriert wird und somit Teil der Niederschrift wird.

Bestimmtheitsgrundsatz und die Bedeutung der Bezugsurkunde

Das Gericht stellte klar, dass die Anforderungen des Bestimmtheitsgrundsatzes dann erfüllt sind, wenn die in Bezug genommene Urkunde die Formalien des § 13a BeurkG erfüllt. Im vorliegenden Fall verzichtete der Beteiligte in der Urkunde vom 9. Oktober 2015 ausdrücklich auf das Verlesen und die Beifügung der ihm bekannten Urkunde vom 28. Juni 2010. Dieser Verzicht wurde als ausreichend angesehen, um die Anforderungen des § 13a BeurkG zu erfüllen und somit die Nachverpfändungserklärung rechtlich gültig zu machen.

OLG Hamm hebt Zwischenverfügung auf: Ein richtungsweisendes Urteil

Schließlich entschied das OLG Hamm, die angefochtene Zwischenverfügung des Grundbuchamts aufzuheben. Dieses Urteil ist insofern bedeutend, als es die Interpretation und Anwendung des Bestimmtheitsgrundsatzes im Kontext von Nachverpfändungserklärungen und Vollstreckungsunterwerfungen neu definiert. Das Gericht betonte, dass eine umfassende Betrachtung beider Urkunden notwendig ist, um den Anforderungen des Bestimmtheitsgrundsatzes gerecht zu werden.

Dieses Urteil hat weitreichende Implikationen für die Praxis von Notaren und Rechtsanwälten sowie für die Handhabung von Grundschulden und deren Nachverpfändung. Es bietet eine klarere Richtlinie darüber, wie solche Erklärungen formgerecht abgefasst werden müssen, und erleichtert damit die rechtliche Handhabung in ähnlichen Fällen.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Was ist der Zweck einer Nachverpfändungserklärung?

Eine Nachverpfändungserklärung ist ein rechtliches Instrument, das in Deutschland im Kontext von Grundschulden verwendet wird. Sie ermöglicht es, eine bereits bestehende Grundschuld auf ein anderes Grundstück zu erstrecken. Dies geschieht in der Regel durch eine notarielle Erklärung, in der die Grundschulden unter Bezugnahme auf die jeweiligen Bestellungsurkunden auf das neue Grundstück erstreckt werden.

Die Nachverpfändungserklärung hat mehrere Zwecke. Einerseits ermöglicht sie es dem Gläubiger, seine Sicherheit zu erhalten, wenn das ursprünglich belastete Grundstück verkauft oder anderweitig verändert wird. Andererseits bietet sie dem Schuldner die Möglichkeit, eine bestehende Grundschuld für ein neues Grundstück zu nutzen, ohne eine neue Grundschuld bestellen zu müssen. Dies kann Zeit und Kosten sparen.

In der Nachverpfändungserklärung unterwirft sich der Eigentümer in Bezug auf die Grundschuld der sofortigen Zwangsvollstreckung. Dies bedeutet, dass der Gläubiger im Falle eines Zahlungsausfalls das Recht hat, das Grundstück zu verkaufen, um seine Forderungen zu befriedigen.

Die Nachverpfändungserklärung muss bestimmte Anforderungen erfüllen, um gültig zu sein. Insbesondere muss sie auf die ursprüngliche Bestellungsurkunde Bezug nehmen, in der die sofortige Fälligkeit vorgesehen ist. Das Grundbuchamt hat dann zu prüfen, ob auch für die neue Eintragung die sofortige Fälligkeit gewollt ist.


Das vorliegende Urteil

OLG Hamm – Az.: I-15 W 536/15 – Beschluss vom 30.12.2015

Die angefochtene Zwischenverfügung wird aufgehoben, soweit sie dem Beteiligten die Einreichung der Bezugsurkunde vom 28.06.2010 (UR-Nr. 548/2010 des Notars F in H) aufgibt.

Gründe

Die nach §§ 71 ff. GBO zulässige Beschwerde des Beteiligten ist auch begründet und führt zur Aufhebung der Zwischenverfügung des Grundbuchamts vom 21.10.2015, soweit der Beteiligte sich gegen das vom Grundbuchamt angeführte Eintragungshindernis einer dem Bestimmtheitsgrundsatz nicht genügenden Nachverpfändungserklärung wendet und die Beifügung der Bezugsurkunde verlangt.

Die von dem Beteiligten in der Urkunde vom 9.10.2015 (UR-Nr. 586/2015 des Notars R. ind H.) abgegebene Nachverpfändungserklärung mit Vollstreckungsunterwerfung genügt den inhaltlichen Anforderungen der §§ 794 Abs. 1 Nr. 5, 800 ZPO. Entgegen der vom Grundbuchamt im Anschluss an Stöber (vgl. Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Auflage, Rn.2652 und Zöller-Stöber § 800 Rn.12) vertretenen Rechtsauffassung bedarf es bei einer Nachverpfändungserklärung mit Vollstreckungsunterwerfung dann nicht der Beifügung der Bezugsurkunde, wenn die Bezugsurkunde unter Beachtung der Anforderungen des § 13a BeurkG zum Gegenstand der Nachverpfändungserklärung mit Vollstreckungsunterwerfung gemacht wird (LG Aachen Rechtspfleger 1991, 15; Münchener Kommentar zur ZPO – Wolfsteiner, 4. Auflage, § 794 Rn.194; Musielak-Lackmann, ZPO, 12. Auflage, § 794 Rn.40). Auch die in § 13a BeurkG vorgesehene Beurkundungsform ist eine vollgültige Form der Beurkundung von Willenserklärungen und damit auch uneingeschränkt für die Beurkundung der Zwangsvollstreckungsunterwerfung zulässig. Da die in Bezug genommene Urkunde durch die Beachtung der Formalien des § 13a BeurkG zum Teil der Niederschrift wird, beurteilen sich die Anforderungen des Bestimmtheitsgrundsatzes unter Betrachtung beider Urkunden.

Den Anforderungen des § 13a BeurkG ist vorliegend genügt, da der Beteiligte in der Urkunde vom 9.10.2015 auf das Verlesen der ihm inhaltlich bekannten Urkunde vom 28.06.2010 und auf deren Beifügung ausdrücklich verzichtet hat (§ 13a BeurkG).

Der Zinsbeginn ergibt sich daher aus der wirksam in Bezug genommenen Bewilligung in der Bezugsurkunde.

Die vom Grundbuchrechtspfleger vermisste Regelung zur Fälligkeit der Grundschuld – die im übrigen auch nicht in der Bezugsurkunde enthalten ist – ergibt sich mangels ausdrücklicher Regelung aus der gesetzlichen Bestimmung des § 1193 Abs. 1 BGB (vgl. dazu auch BGH MDR 2014, 647).

Die Unterwerfungserklärung ist in der Urkunde vom 9.10.2015 selbst enthalten.

Eine Wertfestsetzung ist wegen des Erfolgs der Beschwerde nicht veranlasst.

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