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Vollmachtauslegung bei beantragter Löschung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit

Oberlandesgericht Thüringen – Az.: 3 W 15/14 – Beschluss vom 10.03.2014

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts – Grundbuchamt – P. vom 10.06.2013 – Nichtabhilfeentscheidung vom 09.01.2014 – abgeändert. Das Grundbuchamt wird angewiesen, die beantragten Eintragungen, insbesondere die Löschung der in der zweiten Abteilung des im Betreff bezeichneten Grundbuchblatts unter lfd. Nr. 1 eingetragenen beschränkten persönlichen Dienstbarkeit nicht aus den Gründen dieser Entscheidungen abzulehnen.

Gründe

I.

Für die Antragstellerin ist im Grundbuch seit dem 24.01.2003 eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit (Gestaltung und Unterhaltung von Laubmischwald) eingetragen. Seinerzeit bestand das Grundstück nur aus dem Flurstück …/….. Wegen des Inhalts der Dienstbarkeit und der Ausübungsstelle nimmt der Senat Bezug auf die von der verfahrensbevollmächtigten Notarin beglaubigte Eintragungsbewilligung vom 30.12.2002 (UR.Nr. ….. für 2012). In der Folgezeit wurde das Grundstück katastermäßig zunächst in zwei, später in drei Flurstücke (…../…, …./…, …./..) zerlegt, aber weiterhin unter einer einheitlichen Nummer im Bestandsverzeichnis gebucht. Im Zuge der Veräußerung einer entsprechenden Teilfläche wurde das Flurstück …/… (das ist die sich aus der Eintragungsbewilligung ergebende Ausübungsstelle der hier betroffenen Dienstbarkeit) am 22.12.2011 von dem Grundbuchblatt …. abgeschrieben und als eigenständiges Grundstück in das Grundbuch Bl. 8…. übertragen. Mit notarieller Urkunde der verfahrensbevollmächtigten Notarin vom 29.03.2012 (UR. Nr. …./2012) erklärten der Grundstückseigentümer und die Antragstellerin die Auflassung einer dem Flurstück …/.. entsprechenden Teilfläche des Grundstücks an die Antragstellerin. Die Antragstellerin bewilligte darüber hinaus die Pfandentlassung der Flurstücke …/… und …/7.. aus der im Betreff bezeichneten persönlichen Dienstbarkeit. Für die Antragstellerin handelte als Vertreter ohne Vertretungsmacht Herr D. G. Dessen Erklärungen wurden am 15.05.2012 durch Frau T. B. – notariell beglaubigt – unter Bezugnahme auf in den Grundakten befindliche Vollmachten des Thüringer Ministers für Wirtschaft und Verkehr vom 09.07.1992 für die D. GmbH sowie der D. für Frau T. B. (Urkunde des Notars H. in B. vom 22.03.2010, Urkundenrolle Nr. …./2010) genehmigt. Die Vollmacht vom 09.07.1992 hat auszugsweise folgenden Wortlaut: „ Die D. … ist ermächtigt, namens des Landes Thüringen Eigentum und Rechte an Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten, die für Zwecke des Neu- und Ausbaus von Fernstraßen im Rahmen der Verkehrsprojekte Deutsche Einheit benötigt werden, zu erwerben und zu veräußern sowie alle rechtsgeschäftlichen Erklärungen über die erworbenen bzw. veräußerten Grundstücke und Rechte abzugeben. Sie kann die Vollmacht auf Unterbevollmächtigte übertragen.“ Die verfahrensbevollmächtigte Notarin beantragte mit Schriftsatz vom 17.07.2012, beim Grundbuchamt am 18.07.2012 eingegangen, neben der Eintragung des Eigentumswechsels und der Löschung der Auflassungsvormerkung auch die Löschung der Dienstbarkeit auf den Flurstücken …/.. und …/…. Nach Erlass entsprechender Zwischenverfügungen wies das Grundbuchamt die Eintragungsanträge mit Beschluss vom 10.06.2013 zurück. Die Vollmacht vom 09.07.1992 berechtige die D. nicht zur Abgabe der Löschungsbewilligung für die Dienstbarkeit in Bezug auf das Flurstück …./…, weil sie sich nur auf rechtsgeschäftliche Erklärungen in Bezug auf die erworbenen Grundstücke beziehe. Erworben habe die Antragstellerin aber nur das Flurstück …./…. Dagegen richtet sich die von der verfahrensbevollmächtigten Notarin eingelegte Beschwerde der Antragstellerin, die die Auslegung der Vollmacht durch das Grundbuchamt für unzutreffend hält. Das Grundbuchamt hat der Beschwerde mit Beschluss vom 09.01.2014 nicht abgeholfen und sie dem Oberlandesgericht vorgelegt.

II.

Die Beschwerde ist nach den §§ 71 ff. GBO an sich statthaft und auch sonst zulässig. Die Berechtigung der Urkundsnotarin, für die Antragstellerin Beschwerde einzulegen, ergibt sich aus § 15 Abs. 2 GBO.

Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Entgegen der Auffassung des Grundbuchamts hat Frau T. B. die Erklärungen des vollmachtlosen Vertreters D. G. in der notariellen Urkunde vom 29.03.2012 wirksam genehmigt, und zwar auch soweit die Löschung der im Betreff bezeichneten Dienstbarkeit in Bezug auf das Flurstück …./… bewilligt wurde.

Das Grundbuchamt stellt zu Recht nicht in Frage, dass das Land bzw. der Freistaat Thüringen im Rahmen der Auftragsverwaltung nach Art. 90 Abs. 2 GG in dem hier betroffenen Bereich kraft Gesetzes zur umfassenden Vertretung der Antragstellerin befugt war und insoweit auch Vollmachten erteilen konnte (OLG Brandenburg FGPrax 2001,95-96). Die Auslegung der Vollmacht vom 09.07.1992 durch das Grundbuchamt ist jedoch unzutreffend und verletzt die anerkannten Grundsätze für die Auslegung von Vollmachten im Grundbuchverfahren, die denjenigen für die Auslegung von Grundbucherklärungen entsprechen (Demharter, GBO, 29. Aufl., § 19 Rn. 75 m.w.N.). Danach gilt § 133 BGB entsprechend; aus dem Bestimmtheitsgrundsatz und dem Erfordernis urkundlich belegter Eintragungsunterlagen resultieren jedoch Grenzen der Auslegung. Abzustellen ist deshalb auf Wortlaut und Sinn der Erklärung wie sie sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung der Erklärung ergibt; außerhalb der Eintragungsbewilligung liegende  Umstände dürfen nur berücksichtigt werden, wenn und soweit sie für jedermann erkennbar sind (Demharter, a.a.O. Rn. 28 mw.N.). Im vorliegenden Fall ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vollmacht, dass sie die hier betroffene Löschungsbewilligung umfasst. Die gegenteilige Auffassung des Grundbuchamts beruht darauf, dass es in seine Auslegung nicht die Vollmachtsurkunde in ihrer Gesamtheit einbezogen, sondern isoliert auf die Passage abgestellt hat, die Erklärungen über die erworbenen Grundstücke betrifft. Die Vollmacht ist indessen nach ihrem eindeutigen Wortlaut deutlich umfassender; sie ermächtigt die D. nicht nur zum Erwerb und zur Veräußerung von Grundstücken, sondern darüber hinaus auch zum Erwerb und zur Veräußerung von Rechten an Grundstücken sowie zur Abgabe der hierzu erforderlichen rechtsgeschäftlichen Erklärungen. Um ein solches Recht an einem Grundstück handelt es sich bei der hier vorliegenden Dienstbarkeit. Die vom Grundbuchamt angenommene Einschränkung, es seien nur Rechte an solchen Grundstücken gemeint, die die Antragstellerin erworben hat, ergibt sich weder aus dem Wortlaut noch aus dem Sinn der Vollmachtsurkunde. Die Vollmachtnehmerin ist vielmehr auch bevollmächtigt, Rechte an fremden Grundstücken zu erwerben, sie wieder zu veräußern und die hierzu erforderlichen Erklärungen abzugeben. Dass die von Frau T. B. erteilte Genehmigung von der ihr erteilten Vollmacht der D. umfasst wird, hat das Grundbuchamt zu Recht nicht in Zweifel gestellt. An seinen durch Hinweisverfügung des Senatsvorsitzenden geäußerten anderweitigen Zweifeln an der Vollzugsfähigkeit des Löschungsantrags in Bezug auf das Flurstück …./… hält der Senat nach erneuter Prüfung nicht mehr fest. Die verfahrensbevollmächtigte Notarin macht insoweit zutreffend geltend, dass das ehemals zum betroffenen Grundstück gehörende Flurstück …./… (mit der Dienstbarkeit) bereits seit 2011 abgeschrieben und auf einem anderen Grundbuchblatt eingetragen ist. Das hier betroffene Grundstück besteht mithin nur noch aus Flurstücken …/… und …/…, so dass dieser Aspekt der Löschung nicht entgegensteht.

III.

Eine Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren ist nicht veranlasst, weil Gerichtsgebühren nicht entstehen (Nr. 14510 GNotKG-KV) und andere Beteiligte, denen die Erstattung außergerichtlicher Kosten aufgegeben werden könnte, nicht vorhanden sind. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 78 Abs. 2 GBO) kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die Antragstellerin durch die Entscheidung des Senat nicht beschwert ist. Der Beschluss ist daher mit Rechtsmitteln nicht anfechtbar.

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