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Wirksamkeit von Rücktritt von notariellen Kaufvertrag über Räume und Inventar einer Gaststätte

LG Köln – Az.: 14 O 187/18 – Urteil vom 10.05.2021

Kaufvertrag: Konkludenter Verzicht auf den Rücktritt bei einem Vertrag über Räume und Inventar einer Gaststätte

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten im Kern über die Wirksamkeit des vom Kläger erklärten Rücktritts vom notariellen Kaufvertrag über Räume und Inventar einer Gaststätte in der Kölner Altstadt.

Der Kläger, die Beklagte zu 1.), der mittlerweile verstorbene (frühere) Beklagte zu 2.) und die Beklagte zu 3.) schlossen am 19.04.2018 einen notariellen Kaufvertrag über einen Miteigentumsanteil an der Immobilie sowie das Geschäftsinventar der früheren Gaststätte „T “ an der Adresse entfernt in der Kölner Altstadt. Mit Blick auf die Kaufpreisforderung i.H.v. 950.000 EUR für den Miteigentumsanteil am Sondereigentum sowie i.H.v. 297.500 EUR für das Geschäftsinventar unterwarf sich der Kläger der sofortigen Zwangsvollstreckung. Die Fälligkeit der Kaufpreiszahlung wurde vom Notar am 24.05.2018 bestätigt.

Schon zuvor erklärte der Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag wegen Sachmängeln an den verkauften Räumen. Die entsprechenden Schreiben wurden den Beklagten am 14.05.2018 bzw. 16.05.2018 zugestellt. Der Kaufpreis wurde zunächst nicht gezahlt und die Kaufsachen wurden zunächst nicht übergeben. Das Vorliegen der Mängel ist weitestgehend streitig zwischen den Parteien, jedoch ist unstreitig, dass es einen Befall mit Heimchen, also Insekten, die als Schädlinge anzusehen sind, gab. Der Kläger forderte die Beklagten vor Erklärung des Rücktritts nicht zur Nachbesserung auf.

Wenige Tage vor der zweiten mündlichen Verhandlung in dieser Sache am 17.01.2020 teilten die Beklagten mit Schriftsatz vom 13.01.2020 mit, dass der Beklagte zu 2.) verstorben ist und von der Beklagten zu 1.) sowie deren Schwester, Frau C, beerbt worden sei. Außerdem wurde mitgeteilt, dass der Kläger den Kaufpreis (nach Androhung des Rücktritts durch die Beklagten und der Geltendmachung von Schadensersatz nach anderweitigem Verkauf der Kaufsachen) am 27.12.2019 gezahlt hat und eine Übergabe der Kaufsachen für den 14.01.2020 vereinbart worden ist. Die Zahlung erfolgte ausweislich der Korrespondenz der Prozessbevollmächtigten seitens des Klägers ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und unter dem Vorbehalt der Rückforderung. Die Kaufpreiszahlung wurde auch vom Kläger mit Schriftsatz vom 15.01.2020 bestätigt und insoweit wurden die zuvor gestellten Anträge zum Teil für erledigt erklärt und zum Teil neue Anträge gestellt. In der mündlichen Verhandlung am 17.01.2020 wurde sodann unstreitig gestellt, dass die Übergabe der Kaufsachen am 14.01.2020 erfolgt ist und die vollstreckbaren Ausfertigungen des notariellen Kaufvertrags an den Kläger herausgegeben worden sind. Der Kläger beantragte außerdem die Aussetzung des Verfahrens nach § 246 ZPO, was das Gericht sodann auch beschlossen hat.

Die Beklagten bzw. die aus dem Rubrum ersichtlichen Erben nach dem Beklagten zu 2.) haben bereits vor der mündlichen Verhandlung vom 17.01.2020 mit ihrem Schriftsatz vom 13.01.2020 die Aufnahme des Rechtsstreits erklärt. Im Nachgang zum Aussetzungsbeschluss in der mündlichen Verhandlung haben die Beklagten zu 2.) ihren Willen zur Aufnahme des Rechtsstreits wiederholt, unmissverständlich zuletzt mit Schriftsatz vom 01.09.2020. Der Kläger hat zunächst die von der Beklagten vorgetragene Erbfolge bestritten, was er aber in der mündlichen Verhandlung am 02.03.2021 ausdrücklich unstreitig gestellt hat (Bl. 479 GA).

In der Sache hält der Kläger grundsätzlich an seinem Begehren und seiner Rechtsansicht fest, dass sich der notarielle Kaufvertrag vom 19.04.2018 durch seinen erklärten Rücktritt vom Kaufvertrag im Mai 2018 in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis gewandelt hat. Insoweit behauptet der Kläger, dass die im Einzelnen in der Klage (Bl. 4 GA) gelisteten Sachmängeln an der Kaufsache zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestanden und die Beklagten das Vorliegen dieser Sachmängel arglistig verschwiegen haben. Bei diesen Mängeln handele es sich um versteckte Mängel, von denen der Kläger keine positive Kenntnis gehabt habe und welche er auch nicht im Vorfeld des Vertragsschlusses bei Besichtigungen habe erkennen können.

Der Kläger ist der Ansicht, dass die von ihm genannten Mängel als Sachmängel im Sinne von § 434 BGB anzusehen seien. Für die Beklagten habe eine Aufklärungspflicht bestanden, welche sie im Vorfeld des Kaufvertragsschlusses nicht erfüllt haben. Wegen des somit anzunehmenden arglistigen Verschweigens der Sachmängel sei der Haftungsausschluss im Kaufvertrag wegen § 444 BGB unwirksam. Sein Rücktritt sei ohne vorherige Nachbesserungsaufforderung wirksam, weil eine Nachbesserung für den Kläger unzumutbar gewesen sei. Mit Blick auf die Kaufnebenkosten stehe ihm ein Schadensersatzanspruch zu. Auch die Zahlung des Kaufpreises nach Rücktrittserklärung stehe seinen Ansprüchen nicht entgegen, da er ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und unter Vorbehalt der Rückforderung gezahlt habe. Hierin sei weder ein Rechtsmissbrauch noch ein widersprüchliches Verhalten zu sehen, weil diese Lösung zur Vermeidung wirtschaftlicher Nachteile sinnvoll gewesen sei.

Der Kläger hat ursprünglich mit der Klageschrift beantragt, die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde des Notars E in Köln, Urkundsrollen-Nummer ###2018, für unzulässig zu erklären.

Mit Schriftsatz vom 25.06.2018 beantragte der Kläger klageerweiternd,

I. die Beklagten zu 1.) und 2.) zu verurteilen,

1. an den Kläger 6.446,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. den Kläger von den Gebühren und Auslagen des Notars P in Höhe von 143,80 EUR gemäß Rechnung v 15.05.2018 zu Urkundsnummer ##/2018 RO freizustellen;

3. den Kläger von den Maklerlohnforderungen der M GmbH Nordwest in Höhe von 36.000,00 EUR gemäß Rechnung vom 25.04.2018, Rechnungsnummer: 7000277161 freizustellen,

4. an den Kläger 9.602,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.05.2018 zu zahlen;

5. an den Kläger 862,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, jeweils Zug um Zug gegen Erteilung der Löschungsbewilligung für die zu Gunsten des Klägers eingetragene Eigentumsübertragungsvormerkung im Grundbuch von Köln, Blatt ####, Abteilung II; sowie

II. festzustellen, dass sich die Beklagten zu 1.) und 2.) mit der Annahme der Zug im Zug abzugebenden Löschungsbewilligung wie vorstehend in Verzug befinden.

Mit Schriftsatz vom 25.09.2018 beantragte der Kläger klageändernd mit Blick auf die oben wiedergegebenen Anträge zu I. 2. und 3., die Beklagten zu 1.) und 2.) zu verurteilen, an den Kläger 143,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.07.2018 zu zahlen; an den Kläger 36.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.08.2018 zu zahlen.

Mit seinem Schriftsatz vom 15.01.2020 (Bl. 420 GA) hat der Kläger den ursprünglichen Antrag aus der Klageschrift sowie den Feststellungsantrag aus dem Schriftsatz vom 25.06.2018 „hinsichtlich der Erteilung der Löschungsbewilligung für die Eigentumsübertragungsvormerkung“ für erledigt erklärt.

Stattdessen beantragt der Kläger nunmehr,

I.

1. die Beklagte zu 1.) zu verurteilen, an den Kläger 475.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.12.2019 Zug um Zug gegen Rückübertragung des Eigentums am Grundeigentum Grundbuch von Köln, Blatt ####, Räumung und Übergabe des Besitzes desselben, Erteilung der Löschungsbewilligung für die Eintragung des Klägers als Eigentümer im Grundbuch von Köln Blatt #### und der Löschungsbewilligung der Sparkasse KölnBonn hinsichtlich der für diese im Grundbuch von Köln Blatt ####, Abteilung III eingetragenen Grundschuld zu zahlen;

2. die Beklagten zu 2.) zu verurteilen, an den Kläger 475.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.12.2019 Zug um Zug gegen Rückübertragung des Eigentums am Grundeigentum Grundbuch von Köln Blatt ####, Räumung und Übergabe des Besitzes desselben, Erteilung der Löschungsbewilligung für die Eintragung des Klägers als Eigentümer im Grundbuch von Köln Blatt ### und der Löschungsbewilligung der Sparkasse KölnBonn hinsichtlich der für diese im Grundbuch von Köln Blatt ####, Abteilung III eingetragenen Grundschuld zu zahlen;

3. die Beklagte zu 3.) zu verurteilen, an den Kläger 297.5000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.12.2019 Zug um Zug gegen Übergabe des Besitzes an den in Anlage I aufgeführten Sachen zu zahlen;

II. die Beklagten zu 1.) und 2.) als Gesamtschuldner zu verurteilen,

1. an den Kläger 6.446,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. an den Kläger 143,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.07.2018 zu zahlen;

3. an den Kläger 36.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.08.2018 zu zahlen;

4. an den Kläger 9.602,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.05.2018 zu zahlen;

5. an den Kläger 862,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

jeweils Zug um Zug gegen Rückübertragung des Eigentums am Grundeigentum Grundbuch von Köln Blatt ####, Räumung und Übergabe des Besitzes desselben, Erteilung der Löschungsbewilligung für die Eintragung des Klägers als Eigentümer im Grundbuch von Köln Blatt #### und der Löschungsbewilligung der Sparkasse KölnBonn hinsichtlich der für diese im Grundbuch von Köln Blatt ####, Abteilung III eingetragenen Grundschuld.

Die Beklagten beantragen, Klageabweisung.

Die Beklagten haben sich in der mündlichen Verhandlung am 02.03.2021 der oben dargestellten Erledigungserklärung des Klägers angeschlossen.

Die Beklagten behaupten, dass der Kläger die Kaufsachen, insbesondere die Räume gut kannte und positive Kenntnis von dem Zustand der Immobilie hatte. Insbesondere habe er durch Gespräche mit dem Beklagten und Mitarbeitern der Gaststätte Kenntnis vom Befall mit Schädlingen, vor allem Heimchen, gehabt.

Die Beklagten sind der Ansicht, dass keine Mängel an den Kaufsachen vorliegen, welche zum Rücktritt berechtigen würden. Sie hätten auch keine Mängel arglistig verschwiegen. Ein Rücktritt sei aber schon deshalb nicht wirksam, weil der Kläger zu keiner Zeit Nachbesserung gefordert hat.

Mit Blick auf den mittlerweile eingetretenen Vollzug des Kaufvertrags sind die Beklagten der Ansicht, dass der Kläger sich treuwidrig verhalte, wenn er weiterhin an seinem Rücktritt festhält. Eine Rückabwicklung des Kaufvertrages komme daher nicht in Betracht. Auch Schadensersatzansprüche schieden aus.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Zeugenvernehmung in der mündlichen Verhandlung am 02.03.2021 aufgrund des Beweisbeschlusses vom 08.03.2019 (Bl. 351 GA) sowie des Beweisbeschlusses in der genannten mündlichen Verhandlung. Es hat die Zeugen Herr M1, Herr I, Frau H, Herr N und Herr M2 vernommen. Für den Inhalt der Zeugenvernehmungen wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen (Bl. 479 ff. GA).

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I. Die ursprüngliche Vollstreckungsabwehrklage hat sich nach Klageänderung in eine allgemeine Leistungsklage gewandelt. Mit Blick auf die insoweit maßgeblichen Zulässigkeitsvoraussetzungen bestehen keine Zweifel an deren Vorliegen.

Die Klageänderung hin zur Leistungsklage mit Schriftsatz vom 15.01.2020 (Bl. 420 GA) ist sachdienlich gem. § 263 ZPO und mithin zulässig. Im Übrigen haben die Beklagten rügelos zur geänderten Klage verhandelt, sodass auch aus diesem Grunde keine Zweifel an der Zulässigkeit der Klageänderung bestehen.

Der Rechtsstreit wurde nach Aussetzung gem. §§ 246, 239 ZPO wegen des Todes des früheren Beklagten zu 2.) wirksam durch dessen Erbinnen aufgenommen gem. §§ 246 Abs. 2, 239 Abs. 1, 250 ZPO. Die Rechtsnachfolge der Erbinnen ist unstreitig. Die Erbinnen haben ihren Willen zur Aufnahme des Rechtsstreits jedenfalls mit Schriftsatz vom 01.09.2020 (Bl. 474 GA) erklärt.

II. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf die von ihm beantragten Zahlungen. Insbesondere kann er sich nicht mit Erfolg auf den Rücktritt vom in der Urkunde des Notars Peter E in Köln, Urkundsrollen-Nummer ###/2018 beurkundeten Kaufvertrag über Grundeigentum und Inventar der Gaststätte „T “ in Köln berufen (siehe dazu Ziffer 1.). Ihm stehen auch keine Schadensersatzansprüche wegen Mängeln der Kaufsache oder aus unerlaubter Handlung zu (siehe dazu Ziffer 2.).

1. Die Anträge zu Ziffern I. 1. – 3., mit denen der Kläger von den Beklagten jeweils Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen (bei den Anträgen I. 1. und 2.) Rückübertragung des Eigentums, Räumung sowie Übergabe des Besitzes und Erteilung von Löschungsbewilligungen für die Eintragung des Klägers als Eigentümer im Grundbuch sowie für eine dort eingetragene Grundschuld bzw. (beim Antrag I. 3.) gegen Übergabe des Besitzes bestimmter Gegenstände begehrt, sind nicht begründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagten auf Rückzahlung der aufgrund des notariellen Kaufvertrags gezahlten Kaufpreise aus §§ 346 Abs. 1, 437 Nr. 2, 434, 323 BGB.

Dabei kann offenbleiben, ob die Kaufsachen bei Gefahrübergang mangelhaft waren. Es bedarf auch keiner Entscheidung, ob der Kläger eine angemessene Frist zur Nacherfüllung hätte setzen müssen oder ob diese entbehrlich war. Auch kann offenbleiben, ob der vereinbarte Haftungsausschluss gem. § 444 BGB wegen arglistigem Verschweigen von Mängeln unwirksam ist.

Denn der Kläger kann sich im vorliegenden Fall nicht auf den zunächst erklärten Rücktritt berufen. Das Rücktrittsrecht ist vorliegend wegen eines konkludent erklärten Verzichts ausgeschlossen.

Nach § 346 Abs. 1 BGB sind im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurück zu gewähren und die gezogenen Nutzungen heraus zu geben. Der berechtigte Rücktritt führt dazu, dass nicht der Vertrag im Ganzen aufgehoben wird, sondern mit Wirkung ex nunc die Primärleistungspflichten erlöschen und nicht lediglich einredebehaftet sind. Jedoch können die Parteien des Vertragsverhältnisses die Folgen anders als gesetzlich in den §§ 346 ff. BGB vorgesehen bestimmen, etwa indem sie den Vertrag einvernehmlich wieder in die ursprüngliche Leistungsbeziehung zurückversetzen und, etwa durch Entgegennahme der Vertragsleistung oder Nacherfüllung, den Leistungsaustausch wie vorgesehen fortsetzen (vgl. BeckOK BGB/H. Schmidt, 57. Ed. 1.2.2021, BGB § 346 Rn. 11). In einem Fall betreffend den Rücktritt vom Kaufvertrag über einen Pkw wegen streitiger Mängel hat das OLG Düsseldorf einen (konkludenten) Verzicht auf den zuvor erklärten Rücktritt erkannt, weil der Rücktretende den Pkw mehrfach zwecks Reparatur in die Werkstatt des Verkäufers gegeben hatte. In einem solchen Verhalten nach erklärtem Rücktritt, das auf den Fortbestand der schuldrechtlichen Verbindung gerichtet ist, hat der dortige Senat einen Verzicht auf die Geltendmachung der Rechte aus dem erklärten Rücktritt gefolgert (OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.7.2004 – I-1 U 41/04, BeckRS 2004, 11420).

In diesem Zusammenhang ist auch die dogmatische Grundlage des Rücktritts zu beachten. Der Rücktritt führt gerade nicht dazu, dass der ursprüngliche Vertrag wegfällt oder beseitigt bzw. annulliert wird. Vielmehr wandelt sich das Schuldverhältnis in ein Rückgewährschuldverhältnis (vgl. BGH NJW 2010, 2426, 2427 Rn. 18). Dem liegt die Vorstellung zugrunde, dass es bezüglich der einzelnen vertraglichen Leistungspflichten (Schuldverhältnisse im engeren Sinn) zu einer Art Schubumkehr kommt, mit welcher der Rückstrom der ausgetauschten Leistungen bewirkt wird (BeckOGK/Schall, 1.5.2021, BGB § 346 Rn. 153).

Nach diesen Erwägungen ist auch hier vom Fortbestand des ursprünglichen Schuldverhältnisses und einem Verzicht auf den erklärten Rücktritt auszugehen. Das Verhalten des Klägers nach dem Rücktritt und dessen Billigung durch die Beklagten hat den Vertrag einvernehmlich wieder in die ursprüngliche Leistungsbeziehung zurückversetzt, was zugleich einen Ausschluss der Rechte aus dem Rücktritt bedeutet. Dieser Ausschluss beruht auf dem Umstand, dass der Kläger trotz erklärtem Rücktritt, zunächst verweigerter Erbringung der Primärleistungspflichten des Kaufvertrags und gar gerichtlicher Durchsetzung des erklärten Rücktritts im Wege der Vollstreckungsgegenklage während des anhängigen Gerichtsverfahrens doch den Kaufpreis gezahlt und den förmlichen Prozess des Eigentumswechsel der unbeweglichen Sachen initiiert und durchgeführt hat. Dies wohl gemerkt in voller Kenntnis der seinem Vortrag nach erheblichen Mängeln an den Kaufsachen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Kläger nach eigenem Rechtsverständnis wegen des Rücktritts nicht mehr hierzu verpflichtet gewesen wäre. Wenn er sich aber auf den Untergang der ursprünglichen Leistungspflichten beruft und zugleich eben diese Leistungspflichten trotzdem erfüllt, ist eine normative Betrachtung des Verhaltens geboten. Diese normative Betrachtung im Lichte des Sinn und Zwecks des Rücktrittsrechts führt zur Annahme eines Verzichts auf den Rücktritt und auf den Willen zur Rekonstitution der ursprünglichen Leistungen. Der Rücktritt dient der Rückabwicklung eines Vertrages und ist nicht ein bloßes Mittel zur Verbesserung der eigenen wirtschaftlichen (Verhandlungs-) Position des Erklärenden.

Dabei ist zunächst das Judiz des OLG Düsseldorf (Urt. v. 19.7.2004 – I-1 U 41/04, a.a.O.) nach Ansicht des hiesigen Gerichts auf vorliegenden Fall übertragbar und sogar im Wege eines „erst-recht“-Schlusses heran zu ziehen. Wenn ein Käufer wegen behaupteter Mängel den Rücktritt erklärt und trotzdem nicht eindeutig die Rückgewährpflichten durchsetzt, sondern vielmehr weiterhin auf Grundlage der ursprünglichen Leistungspflichten agiert, ist offensichtlich, dass die Rechtsfolgen des Rücktritts nicht (länger) ernsthaft gewünscht sind. Vielmehr äußert sich erkennbar der Wille, die ursprünglich vereinbarten Leistungen zu erbringen und zu empfangen.  Dies lässt sich auch bei Auslegung des Verhaltens aus dem notwendigerweise anwendbaren objektivierten Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) als konkludent erklärter Verzicht bewerten. Insoweit hat das OLG Düsseldorf es schon ausreichen lassen, dass ein Käufer nach dem erklärten Rücktritt Nacherfüllungsleistungen, mithin sekundäre Leistungspflichten des Verkäufers, in Anspruch genommen hat. Im Vergleich dazu erscheint der hiesige Fall noch deutlicher („erst recht“) als Verzicht auf den Rücktritt, weil der Kläger sogar die vor dem Rücktritt noch nicht ausgetauschte Primärleistung, aus seiner Sicht die Zahlung des Kaufpreises, nachträglich während des laufenden Rechtsstreits erbracht hat. Er hat auch die synallagmatisch verknüpften primären Gegenleistungspflichten als Erfüllung angenommen. Dieses Verhalten steht in einem unauflösbaren Widerspruch zum erklärten Rücktritt bzw. dessen Rechtsfolgen.

Dabei ist auch zu beachten, dass dem Austausch der ursprünglichen Leistungspflichten eine außergerichtliche Korrespondenz der Parteien voraus gegangen ist, in welcher die Beklagte ihrerseits den Rücktritt vom Vertrag und die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen androhten. Bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung war auch der Beklagtenvortrag unstreitig, wonach der Verkauf der Gaststätte an einen Dritten in Aussicht stand. Dies hätte der Kläger bei Festhalten an seinem Rücktritt hinnehmen müssen und im laufenden Rechtsstreit klageändernd an seinem Rücktritt festhalten können, indem er etwa auf die Feststellung der Wirksamkeit des Rücktritts geklagt hätte. Stattdessen hat die Androhung der Beklagten den Kläger zu einem Gesinnungswandel motiviert, welchem er sogleich Taten folgen ließ. Wenn der Kläger weiterhin der Auffassung war, dass sein Rücktritt berechtigt sei und er demnach auch kein Interesse mehr an der Übernahme der Gaststätte gehabt hätte, hätte er schlicht nichts weiter unternehmen müssen. Vor allem hätte er nicht den nicht unerheblichen Kaufpreis von über einer Million EUR zahlen müssen. Bei einer wertenden Gesamtbetrachtung war dem Kläger also die Möglichkeit, die Gaststätte zu übernehmen, wichtiger als sich vom Vertrag zu lösen. Es drängt sich der Verdacht auf, dass das gesamte Verhalten des Klägers schon vor Zahlung des Kaufpreises  primär darauf gerichtet war, eine Nachverhandlung des Preises zu erreichen.

Dieser Wertung steht auch nicht entgegen, dass der Kläger den Kaufpreis „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und unter dem Vorbehalt der Rückforderung“ zahlte. Denn diese schriftlichen Vorbehalte sind nicht geeignet, den rechtlich bedeutsamen Erklärungswert seines faktischen Handelns umzukehren oder zu neutralisieren. Wie oben bereits beschrieben hatte der Kläger – würde seine Auffassung, dass der Rücktritt zu Recht erfolgt sei, zutreffend sein – keine Rechtspflicht zur Zahlung des Kaufpreises. Die Zahlung ist auch nicht etwa zur Vermeidung akut drohender Nachteile, z.B. der Zwangsvollstreckung in das Privatvermögen des Klägers, erfolgt. Insoweit war die Zwangsvollstreckung durch gerichtlichen Beschluss  vom 06.06.2018 vorläufig eingestellt (Bl. 73 GA). Vielmehr ist die Zahlung bei objektiver Betrachtung zur Abwendung eines anderweitigen Verkaufs durch die Beklagten mit negativen wirtschaftlichen Folgen für den Kläger erfolgt. In einem solchen Fall kommt der mit einem Handeln im Zusammenhang stehenden Erklärung, dass die Leistung „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und unter dem Vorbehalt der Rückforderung“ erfolgt, keine Bedeutung zu. Diese begleitende Erklärung ist vielmehr als ein venire contra factum proprium anzusehen und unbeachtlich (§ 242 BGB). Der Kläger konnte sich auf diese Weise nicht die Vorteile des Eigentumserwerbs (und der Vermeidung eines Kaufs der Gaststätte durch einen potentiellen Konkurrenten) sichern, ohne aber die damit korrespondierenden Nachteile in Kauf zu nehmen.

Auch die Einwände des Klägers in der mündlichen Verhandlung am 02.03.2021 und in seinen Schriftsätzen, wonach die Zahlung des Kaufpreises ein nicht negativ zu verstehendes vorsorgliches Alternativverhalten eines rein wirtschaftliche denkenden Geschäftsmannes im Gastronomiesektor darstelle, verfangen nicht. Ebenso wenig die vom Kläger geäußerten Sorgen, dass gerichtliche Entscheidungen im Ergebnis unkalkulierbar sind und hier die Beklagten durch die Beweissituation bevorteilt sein könnten. Auch unbeachtlich ist die Sorge des Klägers, die Beklagten hätten nach einem Rücktritt von ihrer Seite in einem nachfolgenden Verkauf an einem Dritten (ggf. kollusiv) einen erheblich niedrigeren Kaufpreis zulasten des Klägers vereinbaren können. Alle diese Argumente beruhen auf einer hier nicht statthaften rein wirtschaftlichen Betrachtung der Sachlage. Abgesehen davon, dass diese Betrachtung der Sachlage aus der Perspektive des Klägers sehr subjektiv gefärbt ist und er substantiierten Vortrag zu den zugrunde liegenden Tatsachen hierzu vermissen lässt, sind diese Argumente nicht geeignet, das oben gefundene rechtliche Ergebnis in Zweifel zu ziehen.

Dieses Ergebnis ist auch dogmatisch überzeugend. Denn der oben (mit Rückgriff auf das OLG Düsseldorf) angenommene Verzicht – unabhängig davon, ob er als Verzicht gem. § 397 BGB anzusehen ist – kann jedenfalls als Ausschlussgrund des Rücktrittsrechts angesehen werden. Dieser Erwägung liegt zu Grunde, dass das Grundschuldverhältnis nicht durch den Rücktritt beseitigt wird, sondern durch die oben beschriebene „Schubumkehr“ in ein Rückgewährschuldverhältnis wandelt. Diese Schubumkehr ist jedoch keine Einbahnstraße (vgl. insoweit auch die ständige Rspr. des VIII. Senats des BGH zum Ausschluss der Rechte aus erklärtem Rücktritt wegen widersprüchlichem Verhalten als Fallgruppe des § 242 BGB, wenn Mängel mit Zustimmung des Rücktretenden beseitigt werden, etwa BGH NJW 2017, 153, Rn. 31f). Wenn sich das Schuldverhältnis von der ursprünglichen Leistungsrichtung in das Gegenteil wandeln kann, muss es sich bei besonderen Umständen auch nochmals in die ursprüngliche Stoßrichtung wandeln können. Dies kann durch die Parteien ausdrücklich geschehen. Doch auch an dieser Stelle ist konkludentes Handeln mit Erklärungswert beachtlich. So liegt der Fall wie ausführlich beschrieben hier. Die Parteien haben die Pflichten des ursprünglichen Kaufvertrags – wenn auch nach einigem Streit und mit erheblicher Verzögerung – beidseitig erfüllt, indem sie die Hauptleistungen getauscht haben. Damit war die „Schubumkehr“ zurück zu den ursprünglichen kaufvertraglichen Leistungspflichten bewerkstelligt. Eine nochmalige „Schubumkehr“ zurück in Richtung Rückgewähr dürfte danach wieder möglich sein, müsste aber wegen des Verbots widersprüchlichen Verhaltens aus § 242 BGB auf einem anderen Grund als beim „ersten“ Rücktritt beruhen. Vorliegend macht der Kläger jedoch nur einen einheitlichen Rücktritt aus identischen Gründen geltend. Er stützt sich nicht auf neue Umstände, die erst nach Austausch der kaufvertraglichen Pflichten bekannt geworden sind.

2. Die Anträge zu Ziffern II. 1. – 5., mit denen der Kläger von den Beklagten zu 1.) und 2.) als Gesamtschuldner Notarkosten (Anträge II. 1. und 2.), Maklerkosten (Antrag II. 3.), vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten (Antrag II. 4.) und Gebühren des Grundbuchamts (Antrag II. 5.) jeweils Zug um Zug gegen die Rückübertragung des Eigentums, Räumung sowie Übergabe des Besitzes und Erteilung von Löschungsbewilligungen für die Eintragung des Klägers als Eigentümer im Grundbuch sowie für eine dort eingetragene Grundschuld fordert, sind ebenfalls unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagten auf Zahlung von Schadensersatz für die vorgenannten Posten und zwar weder aus den vom Kläger ausdrücklich genannten §§ 280 Abs. 1, 3, 281, 437 Nr. 3, 434 BGB, noch aus § 823 Abs. 2 BGB iVm § 263 StGB. Auch aus anderen möglichen Schadensersatzanspruchsgrundlagen folgt keine Begründetheit der Anträge.

a) Mit Blick auf die Anträge zu II. 1., 2., 3. und 5., die allesamt „Kaufnebenkosten“, also Notar-, Makler- und Grundbuchkosten im Zusammenhang mit dem Abschluss des notariellen Kaufvertrags über die Gaststätte sowie den Eigentumserwerb der damit zusammen hängenden Immobilie betreffen, bedarf es keiner Ausführungen zum Schadensgrund. Es liegt kein ersatzfähiger Schaden vor. Im Übrigen läge in der Durchsetzung eines Schadensersatzanspruchs eine unzulässige Rechtsausübung des Klägers.

Schäden sind zunächst auf Grundlage der Differenzhypothese zu ermitteln. Schaden ist dabei die Differenz zwischen dem Vermögensstand ohne das schädigende Ereignis (hypothetischer Zustand) und dem tatsächlich gegebenen Vermögensstand (realer Zustand). Der hierfür erforderliche Vergleich zweier Vermögenslagen ist durch § 249 Abs. 1 („Zustand“) vorgegeben (vgl. MüKoBGB/Oetker, 8. Aufl. 2019, BGB § 249 Rn. 18f.).

Insoweit bereitet es schon Schwierigkeiten, einen hypothetischen Zustand festzustellen. Denn wie oben beschrieben hat der Kläger durch den Vollzug des Kaufvertrags nach zunächst erklärtem Rücktritt deutlich gemacht, dass er den Erwerb der Gaststätte der Rückgewähr der Leistungen vorzieht. Auf Grundlage des notariellen Kaufvertrags war der Kläger verpflichtet, die Kaufnebenkosten zu tragen. Stellt man demnach als hypothetischen Zustand auf die vertraglich vereinbarte Kostentragung ab, besteht im Verhältnis zum realen Zustand keine Differenz. Demnach scheidet auch ein Schaden aus.

Selbst wenn man aber als hypothetischen Zustand annehmen wollte, dass hier der Kläger so zu stellen wäre, als hätte er den Kauf niemals getätigt, und man demnach auf eine Differenz (= einen Schaden) in Höhe der gestellten Anträge käme, ist der Schadensersatzanspruch nach § 242 BGB ausgeschlossen. Die Durchsetzung eines etwaigen Schadensersatzanspruchs erscheint vorliegend als unzulässige Rechtsausübung wegen widersprüchlichen Verhaltens des Klägers.

Ein früheres Verhalten, das für sich nicht zu missbilligen ist, kann die spätere Rechtsausübung dennoch unzulässig machen, wenn sich das Gesamtbild eines widersprüchlichen Verhaltens ergibt und die Interessen der Gegenpartei im Hinblick darauf als vorrangig schutzwürdig erscheinen. Der Kernbereich dieser Fallgruppe sind die Fälle des venire contra factum proprium. Für die Bewertung des Verhaltens als nach seinem Gesamtbild objektiv widersprüchlich können die sachliche Unvereinbarkeit des früheren mit dem späteren Verhalten oder ein beim Gegner geschaffener Vertrauenstatbestand maßgeblich sein (MüKoBGB/Schubert BGB § 242 Rn. 314 m.w.N. aus der Rspr.). Ein widersprüchliches Verhalten liegt auch vor, wenn eine Partei die Vorteile für sich in Anspruch nimmt, ohne die damit korrespondierenden Nachteile tragen zu wollen (MüKoBGB/Schubert BGB § 242 Rn. 360).

So liegt der Fall hier. Der Kläger hat durch den Vollzug des Vertrags zur Vermeidung eines anderweitigen Verkaufs der Gaststätte durch die Beklagten trotz seiner früheren Rechtsansicht eine Entscheidung dahingehend getroffen, dass er die Kaufgegenstände zum Eigentum erwerben möchte. Diese Entscheidung an sich ist nicht zu beanstanden und nicht widersprüchlich. Widersprüchlich ist es aber, wenn der Kläger von den Beklagten nunmehr Kostenübernahme fordert, die im hypothetischen Fall des von Anfang an ohne Streit abgewickelten Kaufvertrags vom Kläger zu tragen gewesen wären. Die hier maßgeblichen Kaufnebenkosten (mit Ausnahme der dort nicht erwähnten Maklerkosten) sind jedoch auf Grundlage von Teil C Ziffer 2. b) des notariellen Kaufvertrags (Bl. 29 GA) vom Käufer zu tragen. Wenn der Kläger das Eigentum entsprechend der ursprünglichen Abrede erwirbt, kann er nicht diesen Vorteil isoliert für sich in Anspruch nehmen, sondern er muss auch die damit korrespondierenden Nachteile tragen. Folglich hat er die Kaufnebenkosten entsprechend der Vereinbarung zu tragen. Mit Blick auf die Maklerkosten ergibt sich nichts anderes. Durch den Erwerb der Immobilie hat sich auch insoweit der gewünschte Erfolg der Maklertätigkeit beim Kläger eingestellt. Es ist nicht ersichtlich, warum die Beklagten diese Kosten tragen sollten.

b) Für den Antrag II. 5. betreffend die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten des Klägers besteht keine Grundlage. Dieser Anspruch kann zunächst nicht auf den Gesichtspunkt des Verzugs gestützt werden, weil der Prozessbevollmächtigte des Klägers ausweislich Anlagen K3 – K5 (Bl. 36 ff. GA) unmittelbar für den Kläger tätig geworden ist und Rücktrittserklärungen verfasst hat. Selbst wenn ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagten zu diesem Zeitpunkt bestanden hätte, wären die Beklagten hiermit (noch) nicht in Schuldnerverzug geraten.

Es kommt demnach auf einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch an. Insoweit kann sich der Kläger nicht auf einen Schadensersatz statt der Leistung, etwa aus §§ 280 Abs. 1, 3, 281, 437 Nr. 3 BGB stützen. Dies allein aus dem Grund, weil die Parteien die Primärleistung aus dem notariellen Kaufvertrag im Laufe des Verfahrens ausgetauscht haben. Ein Schadensersatz statt der Leistung setzt allerdings logischerweise voraus, dass es gerade nicht zur (vollständigen) Leistungserfüllung gekommen ist.

Für einen Schadensersatzanspruch neben der Leistung gem. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 iVm dem Kaufvertrag trägt der Kläger nicht vor, worin hier eine Pflichtverletzung der in Anspruch genommenen Beklagten zu 1.) und 2.) zu erkennen sein soll. Eine solche Pflichtverletzung ist für das Gericht auch aus den Inhalten der vorbereitenden Schriftsätze sowie des Gegenstands der mündlichen Verhandlung nicht zu erkennen. Ein Abstellen auf Mängel der Kaufsache verbietet sich, weil dies ausschließlich in den Anwendungsbereich des oben bereits abgelehnten Schadensersatz statt der Leistung fiele. Insbesondere erkennt das Gericht keine Verletzung von Aufklärungspflichten seitens der Beklagten, die eine Haftung gegenüber dem Kläger begründen würden. Insoweit kann auf die Ergebnisse der Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung vom 02.03.2021 zurückgegriffen werden. Soweit es Umstände vor dem Vertragsschluss betrifft – und allein hierauf kann es bei der Prüfung von Aufklärungspflichtverletzungen ankommen – waren die Zeugen H, N und M2 unergiebig. Die Zeugen N und M2 schilderten beide lediglich ihre Eindrücke am Abend des 30.04.2018 und mithin nach Vertragsschluss am 19.04.2018. Die Zeugin H hat ausgesagt, dass sie vor dem Vertragsschluss nur einmal mit dem Kläger gemeinsam in der Gaststätte „T “ gewesen ist und dort passiv den Betrieb beobachtet hat. Eine Würdigung der Aussagen der vorgenannten Zeugen ist deshalb nicht geboten.

Soweit hier von Bedeutung schilderten die Zeugen M1 und I übereinstimmend, dass der Kläger bei mehreren Gelegenheiten die Gaststätte „T “ in der Zeit, bevor die Belegschaft der Gaststätte vom Verkauf an den Kläger informiert worden ist besucht hat und dabei Gespräche mit den beiden Zeugen und anderen Personen geführt hat. Insoweit hält das Gericht die Zeugenaussagen auch für glaubhaft. Sie passen insbesondere zum eigenen Vortrag des Klägers in seinem Schriftsatz vom 25.09.2018 S. 5 ff. (Bl. 284 ff. GA), wonach der Kläger durchaus vor Vertragsschluss in der Gaststätte zu Besuch war und Beobachtungen vorgenommen hat. Im Übrigen ist eine Auseinandersetzung mit dem ausführlichen Beweisergebnis nicht erforderlich und geboten.

Auf der somit dargelegten Grundlage ist das Gericht zur Überzeugung gelangt, dass der Kläger zumindest Gelegenheit hatte, den Kaufgegenstand vor Vertragsabschluss wie jeder andere Gast in den öffentlich zugänglichen Bereichen in Augenschein zu nehmen und zudem Fragen an die Mitarbeiter zu stellen. Dies spricht indiziell gegen die Verletzung von Aufklärungspflichten der Beklagten. Da es an dieser Stelle im Übrigen dem Kläger oblegen hätte, eine Aufklärungspflichtverletzung darzulegen und zu beweisen (wobei hier auch die vom Kläger an anderer Stelle vorgetragene arglistige Täuschung der Beklagten Bedeutung hätte erlangen können, die der Kläger jedoch mit seinen Beweismitteln ebenfalls nicht beweisen konnte), scheidet die Annahme einer diesbezüglichen Pflichtverletzung der Beklagten zu 1.) und 2.) aus.

Das Vorgesagte lässt sich auch übertragen auf den vom Kläger im Übrigen vorgetragenen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB iVm § 263 StGB. Der Kläger hat nicht den Beweis führen können, dass eine im Rahmen des objektiven Tatbestands des § 263 StGB notwendige Täuschung vorliegt.

Sonstige anwendbare Schadensersatznormen sind weder vom Kläger vorgetragen, noch ersichtlich.

c) Mangels Hauptforderungen scheiden Zahlungsansprüche auf Verzugszinsen als Nebenforderungen aus.

III.  Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 91a Abs. 1 ZPO. Soweit die oben geprüften noch gegenständlichen Ansprüche betroffen sind, ist der Kläger insgesamt unterlegen. Soweit die nach der Klageänderung nicht mehr geltend gemachten Anträge betroffen sind, haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend teilweise für erledigt erklärt. Die entsprechenden Kosten sind deshalb nach § 91a ZPO grundsätzlich unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu verteilen, hier im Rahmen einer einheitlichen Kostenentscheidung. Es bedarf jedoch vorliegend keiner Ausführungen zur Kostentragung nach § 91a ZPO, weil es keine Kosten des Rechtsstreits gibt, die nicht von der Kostenentscheidung über die nicht erledigten Anträge erfasst wären. Denn die Anträge nach Klageänderung sind wirtschaftlich identisch mit den früheren Klageanträgen. Die zunächst geltend gemachte Vollstreckungsgegenklage betraf die Abwehr der Vollstreckung aus der notariellen Urkunde, mit welcher die Beklagten die Kaufpreissumme hätten vollstrecken können, die wertgleich mit den nunmehrigen Zahlungsanträgen I. 1. – 3. sind. Eine Addition der Streitwerte kommt nicht in Betracht. Der ebenfalls übereinstimmend für erledigt erklärte Antrag auf Feststellung des Annahmeverzugs hat ebenfalls keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung, sodass auch insoweit keine besonderen Kosten des Rechtsstreits entstanden sind. In einer solchen Sachlage bedarf es keiner gesonderten Kostenentscheidung nach § 91a ZPO, sondern die Kostenentscheidung nach § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO „konsumiert“ die Entscheidung nach § 91a ZPO.

IV. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 2 ZPO.

V. Der Streitwert wird wie folgt festgesetzt: 1.290.952,80 EUR

Dabei sind die Anträge wie folgt zu bewerten:

  • Antrag I. 1.:   475.000,- EUR
  • Antrag I. 2.:  475.000,- EUR
  • Antrag I. 3.:  297.500,- EUR
  • Antrag II. 1.:  6.446,50 EUR
  • Antrag II. 2.:    143,80 EUR
  • Antrag II. 3.:    36.000,- EUR
  • Antrag II. 4.:  bleibt als Nebenforderung, § 4 ZPO, ohne Ansatz
  • Antrag II. 5.:    862,50 EUR

Die übereinstimmend für erledigt erklärten Anträge bleiben wegen wirtschaftlicher Identität zu den Anträgen I. 1. – 3. ohne Ansatz.

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