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Festsetzung Geschäftswert für Notarkostenrechnung – Gebäudewertermittlung

Streit um Notarkosten: Geschäftswert von Grundstücken und die Rolle des Notars

Der Fall dreht sich um einen notariellen Vertrag, in dem zwei Antragstellerinnen ein Grundstück von ihren Eltern geschenkt bekommen haben. Der Kern des rechtlichen Konflikts liegt in der Kostenrechnung des Notars, der einen Geschäftswert von 800.000 Euro für das Grundstück festgelegt hat. Die Antragstellerinnen sind mit dieser Bewertung nicht einverstanden und haben daher eine gerichtliche Entscheidung beantragt. Sie argumentieren, dass der Geschäftswert des Grundstücks deutlich niedriger sein sollte, basierend auf einem vorherigen Erbvertrag und einem Gutachten einer Steuerberatungsgesellschaft.

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Die Argumente der Antragstellerinnen

Die Antragstellerinnen haben mehrere Gründe für ihre Unzufriedenheit mit der Festsetzung des Geschäftswertes durch den Notar angeführt. Erstens berufen sie sich auf einen Erbvertrag aus dem Jahr 2015, in dem ein Geschäftswert von 455.000 Euro festgelegt wurde. Zweitens haben sie ein Gutachten einer Steuerberatungsgesellschaft vorgelegt, das den Wert des Grundstücks auf etwa 544.000 Euro schätzt. Drittens argumentieren sie, dass der Großteil des Grundstücks als landwirtschaftliche Fläche klassifiziert ist und daher nach den örtlichen Vergleichswerten bewertet werden sollte.

Die Rechtsgrundlage und die Sicht des Gerichts

Das Gericht hat die Beschwerde der Antragstellerinnen als unbegründet zurückgewiesen. Es stützt sich auf § 46 des Gerichts- und Notarkostengesetzes (GNotKG), das die Kriterien für die Festsetzung des Geschäftswertes eines Grundstücks vorgibt. Das Gericht betont, dass die Festsetzung des Geschäftswertes nicht nach einer starren Formel erfolgen kann und dass der Notar ein gewisses Ermessen bei der Bewertung hat.

Die Rolle des Notars in der Bewertung

Der Notar hat in seiner Stellungnahme dargelegt, dass er bei der Bewertung des Grundstücks konservative Faktoren verwendet hat. Er hat auch argumentiert, dass das Grundstück als Ganzes und nicht nur auf Basis seiner landwirtschaftlichen Nutzung bewertet werden sollte. Das Gericht hat diese Ansicht unterstützt und festgestellt, dass der Notar bei der Festsetzung des Geschäftswertes nicht unzutreffend gehandelt hat.

Die Bedeutung der Lage und weitere Faktoren

Das Gericht hat auch die privilegierte Lage des Grundstücks hervorgehoben, die in der Kostenrechnung des Notars berücksichtigt wurde. Es wurde betont, dass die Lage des Grundstücks in einem weltbekannten Ort und die besondere Situation des Grundstücks, einschließlich einer Parkfläche, den höheren Geschäftswert rechtfertigen.


Das vorliegende Urteil

LG Kempten – Az.: 23 T 1483/17 – Beschluss vom 02.07.2018

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung über die notarielle Kostenrechnung vom 19. Mai 2017 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Gründe

I.

Den Antragstellerinnen wurde durch einen notariellen Vertrag des Notars … vom 15.05.2017 ein Grundstück in … von ihren Eltern geschenkt. Der Notar hat in seiner am 19.05.2017 ausgestellten Kostenrechnung hinsichtlich dieses Vertrages einen Geschäftswert in Höhe von 800.000,00 EUR zugrundegelegt. Hinsichtlich der Einzelheiten der Kostenrechnung wird auf Anlage ASt 1 Bezug genommen.

Die Antragstellerinnen wenden sich gegen diese Festsetzung des Geschäftswertes. Sie begründen dies insbesondere damit, dass im Zuge eines Erbvertrages vom 30.07.2015, der ausschließlich die Immobilie …betraf, ein Geschäftswert von 455.000,00 EUR angesetzt wurde. Daneben berufen die Antragstellerinnen sich hinsichtlich der Ermittlung des zutreffenden Verkehrswertes der streitgegenständlichen Grundstücke auf ein Gutachten einer Steuerberatungsgesellschaft, das im schenkungssteuerlichen Kontext einen Wert von ca. 544.000,00 EUR ermittelt hatte. Daneben verweisen die Antragstellerinnen darauf, dass der Großteil des Grundstückes sich im Außenbereich befinde und im Grundbuch als landwirtschaftliche Fläche eingetragen sei. Hierfür sei nach den örtlichen Vergleichswerten der Gemeinde … lediglich Werte zwischen 2,0 und 4,40 EUR pro Quadratmeter anzusetzen. Insgesamt sei somit ein Geschäftswert von ca. 550.000,00 EUR anzusetzen.

II.

Die Beschwerde ist unbegründet. Die vom Notar vorgenommene Festsetzung des Geschäftswertes auf 800.000,00 EUR erweist sich nicht als unzutreffend.

Wie alle Verfahrensbeteiligten zutreffend ausführen, bemisst sich die Festsetzung des zutreffenden Geschäftswertes hinsichtlich der hier betroffenen Grundstücke nach § 46 GNotKG. Hierbei sind vorrangig die Kriterien des § 46 Abs. 2 GNotKG heranzuziehen, da ein Verkehrswert gem. § 46 Abs. 1 GNotKG nicht feststeht. Auch im Rahmen des § 46 Abs. 2 GNotKG ist zu berücksichtigen, dass die Festsetzung des Verkehrswertes nicht nach einer starren mathematischen Formel vorgenommen werden kann, wie die Notarkasse in ihrer Stellungnahme vom 29. Mai 2018 Seite 2 (= Bl. 25 d.A.) zutreffend feststellte. Entscheidend ist die Erkenntnis, dass die Kriterien in § 46 Abs. 2 GNotKG nur Ausgangspunkte der Bewertung sind. Es ist nach Beschaffenheit der Sache stets zu prüfen, ob Auf- oder Abschläge veranlasst sind. Die Ermessensausübung nach § 36 Abs. 1 GNotKG wird insoweit durch § 46 Abs. 2 GNotKG nicht ausgeschlossen. Es ist hinreichend, wenn die Kriterien eine Ableitung des Wertes ermöglichen (siehe Baumann/Diehn/Sommerfeldt/Diehn, § 46 GNotKG Rn. 10).

Insoweit, als die Antragstellerinnen eine Gebäudewertermittlung mit 360.830,80 EUR aufgrund der Brandversicherungswerte vorgelegt haben, ist dies für die Ermittlung des Wertes der Gebäude grundsätzlich ein geeigneter Anknüpfungspunkt. Insoweit, als die Antragstellerinnen im Rahmen der Bewertung des Grund- und Bodens von den Bodenrichtwerten ausgehen und diese obendrein für den weit überwiegenden Anteil des Grundstückes lediglich aufgrund der sehr geringen Werte für landwirtschaftliche Flächen ansetzen, ist der Auffassung der Antragstellerinnen nicht beizupflichten, dass hiermit zwingend der zutreffende Wert ermittelt wird.

Im Rahmen des § 46 Abs. 2 GNotKG wird keine höhere Wertigkeit hinsichtlich der unterschiedlichen Bewertungsmöglichkeiten vorgegeben. Der Notar darf insbesondere auch gem. § 46 Abs. 2 Nr. 3 allgemeinkundige Tatsachen bei seiner Bewertung berücksichtigen. Amtsbekannt sind solche Tatsachen, die zwar nicht für jedermann offenkundig, aber für den jeweiligen Notar bzw. das jeweilige Gericht im amtlichen Zusammenhang bekannt und insoweit offenkundig sind (siehe Baumann/Diehn/Sommerfeldt/Diehn, § 46 GNotKG Rn. 20). In diesem Zusammenhang hat der Notar in seiner Stellungnahme vom 25.10.2017 Seite 4 unter Anführung seiner eigenen Erkenntnisse hinsichtlich der Nachbargrundstücke und des hier streitgegenständlichen Grundstückes ausführlich und nachvollziehbar darlegen können, dass er bei seiner Wertberechnung noch eher von sehr konservativen Faktoren ausgegangen ist und auch noch ein deutlich höherer Geschäftswert zu rechtfertigen gewesen wäre.

Auch insoweit, als man an der strikten Bewertung des überwiegenden Teils des Grundstücks als Außenbereich und Landwirtschaftsfläche festhalten wollte, ergibt sich nach den bereits vorbezeichneten Grundsätzen keine starre Verpflichtung, einen durchschnittlichen Bodenrichtwert als verbindlich anzusetzen. Der Notar … hat in seiner Stellungnahme darlegen können, dass das gesamte Ensemble im Zusammenhang zu bewerten ist. Eine Parkfläche, welche unmittelbar den streitgegenständlichen Gebäuden angeschlossen ist, ist insofern in ihrer Wertigkeit mit Sicherheit höher zu bewerten als eine reine Ackerfläche. Die vom Notar dargelegten Erkenntnisse decken sich auch mit den gerichtlichen Erkenntnissen hinsichtlich des Marktes für Immobilien in derart hervorragender Lage, wie die hier streitgegenständliche. Es ist insbesondere zu berücksichtigen, dass das streitgegenständliche Gebäude sich in der äußerst privilegierten Lage mitten im weltbekannten Ort… befindet, was durch die Sackgassensituation und insbesondere auch das antragstellerseits als äußerst minderwertig betrachtete rückwärtige Parkland sich noch weiter verstärkt.

III.

Das Verfahren ist gerichtskostenfrei. Die Beteiligten tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst (vgl. Sikora, in: Korinthenberg, GNotKG, 20. Auflage 2017, § 127 Rn 52 ff).

 

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