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Auslegung einer Belastungsvollmacht bei Verkauf einer unvermessenen Grundstücksteilfläche

LG Zweibrücken – Az.: 3 W 118/11 – Beschluss vom 27.09.2011

Die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Montabaur vom 9. September 2011 wird aufgehoben.

Gründe

I.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 24. August 2011 (UR.-Nr….. ) verkauften die Beteiligten zu 1) aus dem im Rubrum näher bezeichneten Grundstück eine noch abzutrennende Teilfläche von ca. 950 qm an die Beteiligten zu 2) zu je ½ Miteigentumsanteil. Unter § 9 Nr. 1 des Kaufvertrages bevollmächtigten die Verkäufer die Käufer, „das Kaufobjekt“ zur Finanzierung des Kaufpreises mit Grundpfandrechten nebst üblichen Zinsen und Nebenleistungen – auch über den Kaufpreis hinaus – zu belasten. Mit weiterer notarieller Urkunde vom 24. August 2011 (UR-Nr. …..) bestellten die Beteiligten zu 2) aufgrund der erteilten Belastungsvollmacht zugunsten der Beteiligten zu 3) eine Grundschuld in Höhe von 50.000,00 € nebst Zinsen und Nebenleistungen an der Gesamtparzelle und bewilligten und beantragten die Eintragung im Grundbuch. Der Rechtspfleger beim Grundbuchamt hat mit Zwischenverfügung vom 9. September 2011 darauf hingewiesen, dass zur Eintragung der Grundschuld an dem gesamten Grundstück der Nachweis einer weitergehenden Bevollmächtigung der Käufer notwendig sei, da sich die erteilte Belastungsvollmacht lediglich auf die verkaufte, noch nicht vermessene Teilfläche beziehe.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) vom 16. September 2011, der der Rechtspfleger bei dem Grundbuchamt nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt hat.

II.

1. Die Beschwerde ist nach § 71 Abs. 1 GBO zulässig. Der Senat ist nach §§ 72, 81 Abs. 1 GBO, § 4 Abs. 2 Nr. 2 a GerOrgG Rheinland-Pfalz, § 23 a Abs. 2 Nr. 8 GVG für die Entscheidung über die Beschwerde zuständig.

2. In der Sache führt die Beschwerde zum Erfolg. Das von dem Rechtspfleger angenommene Eintragungshindernis besteht nicht. Die Grundschuldbestellung durch die Beteiligten zu 2) an dem Gesamtgrundstück war von der durch die Beteiligten zu 1) in § 9 des notariellen Vertrages vom 24. August 2011 erteilten Belastungsvollmacht gedeckt. Dies ergibt die nach § 133 BGB vorzunehmende Auslegung der Vollmachterteilung.

Allerdings ist dem Rechtspfleger bei dem Grundbuchamt in Ausgangspunkt darin zuzustimmen, dass nach dem Wortlaut der Belastungsvollmacht (nur) das „Kaufobjekt“ im Namen der Grundstückseigentümer mit Grundpfandrechten belastet werden darf. Der Senat stimmt auch mit der Rechtsansicht des Grundbuchamtes überein, dass Eintragungsunterlagen in Grundbuchsachen eindeutig und zweifelsfrei gefasst sein müssen und es allemal wünschenswert wäre, wenn sich solche zweifelsfreien Ergebnisse ohne größeren Auslegungsaufwand ohne weiteres aus dem Text der Urkunde erschließen würden. Dies ändert aber nichts daran, dass auch in solchen Eintragungsunterlagen abgegebene Willenserklärungen uneingeschränkt den Auslegungsregeln nach §§ 133, 157 BGB unterliegen. Im Vordergrund steht dabei die Erforschung des wirklichen Willens der Erklärenden und nicht der buchstäbliche Sinn des verwendeten Ausdrucks (§ 133 BGB). Hiervon ausgehend lässt sich der wirkliche Wille der die Vollmacht erteilenden Verkäufer zweifelsfrei feststellen:

Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass der mit der Vollmachtserteilung verfolgte und aus dem übrigen Vertragsinhalt ersichtliche Sinn und Zweck der Vollmacht nur dann erreicht wird, wenn sich die Belastungsvollmacht auf das Gesamtgrundstück bezieht. Die Belastung soll der Kaufpreisfinanzierung durch die Käufer dienen und dem Umstand Rechnung tragen, dass die vereinbarte Vermessung des Grundstückes zum Zwecke der Zerlegung in der Regel eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass sich die notariell beratenen Beteiligten darüber im Klaren waren, dass die Belastung einer noch nicht vermessenen Teilfläche mit einer Grundschuld rechtlich nicht möglich war (vgl. OLG Jena, OLGR Jena 1999, 327), so dass die Finanzierung des Kaufpreises durch die Käufer zunächst und auf von den Parteien nicht absehbare Zeit nicht hätte abgeschlossen werden können, wenn erst die Bildung der Teilfläche hätte abgewartet werden müssen.

Ein auf eine umfassende Vollmachtserteilung gerichteter Wille der Vertragsparteien kommt auch hinreichend deutlich in der Regelung unter § 9 Nr. 2e) der notariellen Urkunde vom 24. August 2011 zum Ausdruck, denn hierin ist vereinbart, dass nach erfolgter Vermessung die nicht verkaufte Teilfläche aus der Mithaft freizugeben ist. Diese Regelung zeigt, dass die Vertragsparteien davon ausgegangen sind, dass die Käufer aufgrund der ihnen erteilten Vollmacht das Gesamtgrundstück belasten können, denn das Erfordernis einer Mitwirkung der Eigentümer hieran wollten sie gerade durch die Vollmachterteilung vermeiden.

 

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