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Aufgebot und Kraftloserklärung des Grundschuldbriefs

Juristisches Rätsel: Wem gehört der Grundschuldbrief wirklich?

In rechtlichen Auseinandersetzungen rund um den Grundschuldbrief können verschiedene Problemstellungen auftreten. Ein zentrales Thema ist die Frage der Gültigkeit und des Verbleibs solcher Dokumente. Wenn ein Grundschuldbrief als verloren gemeldet wird, kann das Aufgebot und die anschließende Kraftloserklärung beantragt werden. Doch was passiert, wenn der als verloren gemeldete Brief später wieder auftaucht? Dies wirft Fragen zur Antragsberechtigung, zur Rechtskräftigkeit von Entscheidungen und zur Bedeutung von Abtretungserklärungen auf. Solche Fälle erfordern eine sorgfältige Prüfung der tatsächlichen und rechtlichen Umstände, um zu einer gerechten Entscheidung zu gelangen.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 378 II 154/15  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Das Amtsgericht Köln hebt den Ausschließungsbeschluss eines Grundschuldbriefs auf, nachdem neue Beweise vorgelegt wurden, die die ursprünglichen Angaben in Frage stellen.

Zentrale Punkte aus dem Urteil:

  1. Grundschuldbrief über 300.000,- DM: Im Mittelpunkt steht ein Grundschuldbrief, der im Grundbuch von N. eingetragen war.
  2. Antrag von Frau D. N. O.: Sie beantragte beim Amtsgericht Köln das Aufgebot und die Kraftloserklärung des Grundschuldbriefs und gab an, dass dieser verloren gegangen sei.
  3. Stattgegebener Antrag: Aufgrund ihrer Angaben wurde der Grundschuldbrief für kraftlos erklärt.
  4. Herr Dr. U. legt den Brief vor: Er erschien mit dem Original-Grundschuldbrief und behauptete, das Recht darauf durch eine Abtretungserklärung von 1998 zu haben.
  5. Diskrepanz in den Angaben: Es gab Widersprüche zwischen den Angaben von Frau D. N. O. und den Beweisen von Herrn Dr. U.
  6. Kraftloserklärung aufgehoben: Da der Brief nicht verloren ging, wurde die Kraftloserklärung gemäß § 48 I FamFG aufgehoben.
  7. Fragen zur Glaubwürdigkeit: Die Vorlage des Originalbriefs durch Herrn Dr. U. wirft Fragen über die Glaubwürdigkeit der Antragstellerin auf.
  8. Endgültige Entscheidung des Amtsgerichts Köln: Der Ausschließungsbeschluss wurde aufgehoben, da der Grundschuldbrief existierte und greifbar war.

Der verlorene Grundschuldbrief: Ein juristisches Rätsel

Im Kern des Falles geht es um einen Grundschuldbrief über 300.000,- DM, der im Grundbuch von N. eingetragen war. Frau D. N. O., die ursprüngliche Inhaberin des Grundschuldbriefs, hatte beim Amtsgericht Köln das Aufgebot und die Kraftloserklärung dieses Grundschuldbriefs beantragt. Sie begründete ihren Antrag damit, dass ihr der Brief verloren gegangen sei. Sie betonte, dass sie die alleinige Berechtigte sei, das Recht nicht abgetreten habe und den Brief niemandem übergeben habe. Aufgrund dieser Angaben wurde ihrem Antrag stattgegeben und der Grundschuldbrief wurde nach dem Aufgebot für kraftlos erklärt.

Ein unerwarteter Wendepunkt: Der Brief taucht wieder auf

Die rechtliche Auseinandersetzung begann, als Herr Dr. U. beim Grundbuchamt und später bei der Aufgebotsabteilung erschien und den besagten Grundschuldbrief im Original vorlegte. Er behauptete, das Recht auf den Brief durch eine Abtretungserklärung von Frau D. N. O. aus dem Jahr 1998 erhalten zu haben. Dies stellte die ursprüngliche Annahme, dass der Brief verloren gegangen sei, in Frage.

Die juristische Herausforderung: Wem gehört der Brief wirklich?

Das rechtliche Problem und die Herausforderung in diesem Fall liegen in der Diskrepanz zwischen den Angaben der Antragstellerin und den vorgelegten Beweisen von Herrn Dr. U. Es stellt sich die Frage, ob der Grundschuldbrief tatsächlich verloren ging oder ob es andere Gründe für seine Abwesenheit gab. Die Zusammenhänge sind klar: Wenn der Grundschuldbrief nicht verloren gegangen ist, wie von Frau D. N. O. behauptet, dann war die Kraftloserklärung des Briefs ungerechtfertigt. Herr Dr. U.’s Vorlage des Originalbriefs und seine Behauptung, das Recht durch eine Abtretungserklärung erhalten zu haben, werfen Fragen über die Glaubwürdigkeit der Antragstellerin und die Richtigkeit ihrer Angaben auf.

Das endgültige Urteil: Die Wahrheit kommt ans Licht

Das Amtsgericht Köln entschied, den Ausschließungsbeschluss vom 10.02.2016 aufzuheben. Dies geschah aufgrund der Tatsache, dass der Grundschuldbrief nicht verloren ging, sondern noch existierte und greifbar war. Die Einwendungen der Antragstellerin gegen diesen Antrag, die sich auf den Bestand und die Durchsetzbarkeit der zugrundeliegenden Forderung bezogen, wurden vom Gericht nicht berücksichtigt, da diese Aspekte im Aufgebotsverfahren nicht zu prüfen sind. Das Gericht stellte auch fest, dass der Antragstellerin die Abtretung zum Zeitpunkt der Antragstellung offensichtlich bekannt war. Dies bedeutet, dass sie zu diesem Zeitpunkt nicht antragsberechtigt war und tatsächlich kein Verlust der Urkunde vorlag. Die Auswirkungen dieses Urteils sind signifikant. Es zeigt die Bedeutung von Genauigkeit und Ehrlichkeit in rechtlichen Angelegenheiten. Falsche Angaben können zu erheblichen rechtlichen Konsequenzen führen. Das Fazit dieses Urteils ist, dass die Wahrheit immer ans Licht kommt. Es unterstreicht die Notwendigkeit für alle Beteiligten, ehrlich und transparent in ihren Handlungen und Aussagen zu sein, insbesondere in rechtlichen Angelegenheiten, bei denen die Glaubwürdigkeit und Integrität von größter Bedeutung sind.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Grundschuldbrief

Ein Grundschuldbrief ist ein rechtliches Dokument, das eine bestehende Grundschuld beurkundet und dem Gläubiger zur Legitimation dient. Er enthält Angaben über den Inhalt der Eintragung im Grundbuch, wie den Betrag der Grundschuld, den Belastungsgegenstand (meist ein Grundstück), den Namen des Gläubigers, Zinsen und Fälligkeit, das zuständige Amtsgericht und Grundbuchamt sowie ein amtliches Siegel. Der Grundschuldbrief dient der Bank als Sicherheit für einen gewährten Baukredit und wird vom Grundbuchamt ausgestellt. Er ist Urkunde und Wertpapier zugleich.

Aufgebot und Kraftloserklärung

Ein Aufgebot und die anschließende Kraftloserklärung sind rechtliche Verfahren, die dazu dienen, die Berechtigung und Gültigkeit eines Dokuments oder Rechtsanspruchs zu überprüfen. Im Falle eines verlorenen Grundschuldbriefs kann das zuständige Amtsgericht diesen für kraftlos erklären. Das Aufgebotsverfahren dient dem Zweck, Urkunden für kraftlos zu erklären oder Ansprüche Dritter auszuschließen. In diesem Verfahren fordert das Gericht öffentlich zur Anmeldung von Ansprüchen oder Rechten auf, mit der Wirkung, dass die Unterlassung der Anmeldung einen Rechtsnachteil zur Folge hat.

Abtretungserklärung

Eine Abtretungserklärung ist ein juristisches Dokument, das die Übertragung von Rechten oder Ansprüchen von einer Person auf eine andere dokumentiert. Sie ist ein rechtsgültiger Vertrag über den Gläubigerwechsel und findet ihre rechtliche Grundlage in den §§ 398 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Durch eine Abtretungserklärung geht eine Forderung von einem Gläubiger auf einen anderen Gläubiger über, wobei auch die damit verbundenen Ansprüche vollumfänglich auf den neuen Gläubiger übergehen.

Aufgebotsfrist

Die Aufgebotsfrist bezieht sich auf den Zeitraum, innerhalb dessen ein Antrag auf Aufgebot und Kraftloserklärung gestellt werden muss. Zwischen dem Tag, an dem das Aufgebot erstmals veröffentlicht wird und dem Anmeldezeitpunkt muss, wenn das Gesetz nicht eine abweichende Anordnung enthält, ein Zeitraum (Aufgebotsfrist) von mindestens 6 Wochen liegen. Die gesamte Verfahrensdauer beträgt aufgrund der gesetzlichen Vorgaben in der Regel mindestens 6 Monate.


Das vorliegende Urteil

Amtsgericht Köln-  Az.: 378 II 154/15 – Beschluss vom 19.12.2016

wird der Ausschließungsbeschluss vom 10.02.2016 betreffend den Grundschuldbrief über 300.000,- DM, eingetragen im Grundbuch von N., Blatt 000 in Abt. III laufende Nummer 6 für Frau D. N. O.auf Antrag des Herrn Dr. B. U. vom 30.11.2016 aufgehoben.

Gründe:

Die Antragstellerin beantragte am  05.10.2015  das Aufgebot und die Kraftloserklärung des oben beschriebenen Grundschudbriefs.

Zur Begründung versicherte sie an Eides statt, dass ihr dieser Brief verloren gegangen sei. Sie sei die Berechtigte, habe das Recht nicht abgetreten und den Brief niemanden übergeben und könne sich den Verlust nicht erklären.

Diesem Antrag wurde stattgegeben und der Brief nach dem Aufgebot vom 18.11.2015 am 10.02.2016 für kraftlos erklärt. Der entsprechende Beschluss wurde am 30.04.2016 rechtskräftig.

Am 23.11.2016 erschien Herr Dr. U.  zuerst beim Grundbuchamt und am 30.11.2016 dann bei der Aufgebotsabteilung und legte den Brief im Original vor. Das Recht auf den Brief habe er durch Abtretungserklärung der Antragstellerin vom 10.07.1998 erhalten.

Da die tatsächliche Sachlage also von der angenommenen abweicht, da der Brief eben nicht verlorenging, sondern noch existent und greifbar ist, war die Kraftloserklärung gem. § 48 I FamFG auf seinen Antrag aufzuheben. Die mit Schreiben vom 13.12.2016 gemachten Einwendungen der Antragstellerin gegen diesen Antrag betreffen einerseits Bestand und Durchsetzbarkeit der zugrundeliegenden Forderung. Diese Aspekte sind im Aufgebotsverfahren aber nicht zu prüfen. Andererseits macht sie geltend, dass Herr Dr. U. die Aufgebotsfrist nicht unverschuldet versäumt habe, da er wegen der ja laufenden Verhandlung über die Forderung eine besondere Beobachtungssorgfaltspflicht besessen hätte. Über den ebenfalls gestellten Wiedereinsetzungsantrag des Herrn Rechtsanwalts Dr. E. wird hier aber nicht entschieden.

Der Antragstellerin war die Abtretung bei Antragstellung entgegen ihren Angaben offenkundig bekannt,  somit fehlte ihr damals die Antragsberechtigung und ein Verlust der Urkunde lag auch nicht vor.

Es haben sich also sowohl die tatsächlichen wie auch die rechtlichen Voraussetzungen geändert.

Dem Antrag war daher stattzugeben.

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