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Erteilung der Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz

OLG Rostock – Az.: 14 W XV 3/19 – Beschluss vom 26.04.2022

1. Die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Landwirtschaftsgerichts – Rostock vom 11.07.2019, Az. 40 XV 6/18, wird zurückgewiesen.

2. Der Beteiligte zu 1) trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens sowie die außergerichtlichen Kosten der weiteren Beteiligten.

3. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 202.200,00 EUR festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 08.05.2018 erwarb der Beteiligte zu 1), ein Nichtlandwirt aus der …, von der Beteiligten zu 3) das im Grundbuch des Amtsgerichts Rostock von …x eingetragene Flurstück 203/3, Flur 1 der Gemarkung …zu einem Kaufpreis von 202.200,00 EUR. Bei dem Kaufgegenstand handelt es sich um 4,9106 ha Ackerland und 0,0266 ha Gewässer.

Mit an das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern gerichtetem Schreiben vom 14.05.2018 beantragte der beurkundende Notar unter Vorlage einer Abschrift des Kaufvertrages die Erteilung der Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz. Das Landwirtschaftsministerium leitete das Schreiben weiter an die Beteiligte zu 6), das Staatliche Amt für für Landwirtschaft und Umwelt Mittleres Mecklenburg, welches gemäß §§ 2 und 3 Abs. 2 der BodenrechtsdurchführungsVO M-V sowohl die Aufgaben der Genehmigungsbehörde als auch diejenigen der Siedlungsbehörde gemäß § 12 GrdstVG wahrnimmt. Die Beteiligte zu 6) verlängerte mit an den Notar zugestelltem Zwischenbescheid vom 29.05.2018 zunächst die Frist zur Genehmigung des Vertrages um einen Monat. Der von ihr angehörte Beteiligte zu 1) erklärte mit Schreiben vom 04.06.2018, er sei kein Landwirt; er wolle das Grundstück als Vermögensanlage erwerben und an den bisherigen Pächter zu unveränderten Bedingungen verpachten. Mit Zwischenbescheid vom 12.07.2018 verlängerte die Beteiligte zu 6) die Frist um zwei (weitere) Monate wegen der gemäß § 12 GrdstVG von der Siedlungsbehörde vorzunehmenden Prüfung des Vertrages und legte mit Schreiben vom 18.07.2018 den verfahrensgegenständlichen Notarvertrag der Beteiligten zu 4) zur Herbeiführung einer Erklärung über die Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts gemäß § 4 RSG vor, nachdem letztere zuvor mitgeteilt hatte, dass mit der Beteiligten zu 2) ein erwerbswilliger Landwirt gefunden worden sei. Mit Schreiben vom 30.07.2018 erklärte die Beteiligte zu 4) als das nach § 1 Abs. 1 RSG zuständige Siedlungsunternehmen die Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts.

Mit Bescheid vom 06.08.2018 teilte die Beteiligte zu 6) dem beurkundenden Notar sowie den Kaufvertragsparteien, den Beteiligten zu 1) und 3), mit, dass der landwirtschaftlichen Genehmigung des Vertrages Bedenken gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG entgegenstünden und die Beteiligte zu 4) ihr siedlungsrechtliches Vorkaufsrecht geltend gemacht habe und hierdurch in den betreffenden Grundstückskaufvertrag eingetreten sei. Zur Begründung führte sie aus, dass mit der Beteiligten zu 2) ein hauptberuflich tätiger, erwerbsinteressierter und erwerbsbedürftiger Landwirt vorhanden sei.

Der Beteiligte zu 1) hat mit beim Amtsgericht – Landwirtschaftsgericht – am 23.08.2018 eingegangenem Schreiben Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Er hat im Wesentlichen gerügt, dass die Voraussetzungen eines Versagungsgrundes nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG bislang nicht nachgewiesen seien; eine Aufstockungsbedürftigkeit der Beteiligten zu 2) liege nicht vor. Zudem haben die Kaufvertragsparteien gerügt, das siedlungsrechtliche Vorkaufsrecht sei nicht formal ordnungsgemäß ausgeübt worden. Der Beteiligten zu 6) seien zwar nach §§ 2 und 3 BodenrechtsdurchführungsVO M-V sowohl die Aufgaben der Genehmigungsbehörde als auch diejenigen der Siedlungsbehörde nach § 12 GrdstVG zugewiesen. Nach dem Verwaltungsvorgang sei jedoch davon auszugehen, dass die Beteiligte zu 6) ausschließlich als Genehmigungsbehörde tätig geworden sei, denn eine personelle und organisatorische Trennung der Behörden sei nicht feststellbar; mithin mangele es an der nach § 12 GrdstVG erforderlichen Vorlage des Kaufvertrages bei der Siedlungsbehörde und sodann durch letztere bei der vorkaufsberechtigten Stelle, mithin sei wegen Verletzung dieser Verfahrensvorschrift das Vorkaufsrecht ausgeschlossen.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Landwirtschaftsgericht den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Nach seiner Ansicht sei der Versagungsgrund des § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG gegeben, weil das Grundstück an einen Nichtlandwirt veräußert werden sollte, während ein aufstockungsbedürftiger Landwirt zum Kauf bereit und in der Lage sei. Die Beteiligte zu 2) benötige die verfahrensgegenständlichen Flächen, da der Eigenlandanteil an den bewirtschafteten Flächen (lediglich) 31,5 % bzw. 33 % betrage. Zudem beabsichtige die Beteiligte zu 2) den Aufbau einer Hähnchenmastanlage; die Flächen befänden sich auch in unmittelbarer Nähe der bereits von der Beteiligten zu 2) bewirtschafteten Flächen. Die in Bezug auf § 12 GrdstVG geäußerten formalen Bedenken seien unbegründet. Nachweislich des Schriftverkehrs sei die funktionale Aufgabenteilung zwischen Genehmigungs- und Siedlungsbehörde gewahrt worden.

Gegen den ihm am 20.07.2019 zugestellten Beschluss des Landwirtschaftsgerichts wendet sich der Beteiligte zu 1) mit seiner am 05.08.2019 beim Amtsgericht eingegangenen Beschwerde. Er macht im Wesentlichen geltend, die Beteiligte zu 2) sei nicht aufstockungsbedürftig, insbesondere nicht in Bezug auf die von ihr geplante Hähnchenmastanlage, da eine solche bereits nicht bewilligungsfähig sei. Er und die Beteiligte zu 3) beanstanden zudem wiederholt, dass eine gemäß § 12 GrdstVG vorzunehmende Vorlage des Kaufvertrages bei der Beteiligten zu 6) in ihrer Funktion als Siedlungsbehörde dem Verwaltungsvorgang nicht zu entnehmen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von ihnen in beiden Instanzen eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Der Verwaltungsvorgang der Beteiligten zu 6) hat dem Senat vorgelegen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen …. Zudem hat es die Verfahrensbeteiligten angehört.

Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme und der Anhörung wird auf das Sitzungsprotokoll vom 29.03.2022 verwiesen.

II.

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) ist gemäß § 9 LwVG i.V.m. §§ 58 ff. FamFG zulässig. Sie hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das Landwirtschaftsgericht hat im Ergebnis zutreffend die Einwendungen des Beteiligten zu 1) gegen die Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts als unbegründet zurückgewiesen.

1. Der notarielle Kaufvertrag vom 05.08.2018 über das hier in Rede stehende Grundstück ist nach § 2 Abs. 1 GrdstVG genehmigungspflichtig. Denn es handelt sich um ein landwirtschaftliches Grundstück im Sinne des § 1 Abs. 1 GrdstVG, welches die in § 2 Abs. 3 Nr. 2 GrdstVG i. V. m. § 1 des Ausführungsgesetzes Mecklenburg-Vorpommern zum Grundstücksverkehrsgesetz vorgesehene Mindestgröße von zwei Hektar überschreitet.

2. Die Genehmigungsfiktion des § 6 Abs. 2 GrdstVG ist nicht eingetreten. Insbesondere ist die Erklärung über die Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts rechtzeitig, nämlich innerhalb der von der Beteiligten zu 6) mit Zwischenbescheid vom 12.07.2018 wirksam verlängerten Frist herbeigeführt worden.

3. Zu Recht hat das Landwirtschaftsgericht angenommen, dass dem in Rede stehenden Kaufvertrag der Versagungsgrund des § 9 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 GrdstVG entgegensteht, denn der Verkauf der hier betroffenen landwirtschaftlichen Flächen an den Beteiligten zu 1) führte zu einer ungesunden Verteilung von Grund und Boden.

a. Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG darf die Genehmigung für die Veräußerung eines landwirtschaftlichen Grundstücks versagt werden, wenn diese eine ungesunde Verteilung von Grund und Boden bedeuten würde. Eine solche liegt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in der Regel dann vor, wenn ein landwirtschaftliches Grundstück an einen Nichtlandwirt veräußert wird, obwohl ein Landwirt die Fläche zur Aufstockung seines Betriebes dringend benötigt und dieser bereit und in der Lage ist, das Land zu den Bedingungen des Kaufvertrages zu erwerben (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 28.04.2017 – BLw 1/15 -, juris Rn. 10).

Dringend ist der Aufstockungsbedarf, wenn eine gesteigerte Notwendigkeit für den Erwerb nach wirtschaftlichen und agrarstrukturellen Gesichtspunkten in mittel- und langfristiger Perspektive zu bejahen ist. So liegt es etwa bei der Anhebung eines bislang geringen Eigenlandanteils (Missverhältnis zwischen Eigenland- und Pachtlandanteil), und zwar auch dann, wenn der Eigenlandanteil durch den in Rede stehenden Flächenerwerb nur in geringem Maße erhöht wird, da jede Vergrößerung des Eigenlandanteils auch der Stärkung des landwirtschaftlichen Betriebs zugutekommt und somit auch der Verbesserung der Agrarstruktur dient (OLG Brandenburg, Beschluss vom 30.11.2017 – 5 WLw 3/17 -, juris Rn. 21; BGH, Beschluss vom 26.04.2002 – BLw 36/01 -, juris Rn. 4). Welches Verhältnis zwischen Pacht- und Eigenland als unausgewogen anzusehen ist, lässt sich dabei nicht allgemein definieren, sondern hängt von den konkreten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ab; die Besonderheiten des Einzelfalles sind stets zu berücksichtigen (BGH, Beschluss vom 28.04.2017 – BLw 1/15 -, juris Rn. 15). Für das Aufstockungsinteresse ist es dabei nicht erforderlich, dass der erwerbsinteressierte Landwirt zur Aufrechterhaltung seines Betriebes auf das verfahrensgegenständliche Grundstück angewiesen ist. Denn grundsätzlich stellt jeder Schritt auf dem Weg zu einem ausgewogenen Verhältnis zwischen Eigenland und Pachtland eine strukturelle Verbesserung dar und dient damit der wirtschaftlichen Stärkung des Betriebes, was wiederum einen Aufstockungsbedarf begründet (BGH, aaO, Rn. 14).

b. Daran gemessen sind die Voraussetzungen für eine ungesunde Bodenverteilung hier gegeben.

aa. Mit der Beteiligten zu 2), einem Landwirtschaftsbetrieb, steht eine Kaufinteressentin zur Verfügung, welche bereit ist, die verfahrensgegenständlichen landwirtschaftlichen Flächen zu den Bedingungen des zwischen den Beteiligten zu 1) und 3) geschlossenen Vertrages zu erwerben.

bb. Die Beteiligte zu 2) ist auch im Zeitpunkt der Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts (vgl. zu diesem maßgeblichen Zeitpunkt OLG Brandenburg, aaO, juris Rn. 20) als dringend aufstockungsbedürftig zu betrachten.

(1) Die Aufstockungsbedürftigkeit ergibt sich zum einen aus dem Umstand, dass sich der Eigenlandanteil des (Marktfrucht)Betriebes durch den Hinzuerwerb der betroffenen Flächen erhöhen würde. Zum Zeitpunkt der Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts bewirtschaftete die Beteiligte zu 2) nach den Angaben des Zeugen … insgesamt 1.752 ha, davon ca. 566 ha als Eigenland. Durch den Zuerwerb der verfahrensgegenständlichen Flächen würde sich der Eigenlandanteil somit von 566 ha auf 571 ha erhöhen, mithin von 32,3 % auf 32,5 %. Die Notwendigkeit der Stärkung des Eigenlandanteils hat der Zeuge für den von ihm geführten Landwirtschaftsbetrieb zudem nachvollziehbar damit begründet, dass der Wegfall von Pachtflächen grundsätzlich immer zu befürchten sei, insbesondere bei den von ihm gepachteten Flächen der BVVG und der Landgesellschaft M-V. Zudem sei sein Landwirtschaftsbetrieb aufgrund der Randlage zum Großraum Rostock und den damit im Zusammenhang stehenden Flächenbedarfen für Gewerbeansiedlungen im besonderen Maße von einer Nichtverlängerung bestehender Pachtverträge betroffen. Zudem habe er im Sommer 2018 Pachtflächen im Umfang von 5 ha verloren, weil sich ein (privater) Verpächter gegen eine Verlängerung des Pachtvertrages und für die Errichtung einer Photovoltaik-Anlage entschieden habe. Ebenfalls schlüssig hat der Zeuge dargelegt, dass mit dem Erwerb der Flächen auch deshalb eine Stärkung des Betriebes einhergehe, da – auch von ihm geschlossene – Pachtverträge mit einer Laufzeit bis zu sieben oder acht Jahren der Betriebsentwicklung nicht zugrunde gelegt werden könnten. Konkret hindere ihn derzeit (u.a.) der geringe Eigenlandanteil an dem Betrieb einer (genehmigten) Hähnchenmastanlage, da er bislang eine ausreichende Fütterungsgrundlage für den Betrieb der Anlage nicht habe nachweisen können.

(2) Das Bedürfnis an einer Aufstockung des Eigenlandanteils wird zum anderen auch durch die Lage der betreffenden landwirtschaftlichen Flächen besonders greifbar. Nach den Angaben des Zeugen befinden sich die Flächen in einer Entfernung von ungefähr 300 m bis 400 m zu den Eigenlandflächen seines Betriebes und ca. 6 km von seiner Hofstelle entfernt. Die Lage zu den Eigenlandflächen und zur Hofstelle gewährleistet, dass die Flächen ordnungsgemäß bewirtschaftet werden können. Sie ist zudem auch geeignet, die Wirtschaftlichkeit der Betriebsführung der Beteiligten zu 2) zu verbessern.

(3) Der Aufstockungsbedürftigkeit der Beteiligten zu 2) steht vorliegend nicht entgegen, dass sie als Erwerbsinteressentin im Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts (bereits) Flächen im Umfang von 1.752 ha bewirtschaftete (vgl. BGH, aaO, juris Rn. 18). Angesichts der – vom Zeugen nachvollziehbar geschilderten und dem Senat im Übrigen bekannten – unmittelbaren (räumlichen) Konkurrenzsituation zu zwei größeren Veredelungsbetrieben dient der Zuerwerb der betroffenen Flächen dem Erhalt der Leistungsfähigkeit der Beteiligten zu 2).

cc. Die Beteiligte zu 2) hat die erforderliche Erwerbsfähigkeit durch Vorlage einer Finanzierungsbestätigung eines Kreditinstituts gegenüber der Beteiligten zu 4) belegt.

4. Die Mitteilung der Ausübung des Vorkaufsrechts durch Bescheid vom 06.08.2018 ist nach Maßgabe der im Einwendungsverfahren nach § 10 RSG nur eingeschränkt vorzunehmenden Prüfung nicht zu beanstanden.

a. Es kann vorliegend dahinstehen, ob bei der Beteiligten zu 6) eine personelle und organisatorische Trennung bei den von ihr wahrzunehmenden Aufgaben als Genehmigungs- und als Siedlungsbehörde „unter einem Dach“ bzw. „von einem Schreibtisch aus“ vorhanden ist. Denn entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 1) und 3) führt eine vermeintlich fehlende personelle und organisatorische Trennung bei der Beteiligten zu 6) als Genehmigungs- und als Siedlungsbehörde und einer damit nicht (hinreichend) feststellbaren Vorlage des Kaufvertrages gemäß § 12 GrdstVG dann nicht zu einem Ausschluss des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts, sofern das vorkaufsberechtigte Siedlungsunternehmen infolge einer (Direkt)Vorlage des Vertrages durch die Genehmigungsbehörde gleichwohl in die Lage versetzt worden ist, das Vorkaufsrecht effizient auszuüben. Denn die in § 12 GrdstVG normierte Vorlage des Kaufvertrages bei der Siedlungsbehörde verfolgt Ziele, die jedenfalls durch eine fehlende/unzureichende personelle/organisatorische Trennung der Aufgaben bei der Beteiligten zu 6) als Genehmigungs- und als Siedlungsbehörde nicht beeinträchtigt werden.

aa. Sinn und Zweck der Vorlagepflicht nach § 12 GrdstVG ist es, der vorkaufsberechtigten Stelle die effiziente Erklärung über die Ausübung des Vorkaufsrechts zu ermöglichen (Düsing/Martinez/Martinez GrdstVG § 12 Rn. 2 mit Rechtsprechungsnachweisen). Durch die Vorlage sollen weder dem Antragsteller die Vorteile entzogen werden, die sich für ihn nach § 9 Abs. 5 GrdstVG bei Nichtausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts ergeben, noch soll der der Genehmigungsbehörde zustehende Prüfungsrahmen auf den in § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG bezeichneten Versagungsgrund erweitert werden (BGH, Beschluss vom 25.04.2014 – BLw 5/13 -, juris Rn. 14).

bb. Hieran gemessen führte eine Direktvorlage des Vertrages durch die Genehmigungsbehörde bei dem vorkaufsberechtigten Siedlungsunternehmen gerade nicht zu einem Ausschluss des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts und der sich für den Antragsteller ergebenden Vorteile aus § 9 Abs. 5 GrdstVG bei einer Nichtausübung des Vorkaufsrechts. Denn entscheidend ist die Bejahung eines siedlungsrechtlichen Vorkaufsfalles durch die Genehmigungsbehörde, was nur dann der Fall ist, wenn die Genehmigungsbehörde die Voraussetzungen eines Versagungsgrundes nach § 9 Abs. 1 GrdstVG als erfüllt betrachtet. Übt das Siedlungsunternehmen das Vorkaufsrecht nicht aus, ist die Genehmigungsbehörde bei der von ihr zu treffenden Entscheidung aufgrund der Regelung in § 9 Abs. 5 GrdstVG insoweit beschränkt, als sie, wenn es sich nicht um die Veräußerung eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes handelt, die Genehmigung nicht nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG versagen oder mit Auflagen oder Bedingungen einschränken kann. Eine nicht festzustellende Mitwirkung der Beteiligten zu 6) als Siedlungsbehörde und eine damit einhergehende direkte Vorlage des Kaufvertrages durch die Genehmigungsbehörde bei dem vorkaufsberechtigten Siedlungsunternehmen begründet – entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 1) und 3) – insoweit keinen Verfahrensfehler, der sich auf die im Einwendungsverfahren nach § 10 RSG allein zu prüfende Entscheidung der Genehmigungsbehörde, hier in Form der Mitteilung der Ausübung des Vorkaufsrechts gemäß § 6 Abs. 1 Satz 3 RSG, auswirkt. Die Zwischenvorlage des Kaufvertrages nach § 12 GrdstVG ist jedenfalls bei einer Direktvorlage des Kaufvertrages bei dem zuständigen Siedlungsunternehmen keine unerlässliche Voraussetzung für die Ausübung des Vorkaufsrechts, denn die Siedlungsbehörde fungiert im Wesentlichen nur als Vermittlerin zwischen Genehmigungsbehörde und Siedlungsunternehmen (Netz, GrdstVG, Praxiskommentar, 5. Aufl., S. 620). Ob die Mitwirkungsrechte der Siedlungsbehörde als Verbindungsglied zwischen Genehmigungsbehörde und vorkaufsberechtigter Stelle auch dann ausreichend gewährleistet werden, wenn – wie vorliegend – die Sachbearbeitung bei der Beteiligten zu 6) sowohl als Genehmigungs- als auch als Siedlungsbehörde in „einer Hand“ liegt, bedarf daher hier keiner Bewertung.

cc. Der vorliegende Fall ist insoweit nicht mit den Fällen vergleichbar, in denen die Genehmigungsbehörde die Ausübung des Vorkaufsrechts dadurch vereitelt, dass sie es unterlässt, den Vertrag an die Siedlungsbehörde weiterzuleiten, obwohl nach ihrer Prüfung die Voraussetzungen für die Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts vorliegen, oder sie den nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 GrdstVG dem Veräußerer zu erteilenden Zwischenbescheid zur Verlängerung der Entscheidungsfrist nicht erteilt und damit wegen dieses Verfahrensfehlers eine wirksame Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts verhindert (BGH, Beschluss vom 10.05.2019 – BLw 1/18 -, juris Rn. 18).

b. Ungeachtet dessen hat die Beteiligte zu 6) als Genehmigungsbehörde nach rechtlicher Prüfung vorliegend (zutreffend) erkannt, wegen eines siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts zur Vorlage des Vertrages an die Siedlungsbehörde gemäß § 12 GrdstVG verpflichtet zu sein und hat die Vertragsparteien mit Zwischenbescheid vom 12.07.2018 ausreichend (vgl. zu den Begründungsanforderungen u.a. BGH, aaO) hiervon in Kenntnis gesetzt. Damit ist insbesondere die Beteiligte zu 3) als Verkäuferin hinreichend und rechtzeitig über die Absicht der Genehmigungsbehörde zur Vorlage des Vertrages an die Siedlungsbehörde informiert worden, weshalb es den Kaufvertragsparteien möglich gewesen wäre, den Antrag auf Genehmigung des Grundstückskaufvertrages zurückzuziehen und der drohenden Ausübung des Vorkaufsrechts auf diese Weise die Grundlage zu entziehen (vgl. BGH, aaO, Rn. 19). Mit dem Zwischenbescheid nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 GrdstVG trägt das Gesetz dem Umstand Rechnung, dass die Ausübung des Vorkaufsrechts in stärkerem Maße in die Rechte des Veräußerers eingreift als eine schlichte Genehmigungsversagung, die eine Übereignungspflicht nicht begründet und mit der der Antragsteller stets rechnen muss (BGH, aaO, Rn. 20).

III.

Die Entscheidung über die Gerichtskosten beruht auf §§ 44 Abs. 1 LwVG; diejenige über die außergerichtlichen Kosten ergeht nach § 45 Satz 2 LwVG.

IV.

Die Festsetzung des Gegenstandswerts für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 76 Nr. 4 GNotKG.

V.

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 2 FamFG liegen nicht vor. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

 

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