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Zeugnisverweigerungsrecht  Notar zum Inhalt eines Telefongesprächs mit einem Dritten

OLG Stuttgart, Az.: 14 U 4/14, Zwischenurteil vom 21.10.2015

1. Die Weigerung des Zeugen Prof. Dr. ., Fragen zum Inhalt seines Telefonats mit Rechtsanwalt Dr. . aus dem Jahr 2003 zu beantworten, ist berechtigt und der Zeuge daher nicht verpflichtet, Urkunden zum Inhalt dieses Gesprächs vorzulegen.

2. Die Weigerung des Zeugen Prof. Dr. ., Fragen zum Inhalt des Telefonats von Prof. Dr. . mit Rechtsanwalt Dr. . aus dem Jahr 2003 zu beantworten, ist berechtigt und der Zeuge daher nicht verpflichtet, Urkunden zum Inhalt dieses Gesprächs vorzulegen.

3. Die Kosten dieses Zwischenstreits trägt der Kläger.

4. Das Zwischenurteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Zwischen dem Kläger und den Zeugen Prof. Dr. . und Prof. Dr. . steht die Frage der Berechtigung der Zeugnisverweigerung der Zeugen im Termin zur Beweisaufnahme vor dem Senat am 30.09.2015 und – daran anschließend – die Verpflichtung zur Vorlage eines Aktenvermerks im Streit.

Die Zeugen sind Notare bzw. ehemalige Notare in .. Sie waren im Jahr 2003 von den Beklagten und der Zeugin Dr. . wegen stiftungsrechtlicher Fragestellungen im Zusammenhang mit der geplanten Aufhebung der … Stiftung kontaktiert worden. Der Kläger hat die Zeugen zum Beweis der Tatsache, dass es zwischen den fünf Stiftungsvorständen eine verbindliche Vereinbarung über die Beteiligung des Klägers an der … Beteiligungs-GmbH gegeben habe, benannt. Der Senat hat die Zeugen hierauf nach § 273 Abs. 2 ZPO zur Vernehmung über dieses Beweisthema auf den 30.09.2015 geladen. Im Vorfeld der Vernehmung haben die Beklagten und die Zeugin Dr. A. erklärt, die Zeugen Prof. Dr. X. und Prof. Dr. Y. von ihrer beruflichen Verschwiegenheitspflicht hinsichtlich des Beweisthemas zu entbinden.

Bei der Vernehmung hat zunächst der Zeuge Prof. Dr. . darauf hingewiesen, dass ihm ein Aktenvermerk vorliege, in dem Anmerkungen von Prof. Dr. . zu einem Telefonat mit Rechtsanwalt Dr. . von der Sozietät . enthalten seien. Über den Inhalt des Vermerks dürfe er aber in Ansehung seiner beruflichen Verschwiegenheitspflicht nichts aussagen und den Vermerk auch nicht an das Gericht herausgeben. Dieser Sachverhalt ist durch den Zeugen Prof. Dr. . bestätigt worden. Ergänzend hat der Zeuge ausgeführt, dass Rechtsanwalt Dr. Z. ihn kontaktiert habe, da die Sozietät . erfahren hatte, dass der Kläger sich an der Stiftungsaufhebung und dem Erwerb der Gesellschaftsanteile beteiligen wolle. Diesbezüglich habe Rechtsanwalt Dr. . weitere Ausführungen gemacht, die jedoch der beruflichen Verschwiegenheitspflicht unterlägen. Bezüglich weitergehender Auskünfte und der Herausgabe des Aktenvermerks hat sich der Zege Prof. Dr. X. ebenfalls auf sein Zeugnisverweigerungsrecht als Notar berufen. Auf Nachfrage des Senats hat der im Gerichtssal anwesende Rechtsanwalt Dr. Z. erklärt, die beiden Zeugen bezüglich des Inhalts des Telefonats nicht von ihrer beruflichen Verschwiegenheitspflicht als Notare zu entbinden.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass die beiden Zeugen sich nicht auf ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO berufen könnten, weil sie von ihren Auftraggebern und sämtlichen an der Beratung beteiligten Personen von der Verschwiegenheitspflicht befreit worden seien. Da zu Rechtsanwalt Dr. Z. keine Mandatsbeziehung bestanden habe, treffe die Zeugen insofern keine Verschwiegenheitspflicht.

Der Beklagte Ziffer 2 ist der Auffassung des Klägers entgegengetreten. Der Beklagte Ziffer 1 hat sich nicht geäußert.

II.

Der Senat hat gemäß § 387 ZPO durch Zwischenurteil über die Rechtmäßigkeit der Zeugnisverweigerungen zu entscheiden, wobei Parteien des Zwischenverfahrens der Kläger als Beweisführer sowie die die Aussage verweigernden Zeugen sind (vgl. Greger in Zöller, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 387 Rn. 3) .

Die Weigerung der Zeugen Prof. Dr. X. und Prof. Dr. Y., Fragen zum Inhalt des Telefongesprächs mit Rechtsanwalt Dr. Z. zu beantworten, ist nach § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO berechtigt. Die Zeugen haben die Umstände, die das Zeugnisverweigerungsrecht begründen, im Vernehmungstermin nach § 386 Abs. 1 ZPO glaubhaft gemacht.

Insoweit kann dahinstehen, ob die Fragen des Klägers zum Inhalt des Telefonates des Zeugen Prof. Dr. X. mit Rechtsanwalt Dr. Z. und dem darauf fußenden Aktenvermerk angesichts des Beweisthemas überhaupt zulässig waren (§ 397 Abs. 3 ZPO). Denn es erscheint jedenfalls zweifelhaft, inwieweit der Inhalt eines Telefonats aus dem Sommer/Herbst 2003 zwischen den an der streitgegenständlichen Transaktion nicht unmittelbar beteiligen Dr. Z. und Prof. Dr. X. belastbare Rückschlüsse auf die durch den Kläger behauptete Vereinbarung mit den Beklagten und den übrigen Stiftungsvorständen zulassen würde oder auch nur relevante Indizien für die Beweistatsache beinhalten könnte. Allein der durch den Klägervertreter angeführte Umstand, der Inhalt des Telefonats und des Aktenvermerks seien relevant, um den Kenntnisstand des Zeugen Prof. Dr. X. bei Abfassung seines Schreibens vom 24.09.2003 beurteilen zu können, erscheint hierfür nicht ausreichend. Insbesondere könnte mit dieser Begründung letztlich jedes vor einem bestimmten Zeitpunkt liegende Ereignis, solange es nur einen entfernten Bezug zum Gegenstand des Rechtsstreits hat, über das Beweisthema hinaus zum Gegenstand der Beweiserhebung gemacht werden.

Den Zeugen Prof. Dr. X. und Prof. Dr. Y. steht aber nach § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO in Verbindung mit § 18 Abs. 1 BNotO ein Zeugnisverweigerungsrecht wegen einer beruflichen Verschwiegenheitspflicht zu, auf welches sich beide Zeugen wirksam berufen haben. Für den Zeugen Prof. Dr. Y. als ehemaligen Notar folgt der Fortbestand seiner Verschwiegenheitspflicht auch nach seinem Ausscheiden aus dem Notariat aus § 18 Abs. 4 BNotO.

Da § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO keine eigenen Voraussetzungen für eine berufliche Verschwiegenheitspflicht konstituiert, ergeben sich deren Voraussetzungen und Grenzen im konkreten Fall aus § 18 BNotO (vgl. BGH, Urteil vom 09.12.2004 – IX ZB 279/03 = NJW 2005, 1948; OLG Frankfurt, Urteil vom 19.11.2003 – 9 U 70/98, zitiert nach Juris). Nach § 18 Abs. 1 S. 2 BNotO bezieht sich die Verschwiegenheitspflicht des Notars auf alles, was ihm bei Ausübung seines Amtes bekannt geworden ist. Hierfür ist es ohne Relevanz, ob die dem Notar bekannt gewordenen Informationen diesem anvertraut oder nur sonst in Ausübung seines Amtes bekannt geworden sind (vgl. BGH, Urteil vom 09.12.2004 – IX ZB 279/03 = NJW 2005, 1948). Entscheidend ist vielmehr allein die Tatsache, dass er die jeweilige Information im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit als Notar erlangt hat (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 19.11.2003 – 9 U 70/98, zitiert nach Juris; für Steuerberater bereits: BGH, Urteil vom 20.04.1983 – VIII ZR 46/82 = ZIP 1983, 735). Hiervon ist nach den Angaben des Zeugen Prof. Dr. X. auszugehen. Denn danach rief ihn Rechtsanwalt Dr. Z. deswegen an, weil diesem bekannt geworden war, dass die Zeugen Prof. Dr. X. und Prof. Dr. Y. im Zusammenhang mit der beabsichtigen Stiftungsauflösung der … Stiftung und der Veräußerung der Geschäftsanteile an der … Beteiligungs-GmbH beratend tätig waren. Allein im Hinblick auf diese berufliche Tätigkeit der Zeugen teilte Rechtsanwalt Dr. Z. dem Zeugen Prof. Dr. X. weitere Informationen mit, die dieser in einem Aktenvermerk niederlegte und seinem Sozius Prof. Dr. Y. weitergab. Mithin sind diese Informationen den Zeugen bei Ausübung ihres Amtes bekannt geworden.

Entgegen der Auffassung des Klägers liegt auch keine wirksame Entbindung der Zeugen von ihrer beruflichen Verschwiegenheitspflicht im Sinne des § 385 Abs. 2 ZPO vor. Dies würde nach § 18 Abs. 2 BNotO voraussetzen, dass die Beteiligten hiervon Befreiung erteilt haben. Da die notarielle Verschwiegenheitspflicht nicht allein den Interessen des jeweiligen Auftraggebers des Notars dient, sondern vor allem auch die besondere öffentliche Stellung des Notars schützen soll, ist der Begriff des Beteiligten im Sinne dieser Vorschrift weit auszulegen (vgl. Eylmann in Eylmann/Vaasen, BNotO, 3. Aufl. 2011, § 18 Rn. 3; Kanzleiter in Schippel/Bracker, BNotO, 9. Aufl. 2011, § 18 Rn. 6; Schwipps in Diehn, BNotO, 2015, § 18 Rn. 6).

Er umfasst daher nicht nur die eigentlichen Auftraggeber im gebührenrechtlichen Sinn, sondern auch dritte Personen, wenn diese dem Notar in Ausübung dessen Amtes Informationen mitgeteilt haben (vgl. BGH, Urteil vom 31.01.2013 – V ZB 168/12 = NJW-RR 2013, 697 und Urteil vom 09.12.2004 – IX ZB 279/03 = NJW 2005, 1948). Unter diesen Umständen bedarf es aber gerade auch einer Befreiung des Notars von der beruflichen Schweigepflicht durch den Dritten (vgl. Sandkühler in Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO, 7. Aufl. 2012, § 18 Rn. 98 f.; Kanzleiter in Schippel/Bracker, BNotO, 9. Aufl. 2011, § 18 Rn. 7; Schwipps in Diehn, BNotO, 2015, § 18 Rn. 24). Eine solche Befreiung hat Rechtsanwalt Dr. Z. jedoch nicht erteilt.

Aus denselben Gründen ist es den Zeugen auch gemäß § 142 Abs. 2 ZPO unzumutbar, den bezüglich des Inhalts des Telefonats gefertigten Aktenvermerk herauszugeben (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 13.11.2006 – 6 U 165/06 = NJW-RR 2007, 250), so dass es nicht darauf ankommt, ob sonst Gründe für die Anordnung der Urkundenvorlage vorliegen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO (vgl. Greger in Zöller, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 387 Rn. 5).

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ist den §§ 708Nr. 10, 713 ZPO entnommen (vgl. Ahrens in Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl. 2014, § 387 Rn. 26).

Die Voraussetzungen der Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor, weil dem vorliegenden Zwischenstreit keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordern.

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