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Verstoß gegen das Mitwirkungsverbot

OLG Frankfurt – Az.: 2 Not 13/10 – Urteil vom 30.06.2011

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollsteckenden Betrags leistet.

Tatbestand

Der mit Erlass vom 7. April 1994 als Notar bestellte Kläger wehrt sich gegen die Erteilung eines Verweises und die Auferlegung einer Geldbuße durch den Beklagten.

Der Beklagte hat dem Kläger im Zusammenhang mit der Beurkundung eines Erbauseinandersetzungs- und Übergabevertrags am … Dezember 2008 (UR-Nr. …./2008) einen Verstoß gegen das Mitwirkungsverbot nach § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 BeurkG vorgeworfen und ihm deswegen mit Disziplinarverfügung vom 17. Mai 2010 einen Verweis erteilt und eine Geldbuße in Höhe von 3.000,- € auferlegt. Der Kläger hat gegen die Disziplinarverfügung, auf deren Inhalt wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 131 ff. Landgericht Frankfurt am Main Az. XI N 5143 – SH 4), Widerspruch erhoben, den der Präsident des Oberlandesgerichts mit Bescheid vom 4. Oktober 2010 zurückgewiesen hat (vgl. Sonderheft II a N 560/8 – SH 2010 – I/3 Bl. 19 ff.).

Mit seiner die Aufhebung der Disziplinarverfügung in Gestalt des Widerspruchsbescheids begehrenden Klage vertritt der Kläger die Auffassung, dass er eine Pflichtverletzung nicht begangen habe, da er allein im Rahmen eines einheitlich ihm erteilten notariellen Auftrags tätig geworden sei, in dessen Rahmen Frau RA1 ihm zugearbeitet habe, ohne selbst unabhängig hiervon anwaltlich mandatiert gewesen zu sein.

Der Kläger beantragt, die Disziplinarverfügung des Beklagten vom 17. Mai 2010, Az. XI N 5143 – SH 4, in der Gestalt der Widerspruchsentscheidung des Präsidenten des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 4. Oktober 2010, Az. II a 560/8 – SH 2010 – I/3 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er verteidigt die angefochtene Verfügung aus ihren seiner Ansicht nach zutreffenden Gründen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen Z1 und der Zeugin Rechtsanwältin RA1. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 28. April 2011 (Bl. 42 ff. d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Zu Recht hat der Beklagte angenommen, dass der Kläger gegen § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 BeurkG verstoßen hat, weil er einen Auseinandersetzungsvertrag beurkundet hat, obwohl die mit ihm zur Berufsausübung verbundene Rechtsanwältin RA1 zuvor bereits anwaltlich bei der Abwicklung des Nachlasses tätig gewesen ist.

Nach Durchführung der Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen und unter Berücksichtigung des Inhalts der vorgelegten Akten ist der Senat davon überzeugt, dass entgegen der anderslautenden Darlegung des Klägers, die er in der Klageschrift nochmals konkretisiert hat, dieser nicht mit einem notariellen Mandat betraut war, in dessen Rahmen ihm Frau RA1 unterstützt hätte, sondern dass allein Frau RA1 von dem Erben mit der Abwicklung des Nachlasses beauftragt worden ist.

Der Zeuge Z1 hat bekundet, in das Büro von Frau RA1 gegangen zu sein, dort nur mit ihr über die Angelegenheit gesprochen und ihr dann den Auftrag zur Abwicklung des Testaments erteilt zu haben. Weiter hat er angegeben, weder habe er den Kläger im Büro gesehen noch habe Frau RA1 erklärt, dass sie für den Kläger tätig werde; er sei davon ausgegangen, dass sich Frau RA1 um alles kümmere. Nach dieser Aussage hat der Zeuge Z1 nicht dem Kläger, sondern allein der Zeugin RA1 den Auftrag zur Nachlassabwicklung erteilt.

Die Zeugin RA1 ihrerseits hat zwar bekundet, Herrn Z1 von vornherein darauf hingewiesen zu haben, dass eine Protokollierung nur durch den Kläger erfolgen könne, dass sie aber die vorbereitenden Tätigkeiten übernehme. Daraus folgt aber nicht, dass sie – wie der Kläger behauptet – deutlich gemacht hätte, dass die Sondierung des Nachlasses und der sich anschließende Auseinandersetzungsvertrag ausschließlich im Rahmen eines einheitlichen notariellen Auftragsverhältnisses durch den Kläger erledigt werden könne und sie allein als Hilfsperson tätig werde. Einer solchen Annahme steht auch entgegen, dass die Zeugin ausweislich des in der Akte befindlichen Schriftverkehrs zu keinem Zeitpunkt als Hilfsperson für den Kläger aufgetreten ist, vielmehr umgekehrt der Kläger den Entwurf des Auseinandersetzungsvertrags mit Schreiben vom 2. Dezember 2008 „für Frau Rechtsanwältin RA1“ übersandte (Bl. 26 Beiakte XI N 5143 – SH 4) und die Zeugin RA1 in ihrem Schreiben vom 30. Juni 2009 an Rechtsanwalt RA2 (vgl. Bl. 35 Beiakte XI N 5143 – SH 4) selbst angegeben hat, von Herrn Z1 beauftragt worden zu sein, den Nachlass abzuwickeln.

Mangels Beauftragung des Notars kommt auch § 24 Abs. 2 BNotO nicht zur Anwendung.

Entgegen der in der mündlichen Verhandlung geäußerten vorläufigen Auffassung sieht der Senat auch die Ausnahmeregelung des § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 Hs. 2 BeurkG als nicht erfüllt an.

Das Mitwirkungsverbot des § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 BeurkG greift dann nicht, wenn die Tätigkeit im Auftrag aller Personen ausgeübt wurde, die an der Beurkundung beteiligt sein sollen. Zwar waren nach Angaben des Zeugen Z1 die in dem Testament erwähnten Personen damit einverstanden, dass Frau RA1 das Testament abwickelt; auch hat Frau RA1 bekundet, Herrn Z1 deutlich gemacht zu haben, dass sie von vornherein nur dann für ihn tätig werden könne, wenn alle Beteiligten zustimmen würden. Selbst wenn die Vermächtnisnehmer aber damit einverstanden waren, dass Frau RA1 den Nachlass abwickelt, heißt dies nicht, dass sie Frau RA1 mandatiert bzw. beauftragt hätten. Es ist zwar nachvollziehbar, dass die Vermächtnisnehmer ein Interesse an einer ordnungsgemäßen Abwicklung des Nachlasses und insbesondere der Erfüllung ihrer Vermächtnisse hatten; dieses gegenüber dem Zeugen Z1 erklärte tatsächliche Einverständnis führt aber nicht zu einer rechtsgeschäftlichen Beauftragung der Zeugin auch durch die Vermächtnisnehmer mit der Folge, dass sie bereits aufgrund des anwaltlichen Berufsrechts zur gleichmäßigen Beratung auch ihnen gegenüber verpflichtet gewesen wäre. Zudem ist auch nicht ersichtlich, dass der Zeuge Z1 – der allein zur Nachlassabwicklung verpflichtet war – den Auftrag auch namens und in Vollmacht der Vermächtnisnehmer erteilt hätte, so dass offen bleiben kann, ob die Zeugin – wie ausgesagt – auch im Namen der Vermächtnisnehmer aufgetreten ist. Auch der Umstand, dass die Zeugin RA1 die in dem Testament Beteiligten regelmäßig eingebunden und um Einverständnis mit verschiedenen Maßnahmen gebeten hat sowie selbst von den Beteiligten regelmäßig kontaktiert wurde, führt nicht dazu, dass sie ihre Tätigkeit auch im Auftrag aller Beteiligten ausgeübt hätte; insoweit handelte es sich um Maßnahmen der tatsächlichen Abwicklung.

Unerheblich ist schließlich, dass die Zeugin RA1 in dem Auseinandersetzungsvertrag von allen Beteiligten mit der Endabrechnung nach Auflösung der Konten beauftragt worden ist. Dies mag ein Ausdruck des ihr entgegengebrachten Vertrauens gewesen sein; jedoch entlastet selbst das Einverständnis der an der Beurkundung Beteiligten mit der Tätigkeit des Notars bzw. hier der Zeugin RA1 den Kläger nicht (Eylmann/Vaasen/Eylmann, BeurkG, 2. A., § 3 Rn. 51).

Eine andere Beurteilung ist auch dann nicht veranlasst, wenn man in Anlehnung an die Stellungnahme der Notarkammer vom 2. März 2010 (Bl. 125 Beiakte XI N 5143 – SH 4) davon ausgeht, dass der Zeuge Z1 die Zeugin RA1 damit beauftragt habe, den Nachlass im Interesse aller Beteiligten abzuwickeln. Zwar nimmt der Kläger für sich in Anspruch, dass die Zeugin RA1 nicht anwaltlich im Sinne einer einseitigen Interessenvertretung tätig geworden sei. Zum einen setzt § 3 Abs. 1 S. 1 Ziff. 7 BeurkG jedoch nicht ein Handeln in gegensätzlichem Interesse voraus (Eylmann/Vasen/Eylmann, a.a.O.). Zum anderen muss festgestellt werden, dass Frau RA1 zumindest insofern die Interessen des Erben – und nicht der Vermächtnisnehmer – vertreten hat, als nach dem von ihr entworfenen Auseinandersetzungsvertrag die Vermächtnisnehmer an den nicht unerheblichen Kosten der Nachlassauseinandersetzung und des Auseinandersetzungsvertrags beteiligt wurden, obwohl diese Kosten nach der gesetzlichen Pflichtenverteilung des § 1967 Abs. 1 BGB allein dem Erben obliegen. Der Beklagte weist in seiner Disziplinarverfügung diesbezüglich auch zu Recht darauf hin, dass der Kläger den von Rechtsanwältin RA1 entworfenen Vertrag beurkundet hat, ohne sich dieser Kostenklausel angenommen oder die Vermächtnisnehmer darauf hingewiesen zu haben, dass die anwaltlichen und notariellen Gebühren für die Erfüllung der Vermächtnisse nach den gesetzlichen Vorschriften vom Erben zu tragen sind. Von daher ist letztlich eine Situation entstanden, die für den Kläger gerade die Gefahren für seine Unabhängigkeit und Unparteilichkeit mit sich brachte, die § 3 Abs. 1 S. 1 Ziff. 7 BeurkG ausschließen will.

Vor diesem Hintergrund hat der Beklagte wegen des Verstoßes gegen das Mitwirkungsverbot neben der Erteilung eines Verweises auch zu Recht eine am unteren Rand der denkbaren Sanktionen (vgl. § 97 Abs. 4 BNotO: Geldbuße bis zu 50.000,- € ) liegende Geldbuße in Höhe von 3.000,- € verhängt, deren Angemessenheit sich zudem aus den insoweit nicht angegriffenen Gründen der Disziplinarverfügung und des Widerspruchsbescheids ergibt, denen sich der Senat in vollem Umfang anschließt.

II.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 96 BNotO, § § 3, 77 BDG, § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 96 BNotO, § 3 BDG, § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Der Senat hat von der Zulassung der Berufung abgesehen, weil die Voraussetzungen der § 96 BNotO, § 64 Abs. 2 BDO, § 124 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 124 a Abs. 1 VwGO nicht vorliegen.

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