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Voraussetzungen für Notarauftrag durch Kaufinteressenten

OLG Rostock – Az.: 7 W 34/21 – Beschluss vom 25.01.2021

1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts Stralsund vom 21. August 2020, 6 OH 3/20, wird zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin hat dem Antragsgegner im Beschwerdeverfahren entstandene notwendige Auslagen zu erstatten.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

4. Der Verfahrenswert wird auf 711,92 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Kostenberechnung des Antragsgegners vom 7. Januar 2020. Gegenstand der Rechnung ist eine 2,0 Gebühr nach Nr. 21302 KV GNotKG aus vorzeitiger Beendigung eines Beurkundungsverfahrens über einen Grundstückskaufvertrag zwischen der GbR N-S als Verkäuferin und der Antragstellerin als Käuferin nach erfolgter Entwurfsfertigung aus einem Geschäftswert von 100.000 Euro in Höhe von 546,00 Euro nebst Auslagen in Höhe von 52,25 Euro und Umsatzsteuer in Höhe von 113,67 Euro, mithin in Höhe von insgesamt 711,92 Euro.

Die Antragstellerin hat sich darauf berufen, keinen Auftrag erteilt zu haben. Die Beauftragung des Antragsgegners durch die G. GmbH, einer Immobilienmaklerin, könne ihr nicht zugerechnet werden. Darüber hinaus sei die Gebühr überhöht und mangels endgültigen Scheiterns des Beurkundungsverfahrens (noch) nicht fällig. Schließlich fehle in der Rechnung die Angabe des Leistungszeitraumes gemäß § 12 Abs. 4 Nr. 6 UStG.

Der Antragsgegner hat an seiner Kostenberechnung festgehalten und hierzu behauptet, von der Antragstellerin mit umfangreichen Änderungen des Vertragsentwurfs beauftragt worden zu sein.

Das Landgericht hat eine Stellungnahme der Ländernotarkasse vom 19. Juni 2020 sowie des Bezirksrevisors beim Landgericht Stralsund vom 14. Juli 2020 eingeholt.

Mit Beschluss vom 21. August 2020, auf dessen Einzelheiten verwiesen wird, hat das Landgericht den Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Antragsgegner die angefochtene Kostenrechnung zu Recht erstellt habe. Der Antragsteller sei durch Einflussnahme auf den Inhalt der konkreten Vertragsgestaltung neben der Verkäuferin ebenfalls Kostenschuldner geworden. Das Beurkundungsverfahren sei nach Scheitern des Beurkundungstermins am 22. November 2019 sowie der unstreitig nicht weiter geführten und damit erfolglosen Verhandlungen auch beendet, ohne dass der Antragsgegner dies verschuldet hätte.

Gegen diese der Antragstellerin am 5. September 2020 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 21. September 2020 beim Landgericht eingegangene Beschwerde. Zur Begründung führt die Antragstellerin im Wesentlichen nur noch aus, dass es sich bei dem Vertragsentwurf angesichts der Beteiligung einer GbR auf Verkäuferseite nicht um einen ausgewogenen Entwurf gehandelt habe. Hierauf hätte der Antragsgegner jedoch hinwirken müssen.

Das Landgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 11. Februar 2019 nicht abgeholfen.

II.

Die Antragstellerin hat die gemäß § 129 GNotKG zulässige Beschwerde form- und fristgerecht eingelegt (§ 130 Abs. 3 Satz 1 GNotKG i.V.m. §§ 63 Abs. 1, 64 Abs. 1 und 2 FamFG). Gemäß § 130 Abs. 3 Satz 1 GNotKG i.V.m. § 68 Abs. 4 FamFG entscheidet über das Rechtsmittel das Oberlandesgericht durch den Senat.

In der Sache hat die Beschwerde keinen Erfolg. Das Landgericht hat die begehrte Feststellung, dass die Verpflichtung der Antragstellerin zum Ausgleich der Kostennote des Antragsgegners vom 7. Januar 2020 nicht besteht, zutreffend als unbegründet zurückgewiesen. Die Antragstellerin ist Kostenschuldnerin dieser Rechnung i.S.v. § 29 Nr. 1 GNotKG und damit gemäß §§ 32 Abs. 1 GNotKG, 421 Satz 1 BGB neben der Verkäuferin und/oder der Maklerin gesamtschuldnerisch zur Zahlung verpflichtet. Die Rechnung ist schließlich auch im Übrigen nicht zu beanstanden.

Im Einzelnen:

1. Die Antragstellerin ist Kostenschuldnerin. Sie hat dem Antragsgegner einen Beurkundungsauftrag im Sinne von § 29 Nr. 1 GNotKG erteilt.

a. Kostenschuldner im Sinne des § 29 Nr. 1 GNotKG ist, wer dem Notar den Auftrag erteilt oder den Antrag gestellt hat. Unter dem Begriff des Auftrags ist jedes an den Notar gerichtete Ansuchen zu verstehen, das auf die Vornahme einer notariellen Amtstätigkeit gerichtet ist. Einer ausdrücklichen Vereinbarung bedarf es nicht. Der Beurkundungsauftrag kann auch durch schlüssiges Verhalten erteilt werden. Maßgeblich ist, ob das Verhalten für den Notar nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte (§§ 133, 157 BGB) den Schluss zulässt, es werde ihm ein Auftrag mit der gesetzlichen Kostenfolge erteilt. Dies kann nur unter Heranziehung und Wertung aller Umstände des Einzelfalls beurteilt werden (zum Ganzen: Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen, Beschluss vom 17. Januar 2018 – 1 W 49/17, juris Rn. 9).

Einen Auftrag erteilt regelmäßig jedenfalls derjenige, der durch sein Ansuchen unmittelbar die notarielle Amtstätigkeit veranlasst, etwa indem er den Notar um die Fertigung eines Entwurfs oder erstmals um einen Beurkundungstermin bittet. Ein Auftrag kann aber auch anzunehmen sein, wenn bereits durch einen anderen Kostenschuldner ein Beurkundungsauftrag erteilt worden ist. So kann die Amtstätigkeit des Notars auch allein dadurch veranlasst werden, dass ein weiterer Beteiligter den Notar um Änderungen an dem Entwurf eines zu beurkundenden Vertrages bittet (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2017 – V ZB 79/16, juris Rn. 7). Der Umstand, dass bereits ein Beurkundungsauftrag erteilt ist, steht der Annahme eines weiteren Auftrags nicht entgegen. Mehrere Auftraggeber desselben Geschäfts sind dann jeweils Kostenschuldner und haften dem Notar nach § 32 Abs. 1 GNotKG als Gesamtschuldner (KG Berlin, Beschluss vom 11. Dezember 2017 – 9 W 63/16 – 64/16, juris Rn. 16).

b. So liegt der Fall hier.

Ausweislich des vorab per E-Mail übersandten Schreibens der Antragstellerin vom 12. November 2019 ist mit dem Landgericht davon auszugehen, dass die Antragstellerin mit der Mitteilung diverser, konkret bezeichneter „nach hiesiger Sicht erforderlicher Ergänzungen und Änderungen“ ein auf die Herbeiführung der notariellen Tätigkeit des Antragsgegners gerichtetes Handeln bezweckt hat, die im Beurkundungstermin am 22. November 2019 auch besprochen worden sind. Damit beschränkte sich das Handeln der Antragstellerin nicht nur auf eine unselbstständige Beteiligung an der Gestaltung des zunächst von der Verkäuferin bzw. der Maklerin in Auftrag gegebenen Vertragsentwurfs, sondern ist als selbstständiger Auftrag im Sinne von § 29 Nr. 1 GNotKG an den Antragsgegner zu werten, in seinem Interesse eine bestimmte Beurkundung vorzunehmen.

2. Die Tatbestandsvoraussetzungen der streitgegenständlichen Gebühr gemäß Nr. 21302 KV i.V.m. Nr. 21100 KV GNotKG liegen vor.

Das Beurkundungsverfahren ist nach dem übereinstimmenden Vorbringen aller Beteiligter ersichtlich vorzeitig beendet worden. Zu einem Kaufvertragsschluss kam es nicht. Die Gründe hierfür sind unerheblich. Die Gebührenhöhe ist aus den zutreffenden Erwägungen der Ländernotarkasse Leipzig, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, nicht zu beanstanden.

Gleiches gilt für den kostenrechtlich irrelevanten Einwand eines Verstoßes gegen § 14 Abs. 4 Nr. 6 UStG. Ein etwaiger Verstoß berührt die kostenrechtliche Wirksamkeit der Kostenberechnung nicht (Macht, in: Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 2. Auflage 2017, § 19 GNotKG Rn. 49) und steht ihrer Fälligkeit nicht entgegen (vgl. Angabe der Umsatzsteuernummer in notariellen Kostenrechnungen, DNotZ 2002, 162 [163]).

3. Die Antragstellerin haftet daher gemäß §§ 32 Abs. 1 GNotKG, 421 Satz 1 BGB neben der Verkäuferin bzw. der Maklerin gesamtschuldnerisch für die Gebühren. Dass der Antragsgegner die Antragstellerin in Anspruch nimmt, ist nicht ermessensfehlerhaft (vgl. Diehn, in: BeckOK Kostenrecht, Dörndorfer/Neie/Wendtland/Gerlach, 31. Edition, Stand: 1. September 2020, § 32 Rn. 20f.).

4. Die angegriffene Kostenrechnung ist auch nicht nach § 21 Abs. 1 Satz 1 GNotKG aufzuheben. Die Sachbehandlung durch den Antragsgegner ist nicht zu beanstanden.

Sie war – entgegen der Auffassung der Antragstellerin – auch im Hinblick auf die beabsichtigte Veräußerung des Grundeigentums durch eine GbR ordnungsgemäß.

a. Nach § 21 Abs. 1 Satz 1 GNotKG werden Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, nicht erhoben. Maßstab für die Anwendung des § 21 GNotKG ist insoweit nicht eine objektiv richtige Behandlung; vielmehr liegt eine unrichtige Sachbehandlung durch den Notar nur dann vor, wenn ein offen zu Tage tretender Verstoß gegen eindeutige gesetzliche Normen oder ein offensichtliches Versehen unterlaufen ist (OLG Frankfurt, Beschluss vom 21. Februar 2017 – 20 W 327/15, juris Rn. 16 m.w.N.).

b. Der Notar ist gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 BNotO zur unabhängigen und unparteilichen Betreuung der Beteiligten verpflichtet und hat die Rechtsuchenden, die ihm die Wahrnehmung ihrer Interessen anvertrauen, bei der Regelung ihrer rechtlichen Angelegenheiten gewissenhaft zu unterstützen. Dabei hat er das Beurkundungsverfahren sachgerecht zu gestalten. Dies meint aber gerade keine formale Verfahrensgerechtigkeit im Sinne eines für alle gleich geltenden Verfahrens mit gleichen Regeln. Der Notar ist vielmehr gemäß § 17 Abs. 2a Satz 1 BeurkG verpflichtet, das Beurkundungsverfahren so zu gestalten, dass die Zwecke der Beurkundung erreicht werden und insbesondere die Belehrungs- und Schutzfunktion der Beurkundung gewahrt wird (zum Ganzen: Sander, in: BeckOK BNotO, 3. Edition, Stand: 1. August 2020, § 14 Rn. 65f.). In diesem Zusammenhang hat der Notar gemäß § 17 BeurkG die Beteiligten darüber aufzuklären, ob und unter welchen Voraussetzungen der von ihnen erstrebte rechtliche Erfolg sicher eintritt und welche unmittelbaren rechtlichen Wirkungen damit verbunden sind. Der Umfang der Belehrungspflicht wird durch die Maßstäbe der Erforderlichkeit und der Angemessenheit begrenzt. Es wird also keine umfassende Vertragsgestaltung geschuldet, sondern lediglich eine an den anerkannten Regeln orientierte (Litzenburger, in: BeckOK BGB, 56. Edition, Stand: 1. November 2020, § 17 BeurkG Rn. 3f.).

c. In Anwendung dieser Rechtsgrundsätze ist für eine unrichtige Sachbehandlung und damit einen offen zu Tage tretenden Verstoß gegen eindeutige gesetzliche Normen oder ein offen- sichtliches Versehen durch den Antragsgegner nichts ersichtlich.

§ 1 des vom Antragsgegner erstellten Vertragsentwurfs ist bereits zu entnehmen, dass dieser die Thematik (Reichweite von § 899a BGB, vgl. auch: BGH, Beschluss vom 28. April 2011 – V ZB 194/10, juris Rn. 12ff.) erkannt und hinreichend berücksichtigt hat. Zudem ist dies mit den Beteiligten im Beurkundungstermin am 22. November 2019 erörtert worden.

Der Vertragsentwurf stellt sich daher als tauglich dar.

Die Antragstellerin hat überdies selbst mit ihrem Schreiben vom 21. November 2019 zu erkennen gegeben, dass ihr das Thema bekannt ist und aus ihrer Sicht eine vom Vertragsentwurf abweichende Lösung gefunden werden müsse. Dass der Antragsgegner sich bei Fortführung des Beurkundungsverfahrens diesen Einwänden verschlossen und auf einer ausschließlichen Beurkundung des gegenständlichen (ersten) Vertragsentwurfs bestanden hätte, erscheint ausgeschlossen. Demgemäß hat der Antragsgegner bereits in seinem Schriftsatz vom 15. März 2020 ausgeführt, dass er selbstverständlich bereit gewesen wäre, die von der Antragstellerin gewünschten Änderungen in den Urkundentext zu übernehmen, wenn auch die anderen Vertragsbeteiligten damit einverstanden gewesen wären, was jedoch im Ergebnis nicht der Fall war.

III.

Eine Gerichtskostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren durch den Senat ist nicht veranlasst, weil sich die Kostentragungspflicht des Antragstellers aus der Anwendung gesetz- licher Vorschriften ergibt, §§ 22 Abs. 1, 25 Abs. 1 GNotKG, Nr. 19110ff. KV GNotKG.

Die Entscheidung über die Erstattungsfähigkeit notwendiger Aufwendungen im Beschwerde- verfahren richtet sich nach §§ 130 Abs. 3 GNotKG i.V.m. 84 FamFG, wobei der Senat nicht zu überprüfen hat, ob und inwieweit der Antragsgegner, der als Notar lediglich seine Notarkostenrechnung verteidigt hat, solche überhaupt entstanden sind.

Die Festsetzung des Beschwerdewertes richtet sich nach §§ 61 Abs. 1 Satz 1, 36 Abs. 1 GNotKG. Der Beschwerdewert entspricht der Höhe der streitgegenständlichen Kostenrechnung.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor. Weder hat die Sache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 130 Abs. 3 Satz 1 GNotKG i.V.m. § 70 Abs. 2 Satz 1 FamFG).

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