OLG Celle – Az.: 9 W 13/18 – Beschluss vom 30.01.2018
Die Beschwerden der weiteren Beteiligten zu 1 und 2 gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Registergericht – Tostedt vom 3. Januar 2018 (Bl. 142 f. d. A.), mit dem das Registergericht angekündigt hat, den zwischen den weiteren Beteiligten zu 1 und 2 durch Schenkungsvertrag vom 19. Dezember und Anmeldung vom 29. Dezember 2017 in die Wege geleiteten Kommanditistenwechsel nicht eintragen zu wollen, werden zurückgewiesen.
Die weitere Beteiligte zu 1 hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens: 30.000 €; § 105 Abs. 4 GNotKG.
Gründe
I.
Mit notarieller Anmeldung vom 29. Dezember 2017 hat die betroffene Gesellschaft (zugleich für die Komplementärin und diese kraft erteilter Registervollmachten für alle weiteren Kommanditisten) die Eintragung eines Kommanditistenwechsels hinsichtlich eines voll eingezahlten Kommanditanteils von der weiteren Beteiligten zu 1 auf die weitere Beteiligte zu 2 begehrt. Bei der Beteiligten zu 2 handelt es sich um das ungeborene Kind, das die weitere Beteiligte zu 1 voraussichtlich im April 2018 zur Welt bringen wird.
Die anmeldende Notarin hatte (im Rahmen ihrer Prüfungspflicht gem. § 378 Abs. 3 FamFG) mitgeteilt, dass sie die Anmeldung nicht für eintragungsfähig erachte.
Das Registergericht hat mit der angefochtenen Zwischenverfügung gemeint, eine Eintragung des Gesellschafterwechsels komme nicht in Betracht, weil der Wechsel unter der aufschiebenden Bedingung der Erlangung der vollen Rechtsfähigkeit seitens des Anteilserwerbers stehe, die erst mit Vollendung der Geburt eintrete.
Es hat weiter gemeint, auch im Falle erfolgter Lebendgeburt sei der vorliegende Gesellschafterwechsel kraft des am 19. Dezember 2017 geschlossenen Schenkungsvertrages nicht wirksam, weil dieser – entgegen der Rechtsauffassung des Urkundsnotars – als nicht lediglich rechtlich vorteilhaftes Geschäft der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung bedürfe.
Dagegen richtet sich die weitere Beteiligte zu 1 mit ihrer im eigenen Namen und ausdrücklich auch in “Prozeßstandschaft für die Nascitura“, die weitere Beteiligte zu 2, eingelegten Beschwerde (Bl. 144 d. A.).
II.
Beide Beschwerden bleiben ohne Erfolg.
1. Soweit die weitere Beteiligte zu 1 die Beschwerde als Prozeßstandschafterin ihres ungeborenen Kindes einlegt, ist die Beschwerde schon nicht in zulässiger Weise erhoben. Gemäß § 1912 Abs. 2 BGB vertreten zwar die Eltern das ungeborene Kind insoweit, wie ihnen nach der Geburt die elterliche Sorge zustehen würde. Daraus folgt jedoch, dass die weitere Beteiligte zu 1 das ungeborene Kind nicht allein vertreten könnte. Die elterliche Sorge steht nach der Geburt grundsätzlich verheirateten Eltern gemeinsam zu; § 1629 Abs. 1 S. 2 BGB. Aus der notariellen Urkunde lässt sich erschließen, dass die weitere Beteiligte zu 1 bei Abschluss des Schenkungsvertrages verheiratet war.
2. Die Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1 selbst ist hingegen statthaft und in zulässiger Weise eingelegt. Sie hat jedoch im Ergebnis keinen Erfolg.
a) Mit Recht hat das Registergericht es abgelehnt, auf die in Rede stehende Anmeldung und den zugrunde liegenden Schenkungsvertrag zugunsten einer Ungeborenen einen Gesellschafterwechsel einzutragen. Der Gesellschafterwechsel kann erst dann eingetragen werden, wenn er vollzogen ist.
Mit zutreffenden Erwägungen hat das Registergericht angenommen, dass derzeit der Gesellschafterwechsel nicht vollzogen ist und auch im Register mangels tatsächlichen Eintritts nicht vorher vollzogen werden kann. Für die Erbfähigkeit der ungeborenen Leibesfrucht gemäß § 1923 BGB ist anerkannt, dass, kommt es zum Erbfall vor der Geburt, in der Zeit zwischen Erbfall und Geburt ein Schwebezustand eintritt, weil die Lebendgeburt Bedingung für den Rechtseintritt ist (Palandt/Weidlich, BGB, 77. Aufl., § 1923 Rn. 6). Genauso liegt es im Streitfall. Ein etwaiger Rechtserwerb der weiteren Beteiligten zu 2 kann nur dann eintreten, wenn und falls sie lebend geboren wird.
Für die Zulässigkeit der Eintragung tatsächlich noch nicht wirksam gewordener, mithin ungewisser, wenn auch wahrscheinlicher, künftiger Rechtserwerbe im Handelsregister spricht nichts. Dass sie unzulässig sind, ist vielmehr für das GmbH-Recht ausdrücklich gesetzlich geregelt (vgl. § 40 Abs. 1 GmbHG). Mit den Prinzipien der Registerwahrheit und der Registerklarheit stünde die erstrebte Vorverlagerung wahrscheinlicher künftiger Rechtsänderungen zudem nicht in Einklang. Das gilt umso mehr, als die Vornahme der Eintragung die Gefahr eines herrenlos gewordenen Kommanditanteils heraufbeschwören würde, falls es zu der erhofften Lebendgeburt nicht käme.
Dass für den Wechsel in der Gesellschafterstellung einer Personengesellschaft etwas anderes als im Falle der GmbH gelten könnte, ist weder aufgezeigt noch einleuchtend.
b) Zwar kommt es nach dem Vorstehenden derzeit auf Weiteres nicht an. Der Senat neigt aber auch nicht dazu, die Einschätzung des sachbearbeitenden Rechtspflegers zu beanstanden, dass für ihn nicht hinreichend beurteilbar sei, ob der schenkweise Erwerb einer Kommanditistenstellung an einer Windkraftanlagen betreibenden Gesellschaft, wie er hier zwischen der weiteren Beteiligten zu 1 und der weiteren Beteiligten zu 2 notariell vereinbart ist, ein lediglich rechtlich vorteilhaftes Geschäft ist, welches die Vertreter eines Minderjährigen ohne vormundschaftsgerichtliche Genehmigung vornehmen könnten.
Bei der betroffenen Gesellschaft handelt es sich um ein (im Unterschied zu der seitens der Beschwerde angeführten, ein Immobilienvermögen verwaltenden Familien-KG, bei der die vormundschaftsgerichtliche Gestattung entbehrlich sein soll) wirtschaftendes Unternehmen, das in jeder Hinsicht den Kräften des Marktes ausgesetzt ist, welches für Errichtung, Betrieb und Rückbau von Windkraftanlagen auf Fremdmittel angewiesen sein kann, ohne dass das Registergericht diese Risiken prüfen könnte. Folglich kann es zur Notwendigkeit und dem satzungsändernden Beschluss von Nachschüssen, zur Entstehung von öffentlich-rechtlichen Abgabenschulden der Gesellschaft und von Steuerforderungen gegenüber dem einzelnen Gesellschafter kommen. Die im Schenkungsvertrag vorgesehene Freistellung der weiteren Beteiligten zu 2 von derartigen Kosten seitens der weiteren Beteiligten zu 1 ist insoweit unbehelflich, denn im Fall der Vermögenslosigkeit der weiteren Beteiligten zu 1 würde die nach Vollendung der Geburt minderjährige Gesellschafterin dennoch Schuldnerin aller Kosten bleiben, so dass das Risiko bestünde, dass sie unter einer Schuldenlast ins Erwachsenenalter eintreten müsste.
c) Zu bezweifeln ist schließlich, ohne dass es weiter darauf ankäme, dass die der Gesellschaft bzw. deren Komplementärin seitens der Ungeborenen im Schenkungsvertrag erteilte Registervollmacht zur Anmeldung des Gesellschafterwechsels im Handelsregister wirksam ist, denn mit dem Gebrauchmachen von dieser Vollmacht können Gebührenansprüche der registerführenden Stelle gegen die Anmeldenden entstehen. Die Registervollmacht stellt sich mithin nicht als lediglich rechtlich vorteilhaft i. S. v. §§ 107, 111 BGB dar.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG i. V. m. §§ 177, 179 BGB.
IV.
Die Rechtsbeschwerde war zuzulassen, weil es über die Eintragungsfähigkeit der Gesellschafterstellung einer ungeborenen Leibesfrucht in das Handelsregister bisher keine Entscheidung gibt; die Sache hat mithin grundsätzliche Bedeutung.