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Übertragung Kommanditanteil an einen beschränkt geschäftsfähigen Minderjährigen

OLG Köln – Az.: I-4 Wx 2/18 – Beschluss vom 26.03.2018

Der Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 07.02.2018 wird aufgehoben.

Gründe

I.

Gegenstand der mit Gesellschaftsvertrag vom 04.03.2016 von den Beteiligten zu 1) und 2) gegründeten Kommanditgesellschaft ist das Halten und Verwalten eigenen Vermögens. Die Beteiligte zu 2) ist mit einer Kommanditeinlage von 5.000,00 € an der Gesellschaft beteiligt. Nach dem Gesellschaftsvertrag wurden die von den Gründungsgesellschaftern übernommenen Einlagen erbracht.

Die Beteiligten zu 1) und 2) sind die Eltern der Beteiligten zu 3) bis 5). Die Beteiligten zu 4) und 5) sind noch minderjährig, sie wurden im Jahre 2002 bzw. 2001 geboren.

Unter dem 20.12.2017 haben sämtliche Beteiligten eine Erklärung unterschrieben, mit der zum Handelsregister angemeldet wurde, dass die Beteiligte zu 2) mit Wirkung auf den Zeitpunkt der Eintragung jeweils einen Anteil von 1.500,00 € auf jedes ihrer drei Kinder, die Beteiligten zu 3) bis 5), übertragen hat und diese im Wege der Sonderrechtsnachfolge in die Gesellschaft eingetreten sind. Sie gaben die Versicherung ab, dass der Beteiligten zu 2) für die übertragenen Anteile keinerlei Abfindung für die von ihr aufgegebenen Rechte aus dem Gesellschaftsvermögen gewährt und ihr solche auch nicht versprochen worden sind.

Mit Beschluss vom 07.02.2018 (Bl. 32 d. A.) hat das Handelsregister im Wege der Zwischenverfügung die beantragte Eintragung davon abhängig gemacht, dass für die noch minderjährigen Beteiligten zu 4) und 5) ein Ergänzungspfleger bestellt sowie die Übertragung gemäß § 1822 Nr. 3 BGB familiengerichtlich genehmigt oder ein Negativattest des zuständigen Familiengerichts vorgelegt wird.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten. Darin wird die Auffassung vertreten, dass der Erwerb der Kommanditbeteiligung durch die Beteiligten zu 4) und 5) für diese lediglich rechtlich vorteilhaft sei und es deshalb weder der Beteiligung eines Ergänzungspflegers noch der Genehmigung durch das Familiengericht bedürfe.

II.

1. Die Beschwerde gegen die Zwischenverfügung des Handelsregisters ist gemäß § 382 Abs. 4 S. 2 FamFG statthaft. Sie ist auch im Übrigen zulässig.

2. Entgegen der im angefochtenen Beschluss anklingenden Auffassung des Handelsregisters gehört die Prüfung der Frage, ob die Mitwirkung eines Ergänzungspflegers und die Genehmigung des Familiengerichts erforderlich sind, in seine Zuständigkeit und ist nicht dem Familiengericht vorbehalten. Es handelt sich hierbei um eine Vorfrage der Eintragung, nämlich die Beurteilung der materiellrechtlichen Wirksamkeit des einzutragenden Wechsels in der Gesellschafterstellung. Die Beurteilung derartiger Vorfragen obliegt aber dem Registergericht selbst (vgl. RGZ 140, 174, 181; OLG Frankfurt RPfleger 1979, 60; Sternal, in Keidel, FamFG, 19. Aufl., 2017, § 26 Rn 56; Heinemann, in Keidel, a. a. O., § 381 Rn 4; Rüntz, in Bahrenfuß, FamFG, 3. Aufl., 2017, § 26 Rn 20 und ausdrücklich für die hier interessierende Frage der Genehmigungsbedürftigkeit Bumiller/Harders/Schwamb, FamFG, 11. Aufl., 2015, § 381 Rn 3).

3. Die Zwischenverfügung des Handelsregisters ist auch in der Sache nicht berechtigt. Der Erwerb der Kommanditbeteiligung stellt für die Beteiligten zu 4) und 5) jeweils lediglich einen rechtlichen Vorteil i. S. des § 107 BGB dar, sodass diese bei Abschluss der Schenkungsverträge und der Abtretung der Anteile wirksam für sich selbst handeln konnten. Es bedurfte von daher weder einer Vertretung durch die Eltern gemäß § 1629 BGB bzw. eines Ergänzungspflegers (§§ 1795 Abs. 1 Nr. 1, 1629 Abs. 2 BGB) noch – mangels Vertretung der Beteiligten zu 4) und 5) – der Genehmigung durch das Familiengericht (§ 1822 Nr. 3 BGB).

a) Der Senat folgt der inzwischen wohl überwiegenden Auffassung, wonach der unentgeltliche Erwerb einer voll eingezahlten Kommanditbeteiligung unter der aufschiebenden Bedingung der Eintragung ein für den erwerbenden Minderjährigen lediglich rechtlich vorteilhaftes Geschäft ist (vgl. OLG Bremen, Beschluss vom 16.06.2008 – 2 W 38/08 -, NZG 2008, 521f.; OLG Jena – Beschluss vom 22.03.2013 – 2 WF 26/13 -, ZEV 2013, 521, 522; Grunewald, in MünchKommHGB, 3. Aufl., 2012, § 161 Rn 24; Lieder, in Oetker, HGB, 5. Aufl., 2017, § 105 Rn 17; Klumpp, in Staudinger, BGB [2017], § 107 Rn 59; Müller, in Erman, BGB, 15. Aufl., 2017, § 107 Rn 8; Schulte-Bunert, in Erman, 15. Aufl., 2017, § 1822 Rn 10; Ellenberger, in Palandt, BGB. 77. Aufl., 2018, § 107 Rn 4 a. E.). Die Abgabe einer Willenserklärung ist dann für den Minderjährigen nicht lediglich rechtlich vorteilhaft i. S. des § 107 BGB, wenn er in deren Folge mit Verpflichtungen belastet wird, für deren Erfüllung er nicht nur mit dem erworbenen Vermögensgegenstand, sondern auch persönlich mit seinem sonstigen Vermögen haftet (BGH, Beschluss vom 30.09.2010 – V ZB 206/10 -, NJW 2010, 3643 Rn 6). Eine solche persönliche Haftung der Beteiligten zu 4) und 5) infolge des Erwerbs der Kommanditbeteiligung ihrer Mutter ist aber ausgeschlossen. Gegenüber der KG ist ein Kommanditist nur verpflichtet, die Kommanditeinlage und evtl. weitere übernommene Beiträge zu leisten. Die Kommanditeinlage ist von der Beteiligten zu 2) bereits aufgebracht worden, sodass insoweit eine Inanspruchnahme der Beteiligten zu 4) und 5) durch die KG nicht möglich ist; ihr stände der Einwand der Erfüllung (§ 362 BGB) entgegen. Weitere Beitragspflichten sieht der Gesellschaftsvertrag nicht vor. Auch von Seiten etwaiger Gläubiger der KG ist eine Inanspruchnahme wegen Gesellschaftsschulden nicht zu besorgen. Im Hinblick auf den in das Handelsregister einzutragenden Vermerk der Sonderrechtsachfolge könnte etwaigen Gläubigern entgegengehalten werden, dass die Einlage erbracht und damit die Haftung ausgeschlossen ist (§ 171 Abs. 1 2. HS HGB). Die für die Eintragung des Sonderrechtsnachfolgevermerks erforderliche Erklärung, dass die (teilweise) ausscheidende Beteiligte zu 2) im Zusammenhang mit der Übertragung des Kommanditanteils weder ihre Einlage noch sonstige Leistungen oder Versprechungen von Seiten der Gesellschaft erhalten hat (vgl. Krafka/Kühn, Registerrecht, 10. Aufl., 2017 Rn 750), liegt vor. Schließlich besteht auch nicht die Gefahr einer persönlichen Haftung gemäß § 176 Abs. 2 HGB, weil der Erwerb der Kommanditbeteiligung nur unter der aufschiebenden Bedingung der Eintragung in das Handelsregister erfolgt.

Die weiterhin verbreitete Gegenansicht, dass der Erwerb einer Kommanditbeteiligung trotzdem nicht lediglich rechtlich vorteilhaft sei (OLG Frankfurt, Beschluss vom 27.05.2008 – 20 W 123/08 -, NZG 2008, 749; Schäfer, in Staub, HGB, 5. Aufl., 2009, § 105 Rn 86f.; Haas/Mock, in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, 4. Aufl., 2014, § 173 Rn 12; Wertenbruch, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl., 2014, § 105, Rn 220; Piehler/Schulte, in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts Bd. 2, 4. Aufl., 2014, § 35 Rn 16; Kroll-Ludwigs, in MünchKommBGB, 7. Aufl., 2017, § 1822 Rn 16) vermag dagegen nicht zu überzeugen. Dies lässt sich weder mit der Möglichkeit des Wiederauflebens der Kommanditistenhaftung gemäß § 172 Abs. 4 HGB noch damit begründen, dass sich aus der Gesellschafterstellung jedenfalls auch eine Treuepflicht für den Minderjährigen ergibt. Es ist zwar möglich, dass die Einlagepflicht des minderjährigen Kommanditisten gemäß § 172 Abs. 4 HGB wieder auflebt, jedoch ist dies keine unmittelbare Folge des Erwerbs der Kommanditistenstellung. Weitere Voraussetzung ist vielmehr, dass die Einlage zurückgezahlt oder ein Gewinnanteil entnommen wird, während sein Kapitalanteil unter den Betrag der geleisteten Einlage herabgemindert ist. Erst diese Handlungen wären rechtlich nicht lediglich vorteilhaft und könnten deshalb von dem Minderjährigen allein nicht wirksam vorgenommen werden. Richtig ist dagegen, dass auch den minderjährigen Kommanditisten Treuepflichten treffen. Das ist aber eine Verpflichtung, die jedem Rechtsverhältnis immanent ist. Derartige Verpflichtungen schließen ein lediglich rechtlich vorteilhaftes Geschäft deshalb nur dann aus, wenn sich daraus für das Vermögen des Minderjährigen ein mehr als nur unerhebliches Gefährdungspotential ergibt (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 25.11.2004 – V ZB 13/04 -, NJW 2005, 415, 418; Staudinger/Klumpp, a. a. O., Rn 18; Palandt/Ellenberger, a. a. O., Rn 3). Davon kann aber im konkreten Fall nicht ausgegangen werden. Es sind nicht einmal theoretisch Fälle von Verletzungen der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht der Beteiligten zu 4) und 5) denkbar, die eine ihr sonstiges Vermögen berührende Schadensersatzverpflichtung gegenüber der KG oder den Mitgesellschaftern auslösen könnten.

Schließlich stellt auch die in § 6 des Gesellschaftsvertrages enthaltene Verpflichtung, mit Ehepartner eine modifizierte Zugewinngemeinschaft und einen gegenständlich beschränkten Pflichtteilsverzicht zu vereinbaren, keinen rechtlichen Nachteil i. S. des § 107 BGB dar. Bei einem Verstoß gegen diese Verpflichtung droht den Gesellschaftern lediglich der Verlust der Gesellschafterstellung infolge Ausschlusses aus der Gesellschaft. Eine Beeinträchtigung ihres sonstigen Vermögens kann sich auch hieraus nicht ergeben.

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

 

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