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Grundbuchamt – Nachweis der testamentarisch verfügten Erbenstellung

Oberlandesgericht Naumburg – Az.: 12 Wx 31/19 – Beschluss vom 27.08.2019

Die Beschwerde des Beteiligten gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Aschersleben – Grundbuchamt – vom 18. Juni 2019 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt bis zu 5.000,00 €.

Gründe

I.

In das Grundbuch von E. Blatt … 0 (zuvor Blatt … 7) ist M. K. als Eigentümerin des Flurstücks 165/49 der Flur 22 der Gemarkung E. eingetragen.

M. K. ist am 20. Dezember 2018 verstorben. Der Beteiligte hat unter Verweis auf ihr vor der Notarin R. in St. am 23. Februar 2007 errichtetes Testament und auf das Nachlassverfahren 5 IV 112/07 vor dem Amtsgericht Aschersleben mit Schreiben vom 20. Mai 2019 die Umschreibung des Eigentums auf ihn beantragt. Das Testament trifft u.a. folgende Festlegungen:

„2.

Im Falle meines Ablebens bestimme ich zu meinem Alleinerben meinen Sohn,

D. K. geboren am 01.02.1961, wohnhaft in E. T. Straße 35.

3.

Die handgearbeitete Standuhr erhält unter Anrechnung auf ihren etwaigen Pflichtteil meine Tochter, R. M.

Weiterhin soll ihr der von mir im Jahre 1999 überlassene Geldbetrag von seinerzeit 40.000,00 DM auf ihren Pflichtteil angerechnet werden.

Meine weitere bewegliche Hinterlassenschaft einschließlich Geld sollen meine drei Kinder zu gleichen Teilen erhalten, nachdem sämtliche Nachlassverbindlichkeiten beglichen sind.“

Die Rechtspflegerin des Grundbuchamtes hat mit Schreiben vom 5. Juni 2019 darauf hingewiesen, dass im vorliegenden Fall Unsicherheit betreffend die Erbfolge bestehe, weil im Hinblick auf die angeordneten Vermächtnisse betreffend die bewegliche Hinterlassenschaft nicht festzustellen sei, was den werthaltigeren Nachlass ausmache, und um Vorlage eines Erbscheins gebeten. Dem ist der Beteiligte mit Schreiben vom 12. Juni 2019 entgegengetreten. Er sei eindeutig als Erbe eingesetzt. Die Auslegungsversuche des Grundbuchamtes seien nicht nachzuvollziehen. Ob und wie viele Vermächtnisse angeordnet seien, entziehe sich der Prüfung des Grundbuchamtes. Die Vermögenswerte gingen das Grundbuchamt nichts an.

Mit Zwischenverfügung vom 18. Juni 2019 hat das Grundbuchamt darauf hingewiesen, dass der beantragten Eintragung ein Hindernis entgegenstehe, nämlich aus den im Schreiben vom 5. Juni 2019 genannten Gründen der fehlende Nachweis der Erbfolge in Gestalt eines Erbscheines, zu dessen formgerechter Behebung gemäß § 18 GBO eine Frist von einem Monat gesetzt wurde. Erachte das Grundbuchamt die Erbfolge durch die vorgelegten Urkunden nicht für nachgewiesen, könne die Vorlage eines Erbscheins verlangt werden. Bei Vorliegen einer Verfügung von Todes wegen bestehe für das Grundbuchamt eine erweiterte Prüfungskompetenz.

Hiergegen hat der Beteiligte mit Faxschreiben vom 25. Juni 2019 ohne weitergehende Begründung zum Oberlandesgericht Beschwerde eingelegt. Die Rechtspflegerin des Grundbuchamtes hat der Beschwerde durch Beschluss vom 2. Juli 2019 nicht abgeholfen und das Verfahren dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat sie ergänzend ausgeführt, dass die Frage, ob die Erblasserin bei der Anordnung „die bewegliche Hinterlassenschaft einschließlich Geld“, die ihre drei Kinder zu gleichen Teilen erhalten sollten, über ihr Vermögen im Ganzen verfügt habe, von ihr nicht beurteilt werden könne.

II.

Die Beschwerde gegen die Zwischenverfügung vom 18. Juni 2019 ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet, da die Voraussetzungen für den Erlass einer Zwischenverfügung vorgelegen haben.

Nach § 18 Abs. 1 Satz 1 GBO hat das Grundbuchamt einen Antrag unter Angabe der Gründe zurückzuweisen oder dem Antragsteller eine angemessene Frist zur Behebung des Hindernisses zu bestimmen, wenn einer beantragten Eintragung ein Hindernis entgegensteht. Dabei soll eine Eintragung nach § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO nur vorgenommen werden, wenn die Eintragungsbewilligung oder die sonstigen zu der Eintragung erforderlichen Erklärungen durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden und auch die anderweitigen Voraussetzungen der Eintragung durch öffentliche Urkunden nachgewiesen sind. Zutreffend hat das Grundbuchamt darauf hingewiesen, dass die Unrichtigkeit des Grundbuchs durch die vorgelegten Unterlagen nicht nachgewiesen ist:

Das Grundbuchamt hat die Frage, ob als Voraussetzung für den Vollzug der gemäß § 82 GBO beantragten Grundbuchberichtigung der Nachweis der Erbfolge durch Vorlage eines Erbscheins zu führen ist, zutreffend auf der Grundlage der Vorschrift des § 35 Abs. 1 GBO beurteilt. Danach kann der Nachweis der Erbfolge dem Grundbuchamt gegenüber grundsätzlich nur durch einen Erbschein erfolgen. Beruht die Erbfolge jedoch auf einer Verfügung von Todes wegen, die – wie hier – in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist, so genügt es, wenn anstelle des Erbscheins die Verfügung und die Niederschrift über die Eröffnung der Verfügung vorgelegt werden. Erachtet das Grundbuchamt die Erbfolge durch diese Urkunden nicht für nachgewiesen, so kann es die Vorlage eines Erbscheins verlangen. Das Grundbuchamt ist danach zu einer eigenständigen Auslegung eines öffentlichen Testaments verpflichtet, selbst wenn diese Auslegung rechtlich schwierige Fragen aufwirft. Nur wenn sich bei der Prüfung der Verfügung von Todes wegen hinsichtlich des behaupteten Erbrechts Zweifel tatsächlicher Art ergeben, die nur durch weitere Ermittlungen über den Willen des Erblassers oder über die tatsächlichen Verhältnisse geklärt werden können, darf und muss die Vorlage eines Erbscheins verlangt werden, weil zu solchen Ermittlungen das Grundbuchamt nicht befugt ist (z. B. OLG Hamm, Beschluss vom 21. September 2000, 15 W 272/00, BayObLG, Beschluss vom 9. Februar 2000, 2Z BR 139/99; OLG Köln, Beschluss vom 5. November 1999, 2 Wx 41/99; sämtlich zitiert nach Juris). In Anwendung dieser Grundsätze hat das Grundbuchamt zu Recht die Vorlage eines Erbscheins für erforderlich gehalten:

Zwar ordnet das Testament im Ausgangspunkt unter Ziffer 2 für sich genommen eine eindeutige Einsetzung des Beteiligten als Alleinerben an. Allerdings kann die Auslegung eines Testaments nach § 2087 BGB ergeben, dass die Zuwendung eines Bruchteils des Vermögens auch dann als Erbeinsetzung anzusehen ist, wenn der Bedachte nicht als Erbe bezeichnet ist. Im vorliegenden Fall kommt es wegen der Anordnung unter Ziffer 3, dass die bewegliche Hinterlassenschaft einschließlich Geld unter den drei Kindern aufgeteilt werden soll, immerhin in Betracht, dass neben dem Beteiligten auch die weiteren Kinder der Erblasserin, M. F. und R. M. als Erben eingesetzt werden sollten. Dabei ist das Wertverhältnis der zugewandten Einzelgegenstände zum Wert des Nachlasses ein wesentliches Kriterium für die Frage, ob eine Erbeinsetzung oder lediglich ein Vermächtnis gewollt ist (z. B. OLG Köln, Beschluss vom 24. Januar 1992, 2 Wx 38/91, zitiert nach Juris). Soweit zu dem Nachlass bewegliches Vermögen, insbesondere Geld und Kapitalanlagen, in einem gegenüber dem Wert des Immobilienvermögens gewichtigen Umfang gehört, käme daher eine Auslegung des Testaments in Betracht, dass alle drei Kinder als Erben eingesetzt werden sollten. Die für die Auslegung maßgeblichen Feststellungen kann das Grundbuchamt selbst allerdings nicht treffen. Weder aus der Grundakte noch aus der beigezogenen Nachlassakte des Amtsgerichts Aschersleben, 5 IV 112/07, ergeben sich Anhaltspunkte für den Wert der einzelnen Nachlassgegenstände. Weitergehende Ermittlungen sind dem Grundbuchamt verwehrt. Von dem Beteiligten ist keine Aufklärung zu erwarten. Dieser hat sich gegenüber dem Grundbuchamt ausdrücklich einer Auskunft über die zum Nachlass gehörenden Vermögensgegenstände verweigert. Anders liegen die Dinge im Verfahren zur Erteilung eines Erbscheins. Hier hat das Nachlassgericht gemäß § 26 FamFG alle zur Aufklärung des Sachverhalts erforderlichen Ermittlungen durchzuführen, wobei der Antragsteller an den weiteren Ermittlungen des Nachlassgerichts durch vollständige und wahrheitsgemäße Angaben gemäß § 27 FamFG mitzuwirken hat (z. B. Harders, in: Bumiller/Harders/Schwamb, FamFG, 12. Auflage, Rdn. 12, 13 zu § 352e FamFG).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 80, 84 FamFG. Die Festsetzung des Gegenstandswertes für das Beschwerdeverfahren folgt aus §§ 79 Abs. 1, 61 Abs. 1, 36 Abs. 1 GNotKG.

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