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Sanierungsrechtliche Genehmigung der Gemeinde im Fall der Grundpfandrechtsabtretung

OLG Sachsen-Anhalt: Grundpfandrechtsabtretung ohne Sanierungsgenehmigung möglich

In einem Beschluss vom 22.06.2015 hat das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt entschieden, dass die sanierungsrechtliche Genehmigung der Gemeinde im Fall der Grundpfandrechtsabtretung nicht erforderlich ist, wenn die Belastung bereits vor der Festlegung des Sanierungsgebiets eingetragen wurde. Die Entscheidung hob eine Zwischenverfügung des Amtsgerichts – Grundbuchamt – Bernburg auf, welche eine solche Genehmigung für die Eintragung der Abtretung einer Grundschuld verlangt hatte.

Diese Klarstellung erleichtert Transaktionen im Bereich des Grundbuchrechts, insbesondere in Sanierungsgebieten, und unterstreicht die Unterscheidung zwischen der Bestellung neuer Belastungen und der Abtretung bereits bestehender Grundschulden.

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✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt entschied zugunsten der Beschwerdeführerin, dass für die Abtretung einer bereits bestehenden Grundschuld keine sanierungsrechtliche Genehmigung erforderlich ist.
  • Der Beschluss hebt eine vorherige Zwischenverfügung des Amtsgerichts Bernburg auf, welche eine solche Genehmigung verlangte.
  • Im Kern geht es um ein Grundstück in einem Sanierungsgebiet, bei dem eine bereits vor der Sanierungsvermerkeintragung bestehende Grundschuld abgetreten werden sollte.
  • Das Gericht stellte klar, dass keine Genehmigung für die Abtretung benötigt wird, da diese keine Verfügung über das Grundstück oder eine wesentliche Veränderung darstellt.
  • Die Entscheidung betont den Unterschied zwischen der Bestellung neuer Belastungen und der Abtretung bereits bestehender Grundschulden im sanierungsrechtlichen Kontext.
  • Rechtliche Grundlage ist § 144 BauGB, wobei das Gericht präzisiert, dass dessen Anforderungen hier nicht greifen.
  • Diese Entscheidung trägt zur Vereinfachung von Transaktionen im Grundbuchrecht bei, insbesondere in Fällen, in denen Sanierungsvermerke beteiligt sind.
  • Die Festlegung des Geschäftswertes für das Beschwerdeverfahren wurde auf Basis des Betrags der betreffenden Grundschuld vorgenommen.

Grundbuchrecht und Sanierungsgebiete

Eine wichtige Frage im Grundbuchrecht ist, welche Verfügungen über Immobilien in Sanierungsgebieten genehmigungspflichtig sind. Denn Sanierungsgebiete unterliegen besonderen rechtlichen Bestimmungen, die eine Erschwerung oder Behinderung der geplanten Sanierung verhindern sollen.

Daher sind viele Rechtsgeschäfte über sanierungsgebietsbezogene Grundstücke an eine Genehmigung der Gemeinde gebunden. Dies betrifft etwa die Neubestellung dinglicher Rechte wie Grundpfandrechte. Doch wie ist es bei der Abtretung bereits bestehender Rechte wie Grundschulden zu bewerten? Hier hat die Rechtsprechung wichtige Abgrenzungen vorgenommen.

Die Rolle der sanierungsrechtlichen Genehmigung bei Grundpfandrechtsabtretungen

Im Mittelpunkt des Verfahrens vor dem Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt stand die Frage, ob für die Abtretung einer im Grundbuch eingetragenen Grundschuld eine sanierungsrechtliche Genehmigung erforderlich ist, wenn das belastete Grundstück innerhalb eines Sanierungsgebiets liegt. Konkret ging es um ein Grundstück in Bernburg, für das eine Grundschuld in Höhe von 178.952,16 Euro zugunsten der Beteiligten zu 1) eingetragen war. Diese wollte die Grundschuld an die Beteiligte zu 2) abtreten. Das Grundbuchamt forderte dafür jedoch eine sanierungsrechtliche Genehmigung, da sich das Grundstück in einem Sanierungsgebiet befand.

Der Weg durch die Instanzen

Die Forderung des Grundbuchamts nach Vorlage einer sanierungsrechtlichen Genehmigung basierte auf der Annahme, dass jede Transaktion bezüglich des Grundstücks im Sanierungsgebiet einer solchen Genehmigung bedarf. Die Beteiligte zu 1) legte daraufhin Beschwerde ein, argumentierend, dass die Grundschuld bereits lange vor der Ausweisung des Sanierungsgebiets eingetragen wurde und somit die Abtretung keinen neuen rechtlichen Akt darstelle, der einer Genehmigung bedürfe. Diese Argumentation führte zur Vorlage des Falls beim Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt.

Klärung der rechtlichen Fragen

Das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt stellte fest, dass die Anforderung einer sanierungsrechtlichen Genehmigung in diesem Kontext nicht gerechtfertigt sei. Entscheidend für diese Beurteilung war die Unterscheidung zwischen der Bestellung neuer Belastungen und der Abtretung bereits bestehender Grundschulden. Das Gericht betonte, dass die ursprüngliche Eintragung der Grundschuld vor der Festlegung des Sanierungsgebiets erfolgte und daher die Abtretung der Grundschuld nicht den Regelungen des § 144 BauGB unterliegt, welche eine sanierungsrechtliche Genehmigung erfordern würden.

Relevanz für die Praxis

Dieses Urteil hat wichtige Implikationen für die Praxis, da es Klarheit schafft bezüglich der Anforderungen an sanierungsrechtliche Genehmigungen bei Grundpfandrechtsabtretungen innerhalb von Sanierungsgebieten. Es unterstreicht, dass nicht automatisch jede Änderung im Grundbuch in einem Sanierungsgebiet der Genehmigung bedarf, insbesondere wenn es um Rechte geht, die bereits vor der Festlegung des Gebiets begründet wurden.

Das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt hebt hervor, dass die Intention des Gesetzgebers, den sanierungsrechtlichen Genehmigungsvorbehalt einzuführen, darin liegt, die städtebauliche Entwicklung und Sanierung nicht unnötig zu behindern oder zu erschweren. Die Abtretung einer Grundschuld, die bereits vor der Sanierungssatzung bestellt wurde, fällt somit nicht unter diese Regelung, da sie die Ziele der Sanierung nicht gefährdet.

In seinem Beschluss vom 22. Juni 2015 stärkt das Gericht somit die Rechtssicherheit für Eigentümer und Gläubiger in Sanierungsgebieten und trägt zu einer Vereinfachung von Transaktionen bei, die das Grundbuch betreffen.

Der Beschluss des Oberlandesgerichts Sachsen-Anhalt markiert einen wichtigen Punkt für die Handhabung von Grundschulden und deren Abtretungen in Sanierungsgebieten und bietet eine deutliche Orientierungshilfe für die Beteiligten im Grundbuchverkehr.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Was ist eine sanierungsrechtliche Genehmigung?

Eine sanierungsrechtliche Genehmigung ist eine behördliche Erlaubnis, die für bestimmte Vorhaben und Rechtsgeschäfte in einem förmlich festgelegten städtebaulichen Sanierungsgebiet erforderlich ist. Sie ist in den §§ 144 und 145 des Baugesetzbuches (BauGB) geregelt. Folgende Maßnahmen unterliegen in Sanierungsgebieten der Genehmigungspflicht und erfordern einen Antrag bei der zuständigen Gemeinde:
  • Verkauf, Teilung oder Bestellung eines Erbbaurechts an Grundstücken
  • Aufnahme von Hypotheken und Grundschulden
  • Abschluss von Miet- und Pachtverträgen mit einer Laufzeit von über einem Jahr
  • Errichtung, Änderung, Nutzungsänderung und Abbruch von Gebäuden
  • Wertsteigernde Modernisierungen und Instandsetzungen an Gebäuden
  • Anbringung von Werbeanlagen
  • Grundstücksteilungen und -vereinigungen
  • Eintragung von Baulasten

Die sanierungsrechtliche Genehmigung wird erteilt, wenn das Vorhaben die Sanierungsziele nicht wesentlich erschwert oder unmöglich macht. Sie kann mit Auflagen und Bedingungen versehen werden. Ohne Genehmigung sind entsprechende Rechtsgeschäfte nichtig und Baumaßnahmen rechtswidrig. Das Genehmigungsverfahren läuft wie folgt ab:

  1. Schriftlicher Antrag bei der Gemeinde mit allen erforderlichen Unterlagen
  2. Prüfung durch die Gemeinde innerhalb eines Monats (ggf. Fristverlängerung möglich)
  3. Erteilung eines kostenlosen Genehmigungsbescheids oder Versagung der Genehmigung
  4. Durchführung des Vorhabens erst nach Genehmigungserteilung

Die sanierungsrechtliche Genehmigung ersetzt nicht andere erforderliche Erlaubnisse wie z.B. eine Baugenehmigung. Sie ist aber Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Steuervergünstigungen und Fördermitteln in Sanierungsgebieten.

In welchen Fällen ist eine sanierungsrechtliche Genehmigung erforderlich?

In einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet sind laut §§ 144 und 145 des Baugesetzbuches (BauGB) bestimmte Vorhaben und Rechtsgeschäfte genehmigungspflichtig. Eine sanierungsrechtliche Genehmigung muss bei der zuständigen Gemeinde beantragt werden für:

  • Die Errichtung, Änderung, Nutzungsänderung oder den Abbruch von baulichen Anlagen, z.B. Neubauten, Umbauten, Dachausbauten, Aufzugseinbauten
  • Erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und Gebäuden, z.B. energetische Sanierungen, Einbau eines Bades oder einer Heizung
  • Miet-, Pacht- und ähnliche Nutzungsverträge mit einer Laufzeit von über einem Jahr
  • Grundstücksteilungen und -vereinigungen
  • Kauf, Verkauf und Belastung von Grundstücken, z.B. Bestellung von Erbbaurechten oder Grundschulden
  • Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen, die den Wert erheblich steigern

Ausgenommen von der Genehmigungspflicht sind u.a. Vorhaben, an denen die Gemeinde selbst als Vertragspartner beteiligt ist, bestimmte Rechtsvorgänge im Zuge einer Erbfolge sowie bereits genehmigte oder begonnene Bauvorhaben. Die sanierungsrechtliche Genehmigung muss vor Beginn der Maßnahme bei der Gemeinde beantragt werden. Sie ist Voraussetzung für die Erteilung einer Baugenehmigung und für die Inanspruchnahme von Steuervergünstigungen und Fördermitteln im Sanierungsgebiet. Ohne Genehmigung sind entsprechende Rechtsgeschäfte nichtig und Baumaßnahmen rechtswidrig.

Wie wirkt sich ein Sanierungsvermerk auf Grundstückstransaktionen aus?

Ein Sanierungsvermerk im Grundbuch hat folgende Auswirkungen auf Grundstückstransaktionen in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet:

  1. Genehmigungspflicht: Bestimmte Rechtsgeschäfte wie Verkauf, Teilung oder Belastung von Grundstücken bedürfen der vorherigen schriftlichen Genehmigung durch die Gemeinde. Ohne Genehmigung sind sie schwebend unwirksam.
  2. Vorkaufsrecht: Die Gemeinde hat bei Grundstücksverkäufen ein Vorkaufsrecht und kann anstelle des Käufers in den Kaufvertrag eintreten. Der Notar muss ihr daher Gelegenheit zur Ausübung geben.
  3. Ausgleichsbetrag: Nach Abschluss der Sanierung muss der Eigentümer einen Ausgleichsbetrag an die Gemeinde zahlen, der der sanierungsbedingten Bodenwerterhöhung entspricht.
  4. Löschung: Der Sanierungsvermerk wird nach Ende der Sanierung nicht automatisch gelöscht, sondern der Eigentümer muss die Löschung bei der Gemeinde beantragen.
  5. Kaufinteresse: Viele Kaufinteressenten empfinden einen Sanierungsvermerk als Makel. Verkäufer sollten ihn daher vor dem Verkauf löschen lassen.

Allerdings hat ein Sanierungsvermerk für Eigentümer auch Vorteile: Sie können öffentliche Fördermittel und Steuervergünstigungen für Sanierungsmaßnahmen in Anspruch nehmen.

Der Sanierungsvermerk selbst hat keine unmittelbare Rechtswirkung, sondern dient nur der Information und Sicherung. Die genannten Beschränkungen ergeben sich aus der Festlegung des Sanierungsgebiets.

Was unterscheidet die Abtretung einer Grundschuld von anderen Grundstückstransaktionen?

Die Abtretung einer Grundschuld unterscheidet sich in folgenden Punkten von anderen Grundstückstransaktionen wie z.B. einem Verkauf:

  1. Kein Eigentümerwechsel: Bei der Abtretung einer Grundschuld wechselt nur der Gläubiger (Grundschuldinhaber), nicht aber der Eigentümer des belasteten Grundstücks. Der Schuldner bleibt Eigentümer.
  2. Keine Auflassung erforderlich: Für die Übertragung einer Grundschuld ist keine Auflassung (Einigung über den Eigentumsübergang) vor einem Notar nötig, sondern lediglich eine schriftliche Abtretungserklärung.
  3. Keine Grunderwerbsteuer: Da kein Eigentum übertragen wird, fällt bei der Grundschuldabtretung keine Grunderwerbsteuer an, anders als bei einem Grundstückskauf.
  4. Kein Vorkaufsrecht: Gemeinden haben bei der Abtretung einer Grundschuld kein Vorkaufsrecht, da es sich nicht um einen Eigentumswechsel handelt.
  5. Keine Genehmigungspflicht: In Sanierungsgebieten und Erhaltungssatzungsgebieten bedarf die Grundschuldabtretung keiner sanierungsrechtlichen Genehmigung durch die Gemeinde, im Gegensatz zu Grundstücksverkäufen.
  6. Keine Eintragung im Bestandsverzeichnis: Die Abtretung wird nur in Abteilung III des Grundbuchs eingetragen, nicht im Bestandsverzeichnis (Abteilung I). Der Eigentümer bleibt dort unverändert.

Insgesamt ist die Abtretung einer Grundschuld also ein rein schuldrechtlicher Vorgang zwischen Zedent (bisherigem Gläubiger) und Zessionar (neuem Gläubiger), der weniger formelle Anforderungen und Beschränkungen unterliegt als Eigentumsübertragungen an Grundstücken.

Welche Rolle spielt das Grundbuchamt bei der Eintragung von Grundschuldabtretungen?

Das Grundbuchamt spielt eine wichtige Rolle bei der Eintragung von Grundschuldabtretungen:

  1. Eintragung der Abtretung: Das Grundbuchamt trägt die Abtretung der Grundschuld vom bisherigen Gläubiger (Zedent) an den neuen Gläubiger (Zessionar) in Abteilung III des Grundbuchs ein. Damit wird der Gläubigerwechsel öffentlich dokumentiert.
  2. Prüfung der Abtretungserklärung: Vor der Eintragung prüft das Grundbuchamt die vom Notar eingereichte Abtretungserklärung auf Vollständigkeit und Richtigkeit. Sie muss die Unterschrift des Zedenten mit notarieller Beglaubigung enthalten.
  3. Benachrichtigung der Beteiligten: Nach erfolgter Eintragung informiert das Grundbuchamt den neuen und alten Gläubiger sowie den Eigentümer (Schuldner) über die Abtretung.
  4. Gebührenerhebung: Für die Eintragung der Grundschuldabtretung erhebt das Grundbuchamt eine Gebühr, die sich nach dem Wert der Grundschuld richtet. Bei 180.000 Euro sind es z.B. 204 Euro.
  5. Löschung nicht abgetretener Teile: Wird die Grundschuld nur teilweise abgetreten, löscht das Grundbuchamt den nicht mehr benötigten Teil. Dafür fällt eine geringe zusätzliche Gebühr an.
  6. Bearbeitungsdauer: Die Dauer der Eintragung hängt vom jeweiligen Grundbuchamt ab. Manche arbeiten schneller als andere.

Das Grundbuchamt fungiert also als neutrale Registrierungsstelle, die Grundschuldabtretungen rechtssicher dokumentiert und damit nach außen hin publik macht. Ohne Eintragung im Grundbuch ist die Abtretung Dritten gegenüber unwirksam.

Wie beeinflusst die zeitliche Reihenfolge von Sanierungsvermerk und Grundschuldeintragung die Genehmigungspflicht?

Die zeitliche Reihenfolge von Sanierungsvermerk und Grundschuldeintragung hat keinen Einfluss auf die Genehmigungspflicht für Grundschuldbestellungen in einem Sanierungsgebiet. Entscheidend ist allein der Zeitpunkt der förmlichen Festlegung des Sanierungsgebiets durch Bekanntmachung der Sanierungssatzung:

  • Grundschuldbestellungen, die nach Inkrafttreten der Sanierungssatzung erfolgen, sind genehmigungspflichtig – unabhängig davon, ob bereits ein Sanierungsvermerk im Grundbuch eingetragen ist oder nicht.
  • Grundschuldbestellungen vor Wirksamwerden der Sanierungssatzung unterliegen nicht der sanierungsrechtlichen Genehmigungspflicht, selbst wenn später ein Sanierungsvermerk im Grundbuch eingetragen wird.

Der Sanierungsvermerk selbst löst also keine Genehmigungspflicht aus, sondern dient nur der Information und Sicherung. Er hat rein deklaratorischen, nicht konstitutiven Charakter. Für den Eintritt der Genehmigungspflicht nach § 144 Abs. 2 BauGB kommt es nicht auf die Eintragung des Sanierungsvermerks im Grundbuch an, sondern allein auf die öffentliche Bekanntmachung der Sanierungssatzung.

Zusammengefasst: Die Genehmigungspflicht für Grundschuldbestellungen hängt vom Zeitpunkt des Inkrafttretens der Sanierungssatzung ab, nicht vom Zeitpunkt der Eintragung des Sanierungsvermerks. Dieser hat nur hinweisende Funktion.

§ Wichtige Gesetze und Paragraphen in diesem Urteil

  • § 144 BauGB (Baugesetzbuch): Erläutert die Notwendigkeit einer sanierungsrechtlichen Genehmigung bei bestimmten Vorhaben im Bereich der städtebaulichen Sanierung. Im vorliegenden Fall relevant, da die Abtretung einer Grundschuld innerhalb eines Sanierungsgebiets thematisiert wird, wobei normalerweise solche Genehmigungen für die Bestellung neuer Rechte erforderlich sind.
  • § 18 Abs. 1 Satz 1 GBO (Grundbuchordnung): Regelt das Verfahren, wenn der beantragten Eintragung ein Hindernis entgegensteht, inklusive der Möglichkeit für das Grundbuchamt, eine Frist zur Behebung des Hindernisses zu setzen. Dies ist im Kontext wichtig, da die Zwischenverfügung des Grundbuchamts aufgehoben wurde, weil die geforderte Genehmigung nicht notwendig war.
  • § 19 GBO (Grundbuchordnung): Betrifft die Nachweisführung erforderlicher Eintragungsbewilligungen durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden für Grundbucheinträge. Im Fall relevant, da es um die Eintragung der Abtretung einer Grundschuld geht und die Prüfung, ob alle Voraussetzungen erfüllt sind.
  • § 71 Abs. 1 GBO (Grundbuchordnung): Erläutert die Zulässigkeit von Beschwerden gegen Entscheidungen des Grundbuchamts. Dieser Paragraph unterstreicht die Rechtsmittel, die der beschwerdeführenden Partei zur Verfügung stehen, und war ausschlaggebend für die erfolgreiche Aufhebung der Zwischenverfügung.
  • Sanierungsvermerk: Kein spezifischer Paragraph, aber ein wichtiges Instrument im Städtebaurecht, welches die Eintragung im Grundbuch betrifft und anzeigt, dass ein Grundstück in einem Sanierungsgebiet liegt. Die zeitliche Reihenfolge von Sanierungsvermerk und Grundschuldeintragung spielte eine entscheidende Rolle für die Frage der Genehmigungspflichtigkeit.
  • Rechtsbereich der städtebaulichen Sanierung: Umfasst Regelungen und Maßnahmen zur Erneuerung und Verbesserung städtebaulicher Strukturen, insbesondere in förmlich festgelegten Sanierungsgebieten. Dieser Bereich ist grundlegend für das Verständnis des Falls, da er die Basis für die geforderte sanierungsrechtliche Genehmigung bildet.


Das vorliegende Urteil

Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt – Az.: 12 Wx 8/15 – Beschluss vom 22.06.2015

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts – Grundbuchamt – Bernburg vom 16. Februar 2015 aufgehoben.

Das Grundbuchamt wird angewiesen, den Vollzug des Antrages auf Eintragung der Abtretung der im Grundbuch von Bernburg Blatt … zu Gunsten der Beteiligten zu 1) eingetragenen Grundschuld, Abt. III Nr. 1 über 178.952,16 €, nicht aus den Gründen der Zwischenverfügung vom 16. Februar 2015 zu verweigern.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 178.952,16 €.

Gründe

I.

Der Beteiligte zu 3) ist Eigentümer des im Grundbuch von Bernburg Blatt … verzeichneten Grundstücks Flur … Flurstück … der Gemarkung Bernburg (T. Straße 1). Am 27. November 1996 wurde unter lfd. Nr. 4 in Abteilung II ein Sanierungsvermerk eingetragen. Zugunsten der Beteiligten zu 1) ist seit dem 10. Mai 1994 in Abteilung III des Grundbuchs unter lfd. Nr. 1 eine Grundschuld über den Betrag von 178.952,16 € nebst Zinsen eingetragen. Die Beteiligte zu 1) hat unter dem 11. Februar 2015 die Abtretung dieser Grundschuld nebst Zinsen an die Beteiligte zu 2) erklärt.

Der Notar H. aus B. hat mit Schriftsatz vom 13. Februar 2015 unter Vorlage der Abtretungserklärung vom 11. Februar 2015 für die alte und die neue Gläubigerin bei dem Grundbuchamt beantragt, die Eintragung der Abtretung auf die Beteiligte zu 2) vorzunehmen.

Hierauf hat die Rechtspflegerin des Grundbuchamts dem Notar mit Zwischenverfügung vom 16. Februar 2015 unter Fristsetzung von einem Monat aufgegeben, eine sanierungsrechtliche Genehmigung der Stadt Bernburg vorzulegen, da das belastete Grundstück in einem Sanierungsgebiet der Stadt Bernburg liege. Daher bedürfe die Abtretung der Grundschuld der sanierungsrechtlichen Genehmigung nach § 144 BauGB.

Die Beteiligte zu 1) hat hierauf mit Schreiben vom 23. Februar 2015 entgegnet, dass die Grundschuld bereits am 28. Oktober 1991 eingetragen worden sei, der Sanierungsvermerk jedoch erst am 27. November 1996. Zwar bedürften Verfügungen über das Grundstück oder wesentliche Veränderungen desselben der schriftlichen Genehmigung durch die Gemeinde. Die Abtretung der bereits bestehenden Belastung stelle aber keine Verfügung über das Grundstück oder eine Veränderung desselben dar. Hintergrund der Abtretung sei ein Forderungsverkauf. Es sei kein neues schuldrechtliches Vertragsverhältnis geschlossen worden.

Das Grundbuchamt hat das Schreiben vom 23. Februar 2015 als Beschwerde bewertet, dieser nicht abgeholfen und das Verfahren dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Die Rechtspflegerin ist der Ansicht, dass im vorliegenden Fall bei einer Grundpfandrechtsabtretung grundsätzlich von einem Genehmigungserfordernis auszugehen sei, sofern nicht bereits bei der Bestellung des Grundpfandrechts eine Genehmigung erteilt wurde.

II.

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) ist nach § 71 Abs. 1 GBO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist in der Sache auch begründet und führt zur Aufhebung der Zwischenverfügung vom 16. Februar 2015.

Die Voraussetzungen für den Erlass einer Zwischenverfügung haben nicht vorgelegen. Nach § 18 Abs. 1 Satz 1 GBO hat das Grundbuchamt einen Antrag unter Angabe der Gründe zurückzuweisen oder dem Antragsteller eine angemessene Frist zur Behebung des Hindernisses zu bestimmen, wenn der beantragten Eintragung ein Hindernis entgegensteht. Denn eine solche soll nach § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO nur vorgenommen werden, wenn die nach § 19 GBO erforderliche Eintragungsbewilligung oder die sonstigen zu der Eintragung erforderlichen Erklärungen durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden und auch die anderweitigen Voraussetzungen der Eintragung durch öffentliche Urkunden nachgewiesen sind.

Im vorliegenden Fall war die sanierungsrechtliche Genehmigung der Stadt Bernburg aber nicht nach § 144 BauGB nachzuweisen. Denn anders als in einem Umlegungsgebiet – dort ist nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 BauGB auch die Verfügung über ein Recht an einem Grundstück der Genehmigung der Umlegungsstelle unterworfen – ist in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet nach § 144 Abs. 2 Nr. 2 BauGB nur für die Bestellung eines das Grundstück belastenden Rechts eine schriftliche Genehmigung der Gemeinde erforderlich (z. B. Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Rdn. 34 zu § 144 BauGB; Fislake, in: Schlichter/Stich/Driehaus/Paetow, BauGB, Rdn. 20 zu § 144 BauGB; Gutachten DNotI-Report 1996, 191; Graupeter, WM 2011, 535; Mayer, in: Bauer/von Oefele, Abschnitt AT IV Rdn. 72 und 73, weist nur im Zusammenhang mit einem Umlegungsgebiet auf das Genehmigungserfordernis bei der Abtretung von Grundpfandrechten hin). Soweit in der Kommentierung von Schöner/Stöber (Grundbuchrecht, Rdn. 3886) ohne weitergehende Begründung angemerkt wird, dass die Abtretung einer genehmigten Grundschuld keiner Genehmigung bedürfe, ist daraus nicht zu folgern, dass die Abtretung einer nicht genehmigten Grundschuld einer Genehmigung bedarf. Denn dieser Hinweis bezieht sich auf das bereits erwähnte Gutachten (DNotI-Report 1996, 191) bzw. auf den Aufsatz von Graupeter, die aber beide gerade kein Genehmigungserfordernis für die Abtretung einer Grundschuld postulieren. Der Senat sieht es auch nicht als nicht sachgerecht an, die Abtretung einer bereits vor der Festlegung des Sanierungsgebietes bestellten Grundschuld dem Genehmigungserfordernis zu unterwerfen. Denn ist das dingliche Rechtsgeschäft vor Inkrafttreten der Sanierungssatzung vorgenommen worden, besteht keine Genehmigungspflicht (Graupeter, a.a.O.). Dabei muss es auch bei Abtretung einer unter solchen Umständen bestellten Grundschuld bleiben. Eine Genehmigung der Abtretung ist nicht erforderlich. Zwar sollen Rechtshandlungen, die die Sanierung oder Entwicklung zumindest erschweren, verhindert werden können nach dem Willen des Gesetzgebers und nach dem Sinn und Zweck des Genehmigungsvorbehalts für das Grundstück belastende Rechte (Graupeter, a.a.O.). Die Abtretung eines Grundpfandrechts ist aber keine inhaltliche Änderung des Rechts (Staudinger/Wolfsteiner, Rdn. 134 Einl. zu §§ 1113 BGB). Durch die Abtretung selbst ändert sich nur der Berechtigte aus der Grundschuld (Graupeter, a.a.O.).

Ob der schuldrechtliche Vertrag der Beteiligten zu 1) und zu 2), der der Abtretung zugrunde liegt, eine Auswechselung der Sicherungsabrede bewirkt hat, die gegebenenfalls der Genehmigung nach § 144 BauGB unterliegt (z. B. Graupeter, a.a.O.), muss hier nicht ermittelt und entschieden werden.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil die Beteiligte zu 1) mit ihrer Beschwerde obsiegt hat und Gebühren und Auslagen insoweit nicht erhoben werden (§ 25 Abs. 1 GNotKG). Die Festsetzung des Geschäftswertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 79 Abs. 1, 61 Abs. 1, Abs. 2, 53 Abs. 1 GNotKG.

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