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Notarvollmacht für Auflassung – Auslegung

Vollmacht im Grundbuchverfahren: Notarvollmacht und Grundbuchamt

Das Kammergericht Berlin hatte sich in einem Beschluss vom 17. Dezember 2019 (Az.: 1 W 313/19) mit einer komplexen Fragestellung rund um die Notarvollmacht für die Auflassung eines Grundstücks zu befassen. Im Kern ging es um die Auslegung einer Vollmacht im Kontext des Grundbuchrechts. Das Hauptproblem lag in der Frage, ob die Vollmacht, die für die Übertragung eines Grundstücks erteilt wurde, auch für die Übertragung nur eines Teils dieses Grundstücks gilt.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 1 W 313/19 >>>

Die Rolle des Grundbuchamts

Das Grundbuchamt hatte ursprünglich die Anträge des Notars vom 7. Januar 2014 zurückgewiesen. Die Beschwerde gegen diese Entscheidung hatte nur teilweise Erfolg. Das Grundbuchamt hatte die Genehmigungen für die Auflassung des im Bestandsverzeichnis verzeichneten Flurstücks 304 als erforderlich angesehen. Es stellte sich jedoch heraus, dass die Vollmacht, die für die Übertragung des gesamten Grundstücks erteilt wurde, nicht ausreichend war, um auch nur einen Teil des Grundstücks zu übertragen.

Vollmacht und ihre Auslegung

Die Auslegung der Vollmacht war besonders kompliziert. Nach den für Grundbucherklärungen geltenden Grundsätzen muss die Auslegung einer Vollmacht zu einem eindeutigen und zweifelsfreien Ergebnis führen. Das Gericht stellte fest, dass die Vollmacht in diesem Fall nicht ausreichend klar war, um die Übertragung nur eines Teils des Grundstücks zu decken. Es wurde argumentiert, dass die Vollmacht nicht in der erforderlichen Form nachgewiesen wurde, um die Auflassung für und gegen die Beteiligten wirksam zu machen.

Vorkaufsrecht und weitere Komplikationen

Ein weiterer Aspekt des Falles betraf das Vorkaufsrecht. Es wurde argumentiert, dass die Beteiligten bei Abschluss des Kaufvertrags nicht darüber informiert wurden, dass die Möglichkeit eines auf einen Teil des Kaufgegenstands beschränkten Vorkaufsrechts besteht. Das Gericht stellte fest, dass keine greifbaren Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass die Beteiligten die Möglichkeit eines solchen Vorkaufsrechts in Betracht gezogen hätten.

Zwischenverfügung als richtige Entscheidung

Das Gericht kam zu dem Schluss, dass das Grundbuchamt die Anträge nicht sofort zurückweisen musste. Stattdessen war der Erlass einer Zwischenverfügung geboten. Diese hätte die Möglichkeit für die Beteiligten eröffnet, die in der Eigenurkunde durch den Notar im Namen der Beteiligten erklärte Auflassung nachträglich zu genehmigen. Diese Genehmigungen hätten Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Erklärung der Auflassung gehabt.

KG Berlin – Az.: 1 W 313/19 – Beschluss vom 17.12.2019

Die Zwischenverfügung wird aufgehoben, soweit das Grundbuchamt eine Erklärung über den Bestand der zu § 14 Abs. 2 der UR-Nr. 1… /2… erteilten Vollmacht erfordert hat. Darüber hinaus wird die Beschwerde nach einem Wert von 5.000,00 EUR zurückgewiesen.


Das vorliegende Urteil

Gründe

1. Die Beschwerde ist zulässig, § 71 Abs. 1 GBO. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist allein die Zwischenverfügung des Grundbuchamts vom 4. September 2019, nicht hingegen dessen Beschluss vom 20. Februar 2014. Wird gegen eine Entscheidung des Grundbuchamts Beschwerde erhoben, hat das Grundbuchamt zu entscheiden, ob die angefochtene Entscheidung aufrechtzuerhalten ist (Demharter, GBO, 31. Aufl., § 75, Rdn. 6). Erachtet das Grundbuchamt die Beschwerde für begründet, so hat es ihr abzuhelfen, § 75 GBO. Die Abhilfe kann in Form des Vollzugs des zunächst zurückgewiesenen Antrags oder dadurch erfolgen, dass das Grundbuchamt an Stelle des angefochtenen Beschlusses eine Zwischenverfügung erlässt (Schmidt-Räntsch, in: Meikel, GBO, 11. Aufl., § 75, Rdn. 10). In beiden Fällen ist das ursprüngliche Beschwerdeverfahren beendet. Hat das Grundbuchamt der Beschwerde abgeholfen, indem es die Zurückweisung des Antrags durch eine Zwischenverfügung ersetzt hat, so kann diese Zwischenverfügung wiederum angefochten werden. So ist es hier.

Das Grundbuchamt hat die von dem Notar gestellten Anträge vom 7. Januar 2014 mit Beschluss vom 20. Februar 2014 zurückgewiesen. Auf die hiergegen erhobene Beschwerde des Notars vom 4. Juli 2019 hat das Grundbuchamt die Zwischenverfügung vom 4. September 2019 erlassen und damit der ursprünglichen Beschwerde abgeholfen. Gegen die Zwischenverfügung vom 4. September 2019 richtet sich die Beschwerde vom 7. November 2019. Gegenstand dieser Beschwerde ist lediglich das in der Zwischenverfügung aufgezeigte Hindernis, nicht hingegen die Anträge vom 7. Januar 2014 in der Fassung vom 4. Juli 2019 (Demharter, a.a.O., § 77, Rdn. 12 und 15).

2. Die Beschwerde hat in der Sache nur zum Teil Erfolg.

a) Das Grundbuchamt hat zu Recht die Genehmigungen (der Beteiligten) zu der von dem Urkundsnotar zu seiner Eigenurkunde vom 4. Juli 2019 erklärten Auflassung des im Bestandsverzeichnis des im Beschlusseingang bezeichneten Grundbuchs – auch – verzeichneten Flurstücks 304 erfordert, § 18 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GBO. Einer von dem Notar gesiegelten Erklärung über den Bestand der ihm unter § 14 Abs. 2 der UR-Nr. 1… /2… erteilten Vollmacht bedarf es hingegen nicht.

b) Im Falle der Auflassung eines Grundstücks darf die Eintragung nur erfolgen, wenn die erforderliche Einigung des Berechtigten und des anderen Teils wirksam erklärt und dem Grundbuchamt gegenüber in der Form des § 29 GBO nachgewiesen ist, § 20 GBO. Die Einigung muss von den Vertragsparteien nicht persönlich abgegeben werden. Sie kann auch von Vertretern erklärt werden. In diesem Fall ist dem Grundbuchamt die Vertretungsmacht des Vertreters in der Form des § 29 GBO nachzuweisen (Senat, Beschluss vom 3. November 2011 – 1 W 495/10 – FGPrax 2010, 7; BayObLG, DNotZ 1989, 373). Dieser Nachweis ist vorliegend nicht erbracht.

aa) Allerdings liegt die von dem Grundbuchamt in der angefochtenen Zwischenverfügung – auch – erforderte Vollmacht jetzt in ausreichender Form vor. Der Notar hat eine Ausfertigung seiner UR-Nr. 1… /2… zur Akte gereicht. Diese vertritt die Urschrift im Rechtsverkehr, § 47 BeurkG, und bezeugt somit den sich aus § 172 BGB ergebenden Rechtsschein (BGHZ 102, 60, 63). Einer besonderen Erklärung über den Bestand der Vollmacht bedarf es daneben nicht. Das wäre nur der Fall, wenn die Vollmacht nicht in Urschrift oder Ausfertigung, sondern lediglich in beglaubigter Abschrift vorgelegt worden wäre (Demharter, a.a.O., § 29, Rdn. 59).

bb) Mit der Ausfertigung der UR-Nr. 1… /2… ist nicht nachgewiesen, dass die zur Eigenurkunde des Urkundsnotars am 4. Juli 2019 erklärte Auflassung für und wider die Beteiligten wirkt, §§ 164 Abs. 1, 167 BGB. Der Vollmacht lässt sich mit der im Grundbuchverfahren erforderlichen Bestimmtheit nicht entnehmen, dass sie auch für den Fall der Auflassung nur eines Teils des ursprünglich im Bestandsverzeichnis verzeichneten Flurstücks 188 erteilt worden wäre.

(1) Für die Auslegung einer Vollmacht gelten im Grundbuchverfahren die für Grundbucherklärungen aufgestellten Grundsätze. Danach kommt die Auslegung entsprechend § 133 BGB nur in Betracht, wenn sie zu einem zweifelsfreien und eindeutigen Ergebnis führt. Dabei ist auf Wortlaut und Sinn der Erklärung abzustellen, wie sie sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung ergibt; außerhalb der Urkunde liegende Umstände dürfen grundsätzlich nicht herangezogen werden (BGH, ZWE 2013, 402, 403; NJW 1991, 1613, 1614). Das folgt aus dem das Grundbuchverfahren beherrschenden Bestimmtheitsgrundsatz und dem Erfordernis urkundlich belegter Eintragungsunterlagen. Bleibt die Reichweite einer Vollmacht zweifelhaft, ist von ihrem geringeren, eindeutig feststellbaren Umfang auszugehen (Senat, Beschluss vom 29. April 2003 – 1 W 132/03 – KGreport 2004, 26, 27; OLG München, Beschluss vom 20. November 2015 – 34 Wx 475/14 – juris).

(2) Der zu § 14 Abs. 2 der UR-Nr. 1… /2… erteilten Vollmacht ist nicht zu entnehmen, dass sie auch zur Vertretung der Beteiligten bei der Auflassung nur eines Teils des im Vertrag konkret bezeichneten Grundstücks dienen sollte. Einer solchen Auslegung ist der Wortlaut der Vollmacht nicht zugänglich.

Von einer “Berichtigung/Ergänzung der Auflassung” ist die Auflassung eines anderen, von den Beteiligten so nicht vereinbarten Vertragsgegenstands nicht erfasst. Die Vollmacht soll ausweislich der Überschrift zu § 14 dem Vollzug und der notariellen Durchführung des Vertrags dienen. Veräußert wurde ausweislich § 2 das gesamte damals im Bestandsverzeichnis des Grundbuchs verzeichnete, aus dem Flurstück 188 bestehende Grundstück mit einer Größe von 1350 qm. Dieses Flurstück wurde erst nachträglich in die Flurstücke 303 – 256 qm Verkehrsfläche W……… – und 304 – 1030 qm Gebäude- und Freifläche W……… 1… – fortgeführt. Diese Flurstücke sind nun unter der gemeinsamen lfd. Nr. 2 im Bestandsverzeichnis des Grundbuchs verzeichnet, bilden also zusammen ein grundbuchmäßiges Grundstück.

Dem kann nicht entgegengehalten werden, mit der Ausübung des auf eine Teilfläche beschränkten Vorkaufsrechts werde der Kaufgegenstand des Erstkaufs verändert (Grziwotz, in: BeckOK BauGB, Stand August 2019, § 24, Rdn. 9). Das setzt voraus, dass sich die Beteiligten bei Abschluss des Kaufvertrages darüber klar waren, dass mit der Geltendmachung eines objektiv bereits festliegenden Vorkaufsrechts zu rechnen sei (Mayer, NJW 1984, 100, 102/Senat, Beschluss vom 14. November 2019 – 1 W 294/19 – nicht veröffentlicht). Dies wird von der Beschwerde zwar behauptet, jedoch finden sich hierfür in der UR-Nr. 1… /2… keinerlei greifbare Anhaltspunkte. Insbesondere ist entgegen der Beschwerde nicht ersichtlich, dass die Beteiligten auf die mögliche Ausübung eines nur auf die Verkehrsfläche beschränkten Vorkaufsrechts hingewiesen worden wären. Das Gegenteil ist der Fall.

Ein Vorkaufsrecht nach §§ 24 ff BauGB wird nur unter § 5 Buchstabe b) bei den Voraussetzungen zur Auszahlung des bei dem Notar hinterlegten Kaufpreises erwähnt, allerdings nur im Hinblick darauf, dass hierfür u.a. das Negativattest des Bezirksamtes vorliegen müsse. Ein Negativattest erteilt die Gemeinde aber nur dann, wenn das Vorkaufsrecht gerade nicht ausgeübt wird oder nicht besteht, § 28 Abs. 1 S. 3 BauGB. § 5 Buchstabe b) gibt deshalb nichts dafür her, dass die Beteiligten die Ausübung eines Vorkaufsrechts in Ihre Erwägungen einbezogen hätten.

Nichts anders lässt sich aus der in § 13 Abs. 1 enthaltenen Belehrung der Beteiligten herleiten, die Umschreibung des Eigentums im Grundbuch setze “die Verzichtserklärung der gesetzlichen Vorkaufsrechte der Gemeinde bzw. des Bezirksamtes” voraus. Auch dieser Teil der Urkunde lässt nur darauf schließen, dass die Beteiligten über die Voraussetzungen der Eigentumsumschreibung hinsichtlich der gesamten von ihnen zuvor bezeichneten Grundstücksfläche belehrt worden waren, vgl. § 28 Abs. 1 S. 2 BauGB. Dass sie die Möglichkeit der Ausübung eines auf einen Teil des Kaufgegenstands beschränkten Vorkaufsrechts erkannt hätten, folgt daraus nicht.

c) Das Grundbuchamt musste die Anträge nicht sofort zurückweisen, vgl. § 18 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 GBO. Zutreffend hat es auf die Möglichkeit der Genehmigung der in der Eigenurkunde durch den Notar im Namen der Beteiligten erklärten Auflassung hingewiesen. Diese Genehmigungen hätten Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Erklärung der Auflassung, § 184 BGB, so dass hier der Erlass einer Zwischenverfügung durch das Grundbuchamt geboten war, § 18 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GBO (vgl. Demharter, a.a.O., § 18, Rdn. 8).

3. Die Festsetzung des Geschäftswerts folgt aus §§ 61, 36 Abs. 3 GNotKG.

Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, § 78 Abs. 2 S. 1 GBO, besteht nicht.

 

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