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Anforderungen an Begründung eines notariellen Kostenschuldverhältnisses

LG Kleve – Az.: 4 OH 16/17 – Beschluss vom 22.01.2018

Der Antrag der Antragsteller vom 30.06.2017 wird zurückgewiesen.

Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Am 03.08.2016 übersandten die Antragsteller an den Antragsgegner per Fax ein aus dem Internet ausgefülltes Formular „Vorbereitung eines Kaufvertrages“, welches der Antragsgegner auf seiner Internetseite zur Verfügung gestellt hatte (vgl. Bl. 23, 25 d.A.). Auf die weiteren Einzelheiten dieses ausgefüllten Formulars (Bl. 20 f. d.A.) wird Bezug genommen.

Am 10.08.2016 klärte eine Mitarbeiterin des Antragsgegners mit der Antragsteller zu 1.) noch Rückfragen (vgl. Bl. 23 d.A.).

Ein Entwurf eines Grundstückkaufvertrages wurde erstellt. Dieser Entwurf wurde außergerichtlich vom Antragsgegner noch nicht an die Antragsteller übersandt; im vorliegenden Verfahren wurde der Entwurf als Anlage zu dem Schriftsatz des Antragsgegners vom 06.07.2017 zur Gerichtsakte gereicht. Auf die Einzelheiten dieses Entwurfs (Bl. 9 ff. d.A.) wird Bezug genommen.

Mit Kostenrechnung vom 22.02.2017, in der Fassung vom 30.10.2017, macht der Antragsgegner einen Betrag in Höhe von EUR 1.078,14 gegen die Antragsteller geltend. Auf die Einzelheiten dieser Kostenrechnung (Bl. 38 d.A.) wird Bezug genommen.

Die Antragsteller sind der Ansicht, dass sie einen Auftrag an den Antragsgegner nicht erteilt haben. Hilfsweise sei eine solche Beauftragung wirksam widerrufen worden, weil die Übersendung per Fax eine Verwendung von Telekommunikationsmitteln darstellen würde und für die Antragsteller als Verbraucher ein Widerrufsrecht bestehen würde (vgl. Bl. 25 d.A.).

Die Antragsteller beantragen (vgl. Bl. 1, 43 d.A.), die Aufhebung der Kostenrechnung des Notars Dr. Jochen ####, LL.M., Nr. L #####/####/1-2017 vom 22.02.2017 in der Fassung vom 30.10.2017.

Der Präsident des Landgerichts hat als vorgesetzte Dienstbehörde des Notars zu der Kostenberechnung Stellung genommen. Auf die Einzelheiten dieser Stellungnahme (Bl. 33 ff. d.A.) wird Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag ist unbegründet.

(1) Gemäß § 29 GNotKG schuldet die Notarkosten derjenige, der (Nr. 1) den Auftrag erteilt oder den Antrag gestellt hat, (Nr. 2) die Kostenschuld gegenüber dem Notar übernommen hat oder (Nr. 3) für die Kostenschuld eines anderen kraft Gesetzes haftet.

Diese Vorschrift regelt ein öffentlich-rechtliches Kostenschuldverhältnis zwischen dem Notar als Kostengläubiger und dem Verfahrensbeteiligten als Kostenschuldner. Merkmale dieser öffentlich-rechtlichen Kostenschuld sind u.a., dass es einer privatrechtlichen Willenserklärung nicht bedarf und der Notar sowie der Kostenschuldner nicht über die Kostenschuld verfügen können (vgl. Gläser, in: Korintenberg (Hrsg.), Kommentar zum GNotKG, 20. Aufl., 2017, Rn 2 f. d.A.).

Unter dem Begriff des Auftrages im Sinne von § 29 Nr. 1 GNotKG ist jedes an den Notar gerichtetes Ansuchen zu verstehen, das auf die Vornahme einer notariellen Amtstätigkeit gerichtet ist (vgl. BGH, Beschl. v. 19.01.2017, Az. V ZB 79/16, DNotZ 2017, 394, Rn 6 m.w.N.).

Einer ausdrücklichen Vereinbarung bedarf es nicht; der Beurkundungsauftrag kann auch durch schlüssiges Verhalten erteilt werden. Maßgeblich ist, ob das Verhalten für den Notar nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte nach §§ 133, 157 BGB den Schluss zulässt, es werde ihm ein Auftrag mit der gesetzlichen Kostenfolge erteilt. Hierbei sind alle Umstände des Einzelfalls heranzuziehen und zu bewerten (vgl. BGH, Beschl. v. 19.01.2017, Az. V ZB 79/16, DNotZ 2017, 394, Rn 6 mit umfangreichen weiteren Nachweisen; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 10.11.2016, Az. 10 W 268/16, BeckRS 2016, 19558, Rn ; Gläser, in: Korintenberg (Hrsg.), Kommentar zum GNotKG, 20. Aufl., 2017, Rn 18 d.A.).

Einen Auftrag erteilt regelmäßig jedenfalls derjenige, der durch sein Ansuchen unmittelbar die notarielle Amtstätigkeit veranlasst, etwa indem er den Notar um die Fertigung eines Entwurfs oder erstmals um einen Beurkundungstermin bittet. Ein solcher Auftrag kann auch anzunehmen sein, wenn bereits durch einen anderen Kostenschuldner Beurkundungsauftrag erteilt wurde (vgl. BGH, Beschl. v. 19.01.2017, Az. V ZB 79/16, DNotZ 2017, 394, Rn 7).

(2) Werden diese Grundsätze auf das vorliegende Verfahren übertragen, so sind die Antragsteller als Kostenschuldner einzuordnen.

(a) Die Übermittlung des Faxes am 03.08.2016 stellt ein schlüssiges Verhalten dar, das für den Notar nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte nach §§ 133, 157 BGB nur den Schluss zulässt, dass ihm ein Auftrag zur Vorbereitung eines Kaufvertrages mit der gesetzlichen Kostenfolge erteilt worden ist. Die Antragsteller haben selbstständig den Internetauftritt des Notars ermittelt, dort das zur Verfügung gestellte Dokument entdeckt, dieses ausgedruckt, mit den notwendigen Informationen ausgefüllt und an den Notar übersandt. Ein solches Vorgehen kann nach der allgemeinen Lebenserfahrung nur die bewusste Beauftragung eines Notars mit der Erstellung eines Kaufvertragsentwurfs darstellen.

Im vorliegenden Verfahren ist zudem zu beachten, dass die Antragstellerin zu 1.) im Telefonat mit einer Mitarbeiterin des Notars am 10.08.2016 noch Rückfragen klärte und hierdurch auch eine Woche nach der Übersendung des Faxes noch zum Ausdruck brachte, dass für sie ein Vertragsentwurf gefertigt werden sollte.

(b) Ein Widerruf der Beauftragung des Notars ist nach §§ 312g Abs. 1 i.V.m. 355 BGB nicht möglich, weil Gegenstand des Widerrufs eine privatrechtlichen Willenserklärung ist (vgl. Fritsche, in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl., 2016, § 355 BGB, Rn 24; Müller-Christmann, in: Beckscher Onlinekommentar zum BGB, Stand: 15.06.2017, § 355 BGB, Rn 15). Durch die Beauftragung des Notars wird jedoch ein öffentlich-rechtliches Kostenschuldverhältnis begründet, wozu gerade eine privatrechtliche Willenserklärung nicht erforderlich ist (vgl. Gläser, in: Korintenberg (Hrsg.), Kommentar zum GNotKG, 20. Aufl., 2017, Rn 2 f. d.A.). Dementsprechend ist der erklärte Widerruf für die vorliegende Entscheidung unbeachtlich.

(3) Der vom Notar in seiner Kostenberechnung den Antragstellern in Rechnung gestellte Betrag ist ordnungsgemäß.

(a) Bei dieser Berechnung ist gemäß § 47 S. 1 GNotKG ein Geschäftswert von EUR 200.000,00 zugrunde zu legen. Nach dieser Vorschrift wird der Geschäftswert im Zusammenhang mit dem Kauf einer Sache durch den Kaufpreis bestimmt. Dieser Kaufpreis wurde durch die Antragsteller im Formular mit EUR 200.000,00 angegeben.

(b) Der Ansatz der Höchstgebühr des Nr. 21302 des L GNotKG von 2,0 ist im vorliegenden Verfahren gerechtfertigt. Nr. 21302 des L GNotKG sieht für den Fall der vorzeitigen Beendigung des Verfahrens in den Fällen der Nr. 21100 des L GNotKG einen Gebührenrahmen von 0,5 bis 2,0 vor. Gemäß § 92 Abs. 2 GNotKG ist bei den Gebühren für das Beurkundungsverfahren im Fall der vorzeitigen Beendigung und bei den Gebühren für die Fertigung eines Entwurfs für die vollständige Erstellung des Entwurfs die Höchstgebühr zu erheben. Ein vollständiger Entwurf liegt vor, wenn aufgrund des Entwurfes die Durchführung eines Beurkundungstermins möglich ist, selbst wenn im Termin noch Änderungen und Ergänzungen anzubringen sind. Erforderlich ist also, dass der Entwurf in vorlesungsfähiger Form vorliegt, die wesentlichen Bestandteile des vorgesehenen Rechtsgeschäfts beinhalten und in ihm die vom Auftraggeber erhaltenen Informationen Berücksichtigung und Verwertung gefunden haben (OLG Naumburg, Beschl. v. 02.02.2016, Az. 2 W 1/16, NJOZ 2017, 597, Rn 11). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Verfahren gegeben.

Die Entstehung und Fälligkeit dieser Gebühr hängt auch nicht von der Aushändigung des Entwurfs an die Auftraggeber ab. Der Notar erhält die entsprechende Gebühr bereits dann, wenn er den Entwurf einer Urkunde gefertigt hat; es bedarf hierbei noch nicht einmal der Reinschrift (vgl. OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 20.03.1998, Az. 20 W 1/95, juris; KG Berlin, Beschl. v. 23.03.2006, Az. 9 W 133/05, BeckRS 2006, 03900).

(c) Gemäß der Anlage 2 zum GNotKG beträgt die einfache Gebühr bei einem Geschäftswert von EUR 200.000,00 EUR 435,00. Unter Berücksichtigung einer 2,0-Gebühr, der Post- und Telekommunikationspauschale in Höhe von EUR 20,00 (Nr. 32005 GNotKG), der Abrufgebühr von EUR 16,00 (Nr. 32011 GNotKG) sowie der Umsatzsteuer in Höhe von derzeit 19 Prozent (Nr. 32014 GNotKG) ergibt sich ein Kostenbetrag in Höhe von (brutto) EUR 1.078,14.

(3) Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 130 Abs. 3 S. 2 GNotKG, 81 Abs. 1 FamFG.

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