LG Köln – Az.: 11 OH 21/18 – Beschluss vom 18.03.2019
Die korrigierte Kostenrechnung des Notars Dr. C vom 05.09.2016 – Re.Nr. ##### über 799,09 Euro wird aufgehoben.
Die Entscheidung ergeht gebührenfrei. Eine Erstattung von Auslagen findet nicht statt.
Gründe
I.
Der Antragsteller unterschrieb am 22.12.2015 eine Reservierungsvereinbarung mit dem Makler E, aufgrund derer er ein Objekt in Köln zu einem Kaufpreis in Höhe von 175.000,00 Euro reservierte. Zur Sicherung der Reservierung sollten 2.000,00 Euro an den Makler gezahlt werden. Ferner heißt es in der Reservierungsvereinbarung:
„Desweiteren beauftragt uns der Käufer einen notariellen Kaufvertragsentwurf fertigen zu lassen und zur Prüfung vorzulegen, sowie alle Beleihungsunterlagen zu beschaffen.“
Sodann enthält die Reservierungsvereinbarung den folgenden handschriftlichen Zusatz:
„Der Käufer erhält ein Sonderkündigungsrecht bis zum 15.1.2016. Macht der Käufer davon Gebrauch, wird die Reservierungsgebühr erstattet.“
Mit Schreiben vom 12.01.2016 machte der Antragsteller unter Verzicht auf eine weitergehende Reservierung des Objekts von seinem Sonderkündigungsrecht Gebrauch und verlangte die Rückzahlung der bereits überwiesenen Reservierungsgebühr, die ihm sodann letztlich zurückerstattet worden ist.
Mit Schreiben vom 22.01.2016 übersandte der Antragsgegner unter Bezugnahme auf die Reservierungsvereinbarung an den Antragsteller die Kostenrechnung Nr. 16-00125 auf der Grundlage der KV-Nummer 21100 zu einem Rechnungsbetrag von 799,09 Euro.
Der Antragsteller behauptet, er habe die Erstellung eines Entwurfes nicht beauftragt. Auch mit der Reservierungsvereinbarung vom 22.12.2015 sei keine wirksame Bevollmächtigung des Maklers hierzu verbunden. Er habe weder einen Kaufvertragsentwurf noch E-Mails des Maklers hierzu erhalten.
Mit Schriftsatz vom 13.02.2017 hat der Antragsgegner eine korrigierte Rechnung in gleichlautender Höhe überreicht. Verfahrensgegenständlich ist nunmehr diese Kostenrechnung vom 05.09.2016 – Re.Nr. #####.
Der Antragsteller beantragt, die Kostenrechnung des Antragsgegners vom 05.09.2016 – Re. Nr.: ##### in Höhe von 799,09 Euro aufzuheben.
Der Antragsgegner beantragt, den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückzuweisen.
Er behauptet, durch den Makler mit der Erstellung des Kaufvertragsentwurfes im Namen des Antragstellers beauftragt worden zu sein. Die entsprechende Vollmacht ergäbe sich aus der Reservierungsvereinbarung vom 22.12.2015. Jedenfalls sei die Beauftragung durch den Makler aufgrund der nachträglichen Mitteilung von Änderungswünschen mit der E-Mail des Maklers vom 11.01.2016 genehmigt worden.
Der Präsident des Landgerichts als vorgesetzte Dienstbehörde des Antragsgegners ist gehört worden. Auf die Stellungnahme des Bezirksrevisors vom 21.07.2016 wird Bezug genommen.
Die Kammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen Herrn E und die Verfahrensbeteiligten persönlich angehört. Auf das Protokoll der Sitzung vom 13.11.2018 sowie auf jenes vom 22.01.2018 wird Bezug genommen.
Ergänzend wird auf die zwischen den Verfahrensbeteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II.
Der zulässige Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat auch in der Sache Erfolg.
Der Antragsteller ist nicht Kostenschuldner der verfahrensgegenständlichen Rechnung nach § 29 GNotKG, weil er die Entwurfsfertigung nicht beauftragt hat. Die Beauftragung des Antragsgegners erfolgte – insoweit unstreitig – durch den Makler Herrn E, ohne dass dieser hierzu wirksam bevollmächtigt gewesen wäre. Dies aus folgenden Gründen:
1.
Eine Vollmacht des Maklers für die Beauftragung einer Entwurfsfertigung im Namen des Antragstellers ergibt sich hier nicht aus der Reservierungsvereinbarung vom 22.12.2015. Es kann hier dahinstehen, ob die Vollmachtserteilung nicht ohnehin erkennbar aufschiebend bedingt war durch die Nichtausübung des gleichzeitig eingeräumten Sonderkündigungsrechts, weil eine andere Auslegung der Bevollmächtigung keinen Sinn ergeben würde (§§ 133, 157 BGB) mit der Folge, dass zum Zeitpunkt der Beauftragung des Antragsgegners noch keine Bevollmächtigung vorlag und mit Ausübung des Sonderkündigungsrechts schließlich auch nicht mehr vorliegen konnte. Denn die gesamte Reservierungsvereinbarung war ohnehin wegen §§ 311 b, 125 BGB mit Blick auf die mittelbare Verpflichtung zum Grundstückserwerb formunwirksam und damit nichtig, wobei sich die Nichtigkeit auch auf die hierin enthaltene Vollmachtserteilung erstreckt. Im Einzelnen:
In der Reservierungsvereinbarung vom 22.12.2015 reserviert der Antragsteller ein dort bezeichnetes Grundstück zu einem Kaufpreis von 175.000,00 Euro und verpflichtete sich, zur Sicherung der Reservierung dieses Grundstückes an den Makler E einen Betrag in Höhe von 2.000,00 Euro zu zahlen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sind Reservierungsvereinbarungen formbedürftig, wenn sie wegen der Höhe des Bindungsentgeltes einen Druck zum Erwerb des Grundstückes ausüben (BGH, Urteil vom 02. Juli 1986 – IVa ZR 102/85 -, juris), wobei die kritische Grenze bei 10% der üblichen Maklerprovision liegt (BGH aaO). In Nordrhein Westfalen liegt die übliche Käuferprovision derzeit bei 3,57 %, was gemessen am vereinbarten Kaufpreis einem Betrag in Höhe von 6.247,50 Euro entspricht. Die Höhe des noch zulässigen Bindungsentgelts liegt damit in einem deutlich niedrigeren Bereich, als die hier geforderten 2.000,00 Euro.
Die Nichtigkeit der Vereinbarung erstreckt sich gemäß § 139 BGB auch auf die gleichzeitig erteilte Vollmacht zur Beauftragung des Notars mit der Fertigung eines Kaufvertragsentwurfes, weil nicht anzunehmen wäre, dass eine solche Vollmacht auch ohne verbindliche Reservierung des Grundstücks – und damit ggf. vergeblich – erteilt worden wäre.
Aus den vorgenannten Gründen kommt es nicht darauf an, dass die Reservierungsvereinbarung auch aus den Gründen des § 307 BGB hier unwirksam gewesen sein dürfte (vgl. BGH, Urteil vom 23. September 2010 – III ZR 21/10 -, juris).
2.
Der Vertragsschluss durch den vollmachtslos handelnden Makler ist auch nicht mit Wirkung für und gegen den vertretenen Antragsteller durch schlüssiges Verhalten nachträglich genehmigt worden, vgl. § 177 BGB. Eine ausdrückliche Genehmigung seitens des Antragstellers liegt nicht vor. Voraussetzung für eine Genehmigung durch mögliches schlüssiges Verhalten ist – neben einem erklärungswertigen Verhalten des Vertretenen, dass der Vertretene die mögliche Deutung seines Verhaltens bei Anwendung pflichtgemäßer Sorgfalt als Genehmigung hätte erkennen können (BGHZ 109, 171, 177; BGH NJW 2002, 2325; BGH NJW 2005, 1488). Ein solches erklärungswertiges Verhalten des Antragstellers gegenüber dem Antragsgegner selbst liegt nicht in der E-Mail vom 11.01.2016, die unstreitig nicht von diesem, sondern allein vom vollmachtslos handelnden Makler stammt.
Die Kammer verkennt nicht, dass auch ein Schweigen im Sinne einer damit verbundenen Billigung einen Erklärungswert haben kann. Dennoch genügt bloßes Schweigen des Vertretenen nur dann, wenn der Vertretene nach Treu und Glauben verpflichtet gewesen wäre, seinen abweichenden Willen zu äußern (Palandt, BGB, § 177 Rz. 6 mwN.). Hiervon wäre – wenn überhaupt – allenfalls dann auszugehen, wenn der Antragsteller nach Erhalt und in Kenntnis des Entwurfes über den Makler konkrete Änderungswünsche an den Antragsgegner herangetragen und diesem gegenüber mithin zum Ausdruck gebracht hätte, dass die Beauftragung zur Entwurfsfertigung gebilligt werde. In einem solchen Fall könnte sodann eine Verpflichtung des Antragstellers aus Treu und Glauben bestehen, einen hiervon abweichenden Willen auch ausdrücklich kundzutun.
Insoweit ist die Behauptung des Antragsgegners erheblich, wonach der Antragsteller über den Makler mit dessen E-Mail vom 11.01.2016 Änderungswünsche zu dem bereits erstellten und ihm zugegangenen Entwurf mitteilen ließ.
Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme steht jedoch nicht zur gebotenen Überzeugung der Kammer fest, dass der Antragsteller bereits vor dem 11.01.2016 im Besitz des Kaufvertragsentwurfes gewesen ist und über den Makler Änderungswünsche an das Notariat mitteilen ließ.
Der Antragsteller gab hierzu in seiner persönlichen Anhörung für die Kammer auch angesichts seines insoweit stringenten schriftlichen Vortrages im Verfahren nachvollziehbar an, dass er weder die E-Mail des Maklers vom 05.01.2016 noch jene vom 11.01.2016 erhalten habe und dass er dem Makler noch vor dem Jahreswechsel 2015/2016 mitgeteilt habe, dass er die nächste Zeit nicht in der Lage sein werde, E-Mails zu empfangen. Die vorstehenden E-Mails habe er dann auch erstmals durch Übermittlung des Gerichts im hiesigen Verfahren zur Kenntnis genommen. Dass der Antragsteller die E-Mail vom 11.01.2016 nicht erhalten hat, ist unstreitig. Er ist in dieser E-Mail bereits nicht im E-Mailverteiler aufgeführt. Auch aus der vorgelegten E-Mail vom 05.01.2016 ergibt sich jedenfalls nicht die Versendung einer Anlage an den Antragsteller. Zweifel an den Bekundungen des Antragstellers bestanden für die Kammer auch nicht vor dem Hintergrund, dass eine digitale Nichterreichbarkeit über einen Zeitraum von zwei Wochen als ungewöhnlich anzusehen ist. Wenn dies überhaupt der Fall wäre, hätte der Antragsteller für die Kammer jedenfalls überzeugend dargelegt, dass er – lediglich im Besitz eines analogen Mobiltelefons – die beleghafte Kommunikation vorzieht, was sich im Übrigen auch mit dem vorgerichtlichen Schriftwechsel zeigte.
Der als Zeuge vernommene Makler Herr E gab in seiner Vernehmung an, an die Versendung des Kaufvertragsentwurfes an den Antragsteller keine Erinnerung zu haben. Ebenfalls habe er keine Erinnerung daran, dass der Antragsteller ihn darauf hingewiesen habe, dass er nicht in der Lage sei E-Mails zu empfangen. Er habe ferner auch keine Erinnerung an einen Kontakt mit Herrn A in Bezug auf den Kaufvertragsentwurf. Die Angaben des Zeugen waren mithin unergiebig.
Aus den vorgenannten Gründen steht schon nicht zur gebotenen Überzeugung der Kammer fest, dass der Antragsteller den Entwurf eines Kaufvertrages überhaupt erhalten hat.
Allein die Mitteilung des Maklers an den Antragsgegner in der E-Mail vom 11.01.2016 von Rückfragen des Herrn A („Herr Dr. A fragt sich nun, wer nach dem Tod von Frau Al. für die Entsorgung der Wohnung zuständig ist …“) stellt schon kein zurechenbares Verhalten des Antragstellers dar, welches als konkludente Genehmigung des vollmachtlos geschlossenen Vertrages anzusehen wäre. Ferner bleibt offen, wann und in welchem Zusammenhang der Antragsteller sich diese Frage gestellt haben mag. Dabei kann dahinstehen, ob es eine solche Nachfrage an den Makler tatsächlich gegeben haben mag, da jedenfalls nicht feststeht, dass der Antragsteller von dem Umstand Kenntnis hatte, dass diese Nachfrage an den Notar weitergeleitet worden ist, denn nur für diesen Fall wäre überhaupt zu prüfen, ob der Antragsteller angesichts dieser Nachfrage bei Anwendung pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen müssen, dass hierin möglicherweise eine Genehmigung der vollmachtslos in Auftrag gegebenen Entwurfsfertigung liegen könnte.
Das Verfahren ist gebührenfrei. Eine Kostenerstattung findet nicht statt, § 81 Abs. 1 FamFG.