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Grundstückserwerb durch Testamentsvollstrecker eines minderjährigen Alleinerben

Klarheit im Erbrecht: OLG stärkt Position von Testamentsvollstreckern

Das OLG Karlsruhe hat im Fall Az.: 11 Wx 29/15 entschieden, dass der Grundstückserwerb durch den Testamentsvollstrecker eines minderjährigen Alleinerben keiner familiengerichtlichen Genehmigung bedarf, da die Verpflichtung zur Kaufpreiszahlung aus dem Nachlass und nicht durch den Minderjährigen selbst erfolgt.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 11 Wx 29/15 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Das OLG Karlsruhe hebt die Zwischenverfügung des Grundbuchamts Mannheim auf und weist dieses an, den Eintragungsantrag des Testamentsvollstreckers nicht zurückzuweisen.
  • Der Testamentsvollstrecker handelt im Namen des minderjährigen Alleinerben, ohne dass eine familiengerichtliche Genehmigung erforderlich ist.
  • Der Kaufvertrag über eine Eigentumswohnung, bezahlt aus dem Nachlass, unterliegt der Dauertestamentsvollstreckung.
  • Die gerichtliche Auffassung bestätigt, dass Testamentsvollstrecker, auch bei Minderjährigen, grundsätzlich unbeschränkt verfügungsbefugt sind.
  • Es wird klargestellt, dass die Anforderung einer familiengerichtlichen Genehmigung für den Grundstückserwerb durch einen Minderjährigen nicht zutreffend ist, wenn der Erwerb durch einen Testamentsvollstrecker aus dem Nachlass finanziert wird.
  • Das Urteil betont, dass das Grundbuchamt nicht die Aufgabe hat, die Gültigkeit des Kausalgeschäfts zu prüfen.

Grundstückserwerb durch Testamentsvollstrecker

Der Grundstückserwerb ist häufig mit komplexen rechtlichen Fragestellungen verbunden. Besondere Herausforderungen ergeben sich, wenn der künftige Eigentümer minderjährig ist und der Erwerb durch einen Testamentsvollstrecker erfolgt. In solchen Konstellationen kollidieren Sachverhalte aus verschiedenen Rechtsbereichen wie dem Erbrecht, Grundstücksrecht und Familienrecht.

In der Regel obliegt Minderjährigen bei Rechtshandlungen mit weitreichenden Folgen ein besonderer Schutz. Gleichzeitig verfügt der Testamentsvollstrecker über weitreichende Befugnisse zur Abwicklung des Nachlasses. Es stellt sich die Frage, inwieweit bei einem Grundstückserwerb für den minderjährigen Alleinerben zusätzliche Sicherungsmechanismen erforderlich sind.

Der Fall im Detail


Testamentsvollstrecker und Grundstückserwerb: OLG Karlsruhe stärkt Rechtsposition minderjähriger Erben

In einem bemerkenswerten Fall, der beim Oberlandesgericht Karlsruhe unter dem Aktenzeichen 11 Wx 29/15 verhandelt wurde, stand die Frage im Mittelpunkt, ob der Erwerb eines Grundstücks durch den Testamentsvollstrecker eines minderjährigen Alleinerben einer familiengerichtlichen Genehmigung bedarf. Die rechtliche Kontroverse begann, als das Grundbuchamt Mannheim die Eintragung des Erwerbs einer Eigentumswohnung durch den Testamentsvollstrecker ablehnte, da es eine familiengerichtliche Genehmigung für notwendig erachtete. Diese Wohnung wurde aus dem Nachlass des verstorbenen G. W. erworben, wobei der minderjährige Erbe von einem Testamentsvollstrecker vertreten wurde. Die familiengerichtliche Genehmigung wurde gefordert, um zu verhindern, dass Minderjährige mit Verbindlichkeiten in die Volljährigkeit starten. Dieses Erfordernis stellte die Beteiligten vor ein rechtliches Dilemma, da der Testamentsvollstrecker argumentierte, der Kaufpreis werde vollständig aus dem Nachlass beglichen, sodass keine direkten Verbindlichkeiten für den Minderjährigen entstünden.

Entscheidung des OLG Karlsruhe: Klare Linien im Erb- und Grundstücksrecht

Das OLG Karlsruhe gab der Beschwerde des Testamentsvollstreckers statt und hob die Zwischenverfügung des Grundbuchamts auf. In seiner Urteilsbegründung stellte das Gericht klar, dass der Vollzug des Kaufvertrags nicht von einer familiengerichtlichen Genehmigung abhängig gemacht werden kann. Es führte aus, dass der Testamentsvollstrecker zwar nicht im eigenen Namen handelte, seine Handlungen jedoch rechtlich wirksam sind, da er ausdrücklich als Vertreter des minderjährigen Erben auftrat und seine Befugnisse direkt aus seinem Amt ableitet. Weiterhin argumentierte das Gericht, dass die Genehmigungsbedürftigkeit unter den gegebenen Umständen weder unter dem Aspekt des Grundstückserwerbs durch einen Minderjährigen noch durch eine mögliche Überschreitung der Verpflichtungsermächtigung des Testamentsvollstreckers gegeben ist.

Zudem wies das Gericht darauf hin, dass die Aufgabe des Grundbuchamts nicht darin besteht, die Gültigkeit des zugrundeliegenden Kausalgeschäfts zu prüfen. Das OLG Karlsruhe betonte, dass Verbindlichkeiten, die der Testamentsvollstrecker für den Nachlass eingeht, nicht automatisch eine Belastung für den Minderjährigen darstellen, solange sie im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses liegen. Diese Entscheidung stärkt somit die Position von Testamentsvollstreckern und minderjährigen Erben im Erbrecht und sorgt für Klarheit hinsichtlich der Handlungsbefugnisse des Testamentsvollstreckers ohne die Notwendigkeit einer familiengerichtlichen Genehmigung.

Die Konsequenzen dieser Entscheidung sind weitreichend und verdeutlichen die rechtlichen Rahmenbedingungen, innerhalb derer Testamentsvollstrecker agieren können. Sie unterstreicht die Unabhängigkeit des Testamentsvollstreckers in seiner Fähigkeit, im besten Interesse des Nachlasses und des minderjährigen Erben zu handeln, ohne dabei durch unnötige bürokratische Hürden eingeschränkt zu werden. Das Urteil des OLG Karlsruhe dient somit als richtungsweisende Orientierungshilfe für ähnliche Fälle und festigt das Vertrauen in die rechtliche Stellung des Testamentsvollstreckers im deutschen Erbrecht.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Kann ein Testamentsvollstrecker im Namen eines minderjährigen Alleinerben ein Grundstück erwerben?

Ein Testamentsvollstrecker kann im Namen eines minderjährigen Alleinerben ein Grundstück erwerben, ohne dass dafür eine Genehmigung des Familiengerichts erforderlich ist. Dies gilt auch dann, wenn der Erbe minderjährig ist. Die rechtliche Grundlage dafür ist, dass der Testamentsvollstrecker den Nachlass im Sinne des Erblassers verwalten und über ihn verfügen darf. Dabei handelt er im Rahmen der ihm durch das Testament oder die gesetzlichen Bestimmungen übertragenen Befugnisse.

Minderjährige können grundsätzlich genauso erben wie Erwachsene, sind jedoch aufgrund ihrer fehlenden Geschäftsfähigkeit bis zum Erreichen des 18. Lebensjahres in ihren Handlungen eingeschränkt. Die Vermögensverwaltung fällt in der Regel den sorgeberechtigten Eltern oder einem Vormund zu. In Fällen, in denen die Eltern von der Vermögensverwaltung ausgeschlossen sind, kann eine Testamentsvollstreckung sinnvoll sein, um die Interessen des minderjährigen Erben zu schützen.

Der Testamentsvollstrecker hat gemäß § 2205 BGB die Verfügungsbefugnis über den Nachlass und muss keine Genehmigung beim Familiengericht für Verfügungen über Grundstücke einholen. Dies ermöglicht es ihm, im Rahmen der Testamentsvollstreckung auch Grundstücke für den Nachlass zu erwerben, die dann dem minderjährigen Alleinerben zustehen.

Welche Rolle spielt die familiengerichtliche Genehmigung beim Grundstückserwerb durch einen Testamentsvollstrecker?

Die familiengerichtliche Genehmigung spielt beim Grundstückserwerb durch einen Testamentsvollstrecker keine Rolle. Der Testamentsvollstrecker kann im Rahmen seiner Befugnisse, die ihm durch das Testament oder die gesetzlichen Bestimmungen übertragen wurden, Grundstücke für den Nachlass erwerben, auch wenn dieser Nachlass einem minderjährigen Erben gehört.

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat entschieden, dass der Vollzug eines Kaufvertrages für ein Grundstück durch einen Testamentsvollstrecker nicht von einer familiengerichtlichen Genehmigung abhängig gemacht werden kann. Dies gilt selbst dann, wenn der Testamentsvollstrecker im Namen eines minderjährigen Erben handelt. Der Testamentsvollstrecker ist weder Vertreter des Erblassers noch des Erben, sondern agiert als Treuhänder und Inhaber eines privaten Amtes.

Die familiengerichtliche Genehmigung, die normalerweise bei Rechtsgeschäften für Minderjährige erforderlich ist, um diese vor übereilten Entscheidungen oder nachteiligen Geschäften zu schützen, ist im Falle des Grundstückserwerbs durch den Testamentsvollstrecker nicht notwendig. Der Grund dafür ist, dass der Testamentsvollstrecker im Rahmen der Testamentsvollstreckung handelt und somit die Interessen des minderjährigen Erben im Sinne des Erblasserwillens vertritt.

Das Grundbuchamt ist dementsprechend verpflichtet, die Eintragung des Erwerbs vorzunehmen, ohne dass eine familiengerichtliche Genehmigung vorgelegt werden muss.

Wie wirkt sich die Testamentsvollstreckung auf die Rechtsgeschäfte eines minderjährigen Erben aus?

Die Testamentsvollstreckung hat erhebliche Auswirkungen auf die Rechtsgeschäfte eines minderjährigen Erben, indem sie eine spezielle Form der Vermögensverwaltung und -sicherung bietet. Minderjährige Erben sind aufgrund ihrer beschränkten Geschäftsfähigkeit in der Regel nicht in der Lage, selbstständig über ihr Erbe zu verfügen oder es zu verwalten. Hier kommen die Testamentsvollstrecker ins Spiel:

  • Vertretung und Schutz des minderjährigen Erben: Ein Testamentsvollstrecker kann den minderjährigen Erben in allen Angelegenheiten des Nachlasses vertreten. Dies umfasst die Teilnahme an Gesellschaftsversammlungen, die Durchführung von Rechtsgeschäften über Grundstücke und die Erbauseinandersetzung. Die Vertretung durch den Testamentsvollstrecker ersetzt die sonst notwendige Zustimmung des Familiengerichts oder die Bestellung eines Ergänzungspflegers für bestimmte Rechtsgeschäfte.
  • Verwaltung des Nachlasses: Der Testamentsvollstrecker übernimmt die Verwaltung des Nachlasses im Sinne des Erblassers. Dies beinhaltet die Sicherung und den Schutz des Vermögens vor dem Zugriff Dritter, einschließlich des gesetzlichen Vertreters des minderjährigen Erben. Die Testamentsvollstreckung kann somit eine wichtige Rolle spielen, um den Nachlass für den minderjährigen Erben zu erhalten und dessen Interessen zu wahren.
  • Rechtsgeschäfte ohne familiengerichtliche Genehmigung: Im Rahmen der Testamentsvollstreckung kann der Testamentsvollstrecker Rechtsgeschäfte im Namen des minderjährigen Erben durchführen, ohne dass dafür eine familiengerichtliche Genehmigung erforderlich ist. Dies erleichtert die Abwicklung des Nachlasses erheblich und ermöglicht eine effiziente und zielgerichtete Nachlassverwaltung.
  • Schutz vor Haftung und Erbschaftssteuer: Für minderjährige Erben besteht eine spezielle Haftungsbeschränkung, die ihre Haftung auf den Bestand des geerbten Vermögens zum Zeitpunkt der Volljährigkeit beschränkt. Die Testamentsvollstreckung kann dazu beitragen, das Vermögen so zu verwalten, dass diese Haftungsbeschränkung effektiv genutzt wird. Zudem unterliegt die Erbschaft der Erbschaftssteuer, wobei minderjährige Erben einen persönlichen Freibetrag haben.

Zusammenfassend bietet die Testamentsvollstreckung einen umfassenden Schutz und eine effektive Verwaltung des Nachlasses für minderjährige Erben. Sie ermöglicht es, die Interessen des minderjährigen Erben im Sinne des Erblassers zu wahren, ohne dass die Einschränkungen der beschränkten Geschäftsfähigkeit oder die Notwendigkeit familiengerichtlicher Genehmigungen die Abwicklung des Nachlasses behindern.

§ Wichtige Gesetze und Paragraphen in diesem Urteil

  • §§ 1626, 1629, 1643 BGB in Verbindung mit § 1821 Abs. 1 Nr. 5 BGB: Diese Vorschriften regeln die Vertretungsbefugnisse und Genehmigungspflichten bei Geschäften für Minderjährige. Im Kontext wird die Frage aufgeworfen, ob ein Kaufvertrag über eine Immobilie, der durch einen Testamentsvollstrecker im Namen eines minderjährigen Erben abgeschlossen wird, einer familiengerichtlichen Genehmigung bedarf.
  • § 2206 BGB: Betrifft die Befugnisse des Testamentsvollstreckers bezüglich der Verwaltung des Nachlasses. Der Paragraph ist relevant, da diskutiert wird, ob und inwiefern der Testamentsvollstrecker berechtigt ist, aus dem Nachlass heraus Verpflichtungen einzugehen, insbesondere im Hinblick auf die Zahlung des Kaufpreises für eine Immobilie.
  • § 71 Abs. 1 GBO in Verbindung mit § 11 Abs. 1 RPflG und § 15 Abs. 2 GBO: Diese Regelungen im Grundbuchordnungsrecht und Registerverfahrensgesetz sind im Kontext wichtig, da sie die Beschwerdeberechtigung und die Rolle des Notars als Bevollmächtigter im Beschwerdeverfahren thematisieren. Sie zeigen auf, welche rechtlichen Schritte der Käufer, vertreten durch einen Notar, gegen die Entscheidung des Grundbuchamts unternehmen kann.
  • Art. 14 GG (Grundgesetz): Obwohl nicht direkt im Text genannt, spielt das Grundrecht auf Eigentum eine zentrale Rolle im Kontext des Grundstückserwerbs und der Testamentsvollstreckung. Es begründet das Interesse des minderjährigen Erben am Erwerb der Immobilie und die Bedeutung der rechtlichen Handlungsfähigkeit des Testamentsvollstreckers.
  • § 1967 BGB: Dieser Paragraph regelt die Haftung des Erben für Nachlassverbindlichkeiten und ist relevant im Hinblick auf die Überlegungen zur Belastung des minderjährigen Erben mit Verbindlichkeiten durch Handlungen des Testamentsvollstreckers.
  • § 16 Abs. 2 WEG (Wohnungseigentumsgesetz): Im Kontext der dauerhaften Lasten, die mit dem Erwerb einer Eigentumswohnung verbunden sind, wie z.B. die Kosten der Instandhaltung, ist diese Vorschrift relevant. Sie verdeutlicht die praktischen Konsequenzen des Immobilienerwerbs für den Erben.


Das vorliegende Urteil

OLG Karlsruhe – Az.: 11 Wx 29/15 – Beschluss vom 01.06.2015

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2 wird die zweite Zwischenverfügung des Grundbuchamts Mannheim vom 24. Februar 2015 – MAN 008 GRG 83/2015 – aufgehoben. Das Grundbuchamt wird angewiesen, den Eintragungsantrag nicht aus den Gründen der angefochtenen Verfügung zurückzuweisen.

Gründe

I.

Der Beteiligte zu 2 – der Käufer – wendet sich gegen eine Zwischenverfügung, mit der das Grundbuchamt den Vollzug eines Grundstückskaufvertrages von der Vorlage einer familiengerichtlichen Genehmigung abhängig macht.

Die Beteiligten schlossen am 14. August 2014 vor dem Notar M. in H. einen Kaufvertrag, in dem der Beteiligte zu 2 von der Beteiligten zu 1 eine in O. gelegene Eigentumswohnung erwarb. Beim Abschluss des Kaufvertrages wurde der minderjährige Beteiligte zu 2 von dem Testamentsvollstrecker über den Nachlass des am 18. Mai 2012 verstorbenen G. W. vertreten; die Mutter des Beteiligten zu 2 stimmte den in der Urkunde abgegeben Erklärungen zu.

Dem auch die Auflassung enthaltenen Vertrag beigefügt war ein Testamentsvollstreckerzeugnis, das ausweist, dass auf Ableben von G. W., dessen Alleinerbe der Beteiligte zu 2 ist, Dauertestamentsvollstreckung angeordnet und der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer W. B. zum Testamentsvollstrecker ernannt ist.

Das Grundbuchamt hat mit einer am 24. Februar 2015 erlassenen Zwischenverfügung die Auffassung vertreten, dass der Abschluss des Kaufvertrages einer familienrechtlichen Genehmigung nach §§ 1626, 1629, 1643 in Verbindung mit § 1821 Abs.1 Nr. 5 BGB bedürfe. Der minderjährige Erbe müsse zur Eingehung der Verbindlichkeit zur Zahlung des Kaufpreises nach § 2206 BGB seine Zustimmung erteilen. Aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts folge, dass verhindert werden müsse, dass Minderjährige mit Verbindlichkeiten belastet in die Volljährigkeit gingen. Ob es möglich sei, die durch den Kaufvertrag begründeten Verbindlichkeiten allein aus Mitteln des Nachlasses zu erfüllen, könne das Grundbuchamt nicht prüfen.

Gegen die Zwischenverfügung, mit der der Grundbuchvollzug von der Vorlage einer familiengerichtlichen Genehmigung bis zum 22. Mai 2015 abhängig gemacht worden ist, richtet sich die vom Urkundsnotar für den Beteiligten zu 2 eingelegte Beschwerde. Er ist der Auffassung, der Testamentsvollstrecker falle bereits nicht in den Anwendungsbereich des § 1821 BGB. Der vereinbarte Kaufpreis werde vollständig aus dem Nachlass beglichen; die erworbene Wohnung unterfalle als Surrogat des Kaufpreises auch künftig der Testamentsvollstreckung.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

Die nach § 71 Absatz 1 GBO in Verbindung mit § 11 Absatz 1 RPflG zulässige Beschwerde, zu deren Einlegung für den Käufer der Notar gemäß § 15 Absatz 2 GBO als bevollmächtigt gilt, hat auch in der Sache Erfolg. Der Vollzug des Kaufvertrages kann von einer familiengerichtlichen Genehmigung des Geschäfts nicht abhängig gemacht werden. Eine Genehmigungsbedürftigkeit besteht weder unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des Grundstückserwerbs durch einen Minderjährigen noch unter demjenigen einer Überschreitung der Verpflichtungsermächtigung des Testamentsvollstreckers.

1. Der Testamentsvollstrecker hat den Kaufvertrag, der der Auflassung zugunsten des Beteiligten zu 2 zugrunde liegt, nicht im eigenen Namen abgeschlossen, sondern ist als Vertreter des minderjährigen Beteiligten zu 2 aufgetreten. Das bildet seine Rechtsstellung zwar nicht zutreffend ab, weil der Testamentsvollstrecker Treuhänder und Inhaber eines privaten Amtes, also weder Vertreter des Erblassers noch des Erben ist (BGHZ 13, 203, juris-Rn. 29). An der Wirksamkeit der von ihm vorgenommenen Rechtshandlungen ändert dies aber nichts. Das Rubrum des Kaufvertrags ist um den Hinweis ergänzt, dass der Vertreter „als Testamentsvollstrecker über den Nachlass (…)“ handele. Damit ist hinreichend klargestellt, dass er seine Befugnis, den Minderjährigen zur Kaufpreiszahlung verpflichten und im Gegenzug für ihn Grundeigentum zu erwerben, nicht aus einer (allgemeinen) Vertretungsbefugnis für den minderjährigen Käufer, sondern aus seinem Amt als Testamentsvollstrecker ableitet. Dass ein Geschäft für den Nachlass getätigt werden sollte, zeigt auch der Umstand, dass in Ziffer II. die Eintragung eines Testamentsvollstreckervermerks an dem erworbenen Grundbesitz bewilligt und beantragt worden ist.

2. Das Grundbuchamt leitet eine Genehmigungsbedürftigkeit des Vertrages, auf dessen Grundlage die Beteiligte zu 2 die Auflassung erklärt hat, zunächst aus §§ 1626, 1629, 1643, 1821 Absatz 1 Nr. 5 BGB ab. Genehmigungsbedürftig wäre nach diesen Vorschriften – ihre Anwendbarkeit auf den Testamentsvollstrecker vorausgesetzt (siehe hierzu nachfolgend 3.) – indes nur die schuldrechtliche Vereinbarung, die dem dinglichen Rechtsgeschäft zugrunde liegt. Die Wirksamkeit des dinglichen Vollzugsgeschäfts würde von einer möglichen (schwebenden) Unwirksamkeit des schuldrechtlichen Geschäfts nicht berührt. Das Grundbuchamt hat deshalb die Gültigkeit des dem dinglichen Rechtsgeschäft zugrunde liegenden Kausalgeschäfts nicht zu prüfen (BayObLG NJW-RR 1990, 87; NJW-RR 1992, 328, juris-Rn. 20). Anders läge es nur in dem – hier nicht vorliegenden – Fall, dass die Nichtigkeit oder Unwirksamkeit des Grundgeschäfts auch die dingliche Einigung erfasst.

3. Auch auf die für den dinglichen Erwerb geltenden § 1821 Absatz 1 Nr. 1 und 4 BGB kann das Verlangen des Grundbuchamts nicht gestützt werden. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob diese Ziffern auch den Fall erfassen, dass der Minderjährige Grundeigentum nicht verliert, sondern erwirbt, obwohl der Erwerb von Grundbesitz keine Verfügung im Sinne einer Übertragung, Belastung, Aufhebung, Inhalts- und Rangänderung eines subjektiven Rechts ist. Diese Ziffern sind jedenfalls deshalb nicht einschlägig, weil sie nur Verfügungen und Verpflichtungen hierzu betreffen, die ein Vormund – oder im Anwendungsbereich des § 1643 BGB ein Elternteil – im Rahmen seiner gesetzlichen Vertretungsmacht hinsichtlich des Mündelvermögens vornimmt. Sie gilt daher nicht, wenn der betroffene Vermögensgegenstand einer anderweitigen Verwaltung – wie etwa durch einen Testamentsvollstrecker – unterliegt (vgl. BayObLG NJW-RR 1992, 328, juris-Rn. 16; OLG Hamburg DNotZ 1983, 381 zum Erwerb eines Kommanditanteils; Staudinger/Barbara Veit [2014] Vorbemerkungen zu §§ 1821, 1822, Rn. 20; Münchener Kommentar/Wagenitz, BGB, 6. Auflage, § 1821, Rn. 13; BeckOK BGB/Bettin, Edition 34, § 1812, Rn. 2; Nieder/Kössinger, Handbuch der Testamentsgestaltung, 4. Auflage, § 15, Rn. 53; Bengel/Reimann, Handbuch der Testamentsvollstreckung, 4. Auflage, Kap. 1, Rn. 26). Es liegt insoweit keine andere Situation vor als diejenige, in der ein vom Erblasser über den Tod hinaus Bevollmächtigter handelt; für diesen hat bereits das Reichsgericht entschieden (RGZ 106, 185), dass er auch für solche Geschäfte der gerichtlichen Genehmigung nicht bedürfe, die ein Vormund für den Mündel nicht ohne diese hätte abschließen können. Auch der Bundesgerichtshof hat bereits ausgesprochen (ZEV 2006, 262, juris-Rn. 2), dass ein Testamentsvollstrecker grundsätzlich unbeschränkt verfügungsbefugt sei und keiner vormundschaftsrichterlichen Genehmigung auch im Hinblick auf einen in seiner Geschäftsfähigkeit beschränkten Erben bedürfe.

4. Der Vollzug des Vertrages ist auch nicht unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des § 2206 BGB von einer familiengerichtlichen Genehmigung abhängig.

a) Allerdings lässt sich nicht feststellen, dass die Voraussetzungen des § 2206 Absatz 1 Satz 2 BGB vorliegen, der Testamentsvollstrecker sich also nur zu einer Verfügung über einen Nachlassgegenstand verpflichtet hat, zu der er berechtigt ist. Seine Angabe, dass der Kaufpreis für die Eigentumswohnung (allein) aus Mitteln des Nachlasses beglichen werden solle, über den er verfügen darf, lässt sich mit den im Grundbuchverfahren zulässigen Mitteln nicht belegen. Ebenso wenig lässt sich mit den Nachweismitteln der Grundbuchordnung feststellen, ob der Erwerb der Eigentumswohnung zur ordnungsgemäßen Verwaltung erforderlich ist und der Testamentsvollstrecker die schuldrechtliche Verpflichtung daher nach § 2206 Absatz 1 Satz 1 BGB eingehen durfte.

b) Darauf kommt es aber auch nicht entscheidend an. Beim Grundbuchamt ist darauf angetragen, auf der Grundlage der Auflassung und Bewilligung der Beteiligten zu 1 als Verkäuferin den Beteiligten zu 2 als Eigentümer der Wohnung einzutragen. Ob der Nachlass wirksam verpflichtet worden ist, die Gegenleistung für den Erwerb der Wohnung zu erbringen, unterliegt nicht der Untersuchung durch das Grundbuchamt. Sollte der Testamentsvollstrecker weder nach § 2206 Absatz 1 Satz 1 oder 2 BGB noch aus einem anderen Grunde berechtigt gewesen sein, die Verpflichtung zur Kaufpreiszahlung einzugehen, ist der Nachlass nicht wirksam verpflichtet worden (vgl. etwa Staudinger/Wolfgang Reimann [2012], BGB § 2206, Rn. 20). Ob dies zu einer späteren Rückabwicklung des Geschäfts nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen führen kann, ist im Grundbuchverfahren nicht zu untersuchen.

c) Auch aus § 2206 Absatz 2 BGB lässt sich eine Genehmigungsbedürftigkeit nicht herleiten. Soweit dort bestimmt ist, dass der Erbe verpflichtet sei, in die nach Absatz 1 berechtigte Eingehung von Verbindlichkeiten einzuwilligen, soll damit dem Testamentsvollstrecker zur Verringerung seines Haftungsrisikos die Möglichkeit eingeräumt werden, sich in Zweifelsfällen – notfalls klageweise – durch ein Einwilligungsverlangen der Berechtigung seines Handelns zu vergewissern (Staudinger/Wolfgang Reimann [2012] BGB § 2206 Rn. 14; BeckOK BGB/J. Mayer, Edition 34, § 2206, Rn. 11). Der Vorschrift kann hingegen nicht entnommen werden, dass es im Außenverhältnis der – bei Minderjährigen möglicherweise genehmigungsbedürftigen – Einwilligung des Erben bedürfe.

d) Keiner Entscheidung bedarf, ob die Mutter des Erben eine familiengerichtliche Genehmigung ihrer Erklärung deshalb benötigt, weil sie damit möglicherweise für ihren Sohn auf Schadensersatzanspruchansprüche gegen den Testamentsvollstrecker verzichtet hat. Diese Frage ist vom Grundbuchamt nicht zu prüfen; sie würde sich erst in einem Zivilprozess stellen, in dem möglicherweise vom Erben geltend gemachten Schadensersatzansprüchen gegen den Testamentsvollstrecker die Genehmigung der Mutter des Erben entgegengehalten würde.

5. Der vom Grundbuchamt angesprochene Grundsatz des effektiven Minderjährigenschutzes rechtfertigt keine andere Beurteilung.

a) Es trifft allerdings wegen § 1967 Absatz 1 BGB im Ausgangspunkt zu, dass Handlungen des Testamentsvollstreckers dazu führen können, dass der zunächst minderjährige Erbe bei Erreichen der Volljährigkeit mit Verbindlichkeiten belastet sein wird, denen weder er noch mit Billigung des Familiengerichts seine Eltern zugestimmt haben. Das zeigt sich bei dem hier in Rede stehenden Erwerb einer Eigentumswohnung etwa darin, dass dauerhaft die Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums sowie die Kosten der Instandhaltung, Instandsetzung und Verwaltung anteilig getragen werden müssen (§ 16 Absatz 2 WEG). Diese Rechtsfolge steht indes nicht im Zusammenhang mit der Minderjährigkeit des Erben, sondern ist eine notwendige Folge der gesetzlichen Ausgestaltung des Amts des Testamentsvollstreckers. Dessen Befugnisse sind vom Gesetz so ausgestaltet, dass er in dem durch § 2206 Absatz 1 BGB gezogenen Rahmen Verbindlichkeiten für den Nachlass und damit für den Erben eingehen kann, ohne dessen Genehmigung zu bedürfen; dies gilt sowohl für den minderjährigen als auch für den volljährigen Erben. Für beide Gruppen von Erben ist der Schutz dadurch gewährleistet, dass sie einerseits nur berechtigt eingegangene Verbindlichkeit gegen sich gelten lassen müssen und ihnen andererseits – wie der zweite Halbsatz von § 2206 Absatz 2 BGB bestimmt – die Befugnis verbleibt, die Beschränkung ihrer Haftung für die Nachlassverbindlichkeiten geltend zu machen.

b) Die Ausführungen von Schöner/Stöber (Grundbuchrecht, 15. Auflage, Rn. 3429), auf die das Grundbuchamt Bezug nimmt, betreffen nicht die hier vorliegende Konstellation. Dort ist lediglich ausgeführt, dass es einer familiengerichtlichen Genehmigung dann bedürfe, wenn der Testamentsvollstrecker aufgrund einer testamentarischen Verfügungsbeschränkung der Mitwirkung des Erben bedürfe. Eine solche testamentarische Beschränkung ist hier aber nicht ersichtlich.

c) Die vom Grundbuchamt angesprochene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 72, 155), die die Einführung des § 1629a BGB zur Folge gehabt hat, rechtfertigt keine andere Beurteilung. In dem Urteil ist es mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht Minderjähriger als unvereinbar angesehen worden, dass Eltern kraft ihrer aus § 1629 BGB folgenden elterlichen Vertretungsmacht ihre Kinder bei Fortführung eines ererbten Handelsgeschäfts in ungeteilter Erbengemeinschaft finanziell unbegrenzt verpflichten konnten. Dem lag die Erwägung zugrunde, dass der Start des Minderjährigen in die Volljährigkeit unzumutbar belastet werde, wenn es seinen Eltern in derartigen Fällen gestattet werde, ohne eine Haftungsbegrenzung und ohne einen Schutz durch vormundschaftsgerichtliche Genehmigung Verbindlichkeiten zu begründen. Im Falle der Testamentsvollstreckung liegt es indes so, dass Verbindlichkeiten für den Erben von vornherein nur im Rahmen des § 2206 BGB eingegangen werden dürfen.

III.

1. Gerichtskosten fallen im Beschwerdeverfahren nicht an, weil eine Gebührenerhebung nach der einschlägigen Ziffer 19116 des Kostenverzeichnisses zum GNotKG nur bei einer Verwerfung oder Zurückweisung des Rechtsmittels vorgesehen ist. Da ein Beteiligter in Gegnerstellung nicht vorhanden ist, kommt die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten nicht in Betracht.

2. Grundsätzliche oder einer Rechtsfortbildung zugängliche Fragen berührt das Verfahren nicht; eine Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 78 Absatz 2 Satz 1 GBO) war daher nicht veranlasst.

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