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Bewilligung Auflassungsvormerkung – Entbehrlichkeit einer Ehegatten-Zustimmung § 1365 BGB

OLG Frankfurt – Az.: 20 W 208/11 – Beschluss vom 01.06.2011

Die Zwischenverfügung vom 14.03.2011 wird aufgehoben.

Das Grundbuchamt wird angewiesen, die Anträge vom 14.02.2011 und 10.03.2011 nicht aus den Gründen der Zwischenverfügung vom 14.03.2011 zurückzuweisen.

Gründe

Die Antragstellerin zu 1) ist seit dem ….1978 als Eigentümerin des betroffenen Grundstücks im Grundbuch eingetragen. Ohne Mitwirkung ihres Ehemannes veräußerte sie am ….2011 zu UR-Nr. xxx/2011 des Verfahrensbevollmächtigten das Grundstück zu einem Kaufpreis von 95.000,00 € an die Antragstellerin zu 2). Unter § 5 der Urkunde bewilligten und beantragten die Urkundsbeteiligen die Eintragung der Eigentumsänderung sowie einer Auflassungsvormerkung. Ferner beantragten die Urkundsbeteiligten die Löschung einer in Abt. III lfde. Nr. 1 eingetragenen Grundschuld sowie in Abt. II Nr. 1 und 2 eingetragener Wohnungsrechte.

Zu seiner UR-Nr. yyy/2011 vom …. 2011 hat der Verfahrensbevollmächtigte die Bestellung einer Grundschuld über 130.000,00 € an dem betroffenen Grundstück durch die Antragstellerin zu 1) als Eigentümerin und die Antragstellerin zu 2) als Mitverpflichtete beurkundet.

Unter dem 14.02.2011 hat der Verfahrensbevollmächtigte gemäß § 15 GBO die Eintragung der Grundschuld und die Löschung der Rechte II/1 und 3 (richtig wohl: II/2) und III/1 beantragt sowie unter dem 10.03.2011 die Eintragung der Auflassungsvormerkung. Am 16.03.2011 ist beim Grundbuchamt ein Schriftsatz des Rechtsanwaltes des Ehemannes der Antragstellerin zu 1) vom 11.03.2011 eingegangen, in dem gegenüber der Antragstellerin zu 2) die Zustimmung des Ehemannes gemäß § 1365 BGB zu dem Kaufvertrag vom ….2011 versagt worden ist.

Mit Zwischenverfügung vom 14.03.2011 hat der Rechtspfleger beim Grundbuchamt die beantragte Eintragung von der Zustimmung des Ehegatten gemäß § 1365 BGB in der Form des § 29 GBO abhängig gemacht.

Dagegen haben die Antragstellerinnen Beschwerde eingelegt und geltend gemacht, es liege kein Fall der Zustimmungsbedürftigkeit vor, da im Zeitpunkt der Beurkundung am ….2011 das Gesamtvermögen der Antragstellerin zu 1) 124.500,00 € betragen habe, da außer dem Kaufpreis von 95.000,00 € der von der Antragstellerin zu 1) für den Erwerb einer Eigentumswohnung gemäß UR-Nr. zzz/2011 des Notars A, O1, aufgebrachte Kaufpreis von 29.500,00 € zu berücksichtigen sei, so dass sie nur über rund 76 % ihres Vermögens verfügt habe. Da das betroffene Grundstück von den Eltern der Antragstellerin zu 1) auf diese übertragen worden sei, falle die Substanz des Hauses auch nicht in den Zugewinn.

Als Kopie aus dem Verfahren 3 F 362/09 GÜ befindet sich bei den Grundakten eine Schätzungsurkunde des Ortsgerichts vom ….2009, in dem der Bodenwert des betroffenen Grundstücks mit 44.800,00 € und der Gebäudewert auf 155.140,00 € geschätzt und unter Berücksichtigung eines Abschlags von 15 % ein Gesamtwert von 199.940,00 € bescheinigt worden ist.

Der “ Erinnerung des Notars B“ hat der Grundbuchrechtspfleger nicht abgeholfen, da auch für die Belastung eines Grundstücks § 1365 BGB Anwendung finde, sofern – wie hier – der Wert des Grundstücks (beinahe) erreicht werde.

Da weitere wesentliche Vermögenswerte nicht vorhanden seien, handele es sich bei dem betroffenen Grundstück im Sinn des § 1365 BGB um das Vermögen der Antragstellerin zu 1) im Ganzen. Das gelte auch, wenn die Eigentumswohnung berücksichtigt werde, obwohl die Antragstellerin zu 1) noch nicht als Eigentümerin, noch für sie eine Auflassungsvormerkung eingetragen sei, und die Herkunft des Kaufpreises von 29.500,00 € nebulös sei, da er im Zugewinnausgleichsverfahren nicht auftauche.

Die Antragstellerin zu 2) habe nach Aktenlage vom Umstand des § 1365 BGB Kenntnis.

Die Beschwerde ist zulässig (§§ 71 Abs. 1, 73 GBO), wobei sie nach der ausdrücklichen Angabe in dem Schriftsatz vom 13.05.2011 für beide Antragstellerinnen eingelegt worden und nicht durch den Notar in eigenem Namen, wie im Tenor der Abhilfeentscheidung missverständlich formuliert worden ist. Auch der Notar, der eine zur Eintragung erforderliche Erklärung beurkundet oder beglaubigt hat, kann eine Beschwerde nur im Namen eines Beteiligten einlegen (Demharter: GBO, 27. Aufl., § 71, Rdnr. 74).

Sie hat auch in der Sache Erfolg, da die Zwischenverfügung vom 14.03.2011 zu Unrecht ergangen ist.

So ist schon nicht ersichtlich und von dem Grundbuchrechtspfleger auch nicht begründet worden, weshalb für die beantragten Löschungen der Wohnungsrechte und der Grundschuld über 11.000,00 DM die Zustimmung nach § 1365 BGB erforderlich sein soll.

Im Rahmen der nach § 19 GBO bewilligten und beantragten Eintragung der Auflassungsvormerkung hat das Grundbuchamt zwar die Bewilligungsbefugnis der Antragstellerin zu 1) zu überprüfen, die fehlen könnte, wenn auf Grund einer Zustimmungsbedürftigkeit nach § 1365 Abs. 1 BGB eine Verfügungsbeschränkung vorliegen würde. Nach ganz überwiegender Auffassung (BayObLG Rpfleger 1976, 129; Bauer/von Oefele: GBO, 2. Aufl., AT III 46; Demharter: GBO, 27. Aufl., Anhang zu § 44, Rdnr. 92; Hügel/Otto: GBO, 2. Aufl., § 33, Rdnr. 38; Munzig in Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann: Grundbuchrecht, 6. Aufl., § 19, Rdnr. 143; Schöner/Stöber: Grundbuchrecht, 14. Aufl., Rdnr. 1509 und 3361; Koch in Münchener Kommentar, 5. Aufl., 2010, § 1365 BGB, Rdnr. 37; Soergel/Lange: BGB, 12. Aufl., § 1365, Rdnr. 39; Staudinger/Thiele, 2007, § 1365, Rdnr. 53: anderer Ansicht Palandt/Brudermüller: BGB, 70. Aufl., § 1365, Rdnr. 6), der sich der Senat anschließt, ist die Bewilligung einer Auflassungsvormerkung jedoch nicht gemäß § 1365 Abs. 1 BGB zustimmungsbedürftig, auch wenn das betroffene Grundstück das ganze oder nahezu das ganze Vermögen des bewilligenden Ehegatten ausmacht. Die Bewilligung einer Auflassungsvormerkung führt nicht zu einer dinglichen Belastung des Grundstücks und damit nicht zu Vermögensminderung. Vielmehr handelt es sich bei einer Vormerkung um ein Sicherungsmittel eigener Art für einen schuldrechtlichen Anspruch, das abhängig ist vom Bestand des gesicherten Anspruchs (Palandt/Bassenge: BGB, 70. Aufl., § 883, Rdnr. 2). Daher ist die Vormerkung gegenstandslos, wenn der Anspruch auf Eigentumsübertragung bei Zustimmungsbedürftigkeit gemäß § 1365 Abs. 1 BGB nicht wirksam begründet worden ist. Bestand dagegen keine Zustimmungsbedürftigkeit, so kann der Anspruch auf Eigentumsübertragung auch ohne Zustimmung des anderen Ehegatten erfüllt werden, weshalb für diesen die Anspruchssicherung des Erwerbers ohne rechtliche Bedeutung ist.

Davon abgesehen liegen keine konkreten Anhaltspunkte vor für die nach ganz herrschender Meinung in § 1365 BGB als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal enthaltene positive Kenntnis des Vertragspartners – hinsichtlich des Kaufs also der Antragstellerin zu 2) – davon, dass das betroffene Grundstück das ganze oder nahezu ganze Vermögen der Antragstellerin zu 1) darstellt. Da maßgebender Zeitpunkt der Vertragsabschluss am ….2011 war (BGH NJW 89, 1609; FamRZ 90, 970; Palandt/Brudermüller: BGB, 70. Aufl., § 1365, Rdnr. 10), kann auf das Schreiben des Rechtsanwalts des Ehemannes vom 11.03.2011 an die Antragstellerin zu 2) nicht abgestellt werden, falls dieses mit dem Hinweis auf die Aktenlage gemeint sein soll, mit der in der Nichtabhilfebegründung die Kenntnis der Antragstellerin zu 2) begründet wird.

Hinsichtlich der Eintragung der neu bestellten Grundschuld über 130.000,00 € trifft es zwar zu, dass nach § 1365 Abs. 1 Satz 1 BGB ein im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebender Ehegatte sich nur mit Zustimmung des anderen Ehegatten zur Verfügung über sein Vermögen im Ganzen verpflichten kann und es allgemeiner Auffassung entspricht, dass zustimmungsbedürftig in diesem Sinne nicht nur Rechtsgeschäfte über die Veräußerung des Gesamtvermögens als solche sind, sondern auch Rechtsgeschäfte über einen einzelnen Vermögensgegenstand, wenn dieser das ganze oder nahezu ganze Vermögen ausmacht, wozu auch die wertausschöpfende Belastung eines einzelnen Vermögensgegenstandes zählt. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber sich in § 1364 BGB grundsätzlich für die Verfügungsfreiheit jedes Ehegatten über sein Vermögen entschieden hat, so dass es sich bei § 1365 Abs. 1 BGB um eine Ausnahmevorschrift handelt (BGH aaO).

Für das Grundbuchverfahren folgt hieraus, dass das Grundbuchamt grundsätzlich davon ausgehen kann, dass ein Gesamtvermögensgeschäft nicht vorliegt. Es entspricht deshalb allgemeiner Auffassung, der sich auch der Senat bereits mehrfach angeschlossen hat (vgl. Beschlüsse vom 28.05.1997- FamRZ 1998, 31- sowie vom 25.07.2002 -20 W 192/01- dok. bei juris- und 09.09.2010 -20 W 302/10-), dass das Grundbuchamt nur dann berechtigt und verpflichtet ist, im Wege der Zwischenverfügung gemäß § 18 GBO den Nachweis der Zustimmung des anderen Ehegatten oder den Nachweis weiteren Vermögens zu verlangen, wenn sich im Zeitpunkt der Entscheidung über einen Antrag aus den Eintragungsunterlagen oder sonst bekannten bzw. nach der Lebenserfahrung naheliegenden Umständen konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Tatbestandsvoraussetzungen eines Veräußerungsverbots nach § 1365 Abs. 1 Satz 1 BGB gegeben sind (PfälzOLG Zweibrücken Rpfleger 2004, 38; Thüringer OLG Rpfleger 2001, 298; OLG München Rpfleger 2007, 259; Schöner/Stöber: Grundbuchrecht, 14. Aufl., Rdnr. 3394; Palandt/Brudermüller, BGB, 69. Aufl., § 1365 Rn. 28 m. w. N.).

Es kann dahingestellt bleiben, ob aus den Eintragungsunterlagen klare Anhaltspunkte für die objektiven Tatbestandsmerkmale des § 1365 Abs. 1 BGB vorliegen, insbesondere, dass die zum Vollzug beantragte Grundschuldbestellung das Vermögen der Antragstellerin zu 1) im Ganzen betrifft. Insoweit hat der Grundbuchrechtspfleger verkannt, dass nach dem Schätzungsgutachten vom ….2009 der Gesamtwert von Boden- und Gebäudewert sich auf 199.940,00 € beläuft, 155.140,00 € ist nur der Gebäudewert. Die Grundschuld von 11.000,00 DM ist davon nicht abzuziehen, da sie offensichtlich nicht mehr valutiert, da die Gläubigerin schon die Löschungsbewilligung erteilt hat. Die Belastung von 130.000,00 € schöpft daher den Grundstückswert nicht aus, vielmehr verbleiben der Antragstellerin zu 1) noch fast 35 % des Wertes. Nach der Rechtsprechung des BGH (Rpfleger 1980, 423, 424) ist allerdings § 1365 BGB dann nicht anwendbar und bei größeren Vermögen ist nicht von einer Verfügung über das gesamte Vermögen auszugehen, wenn dem verfügenden Ehegatten 10 % verbleiben (BGH Rpfleger 1991, 309; Schöner/Stöber: Grundbuchrecht, 14. Aufl., Rdnr. 3357). Ob der von der Antragstellerin zu 1) für die von ihr gekaufte Eigentumswohnung aufgebrachte Kaufpreis zu berücksichtigen wäre, kann offenbleiben, denn auch hier muss dem Vertragspartner zusätzlich positiv bekannt sein, dass es sich bei dem Vertragsgegenstand um das ganze oder nahezu ganze Vermögen des Ehegatten handelt, zumindest muss er aber die Verhältnisse kennen, aus denen sich dies ergibt (BGH Rpfleger 1989, 190; ThürOLG Rpfleger 2010, 1733). Für die Grundschuldbestellung kommt es aber auf die Kenntnis der Gläubigerbank an, zu deren Gunsten die Bestellung erfolgt ist. Die von den Antragstellerinnen ohne Mitwirkung der Bank vorgenommene Bestellung bietet aber keinerlei tatsächlichen Anhaltspunkte für die Kenntnis der Gläubigerbank darüber, ob die bestellte Grundschuld das Vermögen der Antragstellerin zu 1) ausschöpft. Zwar ist die Höhe der Grundschuldbestellung über 130.000,00 € als Finanzierung des Kaufpreises von 95.000,00 € nicht ganz nachvollziehbar, kann sich aber auch aus den Vermögensverhältnissen der Antragstellerin zu 2) erklären, die als zukünftige Eigentümerin die persönliche Haftung übernommen hat.

Auf Grund des Erfolges der Beschwerde sind keine Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren entstanden, § 131 Abs. 3 KostO, und es bedurfte keiner Entscheidung über die Zulassung der Rechtsbeschwerde.

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