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Verfügungsbeschränkung – Löschung wegen Unrichtigkeit des Grundbuches

Oberlandesgericht Saarbrücken – Az.: 5 W 49/18 – Beschluss vom 10.07.2018

1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Saarbrücken – Grundbuchamt – vom 23. Mai 2018 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 5.000,- Euro.

Gründe

I.

Im Grundbuch von St. Johann, Band …, Blatt …, ist hinsichtlich des dort im Bestandsverzeichnis eingetragenen ½-Miteigentumsanteils an dem Grundstück Flur …, Flurstück …/…, Gebäude-und Freifläche Wohnen, verbunden mit dem Sondereigentum an den mit Nr. … bezeichneten Räumlichkeiten im Keller- und Erdgeschoss nebst Balkon und Garage Nr. …, eine Veräußerungsbeschränkung folgenden Wortlautes eingetragen (Bl. 15 d.A.):

„Zustimmung durch Eheleute K. P. und I. bzw. durch den Längstlebenden ist erforderlich“.

Wegen des Gegenstandes und des Inhalts des Sondereigentums einschl. Sondernutzungsrechten findet sich eine Bezugnahme auf eine notarielle Urkunde vom 28. Januar 1994 (UR …/… des Notars H. R.,), die unter Ziff. II.8 als Inhalt des Sondereigentums folgende Regelung enthält (Bl. 8 d.A.):

„Die Vermietung und Veräußerung des Wohnungseigentumsrechtes Nr. … bedarf der Zustimmung der Eheleute K. P. und I. bzw. des Längstlebenden von ihnen“.

Der weitere Beteiligte ist auf Grund notarieller Urkunde vom 28. Januar 1994 (UR …/… des Notars H. R.) als Eigentümer des vorbezeichneten Grundbesitzes im Grundbuch eingetragen worden. Zu Lasten des vorbezeichneten Grundbesitzes ist auf Grund notarieller Urkunde vom 11. März 1994 (UR …/… des Notars H. R.) in Abteilung III unter lfd. Nr. 1 eine Grundschuld zu 110.000,- DM für die Sparkasse S. eingetragen worden (Bl. 29 d.A). Infolge einer Teilabtretung wurde die Antragstellerin in Höhe eines erstrangigen Teilbetrages von 52.400,- DM nebst Zinsen seit 23. Juni 1994 am 26. Mai 2000 als Grundschuldgläubigerin unter lfd. Nr. 1a in das Grundbuch eingetragen.

Mit ihrem Antrag auf Berichtigung des Grundbuches vom 18. April 2018 begehrt die Antragstellerin die Löschung der Verfügungsbeschränkung zugunsten der – zwischenzeitlich verstorbenen – Eheleute K. P. und I. (Bl. 120 f. d.A.). Zur Begründung führt sie an, aus dem Grundpfandrecht die Zwangsvollstreckung betreiben zu wollen; der bereits erteilte Zuschlag in einem Zwangsversteigerungsverfahren -… – sei wieder aufgehoben worden, weil das Vollstreckungsgericht in dem Veräußerungsverbot ein Verfahrenshindernis sehe. Mit dem Tode der durch die Veräußerungsbeschränkung begünstigten Eheleute sei das Grundbuch unrichtig geworden und dementsprechend zu berichtigen.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 23. Mai 2018 (Bl. 139 d.A.) hat das Amtsgericht – Grundbuchamt – den Antrag zurückgewiesen. Die Antragstellerin verfüge bereits nicht über die erforderliche Antragsberechtigung im Sinne des § 13 GBO, im Übrigen sei durch den Tod der Zustimmungsberechtigten die Verfügungsbeschränkung nicht entfallen, sondern durch das Erfordernis der Zustimmung aller Wohnungseigentümer ersetzt worden. Der hiergegen gerichteten, am 14. Juni 2018 eingelegten Beschwerde der Antragstellerin (Bl. 144 d.A.) hat das Amtsgericht nicht abgeholfen und die Sache mit Beschluss vom 19. Juni 2018 dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die gemäß § 71 ff. GBO zulässige, insbesondere formgerecht gemäß § 73 GBO einlegte Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet. Das Amtsgericht hat den Antrag auf Berichtigung des Grundbuches durch Löschung der in Abteilung III eingetragenen Verfügungsbeschränkung zu Recht abgelehnt, weil sich deren Erlöschen nicht mit der gebotenen Sicherheit feststellen lässt.

1.

Die erforderliche Antragsberechtigung der Antragstellerin (§ 13 GBO), die das Amtsgericht in Zweifel zieht und aus der zugleich ihre Beschwerdeberechtigung folgt (vgl. BGH, Beschluss vom 6. März 1981 – V ZB 18/80, BGHZ 80, 126; BayObLGZ 1980, 37), liegt allerdings vor. Gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 GBO ist derjenige antragsberechtigt, dessen Recht von der Eintragung betroffen wird oder zu dessen Gunsten die Eintragung erfolgen soll. Wird – wie hier – eine Berichtigung des Grundbuchs (§§ 894 BGB, § 22 GBO) beantragt, so ist unmittelbar begünstigt in diesem Sinne auch der im Rang nachgehende Berechtigte, wenn das vorhergehende Recht gelöscht wird (BayObLG, DNotZ 1989, 363; Volmer in: Keller/Munzig, Grundbuchrecht 7. Aufl., § 13 Rn. 61). Deshalb kann eine Berichtigung durch Eintragung des tatsächlich Berechtigten auch von demjenigen beantragt werden, der aufgrund eines gegen den Berechtigten vollstreckbaren Titels eine Eintragung in das Grundbuch verlangen kann, sofern die Zulässigkeit dieser weiteren Eintragung von der vorherigen Berichtigung des Grundbuches abhängt (Meikel/Böttcher, GBO 11. Aufl., § 22 GBO Rn. 90; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht 15. Aufl., Rn. 360). Dabei ist § 13 Abs. 1 Satz 2 GBO dahin auszulegen, dass antragsberechtigt in diesem Sinne derjenige ist, der das Vorliegen der Unrichtigkeit zu seinen Gunsten oder zu seinen Lasten schlüssig behauptet (Meikel/Böttcher, GBO 11. Aufl., § 22 GBO Rn. 90). Das ist hier der Fall. Ob die von der Antragstellerin geltend gemachte Unrichtigkeit, die mit den im Grundbuchverfahren zulässigen Beweismitteln (§ 29 GBO) festgestellt werden muss, tatsächlich vorliegt, ist dagegen eine Frage der Begründetheit ihres Antrages.

2.

In der Sache hat das Amtsgericht den Berichtigungsantrag zu Recht abgelehnt. Eine zur Löschung der Veräußerungsbeschränkung führende Unrichtigkeit des Grundbuches kann vorliegend nicht festgestellt werden.

a)

§ 22 Abs. 1 Satz 1 GBO lässt eine Berichtigung des Grundbuchs ohne Bewilligung der von ihr Betroffenen zu, wenn die Unrichtigkeit des Grundbuchs nachgewiesen wird. An diesen Nachweis sind strenge Anforderungen zu stellen: Ein gewisser Grad von Wahrscheinlichkeit genügt nicht; vielmehr sind alle Möglichkeiten auszuräumen, die der Richtigkeit der begehrten Eintragung (hier durch Löschung, § 46 Abs. 1 GBO) entgegenstehen würden, lediglich ganz entfernt liegende Möglichkeiten brauchen nicht widerlegt zu werden (Senat, Beschluss vom 20. Februar 2018 – 5 W 89/17, juris; Demharter, Grundbuchordnung 28. Aufl., § 22 Rn. 37). Unrichtig ist das Grundbuch, wenn dessen Inhalt nicht oder nicht mehr mit der materiellen Rechtslage übereinstimmt (vgl. § 894 BGB). Das ist insbesondere der Fall, wenn das Grundbuch bezüglich einer – wie hier – eintragungsfähigen Verfügungsbeschränkung gemäß § 12 WEG mit der materiellen Rechtslage nicht (mehr) im Einklang steht (§ 22 Abs. 1 Satz 2 GBO; vgl. Meikel/Böttcher, a.a.O., § 22 GBO Rn. 4; Schrandt in: Keller/Munzig, a.a.O., § 22 Rn. 92). Die Unrichtigkeit des Grundbuches kann eine ursprüngliche sein, etwa weil die Verfügungsbeschränkung materiell-rechtlich nie entstanden ist, was hier aber nicht in Rede steht. Sie kann auch nachträglich dadurch eintreten, dass sich die Rechtlage ändert und dies zu einem Erlöschen der Verfügungsbeschränkung außerhalb des Grundbuches geführt hat (Schrandt in: Keller/Munzig, a.a.O., § 22 Rn. 96; vgl. OLG München, FGPrax 2005, 243). Auf Letzteres beruft sich die Antragstellerin, wenn sie unter Vorlage von Sterbeurkunden darauf verweist, dass die im Grundbuch durch die Veräußerungsbeschränkung begünstigten Eheleute K. P. und I. zwischenzeitlich verstorben seien.

b)

Insoweit ist eine Unrichtigkeit des Grundbuches (§ 22 GBO, § 894 BGB) jedoch nicht nachgewiesen. Wie das Amtsgericht zu Recht annimmt, hat der Umstand, dass die in der Veräußerungsbeschränkung als zustimmungsberechtigt benannten Eheleute verstorben sind, nicht dazu geführt, dass die Eintragung nunmehr wegen Unrichtigkeit des Grundbuches zu löschen wäre:

aa)

Rechtsgeschäftlich bestellte Veräußerungsbeschränkungen im Sinne des § 12 WEG entstehen und erlöschen mit ihrer Eintragung im Grundbuch (vgl. Meikel/Böttcher, a.a.O., 22 GBO Rn. 59; Staudinger/Kreuzer (2018) WEG § 12, Rn. 35). Soweit eine Veräußerungsbeschränkung – wie hier – als Inhalt des Sondereigentums vereinbart wurde, bedarf es zu deren Änderung oder Beseitigung eines entsprechenden Beschlusses der Wohnungseigentümer, der mit Stimmenmehrheit erfolgen kann (§ 12 Abs. 4 Satz 1 WEG); wurde dieser gefasst, kann die Veräußerungsbeschränkung im Grundbuch gelöscht werden (§ 12 Abs. 4 Satz 3 WEG). Im Übrigen sieht das Gesetz keine Gründe vor, die ohne weiteres zum Erlöschen einer solchen Verfügungsbeschränkung führen. Deshalb hat nach allgemeiner Auffassung das Fehlen oder der Wegfall eines namentlich benannten Zustimmungsberechtigten, insbesondere dessen Versterben (Grziwotz in: Jennißen, Wohnungseigentumsgesetz 5. Aufl., § 12 WEG Rn. 23), nicht zur Folge, dass die Verfügungsbeschränkung erlöschen und das Grundbuch infolgedessen fortan insoweit unrichtig würde. Welche materiell-rechtlichen Folgen im Einzelnen sich aus einer solchen Veränderung für das Zustimmungserfordernis ergeben, insbesondere ob in diesem Fall nunmehr sämtliche Wohnungseigentümer in der Form des § 29 GBO zustimmen müssen, wie das Amtsgericht angenommen hat (so auch die ganz h.A.: Grziwotz in: Jennißen, a.a.O., § 12 WEG Rn. 23; Commichau, in: MünchKomm-BGB 7. Aufl., § 12 WEG Rn. 20; Skauradszun, in: Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, BeckOGK Stand: 1. März 2018, § 12 WEG Rn. 23; Suilmann, in: Bärmann, WEG 13. Aufl., § 12 Rn. 29; vgl. ferner Senat, Beschluss vom 14. November 1988 – 5 W 251/88, DNotZ 1989, 439), oder ob dann ggf. vorübergehend die Zustimmungspflicht ganz entfällt (in diesem Sinne jetzt Staudinger/Kreuzer (2018) WEG § 12, Rn. 33a), bedarf vorliegend keiner Entscheidung.

bb)

Vergeblich verweist die Beschwerde in diesem Zusammenhang auf den Sinn und Zweck der Veräußerungsbeschränkung und das Gebot einer engen Auslegung derartiger Bestimmungen. Darauf kommt es nicht an. Richtig ist zwar, dass das aufgrund von § 12 Abs. 1 WEG in einer Teilungserklärung angeordnete Zustimmungserfordernis eine Ausnahme von dem Grundsatz des § 137 Satz 1 BGB darstellt, wonach die Befugnis zur Verfügung über ein veräußerliches Recht üblicherweise nicht eingeschränkt werden kann (BGH, Beschluss vom 21. Februar 1991 – V ZB 13/90, NJW 1991, 1613; Senat, Beschluss vom 7. November 2011 – 5 W 214/11-96, WuM 2012, 117). Als rechtlich zulässige Ausnahme von diesem Grundsatz ist eine vereinbarte Verfügungsbeschränkung deshalb eng und nicht weiter auszulegen, als es ihr Sinn und Zweck erfordert; dieser besteht hier in der Kenntnis über die Zusammensetzung der Wohnungseigentümergemeinschaft zum Schutze der Gemeinschaft, die vor nachteiligen Veränderungen im weitesten Umfange geschützt und durch das Mitbestimmungsrecht bei Veräußerungen von Sondereigentum in die Lage versetzt werden soll, erkennbar problematischen Eintritten eines neuen Wohnungseigentümers in die Gemeinschaft zu begegnen (Senat, a.a.O.; vgl. OLG Karlsruhe ZWE 2012, 490; Commichau, in: MünchKomm-BGB, a.a.O., § 12 Rn. 7 ff.). Dass dieser Zweck nicht ohne weiteres entfällt, weil die namentlich bezeichneten Zustimmungsberechtigten verstorben sind, liegt jedoch auf der Hand. Ohnehin betrifft dieser Einwand nur die inhaltliche Reichweite des eingetragenen Rechts und nicht dessen Bestand als solchen, der – wie erörtert – durch das Ableben des namentlich benannten Zustimmungsberechtigten nicht berührt wird. Soweit aus einer solchen Veränderung eine – für sich genommen der Berichtigung zugängliche – Unrichtigkeit der namentlichen Bezeichnung der zustimmungsberechtigten Personen im Grundbuch folgt, ist ein Antrag dieses Inhaltes hier nicht gestellt worden.

3.

Einer ausdrücklichen Kostenentscheidung bedurfte es im Hinblick auf die gesetzlich geregelte Kostenfolge (§ 22 Abs. 1 GNotKG) nicht. Die Entscheidung über die Festsetzung des Geschäftswertes beruht auf § 36 Abs. 3 GNotKG; für eine abweichende Bemessung nach § 51 Abs. 2 GNotKG fehlen hinreichende Anhaltspunkte.

Die Rechtsbeschwerde war mangels Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen (§ 78 Abs. 2 Satz 1 GBO) nicht zuzulassen.

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