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Glaubhaftmachung der Nichtexistenz nicht im Grundbuch eingetragener Grundschuldgläubiger

OLG Düsseldorf – Az.: I-3 Wx 254/19 – Beschluss vom 03.04.2020

Die Beschwerde der Beteiligten wird zurückgewiesen.

Geschäftswert: 5.112,92 €

Gründe

I.

Die Beteiligte wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Duisburg vom 6. Juni 2018 (42a VI 225718) zur Nachlasspflegerin für die unbekannten Erben der am 1. April 2018 verstorbenen Erblasserin bestellt. Die Erblasserin ist als Miteigentümerin zu ½-Anteil des im Grundbuch von Ruhrort auf Blatt … verzeichneten Grundbesitzes eingetragen. Als weiterer Eigentümer zu ½-Anteil ist ihr vorverstorbener Ehemann eingetragen, den die Erblasserin ihrerseits beerbt hat. In Abteilung III des Grundbuchs unter der laufenden Nummer 19 ist eine Grundschuld über eine Forderung von 10.000,- DM nebst Zinsen zugunsten der Sparkasse … eingetragen. Es handelt sich um eine Briefgrundschuld.

Die Beteiligte beabsichtigt die Veräußerung des genannten Grundbesitzes und in diesem Zusammenhang die Löschung der eingetragenen Grundschuld. Dazu hat sie mit notarieller Urkunde vom 17. April 2019 die Durchführung eines Aufgebotsverfahrens zum Ausschluss der unbekannten Grundschuldgläubiger beantragt. Ihr sei nicht bekannt, wer der Gläubiger der Grundschuld sei und wo sich der Grundschuldbrief befinde. Es werde versichert, dass sie über die Grundschuld nicht verfügt habe. Weiter hat sie die Stellungnahme der Sparkasse … vom 28. März 2019 vorgelegt, nach der dort keine Unterlagen zu einer bestehenden oder erledigten Darlehensschuld vorhanden seien; Unterlagen über erledigte Grundpfandrechte würden lediglich für einen Zeitraum von 10 Jahren aufbewahrt. Es sei für sie, die Sparkasse, nicht nachvollziehbar, ob seinerzeit eine Löschungsbewilligung erteilt worden sei, eine löschungsfähige Quittung erstellt oder eine Abtretung im Kundenauftrag erfolgt sei. Es sei auch nicht bekannt, ob die Rechte ver- oder gepfändet worden seien. Weiter erklärte die Sparkasse, dass sie keinerlei Rechte und Ansprüche aus der Grundschuld mehr herleite.

Mit Schreiben vom 15. August 2019 hat die Sparkasse … bestätigt, in den vergangenen 10 Jahren keine Erklärungen in Bezug auf die Grundschuld abgegeben oder an Eintragungen hinsichtlich der Grundschuld mitgewirkt zu haben.

Mit Beschluss vom 14. November 2019 hat das Amtsgericht den Aufgebotsantrag der Beteiligten zurückgewiesen. Die Beteiligte könne erst 10 Jahre nach dem Beginn der Nachlasspflegschaft die Voraussetzungen für ein Aufgebot nach § 1170 BGB glaubhaft machen.

Hiergegen wendet sich die Beteiligte mit ihrer Beschwerde vom 9. Dezember 2019. Sie trägt ergänzend vor, die Sparkasse … habe mit Schreiben vom 18. September 2019 mitgeteilt, eine Zweitlöschungsbewilligung könne nicht ausgestellt werden, da sie nicht sicher sei, ob sie noch Gläubigerin des eingetragenen Grundpfandrechts sei. Die Beteiligte meint, nach Ablauf einer Zeitspanne von mehr als 10 Jahren, innerhalb derer keine Eintragungen im Grundbuch erfolgt seien, könne davon ausgegangen werden, dass die Erblasserin die Grundschuld nicht abgetreten habe; anderenfalls hätte der Gläubiger längst seine Ansprüche geltend gemacht. Ein Zuwarten von fast noch neuen Jahren wäre unzumutbar.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Düsseldorf mit weiterem Beschluss vom 12. Dezember 2019 zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die gemäß §§ 58 ff. FamFG statthafte und auch im übrigen zulässige Beschwerde der Beteiligten ist dem Senat aufgrund der vom Amtsgericht mit weiterem Beschluss vom 12. Dezember 2019 erklärten Nichtabhilfe zur Entscheidung angefallen, § 68 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz FamFG.

In der Sache bleibt das Rechtsmittel der Beteiligten ohne Erfolg. Zutreffend ist das Amtsgericht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für die Durchführung eines Aufgebotsverfahrens zum Ausschluss unbekannter Gläubiger, § 1170 Abs. 1 BGB, nicht vorliegen.

Gemäß § 1170 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Gläubiger eines Grundpfandrechts mit seinem Recht im Wege des Aufgebotsverfahrens ausgeschlossen werden, wenn er unbekannt ist sowie seit der letzten sich auf das Recht beziehenden Grundbucheintragung zehn Jahre verstrichen sind und das Recht innerhalb dieser Frist nicht von dem Eigentümer – in einer bestimmten Weise – anerkannt worden ist. Der Gläubiger eines Briefgrundpfandrechts ist im vorgenannten Sinne auch dann unbekannt, wenn der für das Recht erteilte Brief unauffindbar und der Aufenthalt des letzten bekannten Inhaber unbekannt ist; im Ergebnis ist der Gläubiger eines Briefrechts schon unbekannt, wenn sich nicht feststellen lässt, in wessen Händen sich der Brief befindet (so ausdrücklich BGH NJW-RR 2009, 660 f. mit eingehender Begründung und Nachweisen; BGH NJW-RR 2014, 1360 f.; ferner: OLG München RPfleger 2018, 380 ff.; jurisPK BGB – Reischel, Stand: 1. April 2017, § 1170 Rn. 10; BeckOGK/Volmer, BGB, Stand: 1. Februar 2020, § 1170 Rn. 16). Soweit der Senat in der Vergangenheit eine abweichende Meinung vertreten hat und das Tatbestandsmerkmal des § 1170 Abs. 1 Satz 1 BGB „unbekannt“ verneint hat, wenn allein der Grundschuldbrief abhanden gekommen ist (Senat FGPrax 2013, 134 f.), hat dieser Standpunkt Kritik erfahren und der Senat hat bereits in zwei jüngeren Entscheidungen (FGPrax 2019, 46 und 191) zum Ausdruck gebracht, dass es offen erscheint, ob er an dieser Auffassung weiter festhält.

Eine abschließende Entscheidung hierzu ist im vorliegenden Verfahren nicht veranlasst, denn selbst wenn das Vorbringen der Beteiligten, der Verbleib des Grundschuldbriefs sei unbekannt, als ausreichend angesehen wird, kann hier nicht davon ausgegangen werden, dass der Gläubiger der eingetragenen Grundschuld unbekannt ist.

So hat die im Grundbuch eingetragene Gläubigerin, die Sparkasse …, zwar mit Schreiben vom 28. März 2019 mitgeteilt, dass sie keine Rechte oder Ansprüche aus der Grundschuld mehr herleite. Diese Erklärung hat die Sparkasse … dann aber selbst insofern relativiert, als dass sie mit weiterem Schreiben vom 18. September 2019 – so gibt die Beteiligte es in ihrer Beschwerdeschrift wieder – mitgeteilt hat, sie sei sich nicht sicher, ob sie noch Gläubigerin der Grundschuld sei, weshalb sie eine Zweitlöschungsbewilligung nicht erteilen könne. Danach verbleibt aber die Möglichkeit der Sparkasse als bekannter Grundschuldgläubigerin.

Sofern die Sparkasse … nicht mehr Gläubigerin der Grundschuld sein sollte, erscheint es denkbar, dass sie, die Sparkasse, den Grundschuldbrief nach Tilgung des der Grundschuld zugrundeliegenden Darlehens an die Erblasserin zurückgesandt hat. In einer solchen Situation kann dann aber nicht ausgeschlossen werden, dass die Erblasserin (ggfls. gemeinsam mit ihrem vorverstorbenen Ehemann) die Grundschuld durch Übergabe des Briefs und schriftliche Erklärung an einen anderen, keinem der Beteiligten oder der Sparkasse …, bekannten Gläubiger zur Absicherung einer anderen Verbindlichkeit abgetreten hat. Eine Briefgrundschuld kann nämlich auch ohne Eintragung im Grundbuch wirksam übertragen werden, vgl. §§ 1154 Abs. 1, 1192 Abs. 1 BGB.

Dass entsprechendes nicht geschehen ist, mithin die Nichtexistenz nicht im Grundbuch eingetragener Gläubiger, hat die Beteiligte nicht ausreichend glaubhaft gemacht, §§ 449, 450 Abs. 1 FamFG.

Für eine Glaubhaftmachung, die insbesondere durch eidesstattliche Versicherung erfolgen kann, § 450 Abs. 3 Satz 1, 31 Abs. 1 FamFG, reicht regelmäßig die überwiegende Wahrscheinlichkeit aus (Keidel/Sternal, FamFG, 20. Aufl. 2020, § 31 Rn. 3). Die eidesstattliche Versicherung stößt jedoch dann auf Schwierigkeiten, wenn der Antragsteller, z.B. der Erbe oder – wie hier – der für die unbekannten Erben bestellte Nachlasspfleger (§ 1960 Abs. 1 Satz 2 BGB), keine eigene Kenntnis vom Sachverhalt hat. Mangels eigener Wahrnehmung kann der Erbe oder der Nachlasspfleger dann nicht an Eides statt versichern, was der Eigentümer nach Übergang der Grundschuld auf sich selbst „mit seiner Grundschuld gemacht hat“. Der Erbe bzw. der Nachlasspfleger kann also in der Regel nicht versichern, dass es in den letzten zehn Jahren nicht zu Rechtsänderungen oder einem Anerkenntnis gekommen ist (vgl. Senat RNotZ 2012, 34 ff.; FGPrax 2019, 46 ff.; OLG Düsseldorf, 25. Zivilsenat, RNotZ 2019, 390 f.; allgemein: Keidel/Sternal, a.a.O., § 31 Rn. 12).

Auch hier kann die Beteiligte aus eigener Wahrnehmung verlässliche Angaben erst ab dem Zeitpunkt ihrer Bestellung am 6. Juni 2018 machen. Personen, die Angaben zu dem davor liegenden Zeitraum machen könnten, sind nicht bekannt. Soweit die Beteiligte darauf verweist, dass dann, wenn es zu einer Abtretung gekommen wäre, ein neuer Gläubiger längst seine Ansprüche geltend gemacht hätte, rechtfertigt auch das keine andere Betrachtung. Auch insoweit kann die Beteiligte aus eigener Anschauung keine Angaben dazu machen, ob nicht ein neuer Gläubiger bereits an die Erblasserin noch zu deren Lebzeiten herangetreten ist, ohne dass sich entsprechende Belege in den der Beteiligten zugänglichen Nachlassunterlagen gefunden haben. Auch unter Berücksichtigung des übrigen Akteninhaltes kann der Senat nicht die Überzeugung von der Nichtexistenz nicht eingetragener Gläubiger gewinnen. Dem steht insbesondere entgegen, dass die Beteiligte, wie sie mit Schriftsatz vom 27. Juni 2019 selbst ausführt, den in den Nachlass fallenden Grundbesitz zu verkaufen beabsichtigt und den Kaufpreis zur Deckung der Kosten der Nachlasspflegschaft dringend benötigt. Ist aber kein weiteres (wesentliches) Nachlassvermögen vorhanden, kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Erblasserin noch zu Lebzeiten die Grundschuld erneut als Sicherungsmittel verwendet haben könnte.

III.

Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich, da sich die Kostentragungspflicht der Beteiligten bereits aus dem Gesetz ergibt, §§ 25 Abs. 1, 22 Abs. 1 GNotKG.

Die Wertfestsetzung beruht auf § 61 Abs. 1, 46 GNotKG und entspricht dem Wert der eingetragenen Grundschuld.

Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, besteht nicht, § 70 Abs. 2 FamFG.

 

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