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Volljährigen-Stiefkindadoption mit Wirkungen einer Minderjährigenadoption

Geburtsname nach Stiefkindadoption: OLG Stuttgart mit richtungsweisendem Beschluss

Das Urteil des OLG Stuttgart (Az.: 16 UF 193/23) behandelt die Beschwerde eines Ehepaares bezüglich der Ablehnung ihres Antrags, dem Geburtsnamen der adoptierten volljährigen Stieftochter den bisherigen Geburtsnamen voranzustellen. Das Gericht entschied, dass die gesetzlichen Regelungen keine Grundlage für eine solche Namensführung bieten, und setzte das Verfahren aus, bis das Bundesverfassungsgericht über einen ähnlichen Fall entscheidet. Dies reflektiert die komplexe Interaktion zwischen Adoptionsrecht, Namensrecht und dem Schutz der Persönlichkeitsrechte im deutschen Rechtssystem.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 16 UF 193/23 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  • Die Adoption einer Volljährigen durch den Stiefvater und die damit verbundene Namensänderung führen zu rechtlichen und persönlichen Komplexitäten.
  • Der Wunsch, den Geburtsnamen vor den durch Adoption erlangten Familiennamen zu stellen, findet im aktuellen Gesetz keine Unterstützung.
  • Das Gericht betont die Bedeutung des Persönlichkeitsrechts und des Schutzes des Namens im Kontext der Adoption.
  • Die Aussetzung des Verfahrens wartet auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die möglicherweise relevante rechtliche Richtlinien für ähnliche Fälle vorgibt.
  • Die Bedeutung der äußeren Erkennbarkeit der neuen Familienzugehörigkeit wird gegenüber dem Kontinuitätsinteresse und der Identität des Adoptierten abgewogen.
  • Die Entscheidung reflektiert den Konflikt zwischen der gesetzlichen Regelung und den individuellen Rechten der betroffenen Personen.
  • Es wird auf die gesellschaftliche Entwicklung hingewiesen, nach der die Namensgleichheit innerhalb der Familie an Bedeutung verliert.
  • Der legitime Zweck der Namensänderung durch Adoption wird im Kontext des Schutzes der persönlichen Identität und des Namensrechts diskutiert.

Stiefkindadoption mit Minderjährigenwirkung – Rechtliche Aspekte und Herausforderungen

Stiefkindadoption mit Minderjährigenwirkung: Rechtliche Aspekte
(Symbolfoto: Song_about_summer /Shutterstock.com)

Die Volljährigenadoption mit Minderjährigenwirkung ist eine besondere Form der Adoption, die in Deutschland unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist. Sie kann vom Familiengericht ausgesprochen werden, wenn es sich um eine Stiefkindadoption handelt und wenn die sittliche Rechtfertigung auch auf die weitergehenden Wirkungen bezogen wird.

Motive für eine solche Adoption können vielfältig sein, etwa die rechtliche Absicherung des Kindes oder die Schaffung einer engeren familiären Bindung. Allerdings gibt es auch rechtliche Herausforderungen, die mit dieser Art der Adoption verbunden sind. So ist eine Volljährigenadoption mit Minderjährigenwirkung nur unter bestimmten Umständen möglich und es müssen strenge Voraussetzungen erfüllt sein.

Im Zentrum eines bemerkenswerten Rechtsstreits am OLG Stuttgart stand die Frage, inwieweit das bestehende Namensrecht eine Anpassung an familiäre Konstellationen erfordert, die durch die Adoption Volljähriger entstehen. Dieses rechtliche Dilemma führte zur vorübergehenden Aussetzung des Verfahrens durch das Gericht, welches auf eine richtungsweisende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wartet.

Familienbande im rechtlichen Korsett

Die Kernthematik des Falls dreht sich um eine volljährige Stiefkindadoption, bei der die adoptierte Person ihren Geburtsnamen beibehalten wollte, indem ihr Stiefvater sie als sein Kind annahm. Trotz der tiefen familiären Bindung, die über Jahrzehnte gewachsen war, stießen die Beteiligten auf ein rechtliches Hindernis, als sie versuchten, den Geburtsnamen der Adoptierten in Kombination mit dem Familiennamen des Annehmenden zu führen. Das Familiengericht lehnte dies ab, da das geltende Gesetz keine Möglichkeit bietet, den Geburtsnamen in dieser Form beizubehalten oder anzupassen.

Recht trifft auf Realität

Diese Situation offenbart eine Lücke im Namensrecht, die insbesondere bei der Volljährigen-Stiefkindadoption zum Tragen kommt. Die rechtliche Herausforderung besteht darin, dass die gesetzlichen Vorgaben zur Namensänderung bei Adoptionen die komplexen familiären Beziehungen und die Identität des Adoptierten nicht ausreichend berücksichtigen. Die Beschwerdeführer argumentierten, dass eine verfassungskonforme Auslegung der relevanten Paragraphen nötig sei, um eine angemessene Lösung zu ermöglichen. Sie betonten das starke Bedürfnis nach Namenskontinuität und die identitätsstiftende Funktion des Geburtsnamens.

Juristische Argumente und emotionale Belange

Der Fall illustriert, wie juristische Argumentation und emotionale Belange aufeinandertreffen. Die Antragsteller legten dar, dass der Geburtsname der Adoptierten eng mit ihrer persönlichen und beruflichen Identität verknüpft ist. Fast alle wichtigen Lebensdokumente, wie Abschlusszeugnisse und Berufszulassungen, sind auf diesen Namen ausgestellt. Die vom Gericht vorgeschlagene Namensänderung würde nicht nur praktische Schwierigkeiten mit sich bringen, sondern auch eine erhebliche emotionale Belastung darstellen.

Das Warten auf höchstrichterliche Klarheit

Das OLG Stuttgart entschied, das Verfahren auszusetzen und auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu warten. Diese Entscheidung könnte weitreichende Implikationen für das Namensrecht und die Handhabung von Volljährigen-Stiefkindadoptionen haben. Das Gericht erkennt an, dass eine Anpassung der rechtlichen Rahmenbedingungen notwendig sein könnte, um den Schutz der Persönlichkeitsrechte und die Realitäten moderner Familienkonstellationen angemessen zu berücksichtigen.

Der Fall unterstreicht die Notwendigkeit einer flexibleren Handhabung des Namensrechts, um den Bedürfnissen von Familien gerecht zu werden, die durch Adoptionen neu geformt werden. Die bevorstehende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wird mit Spannung erwartet, da sie möglicherweise die rechtlichen Richtlinien für ähnliche Fälle neu definieren wird.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Was bedeutet Volljährigen-Stiefkindadoption mit den Wirkungen einer Minderjährigenadoption im deutschen Familienrecht?

Die Volljährigen-Stiefkindadoption mit den Wirkungen einer Minderjährigenadoption im deutschen Familienrecht bedeutet, dass ein volljähriges Stiefkind von seinem Stiefelternteil adoptiert wird und dabei rechtlich einem leiblichen Kind gleichgestellt wird. Dies hat zur Folge, dass die Verwandtschaftsverhältnisse des Adoptierten zu seinen leiblichen Eltern erlöschen und neue Verwandtschaftsverhältnisse zu den Adoptiveltern und deren Verwandten entstehen.

Die Volljährigenadoption ist grundsätzlich eine Adoption mit schwacher Wirkung, bei der die verwandtschaftlichen Beziehungen des adoptierten Erwachsenen zu seinen leiblichen Eltern bestehen bleiben. Allerdings kann das Familiengericht unter bestimmten Voraussetzungen eine Volladoption mit den Wirkungen einer Minderjährigenadoption aussprechen. Dies ist beispielsweise möglich, wenn der Annehmende bereits einen minderjährigen Bruder oder eine minderjährige Schwester des Volljährigen adoptiert hat, oder wenn der Volljährige bereits als Minderjähriger mit dem Annehmenden zusammengelebt hat und der Adoptionsantrag zu einem Zeitpunkt gestellt wurde, in dem der Adoptierte noch minderjährig war.

Die Volljährigenadoption mit den Wirkungen einer Minderjährigenadoption führt dazu, dass der oder die Angenommene denselben rechtlichen Status erlangt wie ein in die Familie hineingeborenes Kind. Dies hat weitere Auswirkungen wie die Änderung des Familiennamens des Adoptierten, das Entstehen von Unterhaltsrechten und -pflichten gegenüber den Adoptiveltern sowie das Entstehen von Erbansprüchen gegenüber den Adoptiveltern.

Für die Volljährigenadoption mit Minderjährigenwirkung ist ein Antrag beim Familiengericht erforderlich, der notariell beurkundet werden muss. Die Einwilligungen der leiblichen Eltern sind keine Voraussetzung für eine solche Adoption, allerdings dürfen überwiegende Interessen der leiblichen Eltern der Adoption nicht entgegenstehen.

Was besagt § 1757 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 1767 Abs. 2 S. 1 BGB bezüglich der Namensänderung bei Adoption?

§ 1757 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 1767 Abs. 2 S. 1 BGB regelt die Namensänderung bei der Adoption. Gemäß § 1757 Abs. 1 BGB erhält das Kind durch die Adoption als Geburtsnamen den Familiennamen des Annehmenden. Dies bedeutet, dass der adoptierte Volljährige den Familiennamen des Annehmenden als seinen neuen Geburtsnamen annimmt. Der ursprüngliche Geburtsname des Adoptierten wird somit durch den Familiennamen des Annehmenden ersetzt.

§ 1767 Abs. 2 S. 1 BGB stellt klar, dass die Vorschriften über die Annahme Minderjähriger entsprechend auch für die Adoption Volljähriger gelten, soweit sich aus den §§ 1768 bis 1772 BGB nichts anderes ergibt. Dies bedeutet, dass die Regelungen zur Namensänderung, die bei der Adoption Minderjähriger Anwendung finden, grundsätzlich auch bei der Adoption Volljähriger zur Anwendung kommen.

Es gibt keine Ausnahme von dieser Regelung, was bedeutet, dass der adoptierte Volljährige den Familiennamen des Annehmenden als neuen Geburtsnamen erhält, unabhängig von seinem vorherigen Familiennamen oder anderen individuellen Umständen. Die Adoption führt somit zu einer vollständigen namensrechtlichen Eingliederung des Adoptierten in die Familie des Annehmenden.


Das vorliegende Urteil

OLG Stuttgart – Az.: 16 UF 193/23 – Beschluss vom 30.11.2023

Das Verfahren wird gem. § 21 Abs. 1 FamFG bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über den Vorlagebeschluss des Bundesgerichtshofs vom 13.5.2020 – XII ZB 427/19, ausgesetzt.

Gründe

I

Die am xx.xx.1982 geborene Anzunehmende ist die Tochter der weiteren Beteiligten zu 1, die bis zur Volljährigkeit der Anzunehmenden allein sorgeberechtigt war. Sie trägt den von ihrer Mutter abgeleiteten Geburtsnamen K.. Am 16.6.1988 schlossen die Mutter der Anzunehmenden und der Annehmende die Ehe, seither heißt die Mutter „K.-B.“. Am 11.10.1988 wurde der gemeinsame Sohn der Mutter der Anzunehmenden und des Annehmenden, R. B., geboren. Seit ihrem vierten Lebensjahr lebte die Anzunehmende in häuslicher Gemeinschaft mit ihrer Mutter, mit ihrem Stiefvater und – seit dessen Geburt – mit ihrem Stiefbruder.

Am x.x.2004 verstarb der leibliche Vater der Anzunehmenden. Persönliche Verbindungen der Anzunehmenden zu ihrem leiblichen Vater hatten kaum bestanden. Auch zur väterlichen Familie bestehen keine Verbindungen mehr.

Im Jahr 2014 schloss die Anzunehmende die Ehe mit Herrn Dr. C. S., dem weiteren Beteiligten zu 2, seither führt sie den Ehenamen „S.“. Beide haben zwei gemeinsame Kinder.

Der Annehmende und die Anzunehmende haben in erster Instanz den Ausspruch einer Annahme der Anzunehmenden als Kind des Annehmenden mit den Wirkungen einer Minderjährigenadoption beantragt. Der Annehmende hat außerdem mit Einwilligung der Anzunehmenden beantragt, dem neuen Geburtsnamen der Anzunehmenden „B.“ ihren bisherigen Geburtsnamen voranzustellen, so dass der Geburtsname der Anzunehmenden fortan „K.-B.“ lautet.

Das Familiengericht hat den Annehmenden, die Anzunehmende und die weiteren Beteiligten K.-B. und S. angehört. Auf den Vermerk vom 21.7.2023 wird Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 4.8.2023 hat das Amtsgericht – Familiengericht die Annahme der Anzunehmenden als Kind des Annehmenden mit den Wirkungen einer Minderjährigenadoption ausgesprochen. Weiter hat das Familiengericht festgestellt, dass die Angenommene nunmehr den Geburtsnamen „B.“ führe, und dass sich die Änderung des Geburtsnamens nicht auf den Familiennamen erstrecke. Den mit Einwilligung der Anzunehmenden gestellten Antrag des Annehmenden, dem neuen Geburtsnamen der Anzunehmenden den bisherigen Geburtsnamen voranzustellen, so dass der Geburtsname der Anzunehmenden „K.-B.“ laute, hat das Familiengericht zurückgewiesen.

Zur Begründung hat das Amtsgericht insbesondere ausgeführt, dass der Geburtsname der Anzunehmenden entsprechend der unmittelbar aus dem Gesetz (§ 1757 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1767 Abs. 2 S. 1 BGB) folgenden Änderung nunmehr „B.“ heiße. Das Gesetz eröffne nicht die Möglichkeit, dass dem neuen Geburtsnamen der Anzunehmenden ihr bisheriger Geburtsname vorangestellt werde.

Lediglich wenn ein Ehepaar ein Kind annehme oder ein Ehegatte ein Kind des anderen Ehegatten annehme und die Ehegatten keinen Ehenamen führten, bestimmten sie den Geburtsnamen des Kindes vor dem Ausspruch der Annahme durch Erklärung gegenüber dem Familiengericht. Die Regelung des § 1757 Abs. 2 Satz 1 BGB sei hier allerdings nicht einschlägig, da der Annehmende und die Mutter der Anzunehmenden den Ehenamen „B.“ führten.

Nach § 1757 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB i.V.m. § 1767 Abs. 2 S. 1 BGB könne das Familiengericht zwar auf Antrag des Annehmenden und mit Einwilligung der Anzunehmenden unter bestimmten Voraussetzungen dem neuen Familiennamen des Kindes den bisherigen Familiennamen voranstellen oder anfügen. Der vorliegende Sachverhalt unterfalle indes nicht dem Anwendungsbereich dieser Vorschrift. Die Anzunehmende habe mit der Eheschließung den Geburtsnamen ihres Ehemannes angenommen.

Der Vorlagebeschluss des Bundesgerichtshofs vom 13.5.2020 führe zu keiner anderen Beurteilung. Dieser Entscheidung liege offensichtlich ein anderer Sachverhalt zugrunde.

In Fällen wie hier verletze die gesetzliche Regelung nicht das durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Recht einer Person auf Entfaltung ihrer Persönlichkeit, das auch den Schutz des Familiennamens umfasse. Die Annehmende führe ihren Geburtsnamen weder als Ehenamen noch als Familiennamen. Die vom Gesetz vorgesehene Änderung des Geburtsnamens wirke sich unter keinem Gesichtspunkt auf ihren Ehe- bzw. Familiennamen aus. Im Übrigen sei der Schutzanspruch eines Namensträgers nicht uneingeschränkt gewährleistet. Der Gesetzgeber verfolge mit § 1757 Abs. 1 Satz 1 BGB einen legitimen Zweck, nämlich die neue Zugehörigkeit des Angenommenen zur Familie des Annehmenden auch äußerlich sichtbar zu machen. Dadurch werde eine volljährige Angenommene nicht unzumutbar belastet, wenn, wie hier, der Geburtsname weder im Ehenamen noch im Familiennamen Niederschlag gefunden habe. Ein gesteigertes Kontinuitätsinteresse, das eines besonderen Schutzes bedürfe, lasse sich in diesen Fällen nicht feststellen. Vielmehr sei das Kontinuitätsinteresse durch den fortbestehenden Ehenamen gewahrt.

Soweit die Änderung des Geburtsnamens auch die Belange der Mutter der Anzunehmenden berühre, umfasse ihre – erforderliche – Einwilligung in die Adoption auch die Weitergabe des Namens an das Kind. Im Übrigen sei mit der Wahl des Ehenamens „B.“ die Entscheidung verbunden, dass gemeinsame Kinder den Namen „B.“ tragen. Für die Angenommene, die nach Annahme die Stellung eines gemeinschaftlichen Kindes erhalte, könne insoweit nichts anderes gelten.

Mit ihrer Beschwerde wenden sich der Annehmende und die Anzunehmende insoweit gegen den Beschluss des Familiengerichts, als der Antrag abgewiesen wurde, dem neuen Geburtsnamen der Anzunehmenden den bisherigen Geburtsnamen voranzustellen.

Zur Begründung führen sie unter Vorlage eines Rechtsgutachtens von Prof. em. Dr. Dr. h.c. D. C.-W. aus, dass die Beschwerde statthaft sei, dass die Beschwerdeführer sowohl formell als auch materiell beschwert seien, und dass es sich bei dem nunmehr gestellten Hauptantrag nicht um einen neuen Antrag handle, sondern der Verfahrensgegenstand identisch sei.

In der Sache führen sie aus, dass sich die Möglichkeit, trotz einer Adoption den bisherigen Geburtsnamen weiterzuführen, im Falle einer Volljährigen-Stiefkindadoption aus einer verfassungskonformen Auslegung der §§ 1757, 1767 BGB ergebe. Die bisherige gesetzliche Regelung sei insoweit lückenhaft, als sie zwar einige besondere Fallkonstellationen bei der Minderjährigenadoption regele, die spezielle Kombination von Stiefkind- und Volljährigenadoption aber nicht berücksichtige. Die Besonderheiten bestünden darin, dass bei der Stiefkindadoption die Verbindung zur Herkunftsfamilie bestehen bleibe und auch namensrechtlich berechtigterweise gewünscht sein könne. Das Bedürfnis nach Integration in die „neue“ Familie bestehe bei einer Volljährigenadoption mit den Wirkungen einer Minderjährigenadoption (nach § 1772 Abs. 1 lit b und c BGB) schon deswegen nicht, weil diese Integration – wie vorliegend – auf einer bereits jahrzehntelangen familiären Verbindung beruhe, also seit langem faktisch schon erfolgt sei. Mit der Volljährigenadoption sei also faktisch keine „neue“ Familie begründet worden, vielmehr seien die jahrzehntelang bestehenden faktischen Familienbande zum Stiefvater „nur“ durch eine familienrechtliche Zuordnung ergänzt worden. Die äußere Erkennbarkeit der neuen familienrechtlichen Situation durch einen Wechsel des Geburtsnamens erscheine bei einer Volljährigenadoption weniger dringend. Im Hinblick auf die vielen möglichen Durchbrechungen der Namenseinheit der Familie sei diese nur noch ein sekundäres Anliegen des Namensrechts. Der Wunsch des volljährigen Namensträgers nach Namenskontinuität in Bezug auf seinen Geburtsnamen wiege deutlich schwerer als der Grundsatz der Namenseinheit der rechtlichen Familie. Dies gelte insbesondere dann, wenn sich die Adoptierte – wie vorliegend – jahrzehntelang mit ihrem Geburtsnamen identifiziert habe und wesentliche Stationen ihres Lebens – Abitur, Staatsexamina, Hochschulabschlüsse, Zulassung zur Rechtsanwaltskammer – unter diesem Namen dokumentiert seien. Diese besonderen Aspekte, die sich aus der Kombination von Volljährigen- und Stiefkindadoption ergäben, habe der Gesetzgeber nicht erfasst.

Eine Änderung des Geburtsnamens, der jahrzehntelang als Familienname von der Beschwerdeführerin geführt worden sei, stelle einen weitreichenden Eingriff in ihr Persönlichkeitsrecht dar und bedeute eine unzumutbare Belastung. So seien die wesentlichen Qualifikationsausweise der Beschwerdeführerin auf ihren bisherigen Geburtsnamen „K.“ ausgestellt. Es bestehe ein besonderes praktisches und emotionales Interesse der Beschwerdeführerin an der Beibehaltung ihres Geburtsnamens „K.“. Der Geburtsname entfalte auch dann seine Bedeutung, wenn die Anzunehmende inzwischen einen anderen Familiennamen führe. Der Geburtsname sei für die weitere Namensentwicklung (Hinzufügung als Begleitnahme, Wechselmöglichkeit bei Ehebeendigung, Wahl eines neuen Ehenamens bei einer neuen Eheschließung) weiterhin bestimmend.

Eine dem Wunsch nach Beibehaltung des Geburtsnamens entsprechende Lösung könne durch eine verfassungskonforme Auslegung des Gesetzes, nämlich entweder durch eine entsprechende Anwendung von § 1757 Abs. 3 Nr. 2 BGB oder eine teleologische Reduktion von § 1757 Abs. 1 BGB im Falle einer Volljährigen-Stiefkindadoption erreicht werden. Dabei könne § 1757 Abs. 3 Nr. 2 BGB verfassungskonform so gelesen werden, dass statt „dem neuen Familiennamen“ und „den bisherigen Familiennamen“ die Worte „der neue Geburtsname“ und „durch den bisherigen Geburtsnamen“ und statt „voranstellen oder anfügen“ „ersetzt wird“ eingefügt würden. Dies sollte dann möglich sein, wenn bei einer Volljährigen-Stiefkindadoption eine familiäre Beziehung zwischen Adoptivvater und Adoptivkind faktisch bereits bestehe, durch die Änderung des Geburtsnamens nach außen ohnehin keine neue Namenseinheit hergestellt werden könne und schließlich schwerwiegende Gründe für eine Beibehaltung des Geburtsnamens sprächen. Näher liege aber eine teleologische Reduktion von § 1757 Abs. 1 BGB, der für diese – auch von den anderen Sonderregelungen nicht erfasste – Konstellation nicht passe.

Sollte dem Senat eine derartige Auslegung des geltenden Rechts nicht überzeugend erscheinen, sei das Verfahren bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Vorlage des Bundesgerichtshofs vom 13.5.2020 auszusetzen. Alternativ könne der Senat erwägen, wegen seiner verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die strikte Anwendung der lex lata sowie der Unterschiede zwischen der vorliegenden Konstellation und der Sachverhaltsgestaltung im Fall des Bundesgerichtshofs seinerseits die Frage der Verfassungsmäßigkeit dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen.

Jedenfalls sei der Hilfsantrag positiv zu verbescheiden. Sowohl eine analoge Anwendung des § 1757 Abs. 2 BGB als auch eine analoge Anwendung des § 1757 Abs. 3 Nr. 2 BGB spreche für einen neuen Geburtsnamen „K.-B.“. Die in § 1757 Abs. 3 Nr. 2 BGB geforderten schwerwiegenden Gründe lägen vor. Zum einen liege der Anzunehmenden sehr daran, ihre Verbundenheit zu ihrer mütterlichen Familie, insbesondere zu ihrer Mutter, aber auch zu ihren Großeltern „K.“ namensrechtlich aufrecht zu erhalten. Zum anderen seien fast alle Qualifikationsnachweise auf den Namen „K.“ ausgestellt. Ein völlig neuer Geburtsname der Anzunehmenden würde ihr unnötige und unzumutbare praktische Probleme in allen Situationen bereiten, in denen es um berufliche Qualifikationen gehe. Im Übrigen sei jedenfalls zur Vermeidung eines verfassungswidrigen Eingriffs in das Namensrecht der Anzunehmenden das Verfahren entweder bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Vorlagefrage des Bundesgerichtshofs auszusetzen oder die Sache dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit vorzulegen.

Zu weiteren Einzelheiten der Beschwerdebegründung wird auf den Schriftsatz vom 21.11.2023 (BA 11 ff.) und auf das dem Schriftsatz als Anlage beigefügte Privatgutachten vom 6.11.2023 (BA 18 ff.) verwiesen.

Der Annehmende und die Anzunehmende beantragen:

1. Die Angenommene führt nunmehr den Geburtsnamen „K.“.

hilfsweise:

2. Die Angenommene führt nunmehr den Geburtsnamen „K.-B.“.

II

Das Verfahren ist gem. § 21 Abs. 1 FamFG bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über den Vorlagebeschluss des Bundesgerichtshofs vom 13.5.2020 -– XII ZB 427/19 – auszusetzen.

1. Die Beschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig.

a) Die Beschwerde ist statthaft. Zwar ist ein die Kindesannahme aussprechender Beschluss nach § 197 Abs. 3 S. 1 FamFG nicht anfechtbar. Gleiches gilt für eine darin enthaltene – deklaratorische – Aussage zur Änderung des Geburtsnamens des Angenommenen, die sich ausdrücklich auf § 1757 Abs. 1 BGB bezieht und lediglich die unmittelbar aus dem Gesetz folgende Namensänderung wiedergibt (BGH, Vorlagebeschluss vom 13.5.2020 – XII ZB 427/19 – juris Rn. 11 m.w.N.). Jedoch unterliegt ein Annahmebeschluss dann und insoweit der Anfechtung, als damit zugleich ein Antrag zur Namensführung gem. § 1757 Abs. 3 BGB abgelehnt wurde (BGH, Vorlagebeschluss vom 13.5.2020 – XII ZB 427/19 – juris Rn. 12 ff.). Dies gilt auch im vorliegenden Fall einer nach dem Gesetzeswortlaut so nicht vorgesehenen Namensführung. Denn die Rechtsmittelführer machen gerade geltend, die Vorschrift sei verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass auch die alleinige Fortführung des bisherigen Geburtsnamens der Anzunehmenden und – hilfsweise – die Voranstellung des neuen Geburtsnamens der Anzunehmenden an den bisherigen Geburtsnamen zulässig ist (vgl. BGH, Vorlagebeschluss vom 13.5.2020 – XII ZB 427/19 – juris Rn. 17).

b) Die Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere sind die Beschwerdeführer beschwerdebefugt, weil ihr Antrag abgewiesen wurde.

2. Ob die Beschwerde in der Sache Erfolg hat, hängt davon ab, ob § 1767 Abs. 2 BGB i.V.m. § 1757 BGB mit dem von Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG gewährleisteten Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts unvereinbar ist, ob also die Namensregelung in § 1767 Abs. 2 BGB i.V.m. § 1757 BGB verfassungsgemäß ist.

a) Nach § 1757 Abs. 1 S. 1 BGB, der über § 1767 Abs. 2 S. 1 BGB sinngemäß auch bei einer Volljährigenadoption anwendbar ist, erhält das Adoptivkind den Familiennamen des Annehmenden als Geburtsnamen. Die von diesem Grundsatz vorgesehenen gesetzlichen Ausnahmen sind nicht einschlägig. Insoweit wird zur Begründung auf die zutreffenden Ausführungen auf S. 6 der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

b) Entgegen der Auffassung der Beschwerde kann ihrem Anliegen nicht durch eine verfassungskonforme Auslegung des Gesetzes Rechnung getragen werden. Weder eine entsprechende Anwendung von § 1757 Abs. 3 Nr. 2 BGB noch eine teleologische Reduktion von § 1757 Abs. 1 BGB im Falle einer Volljährigen-Stiefkindadoption kommt in Betracht.

aa) Der Umstand, dass § 1767 Abs. 2 S. 1 BGB für Volljährigenadoptionen lediglich eine sinngemäße Anwendung der Vorschriften über die Annahme Minderjähriger vorschreibt, öffnet den Gesetzeswortlaut nicht für die von der Beschwerde begehrte Auslegung. Zum einen hat der Gesetzgeber den Verweisungsbegriff „sinngemäß“ als synonym zu „entsprechend“ verwendet, was daraus folgt, dass letztgenannter Begriff im Gesetzesentwurf vorgesehen war (BT-Drucks. 7/3061 S. 8, 52), der auf Vorschlag des Rechtsausschusses – „sprachlich überarbeitet“ wurde (BT-Drucks. 7/5087 S. 21, 42). Zum anderen ändert die sinngemäße Geltung der Vorschriften über die Annahme Minderjähriger nichts daran, dass der Gesetzeswortlaut die unveränderte Fortführung des Geburtsnamens nicht vorsieht (BGH, Vorlagebeschluss vom 13.5.2020 – XII ZB 427/19 – juris Rn. 28).

bb) Eine verfassungskonforme Auslegung im Sinne einer analogen Anwendung des § 1757 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB oder im Sinne einer teleologischen Reduktion des § 1757 Abs. 1 BGB ist auch nicht deshalb geboten, weil die bisherige gesetzliche Regelung – wie die Beschwerde geltend macht – insoweit lückenhaft ist, als sie zwar einige besondere Fallkonstellationen bei der Minderjährigenadoption regelt, die spezielle Kombination von Stiefkind- und Volljährigenadoption aber nicht berücksichtigt.

1) Wie der Bundesgerichtshof zur Konstellation der schwachen Volljährigenadoption ausgeführt hat, entspricht eine erweiternde Auslegung der Ausnahmevorschriften oder eine teleologische Reduktion des § 1757 Abs. 1 BGB in bestimmten Konstellationen der Volljährigenadoption nicht dem durch die Gesetzgebungsgeschichte belegten Willen des Gesetzgebers (vgl. BGH, Vorlagebeschluss vom 13.5.2020 – XII ZB 427/19 – juris Rn. 29).

(a) Im Zuge der grundlegenden Reform des Adoptionsrechts durch das Adoptionsgesetz vom 2. Juli 1976 (BGBl. I S. 1749) sollte der Angenommene grundsätzlich den gleichen Familiennamen wie seine Adoptiveltern und -geschwister führen, um eine volle Eingliederung in die neue Familie zu erreichen. Zugleich erkannte der Gesetzgeber (BT-Drucks. 7/3061 S. 45) an, dass in bestimmten Fällen ein berechtigtes Interesse des Angenommenen an einer Weiterführung seines bisherigen Namens bestehe, in denen dem Angenommenen ermöglicht werden sollte, zwar nicht – wie vor der Reform – nach freier Wahl, aber ausnahmsweise auf Antrag dem neuen Namen seinen bisherigen Familiennamen hinzuzufügen, wenn dies seinem Wohl entspreche (BGH, Vorlagebeschluss vom 13.5.2020 – XII ZB 427/19 – juris Rn. 30).

Diese im Regierungsentwurf vorgeschlagene Ausnahmeregelung wurde schließlich in einer noch engeren, vom Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags empfohlenen Fassung (vgl. BT-Drucks. 7/5087 S. 37 f.) verabschiedet, die eine Hinzufügung des bisherigen Familiennamens nur gestattet, wenn dies aus schwerwiegenden Gründen zum Wohl des Angenommenen erforderlich ist. Der Rechtsausschuss (BT-Drucks. 7/5087 S. 18) befürwortete in seinem Bericht die Namensänderung des Angenommenen als zwingende Rechtsfolge der Adoption und betonte, dass ein Abweichen von diesem Grundsatz nur unter sehr eingeschränkten Voraussetzungen zulässig sein sollte. Denn Unterschiede in der Namensführung seien geeignet, das Ziel der völligen Eingliederung des Angenommenen in die neue Familie zu gefährden. Deshalb solle die Hinzufügung des bisherigen Familiennamens nur dann in Betracht gezogen werden, wenn sich der Angenommene mit diesem Namen bereits identifiziert habe und der Namenswechsel störend auf die Familieneingliederung wirken könne (BGH, Vorlagebeschluss vom 13.5.2020 – XII ZB 427/19 – juris Rn. 31).

(b) Diese Erwägungen sind zwar nur im Rahmen der Minderjährigenadoption erfolgt (vgl. BT-Drucks. 7/3061 S. 44 f.; BT-Drucks. 7/5087 S. 18). Bei der Volljährigenadoption finden namensrechtliche Aspekte hingegen an keiner Stelle der Materialien Erwähnung (vgl. BT-Drucks. 7/3061 S. 52 f.; BT-Drucks. 7/5087 S. 21), so dass sich diesen nicht unmittelbar entnehmen lässt, ob der Reformgesetzgeber eine abweichende Namensregelung erwogen hat, um etwaigen Besonderheiten der Volljährigenadoption Rechnung zu tragen. Jedoch hat der Gesetzgeber die Volljährigenadoption teilweise abweichend von der Minderjährigenadoption geregelt und damit deren Eigenheiten anerkannt, zugleich aber davon abgesehen, hinsichtlich der namensrechtlichen Folgen der Volljährigenadoption ebenfalls Abweichendes zu bestimmen. Daher ist davon auszugehen, dass er die Volljährigenadoption über die Verweisungsnorm des § 1767 Abs. 2 Satz 1 BGB dem namensrechtlichen Regime des § 1757 BGB unterwerfen wollte (BGH, Vorlagebeschluss vom 13.5.2020 – XII ZB 427/19 – juris Rn. 32 f.).

(c) Hinzu kommt, dass schon vor der Adoptionsrechtsreform eine (alleinige) Fortführung des bisherigen Geburtsnamens des Angenommenen nicht möglich war. Vielmehr sah das Bürgerliche Gesetzbuch seit seiner Ursprungsfassung (RGBl. 1896, 195 ff.) in § 1758 BGB aF stets vor, dass das Kind den Familiennamen des Annehmenden erhielt und diesem (vorbehaltlich des Annahmevertrags) allenfalls seinen früheren Familiennamen hinzufügen durfte. Dass die von der Rechtsbeschwerde befürwortete Auslegung mit dem Willen des Reformgesetzgebers, der die Regelung zur Namensführung nach einer Adoption nicht liberalisieren, sondern verschärfen wollte, in Einklang zu bringen ist, kann vor diesem Hintergrund ausgeschlossen werden (BGH, Vorlagebeschluss vom 13.5.2020 – XII ZB 427/19 – juris Rn. 34).

(d) An der durch das Adoptionsgesetz geschaffenen Rechtslage sind im Übrigen auch im Zuge späterer Gesetzesänderungen – abgesehen von einer Lockerung der Voraussetzungen für eine Vornamensänderung (vgl. BT-Drucks. 12/2506 S. 1) – nur redaktionelle Anpassungen vorgenommen worden (vgl. BT-Drucks. 12/3163 S. 18; BT-Drucks. 13/4899 S. 115; BT-Drucks. 14/3751 S. 45; BT-Drucks. 16/6308 S. 347; BR-Drucks. 275/17 S. 25), obwohl die obergerichtliche Rechtsprechung weit überwiegend die unveränderte Fortführung des Geburtsnamens durch den volljährigen Angenommenen abgelehnt hatte (vgl. etwa OLG Hamm, Beschluss vom 30.6.2011 – 4 UF 186/10; BayObLG, Beschluss vom 15.1.2003 – 1Z BR 138/02; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 6.10.1999 – 11 Wx 56/99; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 23.12.1998 – 4 W 7/97; OLG Celle, Beschluss vom 3.7.1996 – 17 W 15/96; vgl. auch BGH, Beschluss vom 17.8.2011 – XII ZB 656/10 – juris Rn. 19 ff.). Vielmehr hat der Gesetzgeber die namensrechtlichen Folgen der Volljährigenadoption selbst dann unverändert gelassen, als er die ursprünglich in § 1757 Abs. 3 BGB enthaltene Bestimmung zur Erstreckung der Änderung des Geburtsnamens auf den Ehenamen des minderjährigen Angenommenen, die auf die Volljährigenadoption nur durch den Verweis in § 1767 Abs. 2 Satz 2 BGB anwendbar war, mit dem Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen vom 17. Juli 2017 (BGBl. I S. 2429) ohne inhaltliche Abweichung in § 1767 Abs. 2 Satz 3 BGB verschoben hat (BGH, Vorlagebeschluss vom 13.5.2020 – XII ZB 427/19 – juris Rn. 35).

(e) Die Ausnahmebestimmungen in §§ 1757 Abs. 3 Nr. 2, 1767 Abs. 3 Satz 2 BGB sind zudem eine gesetzessystematische Bestätigung dafür, dass sich der Gesetzgeber die Frage gestellt hat, ob und ggf. für welche Fälle von der Regel des § 1757 Abs. 1 Satz 1 BGB Abweichendes gelten soll, und diese Frage abschließend beantworten wollte. Von diesen ausdrücklich normierten Ausnahmen abgesehen soll mit Hilfe der Namensübereinstimmung zwischen Annehmendem und Angenommenem stets die durch die Adoption bewirkte neue verwandtschaftliche Beziehung nach außen dokumentiert werden (BGH, Vorlagebeschluss vom 13.5.2020 – XII ZB 427/19 – juris Rn. 36).

(f) Mit Blick auf den im Gesetz eindeutig zum Ausdruck kommenden objektivierten Willen des Gesetzgebers kommt die von der Beschwerde unter Verweis auf verfassungsrechtliche Gründe geforderte abweichende Gesetzesauslegung nicht in Betracht. Denn die verfassungskonforme Auslegung findet ihre Grenze dort, wo sie zum Wortlaut und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers in Widerspruch treten würde. Der Respekt vor dem demokratisch legitimierten Gesetzgeber verbietet es, im Wege der Auslegung einem nach Sinn und Wortlaut eindeutigen Gesetz einen entgegengesetzten Sinn beizulegen oder den normativen Gehalt einer Vorschrift grundlegend neu zu bestimmen (BGH, Vorlagebeschluss vom 13.5.2020 – XII ZB 427/19 – juris Rn. 37).

2) Diese Ausführungen des Bundesgerichtshofs beanspruchen nicht nur Geltung für die dem Vorlagebeschluss zugrunde liegende Konstellation eines im Wege der schwachen Volljährigenadoption adoptierten Angenommenen, der bis zur Annahme als Kind seinen Geburtsnahmen als Familiennamen, nicht aber als Ehenamen geführt hat, sondern auch für die vorliegende Konstellation. Dies gilt umso mehr, als die vorliegende Konstellation der Stiefkindadoption mit den Wirkungen einer Minderjährigenadoption der Minderjährigenadoption noch stärker angeglichen ist als eine schwache Volljährigenadoption.

Anderes ergibt sich nicht daraus, dass es vorliegend gerade um die besondere Kombination der Grundsätze der Namenskontinuität und der namensrechtlichen Zuordnung zur weiter bestehenden tatsächlichen und rechtlichen Verbindung mit der Herkunftsfamilie geht (so aber S. 11 des von der Beschwerde als Anlage zur Beschwerdebegründung vorgelegten Privatgutachtens vom 6.11.2023). Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber auch die Volljährigen-Stiefkindadoption über die Verweisungsnorm des § 1767 Abs. 2 Satz 1 BGB dem namensrechtlichen Regime des § 1757 BGB unterwerfen wollte, und dass er auch insoweit die Frage nach Ausnahmen abschließend beantworten wollte.

Ebenso wenig ergibt sich anderes daraus, dass – wie auf S. 11 des von der Beschwerde vorgelegten Gutachtens ausführt wird – im Falle einer Stiefkindadoption nur ein schwaches Bedürfnis nach einer namensrechtlichen Einheit mit dem Adoptierenden besteht und die jahrzehntelange Identifizierung mit dem Geburtsnamen dem Wunsch nach Namenskontinuität ein besonderes Gewicht verleiht. Diese Aspekte können zwar zur Rechtfertigung der Annahme einer Verfassungswidrigkeit der bestehenden namensrechtlichen Regelungen herangezogen werden, jedoch keine verfassungskonforme Auslegung entgegen dem gesetzgeberischen Willen rechtfertigen.

3. Der Senat ist der Überzeugung, dass es mit dem von Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG gewährleisteten Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts unvereinbar ist, wenn im Falle der starken Stiefkindadoption eines Volljährigen für den Angenommen, der bis zur Annahme als Kind den Geburtsnamen seiner Mutter als Geburtsnamen geführt hat, auch bei Vorliegen besonderer Umstände nicht die Möglichkeit besteht, den Geburtsnamen fortzuführen.

a) Zu dem durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützten Recht einer Person auf Entfaltung ihrer Persönlichkeit gehört der Schutz ihres Namens. Dieser Schutz umfasst neben dem Vornamen auch den Familiennamen. Erhält ein Kind einen Geburtsnamen als Familiennamen, verbindet sich dieser Name mit seiner Person. Er hilft ihm, seine eigene Identität zu finden und Individualität zu entwickeln. In dieser Funktion, dem Einzelnen als Mittel zur Selbsterkennung und zugleich zur Unterscheidbarkeit von anderen zu dienen, hat die Rechtsordnung den Namen seines Trägers zu respektieren und zu schützen. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt den Namensträger vor Entzug oder auferlegter Änderung seines Namens. Dies gilt auch dann, wenn der Namensträger mit seiner Eheschließung einen von seinem Geburtsnamen abweichenden Ehenamen angenommen hat. Der Geburtsname ist in derartigen Fällen dennoch von Relevanz, insbesondere ist er – wie die Beschwerde zutreffend ausführt (BA 14) – für die weitere Namensentwicklung (Hinzufügung als Begleitname, Wechselmöglichkeit bei Ehebeendigung, Wahl eines neuen Ehenamens bei einer neuen Eheschließung) weiterhin bestimmend.

Indem § 1757 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 1767 Abs. 2 Satz 1 BGB eine Änderung des Geburtsnamens des Angenommenen anordnet und – unter bestimmten Voraussetzungen – lediglich die Beifügung des bisherigen Geburtsnamens gestattet, trifft das Gesetz nicht nur eine das Namensrecht ausgestaltende Regelung, sondern greift in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ein. Denn es verwehrt dem Angenommenen, seinen vor der Adoption geführten Namen als alleinigen Familien- oder Geburtsnamen fortzuführen (vgl. BGH, Vorlagebeschluss vom 13.5.2020 – XII ZB 427/19 – juris Rn. 40 f. m.w.N.).

b) Den verfassungsrechtlichen Anforderungen an Eingriffe des Gesetzgebers in das Namensrecht (vgl. dazu BGH, Vorlagebeschluss vom 13.5.2020 – XII ZB 427/19 – juris Rn. 42 m.w.N.) genügt eine gesetzliche Regelung nicht, die eine unveränderte Namensfortführung nach der Volljährigenadoption versagt und nur die Ausnahme des § 1767 Abs. 2 S. 3 BGB vorsieht. Es fehlt jedenfalls an der Verhältnismäßigkeit des Grundrechtseingriffs (BGH, Vorlagebeschluss vom 13.5.2020 – XII ZB 427/19 – juris Rn. 44 m.w.N.).

aa) Zwar verfolgt der Gesetzgeber mit der Vorschrift des § 1757 Abs. 1 S. 1 BGB den legitimen Zweck, die neue Zugehörigkeit des Angenommenen zur Familie des Annehmenden auch äußerlich sichtbar zu machen (BGH, Vorlagebeschluss vom 13.5.2020 – XII ZB 427/19 – juris Rn. 45 m.w.N.).

bb) Jedoch wird ein volljähriger Angenommener jedenfalls dadurch unzumutbar belastet, dass sich sein Geburtsname infolge der Adoption selbst bei Vorliegen besonderer Umstände zwingend ändert und er den bisher als Geburtsnamen geführten Namen nicht fortführen darf. Hat der Angenommene – wie vorliegend – bis zu seiner Adoption durch den Stiefvater den Geburtsnamen seiner Mutter getragen, so korrespondiert der gesetzlich angeordnete Wechsel des Geburtsnamens nicht vollständig mit dem nach der Adoption bestehenden verwandtschaftlichen Beziehungsgeflecht, zu dem die Mutter des Angenommenen weiterhin gehört.

Zudem hat ein Volljähriger im Vergleich zu einem Minderjährigen regelmäßig ein ungleich stärkeres und mit fortschreitendem Alter weiter steigendes Interesse an einer Fortführung seines bisherigen Namens. Die Bedeutung dieses Kontinuitätsinteresses ist angesichts der identitätsstiftenden Funktion des Familiennamens als besonders hoch zu bewerten (BGH, Vorlagebeschluss vom 13.5.2020 – XII ZB 427/19 – juris Rn. 51). Dies gilt auch dann, wenn – wie vorliegend – der Namensträger mit seiner Eheschließung einen von seinem Geburtsnamen abweichenden Ehenamen angenommen hat. Wie bereits ausgeführt wurde, ist der Geburtsname in derartigen Fällen dennoch weiterhin von Relevanz, insbesondere ist er für die weitere Namensentwicklung bestimmend. Dass das Kontinuitätsinteresse auch den vom Ehenamen abweichenden Geburtsnamen umfasst, wird im vorliegenden Fall besonders deutlich. Die Angenommene hat unter ihrem bisherigen Geburtsnamen ihr Abitur gemacht, studiert, ihre Staatsexamina absolviert und ihre Anwaltszulassung erworben. Fast alle Qualifikationsnachweise lauten auf den Namen „K.“. Trüge die Angenommene allein den Namen „B.“, hätte sie bei künftigen Bewerbungen Schwierigkeiten, ihre schulischen und beruflichen Leistungen nachzuweisen.

Auf der anderen Seite verliert die äußerliche Sichtbarkeit der Familienzugehörigkeit – worauf auch auf S. 16 des von der Beschwerde vorgelegten Privatgutachtens hingewiesen wird – angesichts geänderter gesellschaftlicher Gepflogenheiten zunehmend an Bedeutung. Inzwischen tragen immer weniger Kinder denselben Namen wie ihre beiden Eltern. Dieser Umstand erklärt sich zum einen daraus, dass immer mehr Kinder aus nichtehelichen Partnerschaften hervorgehen. Zum anderen sind Ehegatten bereits seit April 1994 nicht mehr verpflichtet, einen Ehenamen zu führen (§ 1355 Abs. 1 BGB). In beiden Fällen erhalten die Kinder entweder den Namen des Vaters oder der Mutter als Geburtsnamen (vgl. §§ 1617, 1617 a BGB), so dass die Verwandtschaftsbeziehung von vornherein nur zu einem Elternteil durch die Namensführung nach außen hin dokumentiert ist. Mithin verliert der Name als Ausweis der Familienzugehörigkeit an Bedeutung (BGH, Vorlagebeschluss vom 13.5.2020 – XII ZB 427/19 – juris Rn. 52).

cc) Wenn der Gesetzgeber angesichts dieser Befunde für den Regelfall der Volljährigenadoption die Übernahme des Familiennamens des Annehmenden als Geburtsnamen des Angenommenen anordnet und damit die so nach außen erfolgende Dokumentation des neuen, zusätzlich geschaffenen Verwandtschaftsverhältnisses als vorrangig ansieht, wird dies verfassungsrechtlich jedenfalls den Fällen nicht gerecht, in denen der angenommene Volljährige ein über den Regelfall hinausgehendes Kontinuitätsinteresse aufweist und diesem auf Grundlage der bestehenden Regelungen nicht Rechnung getragen werden kann (vgl. BGH, Vorlagebeschluss vom 13.5.2020 – XII ZB 427/19 – juris Rn. 54).

4. Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen ist das Verfahren gem. § 21 Abs. 1 FamFG bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über den Vorlagebeschluss des Bundesgerichtshofs vom 13.5.2020 – XII ZB 427/19 – auszusetzen.

Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass der Vorlagebeschluss des Bundesgerichtshofs zu einer anderen Konstellation ergangen ist.

Es liegt nicht fern, dass die ausstehende Entscheidung des Verfassungsgerichts auch für die vorliegende Fallkonstellation relevant sein wird.

Nach der Tenorierungsvorschrift des § 78 BVerfGG, die gem. § 82 Abs. 1 BVerfGG auch für Entscheidungen im konkreten Normenkontrollverfahren gilt, kann das Bundesverfassungsgericht, wenn es zu der Überzeugung gelangt, dass Bundesrecht mit dem Grundgesetz unvereinbar ist, das Gesetz für nichtig erklären. Ebenso ist möglich, dass das Bundesverfassungsgericht die mit der Verfassungswidrigkeit gegebene Unvereinbarkeit einer Norm mit dem Grundgesetz feststellt (Geißler in BeckOK-BVerfGG, Stand 1.6.2023, § 81 Rn. 9; § 82 Rn. 3). Nach § 78 S. 2 BVerfGG kann sich der Entscheidungsausspruch sogar auf weitere Bestimmungen des gleichen Gesetzes erstrecken, wenn sich deren Verfassungswidrigkeit aus denselben Gründen ergibt (Geißler in BeckOK-BVerfGG, Stand 1.6.2023, § 82 Rn. 3).

Demnach kommt in Betracht, dass das Bundesverfassungsgericht auf die Vorlage des Bundesgerichtshofs hin die Norm des § 1757 BGB insgesamt oder in Verbindung mit der im Recht der Volljährigenadoption geltenden Verweisungsnorm des § 1767 Abs. 2 BGB für nichtig erklärt oder deren Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz feststellt. In diesem Fall wäre die verfassungsgerichtliche Entscheidung auch im vorliegenden Fall erheblich.

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