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Geschäftswert eines Verpfändungsvertrages über einen GmbH-Geschäftsanteil

LG Leipzig, Az.: 2 OH 5/15, Beschluss vom 21.07.2016

1. Unter Aufhebung der Kostenrechnung-Nr. 1270-2/14 (Urkundenrolle Nr. …) wird dem Notar aufgeben, die Kostenrechnung Nr. 1270-2/14 (Urkundenrolle Nr. …) auf der Basis eines Geschäftswerts in Höhe von 59.715,92 € neu zu erstellen. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

2. Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Der Notar beurkundete am 07.02.2014 für Urkunds-Nr. … einen Verpfändungsvertrag zwischen der … -Beteiligungs-GbR, die alleinig Gesellschafterin der Antragstellerin ist, als Pfandgeberin und der … Vermögensverwaltungs- und Treuhandgesellschaft mbH als Sicherheiten-Treuhänderin. Gegenstand des Pfandrechts waren 50 % der Geschäftsanteile der Pfandgeberin an der Neue … Leipzig International GmbH. Diese hat ein Stammkapital von 150.000,00 €. Die Verpfändung dient als Sicherheit für die von der Antragstellerin emittierten Inhaber-Schuldverschreibung in Höhe von 25 Millionen Euro.

Ebenfalls am 07.02.2014 zur Urkunds-Nr. … beurkundete der Notar eine Sicherheits-Treuhandvereinbarung zwischen der Pfandgeberin, der Sicherheiten-Treuhänderin und der Antragstellerin („Emittentin“). In dieser wurde die Verwaltung der bestellten Sicherheit geregelt und verpflichtete sich u. a. die Antragstellerin im Wege eines abstrakten Schuldanerkenntnisses (Parallelverpflichtung) an die Sicherheiten-Treuhänderin Beträge zu zahlen, die allen gegenwärtigen und zukünftigen Beträgen (ursprüngliche Verpflichtungen) entsprechen, die die Antragstellerin einem Gläubiger der Anleihe und/oder im Zusammenhang mit der Anleihe schuldet (Ziff. 4.1). Die Sicherheiten-Treuhänderin hatte einen eigenhändigen und unabhängigen Anspruch darauf, Zahlungen auf die Parallel-Verpflichtung zu verlangen (Ziff. 4.2). Als Vergütung der Sicherheiten-Treuhänderin schuldete die Antragstellerin eine Gebühr in der Höhe und zu dem Zeitpunkt, wie dies in einer separaten Gebühren-Vereinbarung vereinbart wurde. Laut Angabe handelt es sich um einen einmaligen Betrag in Höhe von 25.000,00 €.

Für die Beurkundung des Verpfändungsvertrages erhob der Notar gemäß Kostenberechnung vom 13.06.2014 (KR-Nr. 1270-2/14) bei der Antragstellerin eine 2,0-Gebühr nach Nr. 21100 KVGNotKG aus 12,5 Millionen in Höhe von 25.770,00 € (netto).

Für die Beurkundung der Sicherheiten-Treuhandvereinbarung erhob der Notar gemäß Kostenberechnung vom 13.06.2014 (KR-Nr. 1270-3/14) bei der Antragstellerin eine 2,0-Gebühr nach Nr. 21100 KVGNotKG aus 25.000,00 € in Höhe von 230,00 € (netto) und eine Gebühr nach Nr. 12100 KVGNotKG aus 25 Millionen Euro in Höhe von 20.185,00 € (netto).

Die Antragstellerin wendet sich gegen die angesetzten Geschäftswerte in beiden Kostenberechnungen. Sie begehrt die Neuberechnung der Gebühr auf der Basis eines Geschäftswertes in Höhe von 59.715,92 €. Sie ist der Auffassung, dass sich der jeweilige Geschäftswert nach dem anteiligen bilanziellen Eigenkapital des Pfandes, der Gesellschaftsanteile an der Neue ZWL Zahnradwerke Leipzig International GmbH, gemäß deren Schlussbilanz zum 31.12.2013 bestimme. Danach belaufe sich der Wert der Gesellschaftsanteile wegen eines Jahres-Fehlbetrages im Jahre 2013 in Höhe von 30.568,18 € auf insgesamt 119.431,83 €, sodass sich der hälftige Wert auf 59.715,92 € belaufe.

Der Notar, der vor Erstellung seiner Kostenberechnung eine Stellungnahme der Ländernotarkasse eingeholt hat, hält an den angesetzten Geschäftswerten fest.

Die Ländernotarkasse und der Präsident des Landgerichts Leipzig wurden von der Kammer angehört.

II.

Das Kostenprüfungsverfahren nach § 127 Abs. 1 Satz 1 GNotKG ist der statthafte Rechtsbehelf für die Anfechtung der Geschäftswerte. Der Antrag ist gemäß § 130 Abs. 3 Satz 1 GNotKG in Verbindung mit § 23 Abs. 1 FamFG ausreichend begründet. Auch die Frist des § 127 Abs. 2 Satz 1 GNotKG wurde eingehalten.

In der Sache ist der Kostenprüfungsantrag nur zum Teil begründet.

Der Geschäftswert eines Verpfändungsvertrages über einen GmbH-Geschäftsanteil bestimmt sich gemäß §§ 53 Abs. 2 GNotKG in Verbindung mit § 97 Abs. 1 GNotKG nach dem Betrag der gesicherten Forderung oder dem geringeren Wert des verpfändeten Geschäftsanteils. Der Wert des verpfändeten Geschäftsanteils bestimmt sich nach § 54 GNotKG. Insofern ist vorliegend nicht auf die gesicherte Forderung, sondern wegen des geringeren Wertes auf den verpfändeten Geschäftsanteil abzustellen. Die Kammer folgt zwar der Auffassung des Notar und der Ländernotarkasse, wonach ein hoher Betragsunterschied zwischen dem nach § 54 GNotKG ermittelten Wert des Geschäftsanteils und der verpfändeten Forderung einen Anhaltspunkt im Sinne des § 54 Satz 1 GNotKG darstellen kann, dass der Geschäftsanteil einen höheren als den bilanziellen Eigenkapitalwert hat und dass in diesem Fall auf den Betrag der gesicherten Forderung abgestellt werden kann. Denn der Vorrang anderweitiger Wertvorschriften greift nur innerhalb des Anwendungsbereichs der jeweiligen Spezialvorschrift. Wie sich aus dem Wortlaut („soweit“) ergibt, bleibt § 36 GNotKG daneben anwendbar, sofern Bewertungslücken zu schließen sind. Derartige Anhaltspunkte sind vorliegend indes nicht gegeben. Für den Geschäftsanteil einer GmbH ist als Geschäftswert der Wert maßgebend, den er im wirtschaftlichen Verkehr hat. Zur Bestimmung dieses Wertes gilt § 36 Abs. 1 GNotKG. Bei Geschäftsanteils-Kaufverträgen dokumentieren sich der Wert des Geschäftsanteils im Kaufpreis zuzüglich der weiteren im Zusammenhang mit dem Kauf eingegangenen Verpflichtungen und Leistungen. Desweiteren können notierte Kurswerte, Werte aus vergleichbaren Verkäufen, Nennbeträge eines Darlehen, dessen Besicherung durch Verpfändung der Geschäftsanteile erfolgt, für die Wertermittlung herangezogen werden. Daneben ist mit § 54 GNotKG eine Spezialvorschrift zur Bestimmung des Geschäftswerts von Geschäftsanteil an Kapitalgesellschaften eingeführt worden, die eine Mindest-Geschäftswert-Vorschrift darstellt. Abgestellt wird in § 54 GNotKG auf das Eigenkapital gemäß § 266 Abs. 3 HGB mit bestimmten Buchwertkorrekturen (wenn genügende Angaben fehlen, die zu einem höheren Wert geführt hätten). Letzteres ist vorliegend der Fall. Die neue ZWL Zahnradwerke Leipzig International GmbH, die mit Gesellschaftsvertrag vom 12.07.2013 gegründet wurde und am 19.08.2013 ins Handelsregister B des Amtsgerichts Leipzig eingetragen wurde, wurde erst kurz vor Beurkundung der streitgegenständlichen Verträge gegründet und konnte ihren Geschäftsbetrieb noch nicht nennenswert entfalten. Entgegen der Auffassung des Notars dokumentieren allein die beurkundeten Verträge die in Umsetzung eines Vorhabens mit einem voraussichtlichen Volumen von 25 Millionen geschlossen wurden, nicht, dass die verpfändeten Anteile an der Neue ZWL Zahnradwerke Leipzig International GmbH einen höheren als den Eigenkapitalwert haben. Denn die Emittentin ist nicht die neue ZWL Zahnradwerke Leipzig International GmbH, sondern die Antragstellerin, auf deren Wert es hier nicht ankommt.

Im Übrigen ist der Kostenprüfungsantrag unbegründet. Die Sicherheiten-Treuhandvereinbarung enthält kostenrechtlich mindestens 2 Rechtsverhältnisse im Sinne des § 97 Abs. 1 GNotKG in Verbindung mit § 86 Abs. 1 GNotKG. Nämlich einen Sicherungs- bzw. Treuhandvertrag und ein abstraktes Schuldanerkenntnis. Hierbei handelt es sich gemäß § 86 Abs. 2 GNotKG um verschiedene Beurkundungsgegenstände, da keines der beiden Rechtsverhältnisse der Erfüllung, Sicherung oder Durchführung des anderen im Sinne des § 109 Abs. 1 Satz 1 bis 3 GNotKG dient. Es kann dabei dahinstehen, ob zu dem abstrakten Schuldanerkenntnis nicht nur die Erklärung des Schuldners, sondern das rechtsgeschäftliche Echo des Gläubigers beurkundet wurde. Denn die Bewertung als einseitige Erklärung des Schuldners mit einer 1,0 Gebühr nach Nr. 21200 KV GNotKG statt ein Vertrag mit 2,0 Gebühr nach Nr. 21100 KV GNotKG ist für die Antragstellerin ausschließlich günstig. Da die Antragstellerin, die Emittentin, sich im Wege eines abstrakten Schuldanerkenntnisses (Parallelverpflichtung) verpflichtet hat, an die Sicherheiten-Treuhänderin Beträge zu zahlen, die allen gegenwärtigen und zukünftigen Beträgen (ursprüngliche Verpflichtungen) entsprechen, die die Emittentin einem Gläubiger der Anleihe und/oder im Zusammenhang mit der Anleihe schuldet, vermag die Kammer der Auffassung der Antragstellerin, dass das abstrakte Schuldanerkenntnis keinen eigenständigen Wert habe, nicht zu folgen. Insofern ist der Geschäftswert des Schuldanerkenntnisses mit 25 Millionen anzusetzen. Denn auf diesen Betrag zielt die Anleihe der Emittentin. Was den Sicherungs- bzw. Treuhandvertrag im engeren Sinne angeht, ist eine 2,0 Gebühr nach Nr. 21100 KV GNotKG zu erheben. Denn der Geschäftswert bestimmt sich gemäß §§ 97 Abs. 1, 29 Abs. 2 GNotKG nach der versprochenen Vergütung. Diese wurde außerhalb der Urkunde mit – unstreitig – 25.000,00 € vereinbart. Da nach der Vergleichsberechnung nach § 94 Abs. 1 GNotKG der getrennte Gebührenansatz günstiger als der Ansatz des Höchstgebührensatzes nach dem zusammengerechneten Wert ist, ist die Kostenberechnung des Notars insoweit nicht zu beanstanden.

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. An der Gebührenfreiheit, die das Gesetz für erstinstanzliche Notarkostenverfahren in § 156 Abs. 6 Satz 1 KostO a. F. ausdrücklich bestimmte, hat das seit dem 01.08.2013 geltende GNotKG nichts geändert. Auch war eine Kostenerstattung nicht anzuordnen. Dem Sinn und Zweck des § 81 Abs. 1 FamFG unter Berücksichtigung von Wortlaut, Systematik und Entstehungsgeschichte entspricht es, dass das Gericht seiner Ermessungsentscheidung sämtliche in Betracht kommende Umstände einbezieht. Hierzu zählen neben dem Maß des Obsiegens und Unterliegens etwa die Art der Verfahrensführung, die verschuldete oder unverschuldete Kenntnisse der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse. Im Rahmen dieser umfassenden Abwägung kann auch aus der Aufzählung der Regelbeispiele für eine Kostenauferlegung in § 81 Abs. 2 FamFG nicht im Umkehrschluss gefolgert werden, dass in allen übrigen Fällen eine Kostenauferlegung nicht gleichwohl der Billigkeit entspräche. § 81 Abs. 2 FamFG soll dem Gericht lediglich die Möglichkeit eröffnen, die pflichtwidrige Einleitung von Verfahren sowie Verstöße gegen die Mitwirkungspflicht der Beteiligten negativ zu sanktionieren. Im Übrigen bleibt es bei der umfassenden Abwägung im Rahmen des § 81 Abs. 1 FamFG (vgl. BGH, Beschluss vom 18.11.2015 – Aktenzeichen: IV ZP 35/15 – für eine Kostenentscheidung im Erbscheinsverfahren – zitiert nach JURIS). Vorliegend ist insbesondere zu sehen, dass es sich bei dem Kostenprüfungsantrag gemäß § 127 Abs. 1 Satz 1 GNotKG um ein atypisches Verfahren handelt, welches der besonderen Stellung des Notars geschuldet ist. In diesen Verfahren, die dem Landgericht zugewiesen sind und in denen kein Anwaltszwang herrscht, ist der Notar nicht Antragsgegner, sondern weiterer Beteiligter, dessen Kostenberechnung überprüft wird. Da der Notar zur Kostenerhebung verpflichtet ist, vorliegend sogar vor seiner Kostenberechnung die Ländernotarkasse eingeschaltet hat und sich das Maß des Obsiegens und Unterliegens die Waage hält, ist ein Grund, die der Antragstellerin entstandenen außergerichtlichen Kosten der Staatskasse aufzuerlegen, nicht ersichtlich.

 

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