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Zwischenverfügung – Unterscheidbarkeit einer angemeldeten Firma und einer Vereinsbezeichnung

OLG Stuttgart – Az.: 8 W 146/20 – Beschluss vom 12.05.2020

1. Die Zwischenverfügung des Amtsgerichts – Registergericht – Ulm vom 3. April 2020, Az. 00 AR 446/20, wird aufgehoben.

2. Die Sache wird zur anderweiten Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht – Registergericht – Ulm zurückverwiesen.

Gründe

I.

Mit der vom Notar X beglaubigten Anmeldung vom 12. Februar 2020 beantragten die alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer der Komplementärin aa (gleichzeitig in der Funktion als die gesamtvertretungsberechtigten Vorstandsmitglieder des aa) sowie der Aufsichtsratsvorsitzende, der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende und die Aufsichtsratsmitglieder der Antragstellerin die Anmeldung der neu gegründeten GmbH & Co. Y beim Amtsgericht – Registergericht – Ulm unter der Firma XY. Der Anmeldung lag zu Grunde, dass der aa seinen wirtschaftlichen Geschäftsbereich „Profi-Fußball“ bestehend aus dem Spielbetrieb der 1. Herren Fußball-Mannschaft als Gesamtheit mit allen Rechten und Pflichten auf die dadurch neu gegründete GmbH & Co. Y übertragen hat. Als persönlich haftende Gesellschafterin wurde die aa als Geschäftsführung GmbH bezeichnet.

Mit Zwischenverfügung vom 3. April 2020 wies das Registergericht auf ein Eintragungshindernis der zur Eintragung angemeldeten Y hin: Die Unterscheidbarkeit der Firmenbezeichnung gemäß § 30 HGB zwischen der angemeldeten GmbH und Co. Y zu dem noch weiter bestehenden Verein sei nicht gewahrt. Der bloße Rechtsformzusatz sei zur Unterscheidbarkeit nicht ausreichend. Zudem gelte § 30 HGB auch im Verhältnis zwischen Firmen- und Vereinsnamen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde vom 3. April 2020 des beurkundenden Notars X, mit der er darauf verweist, dass in der vorliegenden Konstellation eine unmittelbare Anwendung von § 30 HGB nicht in Betracht komme und auch die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung dieser Vorschrift nicht gegeben seien.

Das Amtsgericht – Registergericht – Ulm half der Beschwerde nicht ab und legte das Verfahren mit Beschluss vom 14. April 2020 dem Oberlandesgericht Stuttgart vor.

II.

1. Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie nach §§ 374, 382 Abs. 4 Satz 2, 58 FamFG statthaft. Der beurkundende Notar ist gemäß § 378 Abs. 2 FamFG befugt, namens und in Vollmacht der Anmeldeberechtigten gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts – Registergerichts – Ulm vom 3. April 2020 Beschwerde einzulegen (Heinemann in Keidel, 20. Aufl. 2019, FamFG, § 378 Rn. 6 und Rn. 14). Der Gebrauch der von ihm verwandten Formulierung “lege ich Beschwerde ein“ ist demnach unschädlich (Heinemann in Keidel, a. a. O., § 378 Rn. 14). Zudem ist im Schreiben vom 30. April 2020 des Vorstands des ausgliedernden Vereins nochmals klarstellend auf die Beschwerdebegründung des beurkundenden Notars Bezug genommen worden.

2. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

a. Mit einer Zwischenverfügung nach § 382 Abs. 4 FamFG darf nur aufgegeben werden, ein dem Vollzug der Anmeldung entgegenstehendes Hindernis zu beheben mit der Folge, dass nach der Behebung die Anmeldung so wie sie vorliegt, vollzogen wird. Die inhaltliche Abänderung einer Anmeldung bzw. die Vornahme einer inhaltlich anderen Anmeldung kann dagegen nicht Inhalt einer Zwischenverfügung sein (OLG Oldenburg FGPrax 2016, 218; OLG Zweibrücken Rpfleger 2012, 547; OLG Frankfurt NJW-RR 2015, 727; OLG Stuttgart NZG 2018, 1264; OLG Frankfurt FGPrax 2018, 1264; Krafka, Registerrecht, 11. Aufl. 2019, Seite 70-72, Rn. 166 ff). Die Beanstandung des Registergerichts, die angemeldete Firma unterscheide sich nicht von dem Vereinsnamen XY, impliziert die inhaltliche Änderung der ursprünglichen Anmeldung und nicht nur deren Ergänzung (vgl. OLG Frankfurt FGPrax 2018, 1264). Die Rechtsauffassung der Rechtspflegerin als richtig unterstellt, hätte die Anmeldung ohne weiteres zurückgewiesen werden müssen. Schon aus diesem Grund ist die angegriffene Entscheidung fehlerhaft.

b. Vorsorglich sieht sich der Senat in sachlicher Hinsicht zum Geltungsbereich des § 30 Abs. 1 HGB zu folgenden Anmerkungen veranlasst:

Die Regelung des § 30 HGB gilt für alle in das Handels- oder Genossenschaftsregister eingetragenen Firmen unabhängig von der Rechtsform des betriebenen Handelsgeschäfts und ihrer Zulässigkeit nach den §§ 17 ff HGB und verlangt eine deutliche Unterscheidbarkeit aller Firmen an demselben Ort. Normzweck ist der Schutz des Rechtsverkehrs vor der Verwendung verwechslungsfähiger Firmen und soll die Identifizierbarkeit der Unternehmensträger, etwa für Klageerhebungen und sonstige Zustellungen sicherstellen (vgl. Bömeke in BeckOK HGB, 27. Ed. 15.01.2020, HGB, § 30 Rn. 1; Hopt in Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, 39. Aufl. 2020, HGB, § 30 Rn. 1; Heidinger in Münchener Kommentar zum HGB, 4. Aufl. 2016, § 30 Rn. 1). Anders als bei Partnerschaftsgesellschaften (§ 2 Abs. 2 PartGG) fehlt es bei der korrespondierenden Regelung zum Namensrechts des Vereins nach § 57 Abs. 2 BGB gerade an einem Verweis auf § 30 HGB. Diese Unterscheidung erklärt sich aus der Zielsetzung der Partnerschaftsgesellschaft, die den Zusammenschluss Angehöriger freier Berufe zur Ausübung ihrer Berufe verfolgt, und der strukturellen Nähe zur Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR). Nach dem Wortlaut der Norm scheidet eine ins Vereinsregister übergreifende Kontrolle des Firmennamens aus.

Eine analoge Anwendung des § 30 Abs. 1 HGB auf Eintragungen im Vereinsregister kommt allerdings in der vorliegenden Konstellation nicht in Betracht, da es aus Sicht des Senats schon an der Voraussetzung einer planwidrigen Regelungslücke fehlt. Der Gesetzgeber hat mit dem Änderungsgesetz vom 9. Oktober 1973 (BGBl. I S. 1451, 1463) die Reichweite des § 30 HGB um das Genossenschaftsregister erweitert, ohne jedoch die damals schon bekannte Streitfrage einer Unterscheidbarkeit zu Eintragungen im Vereinsregister aufzugreifen (Heidinger in Münchener Kommentar zum HGB, a.a.O., § 30 Rn. 10).

Ferner rechtfertigt auch der vom Registergericht angeführte Gleichlauf des Schutzzweckes in den Regelungen des § 30 HGB und § 57 Abs. 2 BGB, wonach einer Verwechslungsgefahr im öffentlichen Interesse vorgebeugt werden soll, allein noch keine analoge oder entsprechende Anwendung des § 30 Abs. 1 HGB. Die verschiedenen Betätigungsbereiche zwischen Handelsgesellschaften und eingetragenen Vereinen, die dem Grunde nach auch im Verständnis eines durchschnittlich versierten Teilnehmers am Geschäftsverkehr verankert sind, sprechen gegen eine Verwechslungsgefahr und damit gegen eine auf das Vereinsregister übergreifende Anwendung des § 30 Abs. 1 HGB (so auch Hopt in Baumbach/Hopt, a.a.O., Rn. 6; Bömeke in BeckOK HGB, a. a. O., Rn. 15; Schlingloff in Oetker, HGB, 6. Auflage 2019, HGB, § 30 Rn. 6; ebenfalls in der Tendenz ablehnend Reuschle in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, Handelsgesetzbuch, 4. Aufl. 2020, HGB, § 30 Rn. 7). Hinzu kommt, dass durch den räumlich beschränkten Ansatz des Gesetzes („an denselben Ort“) ohnehin nur ein teilweiser Schutz verwirklicht werden kann und dies ist nach dem Regelungsgehalt des Gesetzes auch so hinzunehmen ist (Haidinger in Münchener Kommentar zum HGB, a. a. O., § 30 Rn. 1). Allein die Möglichkeit, das Vereinsregister elektronisch zu betreiben (§ 55 a BGB) mit der Folge, dass damit ein Datenabgleich für das Registergericht nunmehr in tatsächlicher Hinsicht erleichtert sein mag (vgl. Kögel in Rpfleger 2012, 131), kann eine Kontrolle etwaiger Firmenkollisionen mit dem Vereinsregister nicht rechtfertigen. Aus den genannten Gründen sind die Voraussetzungen auch einer analogen oder entsprechenden Anwendung des § 30 HGB auf die vom Registergericht beanstandete fehlende Unterscheidbarkeit der angemeldeten Firma und der Vereinsbezeichnung nicht zu erkennen.

Dem steht auch nicht die Entscheidung des OLG Stuttgart vom 21. September 1921 (OLGE 42, 211) entgegen, wonach sich auch eine im Handelsregister eingetragene GmbH von den Namen der am demselben Ort bestehenden eingetragenen Vereinen deutlich unterscheiden müsse. Die Entscheidung beruht wesentlich auf der Erwägung, dass der „sinnfällige“ Teil der jeweiligen Bezeichnung („Bauhütte Göppingen“; „Bauhütte soziale Baugesellschaft mbH“) unterschiedslos für die GmbH als auch den Verein vom Publikum gebraucht werde und die Zusätze wie GmbH und e.V. nicht stets ein notwendiges Unterscheidungsmerkmal bilden würden. Dem ist nicht zu folgen, da der Verein dem Zusatz „eingetragener Verein“ oder abgekürzt „e.V.“ führen muss (Palandt, 79. Auflage 2020, BGB, § 65), so dass eine ausreichende Unterscheidbarkeit im Rechtsverkehr gegeben ist und insoweit der Schutzzweck des § 30 HGB und § 57 Abs. 2 BGB hinreichend gewahrt ist.

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