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Geschäftswert bei der Beurkundung eines Geschäftsanteilskauf- und Übertragungsvertrages

Ein Blick auf die Bestimmung des Geschäftswerts im Geschäftsanteilskauf- und Übertragungsvertrag

In einem jüngst vom Landgericht Düsseldorf entschiedenen Fall, Az.: 25 OH 21/20, sahen sich die Parteien eines Geschäftsanteilskauf- und Übertragungsvertrages mit einer komplexen Frage bezüglich der Bestimmung des Geschäftswerts konfrontiert. Die D AG veräußerte ihre Geschäftsanteile an der E GmbH an einen Käufer. Allerdings war nicht nur der Verkaufspreis von 50.000 Euro im Spiel, sondern auch ein erheblicher Forderungsverzicht der Verkäuferin, der als Bedingung für den Vertrag festgelegt wurde.

Die Besonderheit in diesem Fall lag in einem darlehensähnlichen Aspekt. Die Verkäuferin hatte der E GmbH ein Darlehen von 1,267 Millionen Euro gewährt. Sie erklärte, auf die Rückzahlung dieses Betrags zu verzichten, vorausgesetzt, der Käufer stimmt dem Kaufvertrag unter dieser Bedingung zu.

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Uneinigkeit über die Berechnung der Notarkosten

Der Käufer, der sich verpflichtet hatte, die Notargebühren und alle mit dem Abschluss und der Durchführung des Vertrages verbundenen Steuern und Gebühren zu tragen, war mit der vom Notar ausgestellten Rechnung nicht einverstanden. Die Diskrepanz lag in der Berechnung des Geschäftswerts, der zur Bestimmung der Gebühren herangezogen wurde.

Der strittige Geschäftswert

Der Notar hatte einen Geschäftswert von 1.317.000 Euro angenommen, der aus dem Kaufpreis und dem Forderungsverzicht zusammengesetzt war. Der Käufer hingegen argumentierte, dass nur der Kaufpreis von 50.000 Euro berücksichtigt werden sollte. Er erhob Einwendungen gegen die Kostenrechnung und stellte insbesondere die Geschäftswertermittlung und die Erhebung der Vollzugsgebühr infrage.

Die gerichtliche Klärung

Das Landgericht Düsseldorf entschied auf Antrag des Käufers gemäß § 127 GNotKG über diese Frage. Es bestätigte die vom Notar ausgestellte Kostenrechnung. Damit blieb die vom Notar vorgenommene Geschäftswertermittlung, die den Kaufpreis und den Forderungsverzicht umfasste, bestehen.

Diese Entscheidung verdeutlicht, dass bei der Beurteilung des Geschäftswerts in Geschäftsanteilskauf- und Übertragungsverträgen nicht nur der eigentliche Kaufpreis, sondern auch andere, vertraglich vereinbarte Aspekte, wie etwa ein Forderungsverzicht, zu berücksichtigen sein können. Sie unterstreicht somit die Komplexität der Geschäftswertermittlung in solchen Verträgen und die Bedeutung sorgfältiger vertraglicher Vereinbarungen und ihrer Einbeziehung in die Berechnung von Gebühren und Kosten.


Das vorliegende Urteil

LG Düsseldorf – Az.: 25 OH 21/20 – Beschluss vom 04.05.2021

Auf den Antrag des Beteiligten zu 1. auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 127 GNotKG wird die Kostenrechnung Nr. 20H0885b – HF vom 06.04.2021 des Notars Dr. I bestätigt.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Mit notarieller Urkunde des Beteiligten zu 2. vom 25.06.2020 (URNr. 885/2020 H) veräußerte die D AG die von ihr gehaltenen Geschäftsanteile an der im Handelsregister von Düsseldorf unter HRB eingetragenen E GmbH mit Sitz in E zu einem Kaufpreis von 50.000,00 EUR an den Beteiligten zu 1.

Unter § 3 der notariellen Urkunde war unter „Forderungsverzicht“ ferner vereinbart, dass die Verkäuferin auf die Rückzahlung eines Darlehens i.H.v. 1,267 Millionen EUR verzichtet, welches sie der Gesellschaft gewährt hatte, und der Verzicht seitens der Gesellschaft angenommen wird. Insoweit war im Vorfeld der Beurkundung zwischen Verkäufer- und Käuferseite vereinbart worden, dass der Kaufvertrag nur unter der aufschiebenden Bedingung des realisierten Verzichts zustande kommen sollte.

Gemäß § 10 Abs. 3 der notariellen Urkunde trägt der Käufer die Kosten der Beurkundung des Vertrages sowie alle sonstigen im Zusammenhang mit dem Abschluss und der Durchführung dieses Vertrages entstehenden Steuern und Gebühren.

Der Beteiligte zu 1. wurde bei der Beurkundung durch die Verkäuferseite vollmachtlos vertreten. Durch Genehmigungserklärung vor dem Notar Dr. H in O vom 26.06.2020 hat der Beteiligte zu 1. die notariellen Erklärungen in der Urkunde des Beteiligten zu 2. vom 25.06.2020 genehmigt.

Mit der angefochtenen Kostenrechnung hat der Beteiligte zu 2. dem Beteiligten zu 1. insgesamt 8.544,80 EUR in Rechnung gestellt. Dabei hat er sowohl für die Beurkundung als auch für die Vollzugsgebühr nach Nr. 22110 GNotKG einen Geschäftswert i.H.v. 1.317.000,00 EUR zu Grunde gelegt, der sich aus einem Kaufpreis i.H.v. 50.000,00 EUR sowie dem Forderungsverzicht i.H.v. 1.267.000,00 EUR errechnet.

Mit Schreiben vom 22.10.2020 hat der Beteiligte zu 1. Einwendungen gegen die Kostenrechnung erhoben und dazu vorgetragen, er wende sich gegen die Geschäftswertermittlung sowie die Erhebung der Vollzugsgebühr. Anzusetzen sei lediglich der Kaufpreis i.H.v. 50.000,00 EUR. Zwar sei im Vorfeld der Verhandlungen vereinbart worden, dass der Kauf unter der aufschiebenden Bedingung des Verzichts erfolgen solle. Die Vertragsparteien hätten jedoch keine Beurkundung des Forderungsverzichts gewünscht oder bestellt. Dies sei ein Fehler des Vertrages, der nicht berechnet werden dürfe. Darüber hinaus sei keine Belehrung erfolgte, dass aufgrund des Forderungsverzichts höhere Gebühren anfallen. Schließlich sei die Vollzugsgebühr nicht zu erheben, da er nur aufgrund der Corona-Situation auf einen Präsenztermin verzichtet habe.

Der Notar ist dem entgegen getreten und der Ansicht, seine Kostenrechnung sei zutreffend.

Der Beteiligte zu 3. hat unter dem 22.03.2021 und ergänzend unter dem 26.04.2021 Stellung genommen. Auf die Stellungnahmen (Bl. 39 ff. und Bl. 49 der Gerichtsakte) wird Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Der Antrag des Beteiligten zu 1. vom 20.10.2020 ist gemäß § 127 Abs. 1 Satz 2 GNotKG zulässig.

Auf den Antrag war die Kostenrechnung zu bestätigen.

1.

Die Kostenrechnung vom 06.04.2021 ist rechnerisch nicht zu beanstanden und entspricht in der korrigierten Fassung dem Zitiergebot.

Der Notar ist zur Änderung der Kostenrechnung im Verlaufe des Antragsverfahrens nach § 127 GNotKG berechtigt (Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23. Oktober 2008, – V ZB 89/08; Bormann/Diehn/Sommerfeldt-Neie, GNotKG, 3. Aufl., § 127 Rn. 67). Der Beteiligte zu 2. hat die ursprüngliche Kostenrechnung in zulässiger Weise berichtigt und durch die korrigierte Kostenrechnung vom 06.04.2021 ersetzt, welche nunmehr Gegenstand dieses Verfahrens ist.

2.

Ferner ist festzuhalten, dass nur die erhobenen Beanstandungen den Verfahrensgegenstand des gerichtlichen Antragsverfahrens in Notarkostensachen bestimmen. Eine weitergehende gerichtliche Überprüfung findet nicht statt (Oberlandesgericht Frankfurt, Beschluss vom 18. Dezember 2018, – 20 W 46/17).

3.

Der Notar hat zu Recht sowohl für das Beurkundungsverfahren als auch für die Berechnung der Vollzugsgebühr einen Geschäftswert i.H.v. 1.317.000,00 EUR zu Grunde gelegt.

Der Beteiligte zu 1. trägt selbst vor, dass zwischen den Vertragsparteien vereinbart war, dass der Verkauf nur unter der aufschiebenden Bedingung des Verzichts auf die Forderung der Verkäuferseite gegen die Gesellschaft i.H.v. 1,267 Millionen EUR zustande kommen sollte.

Da nach ganz herrschender Ansicht (vgl.: BGH, DStR 2000, S. 1272; BGH, NJW 1983, S. 1843; Reichert/Weller in: MüKo-GmbHG, 3. Aufl., § 15 Rn. 56; MHLS/Ebbing, GmbHG, 3. Aufl., § 15 Rn. 89) auch Nebenabreden von dem Beurkundungserfordernis des § 15 Abs. 4 GmbHG erfasst werden, geht die Ansicht des Beteiligten zu 1. fehl, es sei insoweit kein Beurkundungsauftrag erteilt worden bzw. die Beurkundung dieser Nebenabrede sei fehlerhaft erfolgt.

Zudem hat der Beteiligte zu 3. in seiner Stellungnahme vom 22.03.2021 zutreffend ausgeführt, dass der Verzicht der Verkäuferin auf die Darlehensverbindlichkeit i.H.v. 1.267.000,00 EUR als Leistung der Verkäuferin anzusehen ist, weil das Zustandekommen des Kaufvertrages von diesem Verzicht zwingend abhängig gemacht worden ist.

Der Notar hat daher für die Berechnung des Geschäftswerts neben dem Kaufpreis i.H.v. 50.000,00 EUR zutreffend auch den Forderungsverzicht i.H.v. 1.267.000,00 EUR berücksichtigt.

4.

Zutreffend hat der Notar auch eine Vollzugsgebühr gemäß Nr. 22110 GNotKG in Rechnung gestellt. Diese ist angefallen für die Anforderung und Prüfung der Genehmigung des bei der Beurkundung vollmachtlos vertretenen Käufers.

Insoweit ist dem Notar auch ein Auftrag erteilt worden, denn in § 10 Abs. 3 des Kaufvertrages hat der Beteiligte zu 1. alle mit der Durchführung des Vertrages entstehenden Gebühren übernommen, worunter auch die Gebühren für die erforderliche Anforderung und Überprüfung der Genehmigung fallen.

Soweit der Kostenschuldner darauf verweist, er habe nur aufgrund der Corona-Situation auf eine Präsenzveranstaltungen verzichtet und der Notar sei gemäß § 17 Abs. 1 S. 2 BNotO befugt, auf die Erhebung der Gebühr zu verzichten, verkennt er, dass die betreffende Vorschrift gerade keinen Anspruch des Kostenschuldners auf einen Erlass oder eine Ermäßigung der Gebühr begründet, sondern dem Notar lediglich gestattet ist, nach seinem Ermessen auf die Erhebung zu verzichten (vgl. OLG Celle, RNotZ 2011, S. 505).

Abgesehen davon, dass aufgrund der räumlichen Entfernung des Beteiligten zu 1. von dem Ort der Beurkundung berechtigte Zweifel daran bestehen, dass dieser allein aufgrund der Corona-Situation von einer Teilnahme abgesehen hat, hat der Notar jedenfalls in zulässiger Weise von seinem Ermessen Gebrauch gemacht.

5.

Schließlich verfängt auch der Einwand des Beteiligten zu 1. nicht, der Notar habe nicht darauf hingewiesen, dass durch die Beurkundung des Verzichts hohe Kosten entstehen.

Es entspricht allgemeiner Ansicht, dass der Notar grundsätzlich nicht verpflichtet ist, über die Entstehung der im Gesetz festgelegten Kosten zu belehren. Es ist als allgemein bekannt anzusehen, dass für die Tätigkeit eines Notars Gebühren in gesetzlicher Höhe zu entrichten sind. Dies gilt vorliegend im Besonderen, als die Vertragsparteien als geschäftsgewandt anzusehen sind. Auch muss der Notar grundsätzlich nicht über die konkrete Höhe der anfallenden Kosten aufklären (vgl. zu Vorstehendem: OLG Dresden, Beschluss vom 12.09.2016 – 17 W 826 – 828/16; OLG Düsseldorf, RNotZ 2002, Seite 60; OLG Köln, MittRhNotK 1999, Seite 29; OLG Hamm JurBüro 1999, Seite 97; Korintenberg-Tiedtke, GNotKG, 19. Aufl., § 21 Rz. 17 ff.).

Einer der anerkannten Ausnahmefälle, in denen ausnahmsweise aufgrund besonderer Umstände über die anfallenden Kosten belehrt werden muss, liegt hier nicht vor. Ein solcher Ausnahmefall liegt nur dann vor, wenn der Notar ausdrücklich nach der Höhe der Kosten gefragt wird oder für den Notar erkennbar der Ratsuchende irrtümlich davon ausgeht, die notarielle Beurkundung sei gesetzlich vorgeschrieben, oder der Ratsuchende sich erkennbar in einem Irrtum über die Kostenhöhe befindet. Einer dieser Ausnahmefälle ist hier ersichtlich nicht gegeben und ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag des Beteiligten zu 1..

6.

Die beanstandete Kostenrechnung war daher zu bestätigen.

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