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Entwurf einer Urkunde – Voraussetzungen des Anfalls einer Gebühr

LG Münster – Az.: 5 OH 8/16 – Beschluss vom 22.07.2016

Die Kostenberechnung wird aufgehoben.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Mit Email vom 10.09.2015 (Blatt 16 der Akte) wandte sich der Lebensgefährte der Antragstellerin an das Notariat des Antragsgegners und bat um einen Notartermin, da die Antragstellerin u.a. ihr Erbe regeln wolle. Es wurde ein Termin vereinbart, wobei seitens des Notariats darauf hingewiesen wurde, dass der Termin „im hiesigen Notariat von Frau Rechtsanwältin B durchgeführt würde“ (Blatt 16).

Nach einem Besprechungstermin, an dem die Antragstellerin, ihr Lebensgefährte und die Rechtsanwältin teilnahmen, fertigte diese u.a. den Entwurf eines Testaments der Antragstellerin (Blatt 11) und übersandte ihn per Email unter Angabe ihres Namens mit dem Zusatz „für W, Notar“ an die Antragstellerin mit der Bitte um Prüfung, Mitteilung etwaiger Änderungs- und Ergänzungswünsche und Vereinbarung eines Beurkundungstermins (Blatt 15). Die Anwältin wies darauf hin, dass für die Registrierung beim Zentralen Testamentsregister eine Kopie der Geburtsurkunde oder eine beglaubigte Abschrift aus dem Familienbuch benötigt werde, ansonsten könne gegebenenfalls eine Beurkundung nicht stattfinden.

Die Antragstellerin teilte der Rechtsanwältin am 17.11.2016 mit, dass das Testament zurückgestellt werden müsse, da es weder eine Geburtsurkunde noch ein Familienbuch gebe (Blatt 15). Nach einem Antwortschreiben der Rechtsanwältin vom 24.11.2016 (Blatt 18) ließ die Antragstellerin der Anwältin am 10.12.2015 über ihren Lebensgefährten mitteilen, man werde keinen Termin wahrnehmen und bitte um „die Rechnung für das Beratungsgespräch“ (Blatt 24).

Mit Schreiben vom 04.01.2016 (Blatt 4) übersandte der Notar der Antragstellerin seine Kostenberechnung Nr. 16N00001 vom selben Tage über insgesamt 541,45 EUR, wobei er für den Entwurf des Testaments ausgehend von einem Geschäftswert von 200.000,00 EUR eine 1,0 Gebühr gemäß §§ 34 Abs. 2, 119 Abs. 1, 92 Abs. 2 GNotKG in Verbindung mit Nr. 24101 KV GNotKG sowie eine Postpauschale Nr. 32005 KV GNotKG zuzüglich Umsatzsteuer geltend machte (Blatt 5).

Die Antragstellerin ließ die Berechtigung dieser Rechnung durch ihren Lebensgefährten mit Email vom 28.01.2016 (Blatt 24 R) bestreiten. Nach weiterem Schriftwechsel (Blatt 25, 26, 27 und 28) stellte die Antragstellerin mit Schreiben vom 15.03.2016 die Kostenberechnung zur Überprüfung des Landgerichts (Blatt 1). Sie rügte, dass der Notar sie nicht selbst beraten habe und dass sie über die anfallenden Kosten nicht informiert worden sei, brachte ihre Unzufriedenheit mit dem Entwurf und der Beratung zum Ausdruck und erhob Einwendungen gegen die Höhe des angenommenen Geschäftswerts und der angesetzten Gebühren.

Im Kostenprüfungsverfahren hat der Präsident des Landgerichts als vorgesetzte Dienstbehörde des Notars zu dem Kostenprüfungsantrag Stellung genommen (Blatt 30) und die Kostenberechnung als formwidrig beanstandet.

Der Notar hat daraufhin die Kostenberechnung Nr. 16N00001 vom 04.01.2016 durch die Kostenrechnung Nr. 16N00001 vom 28.06.2016 über 517,65 EUR ersetzt (Blatt 50), wobei er eine 1,0 Gebühr gemäß § 34 Abs. 2 GNotKG in Verbindung mit Nr. 21303 KV GNotKG zuzüglich Umsatzsteuer geltend machte, die Postpauschale wurde nicht mehr beansprucht.

Auf den Kostenprüfungsantrag der Antragstellerin vom 15.03.2016, die Stellungnahmen des Landgerichtspräsidenten vom 19.05.2016 und 07.07.2016 (Blatt 55) und die Ausführungen des Notars in seinen Erwiderungen vom 20.04. (Blatt 13) und 28.06.2016 (Blatt 47) wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.

II.

Der Kostenprüfungsantrag ist zulässig gemäß § 127 GNotKG. Gegenstand des Kostenprüfungsverfahrens ist die Kostenberechnung Nr. 16N00001 vom 28.06.2016, die die ursprüngliche Kostenberechnung Nr. 16N00001 vom 04.01.2016 ersetzt und die anders als diese den Formerfordernissen des § 19 GNotKG genügt.

III.

Die Kostenberechnung ist aufzuheben.

Weder die Beratung der Antragstellerin durch die Rechtsanwältin noch der von dieser gefertigte Testamentsentwurf kann mit einer notariellen Kostenberechnung nach dem GNotKG abgerechnet werden. Denn das GNotKG ist im vorliegenden Fall nicht anwendbar.

Der Anwendungsbereich des GNotKG wird in § 1 GNotKG bestimmt. Notare können danach ihre Kosten, also ihre Gebühren und Auslagen, nur für ihre „Amtstätigkeit“ erheben.

Zwar gehören die Beurkundung eines Testaments und die dem vorausgehende Beratung und das Anfertigen eines entsprechenden Testamentsentwurfs grundsätzlich zu den Amtstätigkeiten eines Notars. Im vorliegenden Fall hat diese Tätigkeiten aber nicht der Notar erbracht, sondern eine Rechtsanwältin, deren Kosten eben nicht nach dem GNotKG erhoben werden dürfen.

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Rechtsanwältin erklärtermaßen für den Notar tätig geworden ist.

Richtig ist zwar, dass ein Notar einen Entwurf nicht unbedingt persönlich verfassen muss, sondern sich dabei auch eines Angestellten bedienen darf (Diehn in: Korintenberg GNotKG 19. Auflage 2015 Vorbemerkung 2.4.1 Randnummer 42).

Der Gesetzesbegründung lässt sich aber entnehmen, dass der Gesetzgeber dem höchstpersönlichen Charakter des Notaramtes auch im Kostenrecht besondere Bedeutung beigemessen hat und unter diesem Aspekt eine Abrechnung nach dem GNotKG z.B. für die Fälle, in denen Rechtsberatung nicht durch den Notar selbst, sondern durch einen seiner Mitarbeiter erfolgt, erklärtermaßen ausschließen wollte (BT-Drucksache 17/11471 Seite 154). Die Beratung durch einen Mitarbeiter stellt dementsprechend selbst dann keine Amtshandlung des Notars dar, wenn sich der Notar später über Verlauf und Inhalt der Beratung informiert (Otto in: Korintenberg GNotKG § 1 Randnummer 18; OLG Frankfurt – 20 W 238/08 – Beschluss vom 16.05.2012, juris, mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Daraus folgert der Landgerichtspräsident nach Auffassung der Kammer zu Recht, dass ein Notar, der eine Notarurkunde durch einen seiner Mitarbeiter entwerfen lässt, dem Auftraggeber gegenüber ausdrücklich die Verantwortung für die Richtigkeit des Entwurfs übernehmen muss, um seine Gebühren nach dem GNotKG zu verdienen.

Das aber ist vorliegend nicht geschehen. Der Notar ist mit der Antragstellerin erstmals selbst in Kontakt getreten, als er ihr seine Kostenberechnung für das Anfertigen des Entwurfs übersandt hat. Die Beratung hat nicht er, sondern die Rechtsanwältin vorgenommen. Den Entwurf hat nicht er, sondern die Rechtsanwältin gefertigt, die ihn auch der Antragstellerin übermittelt hat. Dass sie ihren Namen dabei mit dem Zusatz „für Notar W“ versehen hat, bedeutet lediglich, dass sie für den Notar tätig werden wollte, nicht aber, dass der Notar den Entwurf geprüft, für richtig befunden und die Verantwortung dafür übernommen hätte.

Dass der Notar grundsätzlich damit einverstanden ist und es im Vorhinein billigt, dass die Rechtsanwältin an seiner Stelle Mandanten berät und Entwürfe für sie fertigt, bevor er Beurkundungen vornimmt, genügt ebenfalls nicht. Ebenso wie der Landgerichtspräsident hält auch die Kammer es für erforderlich, dass für den Auftraggeber deutlich wird, dass der Notar in jedem Einzelfall nachweislich die Verantwortung für den konkreten Entwurf übernimmt und ihn sich zu eigen macht.

Die vom Landgerichtspräsidenten angesprochene Möglichkeit, wie das geschehen kann, nämlich indem der Notar den Entwurf mit einem eigenen von ihm unterzeichneten Schreiben an den Auftraggeber versendet, stellt selbstverständlich nur eine von mehreren Möglichkeiten dar. Auch bei einer Versendung des Entwurfs per Email ist es durchaus möglich, deutlich zu machen, dass der Notar den Entwurf verantwortet und sich zu eigen macht, nämlich indem er ihn von seinem eigenen Email-Account versendet und/oder ausdrücklich die Erklärung in das Übersendungsschreiben aufnimmt, dass der Notar den von einem seiner Mitarbeiter gefertigten Entwurf geprüft und für richtig befunden hat und er ihn sich zu eigen macht. Vor diesem Hintergrund kann der Einwand des Notars, im Rahmen des elektronischen Informationsaustauschs sei es unmöglich, dem Auftraggeber die eigene Verantwortung deutlich zu machen, nicht überzeugen.

Dass nach den Richtlinienempfehlungen der Bundesnotarkammer (bzw. der Westfälischen Notarkammer) eine Delegation vorbereitender, begleitender und vollziehender Tätigkeiten auf Notariatsmitarbeiter dienstrechtlich zulässig ist, ändert nichts daran, dass diese dienstrechtlich zulässigen vorbereitenden Tätigkeiten der Notariatsmitarbeiter nur dann zu den (kostenauslösenden) Amtstätigkeiten des Notars im Sinne des § 1 GNotKG gehören, wenn der Notar sie sich – und zwar nicht nur generell, sondern jeweils bezogen auf den konkreten Einzelfall – für den Auftraggeber erkennbar zu eigen gemacht hat.

IV.

Gerichtsgebühren sind in Ermangelung eines Gebührentatbestandes in Teil 1 des Kostenverzeichnisses zum GNotKG nicht zu erheben. Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten beruht auf §§ 130 Abs. 3 Satz 1 GNotKG in Verbindung mit § 81 FamFG.

 

 

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