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Dienstbarkeit – Wirksamkeit einer Vereinbarung zur Bewilligung

Dienstbarkeitsrecht und seine rechtliche Bedeutung im Kontext des OLG Dresden-Urteils

Dieser Fall beleuchtet das Kernthema der Dienstbarkeit – ein rechtlich bindender Aspekt, der oft in Immobiliengeschäften übersehen wird. Im Zentrum der Debatte stand die Frage, ob eine Vereinbarung zur Bewilligung von Dienstbarkeiten wirksam ist oder nicht. Dieser Fall bringt sowohl die Bedeutung von Dienstbarkeiten als auch die rechtlichen Konsequenzen ihrer Missachtung ans Licht.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 9 U 1404/20 >>>

Die Auswirkungen von Dienstbarkeitsvereinbarungen

Im speziellen Fall des Oberlandesgerichts Dresden (Az.: 9 U 1404/20) wurde festgestellt, dass die Bewilligung von Dienstbarkeiten selbst dann gültig sein kann, wenn die zugrunde liegende Vereinbarung nicht explizit in den Verträgen festgehalten wurde. Besonders wichtig war die Tatsache, dass die Dienstbarkeiten zur Verlegung von Ferngasleitungen vorgesehen waren und daher als von grundlegender Bedeutung für die Nutzung des betreffenden Grundstücks galten.

Einfluss auf die Immobilienpraxis

Es ist erwähnenswert, dass die Bewilligung von Dienstbarkeiten nicht nur auf einen spezifischen Teil des Grundstücks beschränkt sein muss. Tatsächlich steht es den beteiligten Parteien grundsätzlich frei, den Ort der Ausübung zu bestimmen, wodurch die Möglichkeit der Dienstbarkeit für das gesamte Grundstück geschaffen wird.

Konsequenzen für Verbraucherbauverträge

Ein weiterer entscheidender Aspekt, der in diesem Fall hervorgehoben wurde, ist die Tatsache, dass solche Verträge nicht als Verbraucherbauverträge gelten, da sie keine Verpflichtung zum Bau eines Gebäudes enthalten. Somit hatte der Beklagte kein Widerrufsrecht. Das heißt, die Pflichten aus diesen Verträgen beschränken sich auf die Zahlung der vereinbarten Summe durch den Kläger und die Bewilligung der zu bestellenden Dienstbarkeiten durch den Beklagten.

Bedeutung der Dokumentation im Umgang mit Dienstbarkeiten

Eine weitere bedeutende Beobachtung war, dass die Vereinbarung von Dienstbarkeiten auch die Möglichkeit beinhaltet, das Recht auf Ausübung der Dienstbarkeit durch Dritte einzuräumen. Dies erfordert allerdings eine genaue Dokumentation und die Klärung aller Details, auch hinsichtlich etwaiger Schutzstreifen.

Letztlich wirft dieser Fall ein helles Licht auf die Bedeutung der richtigen Handhabung und Dokumentation von Dienstbarkeiten. Nicht zuletzt dient er als Mahnung an alle Beteiligten, die Details solcher Vereinbarungen genau zu überprüfen und zu verstehen, bevor sie eingegangen werden. […]


Das vorliegende Urteil

OLG Dresden – Az.: 9 U 1404/20 – Urteil vom 24.11.2020

I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Görlitz, Außenkammer Bautzen, vom 24.06.2020, 6 O 156/19, wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor in Nr. 1 und 2 lautet wie folgt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, die Eintragung von beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten zugunsten der Klägerin auf seinen Grundstücken, vorgetragen beim Amtsgericht

Grundbuch von … Bl. …, Flur … Flurstück …

Grundbuch von … Bl. …, Flur … Flurstück …

Grundbuch von … Bl. …, Flur … Flurstück …

Grundbuch von … Bl. …, Flur … Flurstück …

folgenden Inhaltes zu bewilligen:

„Die Klägerin ist berechtigt, in einem Schutzstreifen von 10 m Breite eine Ferngasleitung (FGL) mit der Bezeichnung … und Zubehör unterirdisch zu verlegen, zu betreiben, dauernd zu belassen und die Grundstücke zum Zwecke des Baues, des Betriebes und der Wartung der Anlage zu benutzen.

Auf dem Schutzstreifen der in Anspruch genommenen Grundstücke dürfen für die Dauer des Bestehens der Anlagen keine Gebäude etc. errichtet oder sonstige Einwirkungen vorgenommen werden, die den Bestand oder Betrieb der Anlage beeinträchtigen oder gefährden.

Die Außengrenzen des Schutzstreifens werden bestimmt durch die Lage der Anlage, deren Achse grundsätzlich mittig im Schutzstreifen liegt.

Die Ausübung der Dienstbarkeit kann Dritten überlassen werden.“

2. Der Beklagte wird verurteilt, die Eintragung von beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten zugunsten der Klägerin auf seinen Grundstücken, vorgetragen beim Amtsgericht …

Grundbuch von … Bl. … Flur … Flurstück …

Grundbuch von … Bl. … Flur … Flurstück …

Grundbuch von … Bl. … Flur … Flurstück …

Grundbuch von … Bl. … Flur … Flurstück …

folgenden Inhaltes zu bewilligen:

„Die Klägerin ist berechtigt, in einem Schutzstreifen von 10 m Breite eine Ferngasleitung (FGL) mit der Bezeichnung … und Zubehör unterirdisch zu verlegen, zu betreiben, dauernd zu belassen und die Grundstücke zum Zwecke des Baues, des Betriebes und der Wartung der Anlage zu benutzen.

Auf dem Schutzstreifen der in Anspruch genommenen Grundstücke dürfen für die Dauer des Bestehens der Anlagen keine Gebäude etc. errichtet oder sonstige Einwirkungen vorgenommen werden, die den Bestand oder Betrieb der Anlage beeinträchtigen oder gefährden.

Die Außengrenzen des Schutzstreifens werden bestimmt durch die Lage der Anlage, deren Achse grundsätzlich mittig im Schutzstreifen liegt.

Die Ausübung der Dienstbarkeit kann Dritten überlassen werden.“

II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss:

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 6.194,90 € festgesetzt.

Gründe

I.

Auf die Darstellung des Sach- und Streitstandes wird verzichtet, weil gegen das Urteil kein Rechtsmittel zulässig ist (§§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1, 544 Abs. 2 ZPO).

II.

Die zulässige Berufung des Beklagten ist nicht begründet. Sie führt allerdings zur Berichtigung eines im Tenor in Nr. 2 enthaltenen Schreibfehlers und im Hinblick auf die Wiederholung der bereits in erster Instanz umformulierten Anträge zu einer Klarstellung des Tenors, ohne dass damit eine inhaltliche Änderung verbunden wäre.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Eintragung von beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten, wie sie im Tenor wiedergegeben sind.

1.

Der Anspruch ergibt sich aus den acht zwischen den Parteien am 22.07./28.09.2015 geschlossenen Verträgen (Anlagen K1 bis K8).

Dort heißt es jeweils: „Er [der Beklagte] verpflichtet sich, … ein Leitungs- bzw. Anlagenrecht des in der Eintragungsbewilligung bezeichneten Inhalts einzuräumen. Das Recht wird auf Kosten der … in das Grundbuch eingetragen.“

In den Verträgen ist jeweils der Zweck des Leitungsrechtes bezeichnet, nämlich die Verlegung der Ferngasleitungen … bzw. …. Damit ergibt sich bereits ohne Rückgriff auf das erwähnte Eintragungsbewilligungsformular, das den Verträgen nicht beigefügt war, dass zugunsten der Klägerin auf allen in den Verträgen im Einzelnen bezeichneten Flurstücken ein Leitungsrecht zu bewilligen ist.

2.

Die Verträge sind wirksam.

a) Die genaue Festlegung der Trasse auf den einzelnen Flurstücken war für die wirksame Vereinbarung der Verpflichtung zur Eintragung der Dienstbarkeiten nicht erforderlich. Eine Dienstbarkeit kann ohne Beschränkung auf einen realen Teil des Grundstücks bestellt werden, auch wenn sie auf einen Teil des Grundstücks beschränkt werden soll. Denn es steht grundsätzlich im Belieben der Beteiligten, ob sie die Bestimmung des Ausübungsortes der tatsächlichen Ausübung überlassen oder rechtsgeschäftlich zum Inhalt der Dienstbarkeit machen (BGH, Urt. v. 12.12.2014, V ZR 36/14, Rn. 19, juris).

b) Der Beklagte hat die Verträge nicht wirksam widerrufen können, weil ihm kein Widerrufsrecht zustand.

aa) Ein Widerrufsrecht nach § 312g BGB bestand nicht, weil der Vertrag keine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Inhalt hat (§ 312 Abs. 1 BGB). Selbst wenn dies der Fall wäre, würde das Widerrufsrecht aus § 312g BGB gemäß § 312 Abs. 2 Nr. 2 BGB nicht gelten. Diese Vorschrift nimmt Verträge über die Begründung von Rechten an Grundstücken ausdrücklich vom Widerrufsrecht aus.

bb) Auch unter dem Gesichtspunkt des Verbraucherbauvertrages stand dem Beklagten kein Widerrufsrecht zu. Bei den Verträgen handelt es sich nicht um Verbraucherbauverträge, weil sie nicht die Verpflichtung zum Bau eines Gebäudes enthalten (vgl. § 650i BGB). Abgesehen davon galten die Vorschriften über den Verbraucherbauvertrag zum Vertragsschluss noch nicht. Sie sind erst am 01.01.2018 in Kraft getreten.

c) Dem Beklagten stand auch kein Kündigungsrecht zu, so dass die von ihm ausgesprochenen Kündigungen die Verträge nicht beendet haben.

Die Kündigung eines Vertrages setzt voraus, dass es sich um ein Dauerschuldverhältnis handelt. Nur dann ist die Kündigung, die ja nur für die Zukunft wirkt, sinnvoll. Bei den hier abgeschlossenen Verträgen handelt es sich jedoch nicht um Dauerschuldverhältnisse. Vielmehr handelt es sich um (Rechts-)Kaufverträge. Denn die Pflichten aus den Verträgen beschränken sich auf die Zahlung der vereinbarten Summe durch die Klägerin und die Bewilligung der zu bestellenden Dienstbarkeiten durch den Beklagten. Mit der Erbringung dieser Leistungen sind die Verträge endgültig erfüllt. Die weiteren Rechte der Klägerin an der Nutzung der Grundstücke ergeben sich dann ausschließlich aus der Dienstbarkeit.

Dass die Verträge vorsehen, dass die Dienstbarkeiten nur „für die Dauer des Bestehens der Anlage“ bestellt werden sollen, steht diesem Verständnis nicht entgegen. Denn eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit erlischt, wenn das mit der Dienstbarkeitsbestellung verfolgte Interesse endgültig entfallen ist (BGH, Urt. v. 06.02.2009, V ZR 139/08, Rn. 11 ff., juris). Hier ist als Zweck für die Leitungsrechte jeweils eine bestimmte Ferngasleitung, nämlich die mit den Nr. … bzw. …, angegeben. Werden sie nicht mehr benötigt, erlischt das dingliche Recht automatisch. Dass beschränkte persönliche Dienstbarkeiten, wenn sie zu einem bestimmten Zweck bestellt worden sind, bei Wegfall des Zwecks erlöschen, liegt daher in der Eigenart der Dienstbarkeit begründet und deutet nicht darauf hin, dass das die Bestellung begründende Rechtsverhältnis ein Dauerschuldverhältnis ist oder dass sich das Recht auf Nutzung des Grundstücks auch aus dem Bestellungsverhältnis ergibt.

Da die Verträge demnach als Kaufverträge zu qualifizieren sind, scheidet ein Kündigungsrecht aus. Kaufverträgen ist ein Kündigungsrecht fremd.

Angemerkt sei, dass sich entgegen der Auffassung des Landgerichts aus diesen Gründen auch kein Kündigungsrecht nach 30 Jahren ergibt.

3.

Der Anspruch auf Bewilligung der beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten umfasst auch die Eintragung des Rechtes, die Dienstbarkeit durch Dritte ausüben zu lassen, wie auch die Einrichtung eines Schutzstreifens.

Die Verträge nehmen Bezug auf die Eintragungsbewilligungsformulare, die freilich den Verträgen nicht beilagen. Der Beklagte muss sich aber so behandeln lassen, als ob er die Eintragungsbewilligungen im Wortlaut gekannt hat. Denn sie sind ihm zugegangen, bevor die Verträge geschlossen wurden. Das Landgericht hat festgestellt, dass der Zeuge … die Unterlagen, die auch die Eintragungsbewilligungen enthielten, in den einzigen Briefkasten am Anwesen des Beklagten eingeworfen hat. Der Senat hat diese Feststellungen zugrunde zu legen, weil keine konkreten Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Feststellungen begründen (§ 529 ZPO). Es steht damit fest, dass der Beklagte jedenfalls Vertragsunterlagen von der Klägerin erhalten hat. Der Senat ist daher davon überzeugt, selbst wenn Zeuge … nicht jede einzelne Unterlage in dem Umschlag noch benennen konnte, dass auch die Eintragungsbewilligungen dabei waren. Denn der Klägerin lag es ja gerade daran, den Beklagten die Unterlagen zukommen zu lassen.

Hinsichtlich des Schutzstreifens gilt zudem, dass sich bereits aus den Verträgen ergibt, dass ein Schutzstreifen geschuldet sein soll. Er ist dort zwar nicht mit der Breite von 10 m beschrieben, dafür aber jeweils mit den sich ergebenden Gesamtquadratmetern, aus denen sich ja auch das Entgelt, das die Klägerin zu zahlen hatte, berechnete.

4.

Nachdem die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf ihren modifizierten Antrag Bezug genommen hat, den sie bereits vor dem Landgericht in der mündlichen Verhandlung am 29.01.2020 gestellt hatte, stellt der Senat im Tenor klar, dass der Beklagte nicht verurteilt sein soll, im wörtlichen Sinne die Eintragung selbst vorzunehmen, sondern lediglich, sie zu bewilligen. Dies stellt keine Abänderung des landgerichtlichen Urteils zu Lasten des Beklagten dar, sondern ist lediglich eine Klarstellung. Dass das Landgericht dies ebenso verstanden hat, ergibt sich aus dem Einleitungssatz des Tatbestandes des angegriffenen Urteils und ist auch eine Selbstverständlichkeit. Die Bewilligung durch den Beklagten war auch das Rechtsschutzziel der Klägerin, wie sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht zu verstehen gegeben hat. Die Grenzen der Auslegung sind damit nicht, wie der Beklagte meint, überschritten.

5.

Der Senat hat darüber hinaus den Tenor des landgerichtlichen Urteils in Ziffer 2 berichtigt (§ 319 ZPO). Dort ist ein fünftes Grundstück aufgeführt (Grundbuch von … Bl. … Flur … Flurstück …). Das Flurstück … Flurstück … ist aber im Grundbuch von … Bl. … vorgetragen, während im Grundbuch von … Bl. … das Flurstück Flur … Flurstück … vorgetragen ist. Nur vier Grundstücke sind auch im Klageantrag enthalten.

Es handelt sich offensichtlich um einen Übertragungsfehler.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 543 Abs. 2 ZPO), liegen nicht vor.

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