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Dienstbarkeit – Rechtsfolge einer inhaltlich unzulässigen Eintragung

OLG Zweibrücken, Az.: 3 W 76/16, Beschluss vom 28.09.2016

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Rechtsbehelfsverfahrens zu tragen.

3. Der Gegenstandswert wird für das Rechtsbehelfsverfahren auf 20.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die amtswegige Löschung einer zu ihren Gunsten vormals im Grundbuch eingetragenen beschränkt persönlichen Dienstbarkeit und begehrt die Eintragung eines Amtswiderspruchs dagegen.

Die Beteiligte zu 1) ist als Eigentümerin des vorstehend bezeichneten Grundbesitzes im Grundbuch der Stadt M… eingetragen. Bei dem Grundstück handelt es sich um eine Erholungsfläche, die mit Tennisplätzen bebaut ist und dementsprechend durch den Betroffenen zu 3), der die Fläche gepachtet hat, genutzt wird. Ursprüngliche Eigentümer des Grundstücks waren die Eheleute J… und F… B…, das Grundstück ist später im Erbgang an den Ehemann, auf dessen Enkelin E… B… und später im Wege der rechtsgeschäftlichen Übertragung auch auf deren Ehemann sowie letztlich auf deren Tochter übergegangen.

Im Jahr 1932 hatten sich die ursprünglichen Eigentümer im Rahmen eines Tauschvertrages zugunsten der Beschwerdeführerin dazu verpflichtet, auf dem streitbefangenen Grundstück eine Tennissportanlage zu errichten und dauernd weiter zu unterhalten; jedwede andere Nutzung wurde ausgeschlossen. Zur Absicherung dieses Rechts wurde zugunsten der Beschwerdeführerin eine beschränkt dingliche Dienstbarkeit bewilligt und mit folgendem Wortlaut zur Eintragung gebracht: „Beschränkt persönliche Dienstbarkeit zugunsten der Stadt M… nach Inhalt der in § 5 des Vertrages vom 21.07.1932 enthaltenen Bestimmungen unter Bezugnahme im Übrigen auf die Eintragungsbewilligung vom 21.07.1932, eingetragen im Gleichrang mit dem Recht Abt. II Nr. 2 vom 30.11.1932…“. Der letzte Übertragungsvertrag vom 07.03.1995 zwischen den Eheleuten N… und der heutigen Eigentümerin enthält die Regelung, dass die beschränkt persönliche Dienstbarkeit zugunsten der Beschwerdeführerin bestehen bleibt.

Mit Schreiben vom 17. Dezember 2014 regte die Eigentümerin – vor dem Hintergrund von ihr betriebener bauplanungsrechtlicher Maßnahmen – die Löschung der Dienstbarkeit unter Hinweis auf deren Unbestimmtheit an. Die Rechtspflegerin beim Amtsgericht – Grundbuchamt – Mainz hat sodann die Beschwerdeführerin angehört und am 03. August 2015 die Eintragung von Amts wegen gelöscht, dies mit der Begründung, dass von Anfang an die erforderliche Bezeichnung des Inhalts des Rechts zumindest mittels eines Schlagwortes gefehlt habe, so dass sich die Eintragung als von Anfang an unzulässig darstelle. Hiergegen wendet sich die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 07. Oktober 2015 maßgeblich unter Hinweis darauf, dass die Bezugnahme auf die Vereinbarungen im Jahr 1932 eindeutig und deshalb hinreichend sei. Der ggfl. unzureichende Eintragungstext sei allein vom Grundbuchamt zu verantworten und dürfe daher nicht zu ihren Lasten gehen. Jedenfalls sei dem ursprünglichen Eintragungsantrag stattzugeben, da die jetzige Eigentümerin nach wie vor an die seinerzeitigen Vereinbarungen gebunden sei.

II.

Der nicht fristgebundene und auch nicht von einer Mindestbeschwer abhängige Rechtsbehelf ist gemäß §§ 71 Abs. 2 Satz 2 GBO, 11 Abs. 1 RPflG statthaft und formgerecht eingelegt worden. Der Senat ist gemäß §§ 72 GBO, 119 Abs. 1 Nr. 1 b) GVG, 4 Abs. 3 Nr. 2 a) GerOrgG Rheinland-Pfalz zur Entscheidung hierüber berufen. Die für den Rechtsbehelf erforderliche Beschwerdebefugnis der Rechtsbehelfsführerin resultiert bereits aus ihrer Grundbuchberechtigung an der vormals eingetragenen beschränkt persönlichen Dienstbarkeit. Die angefochtene amtswegige Löschung der Dienstbarkeit würde, wäre die Entscheidung des Grundbuchamts in dem von der Beschwerdeführerin behaupteten Sinn unrichtig, diese unmittelbar in ihrer aktuellen Rechtsstellung nachteilig und rechtswidrig verletzen.

Indes ist die amtswegige Löschung der streitbefangenen Dienstbarkeit zu Recht erfolgt, so dass der Antrag der Beschwerdeführerin auf Eintragung eines Widerspruchs dagegen keinen Erfolg verspricht.

Entsprechend dem grundbuchrechtlichen Bestimmtheitserfordernis muss die Eintragung in das Grundbuch Art, Inhalt und Umfang des dinglichen Rechts in einer objektivierenden Weise so zum Ausdruck bringen, dass jeder Teilnehmer am Grundstücksverkehr in der Lage ist, den Rechtsbefund an einem Grundstück festzustellen (BGH, Beschluss vom 16. Februar 2012, Az. V ZB 204/11, nach Juris). Denselben Anforderungen unterliegt bereits der Eintragungsantrag. Diese Bestimmtheit, die wegen der Zweckbestimmung des Grundbuchs erhöhten Anforderungen unterliegt, ist zum einen im Hinblick auf Bestand und Grenzen des dinglichen Rechts (materielles Bestimmtheitserfordernis), zum anderen im Hinblick auf die notwendige Abgrenzung zu anderen (Voll- oder Teil-)Rechten (formelles Bestimmtheitserfordernis) notwendig (Bauer/von Oefele, GBO, 3. Auf. 2013, § 13 Rn. 59 m.w.N.). Dementsprechend muss bei beschränkt persönlichen Dienstbarkeiten hinreichend deutlich werden, welcher konkrete Teil des dienenden Grundstücks zugunsten welcher Person in welcher Weise belastet werden soll. Grundsätzlich genügt es aber, wenn sich der Inhalt der Dienstbarkeit lediglich schlagwortartig aus dem Grundbucheintrag ergibt, soweit sich entsprechend § 874 Satz 1 BGB die weiteren Einzelheiten aus der in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung ersehen lassen (Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl. 2012, Rn. 264 m.w.N.). Hieran ermangelt es indes. Die Grundbucheintragung selbst enthält keinerlei Bezeichnung des besicherten Rechts, sondern nimmt lediglich pauschal Bezug auf die Eintragungsbewilligung aus dem Jahr 1932. Eine Auslegung des Grundbuchinhalts durch Rückgriff auf die Eintragungsbewilligung ist lediglich bei einer bloß ungenauen oder sonst unklaren Bezeichnung des Grundbuchberechtigten statthaft (BGH, Beschluss vom 23. September 1993, Az. V ZB 27/92, nach Juris). Sie würde zudem auch im Streitfall nicht weiterführen, da auch die seinerzeitige Bewilligung keine inhaltliche Bestimmung vornimmt, sondern lediglich auf die schuldrechtlichen Verpflichtungen der ursprünglichen Eigentümer verweist (vgl. § 6 der not. Urkunde des Notars Dr. K… vom 21. Juli 1932, UR-Nr. …).

Die unzutreffend eingetragene Dienstbarkeit war deshalb – als inhaltlich unzulässige Eintragung i.S.v. § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO – von Amts wegen zu löschen (vgl. BayObLG, Beschluss vom 05. März 1998, Az. 2Z BR 27/98, zitiert nach Juris; Bauer/von Oefele/Meincke, GBO, 3. Aufl. 2013, § 53 Rn. 120; BeckOK-GBO/Kral, Stand 2016, § 44 Rn. 29; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl. 2012, Rn. 274; jeweils m.w.N.). Eine Vervollständigung der inhaltlich unzulässigen Eintragung durch einen nachholenden Eintrag ist ausgeschlossen (BayObLG, Beschluss vom 27. April 1995, Az. 2Z BR 31/95, nach Juris).

Die Rechtspflegerin bei dem Amtsgericht – Grundbuchamt – Mainz ist zu Recht davon ausgegangen, dass der ursprüngliche Antrag aus dem Jahr 1932 durch die amtswegige Löschung unerledigt geworden und erneut zu verbeschieden ist. Unzutreffend ist zwar, einen solchen Eintragungsantrag zu verneinen. Denn ein solcher kann gemäß § 13 Abs. 1 GBO auch vom Berechtigten gestellt werden und ist jedenfalls in der Beschwerdeschrift der Rechtsbehelfsführerin vom 07. Oktober 2015 zu sehen, so dass dahinstehen kann, ob der ursprüngliche Eintragungsantrag aus dem Jahr 1932 fortwirkt oder nicht. Dem Eintragungsantrag kann indes nach derzeitiger Sachlage nicht stattgegeben werden, denn es ermangelt an der Bewilligung der Eintragung der Belastung durch die Grundstückseigentümerin. Diese ist, da sie rechtsgeschäftlich, nicht aber durch Gesamtrechtsnachfolge in die ursprüngliche Rechtsposition der vormaligen Grundstückseigentümer eingerückt ist, an deren Bewilligung nicht gebunden (vgl. nochmals BayObLG, Beschluss vom 05. März 1998, Az. 2Z BR 27/98, zitiert nach Juris). Soweit sie im Übergabevertrag vom 07. März 1995 (Notar Dr. B…, UR-Nr. …) anerkannt hat, dass die im Jahr 1932 vereinbarte dingliche Belastung „bestehen bleiben“ solle (vgl. § 2 des Vertrages), liegt hierin keine eigenständige Bewilligung zur neuerlichen Eintragung der Dienstbarkeit. Eine solche Bewilligung ist auch nicht gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 GBO entbehrlich.

Lediglich der Vollständigkeit halber weist der Senat aber ausdrücklich darauf hin, dass die jetzige Grundstückseigentümerin aufgrund der Vereinbarungen aus dem Jahr 1995 gegenüber der Beschwerdeführerin schuldrechtlich – dies aufgrund einer Auslegung des Vertrages als eines Vertrages zugunsten Dritter – verpflichtet ist, die ordnungsgemäße Eintragung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit dahingehend zu bewilligen, dass das streitbefangene Grundstück als Teil einer Grünanlage nur zur Anlage und zum Betrieb von Sportplätzen benutzt werden darf, wobei der vorhandene Baumbestand zu erhalten ist und jedwede andere Bebauung als Sportanlagen, namentlich zu Wohnzwecken, unzulässig ist. Auch diese der Dienstbarkeit zugrunde liegende schuldrechtliche Verpflichtung der vormaligen Eigentümer ist die heutige Grundstückseigentümerin gegenüber der Beschwerdeführerin im Rahmen des Vertrags von 1995 eingegangen. Insoweit ist – wenngleich nur insoweit – zu berücksichtigen, dass die heutige Grundstückseigentümerin bei Übernahme des Grundstücks die tatsächlichen Bau- und Nutzungsbeschränkungen kannte und hinnehmen wollte.

Soweit die Rechtspflegerin mit Beschluss vom 28. April 2016 den im Oktober 2015 gestellten Antrag auf Eintragung eines Amtswiderspruchs gegen die Löschung der Dienstbarkeit selbstständig zurückgewiesen hat, handelt es sich dabei nicht um einen selbst rechtsbehelfsfähigen Bescheid; vielmehr liegt hierin die Nichtabhilfe- und Vorlageentscheidung auf den Rechtsbehelf vom 07. Oktober 2015. Denn gemäß § 71 Abs. 2 Satz 2 GBO gilt bereits die Beschwerde gegen die amtswegige Löschung der Dienstbarkeit als Antrag auf Eintragung eines Amtswiderspruchs hiergegen gemäß § 53 Abs. 1 GBO.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 22 Abs. 1 GNotKG, 81 Abs. 1, 84 FamFG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 36 Abs. 1 GNotKG. Der Senat hat sich hierbei an dem zuletzt bemessenen Grundstückswert orientiert und die Dienstbarkeit mit 10% hiervon bewertet.

Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, da die diesbezüglichen Voraussetzungen nach § 78 Abs. 2 GBO nicht vorliegen.

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