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Berücksichtigung künftiger Bebauung bei Vorkaufsrechtsbestimmung am Erbbaurecht

Spannung um künftige Bebauung und Vorkaufsrecht am Erbbaurecht

In einem komplexen Fall mit zahlreichen juristischen Facetten befasst sich das Oberlandesgericht München (OLG München) mit der Frage, inwieweit die mögliche zukünftige Bebauung eines Grundstücks bei der Festlegung des Vorkaufsrechts am Erbbaurecht Berücksichtigung finden kann. Im Kern dieser Auseinandersetzung steht eine Partei, die einen ambulanten Pflegedienst mit verschiedenen Einrichtungen betreibt und das Recht hat, im Rahmen ihres Geschäftszwecks Gebäude auf dem gesamten Grundstück zu errichten.

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Ein Widerspruch in der gesetzlichen Regelung?

Der Disput entfachte sich hauptsächlich um die Entscheidung des Gerichts, den Wert der potentiellen Bebauung bei der Bestimmung des Vorkaufsrechts am Erbbaurecht zunächst nicht zu berücksichtigen, aber im Rahmen von § 51 Abs. 3 GNotKG doch miteinzubeziehen. Dies erscheint auf den ersten Blick widersprüchlich und wurde von der beteiligten Partei angefochten.

Der Zeitpunkt der Antragstellung als entscheidender Moment

In der Entscheidung des Gerichts findet sich der Hinweis, dass die Berechnung des Vorkaufsrechts im Wesentlichen auf dem Zeitpunkt der Antragstellung basiert. Dabei ist jedoch strittig, inwieweit zukünftige, wertrelevante Entwicklungen berücksichtigt werden können. Die beteiligte Partei argumentiert, dass der Wert eines noch zu errichtenden Gebäudes durchaus einfließen sollte.

Die Rolle des Erbbaurechts

In der juristischen Literatur wird überwiegend die Ansicht vertreten, dass die mögliche zukünftige Bebauung bei der Berechnung des Vorkaufsrechts am Erbbaurecht berücksichtigt werden sollte. Die beteiligte Partei argumentiert, dass die Vorkaufsrechtsbestimmung in jedem Fall das Erbbaurecht in seinem zukünftigen Bestand betrifft, da sich die Regelungen zum Erbbaurecht auch auf die Errichtung des Gebäudes beziehen, das einen wesentlichen Bestandteil des Erbbaurechts darstellt.

Zusammenwirken von Vorschriften

Die Debatte wirft Fragen über das Zusammenspiel verschiedener gesetzlicher Bestimmungen auf. Hierbei geht es insbesondere um die Trennung von verschiedenen Vorgängen und die damit verbundene Anwendung jeweils einschlägiger Vorschriften.

Diese Thematik zeigt einmal mehr die Komplexität des juristischen Feldes und unterstreicht die Notwendigkeit einer gründlichen Prüfung aller relevanten Aspekte, bevor eine endgültige Entscheidung getroffen werden kann. […]


Das vorliegende Urteil

OLG München – Az.: 34 Wx 447/20 – Beschluss vom 02.12.2020

1. Auf die Beschwerde der Beteiligten wird der Beschluss des Amtsgerichts Augsburg – Grundbuchamt – vom 16. Oktober 2020 dahin abgeändert, dass der Geschäftswert für die Eintragung des Vorkaufsrechts am Erbbaurecht auf 1.200.000,- € festgesetzt wird.

Gründe

I.

Der Beteiligte wendet sich gegen die Geschäftswertfestsetzung anlässlich der Bestellung u.a. eines Vorkaufsrechts an einem Erbbaurecht.

Mit notariellem Vertrag vom 18.4.2018 bestellte X.X. der Beteiligten ein Erbbaurecht an einem in seinem Eigentum stehenden Grundstück. Als Inhalt des Erbbaurechts wurde u.a. vereinbart, dass die Beteiligte, die einen ambulanten Pflegedienst mit Büro- und Geschäftsräumen, einer Tagespflegeeinrichtung, einer Kindertagesstätte und Werkmietwohnungen betrieb, berechtigt sei, auf dem gesamten Grundstück im Rahmen des Geschäftszwecks Gebäude zu errichten. Der Erbbauzins sollte 120.000,- € jährlich betragen. Zudem räumte die Beteiligte dem jeweiligen Eigentümer des Grundstücks ein Vorkaufsrecht am Erbbaurecht ein, das am 5.2.2019 eingetragen wurde. Die Parteien gingen dabei von einem Grundstückswert von 3.000.000,- € und voraussichtlichen Baukosten von 1.000.000,- € aus. Mit notariellem Vertrag vom 18.7.2019 wurde das Erbbaurecht mit Wirkung ex tunc wieder aufgehoben.

Der Kostenrechnung vom 5.2.2019 lagen Werte von 2.400.000,- € für das Erbbaurecht und 227.232,- € für das Vorkaufsrecht an diesem zugrunde, der korrigierten Kostenrechnung vom 19.8.2019 Werte von 3.400.000,- € bzw. 1.700.000,- €.

Auf die Erinnerung der Beteiligten gegen den Kostenansatz in der letztgenannten Rechnung hat das Grundbuchamt nach Einholung von Stellungnahmen der Beteiligten und des Bezirksrevisors mit Beschluss vom 16.10.2020 den Geschäftswert für die Eintragung des Erbbaurechts auf 2.400.000,- € und für die Eintragung des Vorkaufsrechts an diesem auf 1.700.000,- € festgesetzt. Maßgeblich sei gemäß § 59 GNotKG der Zeitpunkt der Antragstellung; später eintretende Umstände wie die Aufhebung des Erbbaurechts seien ohne Bedeutung. Der Wert des Erbbaurechts bestimme sich nach § 43 GNotKG und betrage den zwanzigfachen Jahreswert des Erbbauzinses von 120.000,- €. Bei der Bestimmung des Werts des Vorkaufsrechts sei nach der Entscheidung des Senats vom 31.10.2018 der grundsätzlich nicht zu berücksichtigende Wert eines künftig zu errichtenden Gebäudes über § 51 Abs. 3 GNotKG doch in Ansatz zu bringen.

Gegen diesen Beschluss hat die Beteiligte mit Telefax vom 24.10.2020 Beschwerde eingelegt. Diese richte sich insbesondere gegen die Nichtbeachtung der zitierten Entscheidung des Senats sowie der Aufhebung des Erbbaurechts mit Wirkung ex tunc. Es sei widersprüchlich, dass ein nicht errichtetes Gebäude grundsätzlich nicht zu berücksichtigen sei, dann aber doch über § 51 Abs. 3 GNotKG, zumal gerade angesichts der vorliegenden besonderen Fallkonstellation durchaus ein Abweichen von dieser Norm gerechtfertigt sei.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

1. Die Beschwerde gegen die Geschäftswertfestsetzung nach § 79 GNotKG ist gemäß § 83 Abs. 1 Satz 1 GNotKG statthaft und auch im Übrigen nach §§ 83 Abs. 1 Sätze 3 bis 5, 81 Abs. 5 Sätze 1, 2 und 4 GNotKG zulässig eingelegt.

2. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

a) Die Auslegung analog § 133 BGB ergibt, dass mit ihr nur die Geschäftswertfestsetzung hinsichtlich der Eintragung des Vorkaufsrechts am Erbbaurecht angegriffen werden sollte. Denn für die Eintragung des Erbbaurechts war bereits in der ursprünglichen Rechnung vom 5.2.2019 der auch nun wieder bestimmte Wert von 2.400.000,- € angesetzt gewesen. Erinnerung hatte die Beteiligte aber erst erhoben, als in der Rechnung vom 19.8.2019 sowohl dieser Wert als auch derjenige des Vorkaufsrechts angehoben worden waren. Die Beschwerdebegründung bezieht sich augenscheinlich ebenso nur auf die Berücksichtigung einer künftigen Bebauung bei der Bestimmung des Werts des Vorkaufsrechts.

b) In diesem Umfang ist das Rechtsmittel begründet.

Gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 GNotKG ist der Wert eines Ankaufs- oder eines sonstigen Erwerbs- oder Veräußerungsrechts der Wert des Gegenstands, auf den sich das Recht bezieht; gemäß Satz 2 der Vorschrift beträgt der Wert eines Vorkaufs- oder Wiederkaufsrechts die Hälfte des Werts nach Satz 1.

aa) Der Wert eines Erbbaurechts beläuft sich gemäß § 49 Abs. 2 GNotKG auf 80 % der Summe aus den Werten des belasteten Grundstücks und der darauf errichteten Bauwerke. Insoweit unberücksichtigt bleibt, wie der Senat bereits in der sowohl vom Grundbuchamt als auch von der Beteiligten zitierten Entscheidung (Senat vom 31.10.2018, 34 Wx 448/17 Kost = ZfIR 2019, 92) festgestellt hat, demnach eine zukünftige Bebauung. Dies ist auch fast einhellige Ansicht in der Literatur (Becker in BeckOK-Kostenrecht 31. Edition § 49 GNotKG Rn. 7; Diehn in Bormann/Diehn/Sommerfeldt GNotKG 3. Aufl. § 49 Rn. 7; Kawell in Hartmann/Toussaint KostenR 50. Aufl. § 49 GNotKG Rn. 4; Korintenberg/Tiedtke GNotKG 21. Aufl. § 49 Rn. 16; Winkler/Schlögel in von Oefele Handbuch ErbbauR 6. Aufl. § 9 Rn. 2 mit Rn. 11 und Bewertungsbeispiel in Rn. 10; Sikora/Strauß DNotZ 2019, 596/599; a.A. soweit ersichtlich nur Rohs in Rohs/Wedewer GNotKG Stand Oktober 2020 § 49 Rn. 3). Eine alternative Berechnung nach § 52 Abs. 2 Satz 2 GNotKG auf der Grundlage des Erbbauzinses ist nur für die Bestimmung des Geschäftswerts der Erbbaurechtsbestellung gemäß § 43 GNotKG zulässig, aber nicht für die Festsetzung des Werts des Vorkaufsrechts (Pfeiffer in Bormann/Diehn/Sommerfeldt § 43 Rn. 10; Rohs in Rohs/Wedewer § 43 Rn. 2).

bb) Wie der Senat in dem genannten Beschluss weiter ausgeführt hat, hat der Gesetzgeber mit § 49 Abs. 2 GNotKG in bewusster Abkehr von der Regelung in § 21 Abs. 2 KostO eine Bewertungsvorschrift geschaffen, die immer dann gelten soll, wenn der Wert des Erbbaurechts für die Ermittlung des Geschäftswerts eine Rolle spielt (BT-Drucks. 17/11471 neu S. 170; OLG Celle NJOZ 2015, 1383/1384; Korintenberg/Tiedtke § 49 Rn. 2 und 12; Fackelmann in Schneider/Volpert/Fölsch Kostenrecht 2. Aufl. § 49 GNotKG Rn. 18). Diese Vorschrift ist deshalb auch dann maßgeblich, wenn der Wert des Erbbaurechts deshalb zu ermitteln ist, weil er nach § 51 Abs. 1 Satz 2 GNotKG der maßgebliche Bezugswert ist, aus dem sich der Wert des Vorkaufsrechts ableitet. Nach dem Wortlaut des Gesetzes kommt es somit für die Wertbestimmung darauf an, ob bereits in dem nach § 59 Satz 1 GNotKG maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung Bauwerke auf dem Erbbaugrundstück errichtet waren (Senat vom 31.10.2018, 34 Wx 448/17 Kost = ZfIR 2019, 92/93).

(1) Unter der Regie von § 20 Abs. 2 KostO entsprach es ständiger Rechtsprechung, dass die künftige Bebauung bei der Bewertung des Vorkaufsrechts am Erbbaurecht nicht außer Betracht bleiben kann (BayObLGZ 1982, 342; 1975, 450/456; 1968, 52/62; OLG München – 32. Zivilsenat – FGPrax 2006, 134). Allerdings beruhte diese Rechtsprechung darauf, dass der nach § 20 Abs. 2 KostO maßgebliche Bezugswert des Erbbaurechts nicht nach den Vorgaben des § 21 KostO zu berechnen war – diese Norm galt nur für die Bestellung eines Erbbaurechts -, sondern gemäß § 30 Abs. 1 KostO nach freiem Ermessen geschätzt werden musste und durfte (BayObLGZ 1982, 342; 1968, 52/61 f.). Dieses Konzept wurde durch das 2. KostRMoG jedoch dahingehend geändert, dass der Wert des Erbbaurechts auch dann, wenn es nicht um die Bestellung des Rechts geht, gemäß der Bewertungsvorschrift des § 49 Abs. 2 GNotKG zu bemessen ist (OLG Celle NJOZ 2015, 1383). Danach ist die Berücksichtigung einer erst künftigen Bebauung grundsätzlich nicht vorgesehen. Dass bei der Wertberechnung auf den Zeitpunkt der Antragstellung abzustellen ist, besagt zwar nicht, dass in diesem Zeitpunkt bereits hinreichend sicher absehbare, wertrelevante Entwicklungen keine Berücksichtigung finden dürfen (vgl. BayObLGZ 1975, 450/456). Hier jedoch steht der Wortlaut des Gesetzes der Berücksichtigung einer künftigen Bebauung entgegen. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass nach dem Willen des Gesetzgebers entgegen dem Wortlaut des § 49 Abs. 2 GNotKG nicht nur der Wert bereits errichteter, sondern auch der Wert noch zu erstellender Bauwerke dann den Wert des Erbbaurechts bestimmen sollen, wenn dieser Wert als Bezugswert für das Vorkaufsrecht am Erbbaurecht von Bedeutung ist, ergeben sich weder aus § 51 Abs. 1 Satz 2 GNotKG noch aus den Gesetzesmaterialien. Mit der Neuregelung in § 49 Abs. 2 GNotKG verfolgte der Gesetzgeber Vereinfachungszwecke (BT-Drucks. 17/11471 neu S. 170). Ausdrücklich angesprochen sind die Effekte, die sich aus der Vorgabe eines pauschalen Anteils von 80 % sowie daraus ergeben, dass der Wert bereits errichteter Gebäude ohne Rücksicht darauf, wer die Baukosten wirtschaftlich zu tragen hatte, in die Bewertung des Erbbaurechts einfließt. Explizit erwähnt ist zudem der Effekt, der sich daraus ergibt, dass die Bestimmung immer zur Anwendung kommen soll, wenn es für die Bewertung auf den Wert des Erbbaurechts ankommt, und eine Vergleichsberechnung auf der Basis des Erbbauzinses einerseits und des pauschal geminderten Werts von Grundstück und Bauwerken andererseits nur noch für die Bestellung des Erbbaurechts anzustellen ist (vgl. Becker in BeckOK-Kostenrecht § 49 GNotKG Rn. 4). Dass die mit dieser Vereinfachung einhergehenden Auswirkungen auf die Bewertung des Vorkaufsrechts am Erbbaurecht nicht ausdrücklich erwähnt sind, besagt nicht, dass sie übersehen wurden oder der Gesetzgeber insoweit ein abweichendes Verständnis von den mit der Neukonzeption verbundenen Änderungen hatte. Insbesondere zeigt die bei der Begründung von Wohnungs- und Teileigentum maßgebliche Bestimmung in § 42 Abs. 1 Satz 2 GNotKG auf, dass der Gesetzgeber die Frage der Berücksichtigung erst künftiger Bebauung im Rahmen der Bewertung im Blick hatte.

(2) Ist demnach eine künftige Bebauung auch bei der Bestimmung des Werts des Vorkaufsrechts am Erbbaurecht grundsätzlich nicht zu berücksichtigen, kommt, wie der Senat weiter entschieden hat, eine Ausnahme nur in Betracht, wenn der nach § 51 Abs. 1 Satz 2 GNotKG gebildete Wert im konkreten Einzelfall unbillig ist. Dies wurde dort bejaht, da der Bodenwert nicht einmal die Hälfte des Werts der zu erwartenden Bebauung, zu der sich der Erbbauberechtigte zudem verpflichtet hatte, erreichte.

(3) Die Literatur geht, soweit ersichtlich, gleichwohl ganz überwiegend weiterhin davon aus, dass für die Berechnung des Werts des Vorkaufsrechts am Erbbaurecht zumindest in der Regel auch eine künftige Bebauung zu berücksichtigen ist (Korintenberg/Sikora § 43 Rn. 20; Rohs in Rohs/Wedewer § 49 Rn. 7; Sikora/Strauß DNotZ 2019, 596/600; Strauß MittbayNot 2019, 396/397; Wilsch ZfIR 2019, 96/97; unklar Kawell in Hartmann/Toussaint § 51 Rn. 4). Begründet wird dies damit, dass neben dem Bewertungszeitpunkt auch zu berücksichtigen sei, worauf sich die beurkundeten Erklärungen beziehen. Wesensmerkmal eines Erbbaurechts sei es, ein Bauwerk auf oder unter der Oberfläche eines Grundstücks zu haben. Die Regelungen zum Inhalt des Erbbaurechts bezögen sich nach § 2 ErbbauRG ausdrücklich auch auf die Errichtung des Bauwerks, das nach § 12 Abs. 1 ErbbauRG wesentlicher Bestandteil des Erbbaurechts werde. Wegen der entsprechenden Verpflichtungen des Erbbauberechtigten sei aber von der Vorkaufsrechtsbestellung in jedem Fall das Erbbaurecht in seinem künftigen Bestand unter Berücksichtigung der Regelungen aus dem entsprechenden Vertrag betroffen (Sikora/Strauß DNotZ 2019, 596/600 f.; Strauß MittBayNot 2019, 396/397 f.; Wilsch ZfIR 2019, 96/97). § 49 Abs. 2 GNotKG werde insoweit durch § 51 Abs. 1 GNotKG überformt. Der Gesetzgeber habe die Bewertung solcher Rechte nicht verändern wollen, was daran deutlich werde, dass er ein Gebäude als wesentlichen Bestandteil des Erbbaurechts ansehe. Auch solle § 51 Abs. 1 GNotKG den Grundsatz des § 47 GNotKG umsetzen und stelle deshalb darauf ab, was bei Ausübung des Vorkaufsrechts zu zahlen wäre, nämlich der Preis für das Erbbaurecht und die Bebauung (Wilsch a.a.O.).

(4) Dieser Kritik ist zuzugeben, dass die Bestellung eines Erbbaurechts wesensgemäß auf eine u.U. auch erst künftig entstehende Bebauung ausgerichtet ist. Sie setzt sich jedoch über die gesetzgeberische Intention, eben diesen Umstand bei der Wertfestsetzung außer Betracht zu lassen, hinweg, die in § 49 Abs. 2 GNotKG ihren Niederschlag auch im Gesetz gefunden hat. Diese Intention im Rahmen von § 49 Abs. 2 GNotKG zu akzeptieren und dementsprechend die Vorschrift wortlautgetreu anzuwenden, bei § 51 Abs. 1 GNotKG hingegen einen abweichenden Maßstab zugrundezulegen, erscheint zudem widersprüchlich. Warum mit dem Wert des Gegenstands im Sinne von § 51 Abs. 1 Satz 1 GNotKG etwas anderes gemeint sein sollte als der nach der jeweils einschlägigen Vorschrift festgestellte, ist nicht ersichtlich. Vielmehr vermengt der Verweis auf § 47 GNotKG unzulässigerweise Bestellung und Ausübung des Vorkaufsrechts. Es handelt sich hierbei jedoch um getrennte Vorgänge, die somit auch gesondert unter Heranziehung der jeweils einschlägigen Vorschrift zu bewerten sind, und zwar gemäß § 59 Abs. 1 GNotKG nach dem jeweiligen Zeitpunkt der Eintragung. Unergiebig ist schließlich das Argument, der Gesetzgeber habe insoweit nichts ändern wollen, was daraus geschlossen wird, dass er ein Gebäude als wesentlichen Bestandteil des Erbbaurechts ansieht. Letzteres ergibt sich bereits aus § 12 Abs. 1 Sätze 1 und 2 ErbbauRG, betrifft indes nur bereits errichtete Gebäude und spiegelt sich somit in § 49 Abs. 2 GNotKG wider. Diese Vorschrift schließt jedoch nach dem oben Ausgeführten über § 51 Abs. 1 GNotKG die Berücksichtigung einer künftigen Bebauung gerade aus. Es hat somit dabei sein Bewenden, dass der Wert eines Vorkaufsrechts an einem Erbbaurecht gemäß § 51 Abs. 1 GNotKG mit 50 % des nach § 49 Abs. 2 GNotKG ermittelten Betrags zu bemessen und nur ausnahmsweise gemäß § 51 Abs. 3 GNotKG anzupassen ist.

cc) Der Wert des Grundstücks wurde hier zutreffend mit 3.000.000,- € angesetzt, mithin auch der Wert des Erbbaurechts mit 2.400.000,- €, woraus sich für das Vorkaufsrecht ein Wert von 1.200.000,- € ergibt.

(1) Der Wert einer Sache wird gemäß § 46 Abs. 1 GNotKG durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit der Sache unter Berücksichtigung aller den Preis beeinflussenden Umstände bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Zur Bemessung stellt § 46 GNotKG in Abs. 2 Haupt- und in Abs. 3 Hilfskriterien auf (Senat vom 26.4.2017, 34 Wx 72/17 = NJW-RR 2017, 1487/1488; Diehn in Bormann/Diehn/Sommerfeldt § 46 Rn. 9 u. 25; Korinthenberg/Tiedke § 46 Rn. 9; a.A. Kawell in Hartmann/Toussaint § 46 GNotKG Rn. 3: Ermessensentscheidung). Eines dieser Kriterien sind nach § 46 Abs. 2 Nr. 2 GNotKG die Angaben der Beteiligten. Diese sind in aller Regel zu beachten, wenn nicht Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Angaben unrichtig oder unzuverlässig sind (Senat vom 26.4.2017, 34 Wx 72/17 = NJW-RR 2017, 1487/1488; Diehn in Bormann/Diehn/Sommerfeldt, § 46 Rn. 13; Kawell in Hartmann/Toussaint § 46 GNotKG Rn. 11; Korinthenberg/Tiedke § 46 Rn. 9a). Solche Anhaltspunkte bestehen hier nicht. Der von den Vertragsparteien angenommene Betrag von 3.000.000,- € kann also gemäß § 46 Abs. 1 GNotKG der Berechnung des Werts des Erbbaurechts nach § 49 Abs. 2 GNotKG und dieser wiederum der Berechnung des Werts des Vorkaufsrechts nach § 51 Abs. 1 GNotKG entsprechend den unter bb) dargestellten Grundsätzen zugrundegelegt werden.

(2) Eine Anpassung des auf diese Weise ermittelten Werts von 1.200.000,- € nach § 51 Abs. 3 GNotKG ist nicht geboten. Die Anwendung der vorgenannten Bestimmung ist auf Ausnahmefälle beschränkt, ein solcher liegt hier jedoch nicht vor. Anders als in jenem Sachverhalt, der der Entscheidung des Senats vom 31.10.2018 zugrundelag, bestand vorliegend keine Bauverpflichtung; auch überstieg der Wert der geplanten Bebauung nicht den Grundstückswert.

(3) Irrelevant ist, dass der Erbbaurechtsvertrag mittlerweile mit Wirkung ex tunc aufgehoben ist. Die entsprechende Gestaltungsmacht steht den Beteiligten zwar im Rahmen ihrer Privatautonomie zu. Auf bereits entstandene Gebührentatbestände hat die rückwirkende Vertragsaufhebung jedoch keinen Einfluss.

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil gemäß § 83 Abs. 3 GNotKG das Beschwerdeverfahren gebührenfrei ist, Kosten aber nicht erstattet werden.

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