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Wann muss Sicherungsnehmer dem Sicherungsgeber die Grundschuld zurückgewähren?

BGH – Az.: V ZR 132/21 – Urteil vom 02.06.2022

Leitsätze:

1. Die Pfändung und Einziehung des Anspruchs auf Rückgewähr einer Grundschuld umfasst grundsätzlich das Recht des Vollstreckungsgläubigers, im Wege der Vollstreckung die Löschung der Grundschuld zu verlangen.

2. Wann, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Form der Sicherungsnehmer dem Sicherungsgeber die Grundschuld zurückgewähren muss, bestimmt sich nach der Sicherungsvereinbarung. Ist ein weiter Sicherungszweck vereinbart, der eine Revalutierung der Grundschuld erlaubt, kann die Rückgewähr erst dann verlangt werden, wenn eine solche Revalutierung endgültig nicht mehr in Betracht kommt; das ist (erst) der Fall, wenn die Geschäftsbeziehung endet oder wenn die Sicherungsvereinbarung geändert oder gekündigt wurde (Fortführung von Senat, Urteil vom 19.04.2013 – V ZR 47/12, Rz. 12, IMRRS 2013, 1230 = BGHZ 197, 155).

3. Der Anspruch des Sicherungsgebers auf Teilfreigabe einer Sicherheit setzt den Eintritt einer insoweit endgültigen Übersicherung des Sicherungsnehmers und damit den Wegfall des Sicherungszwecks voraus. Das ist bei einer weiten Sicherungsvereinbarung (erst) der Fall, wenn die Geschäftsbeziehung zwischen Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer beendet oder wenn die Sicherungsvereinbarung geändert oder gekündigt wurde.

4. Im Verlangen auf Rückgewähr einer nicht oder nicht voll valutierten Grundschuld liegt regelmäßig die konkludente Kündigung einer weiten Sicherungsabrede.

5. Der Vollstreckungsgläubiger, der einen Anspruch des Sicherungsgebers auf Rückgewähr einer Grundschuld pfändet, ist nicht berechtigt die Sicherungsvereinbarung oder die Geschäftsbeziehung zum Sicherungsnehmer zu kündigen; die Pfändung des Rückgewähranspruchs verschafft ihm nicht das Kündigungsrecht.

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 18. März 2022 für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 31. Mai 2021 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die beklagte Sparkasse steht seit 1993 mit Herrn S. D (nachfolgend: Sicherungsgeber) in einer Geschäftsbeziehung. Der Sicherungsgeber führt bei der Beklagten ein Girokonto als Pfändungsschutzkonto, für welches ihm kein Kreditrahmen eingeräumt ist. Im April 2021 wies das Konto einen Sollsaldo von 3,50 EUR auf. Weitere zu sichernde Forderungen der Beklagten gegenüber dem Sicherungsgeber bestehen derzeit nicht.

Der Sicherungsgeber ist Eigentümer einer Eigentumswohnung. Zugunsten der Beklagten sind in Abteilung III des Grundbuchs unter der laufenden Nummer 3 eine brieflose Grundschuld in Höhe von 95.000 DM nebst 15% Jahreszinsen sowie unter der laufenden Nummer 4 eine brieflose Grundschuld in Höhe von 50.000 DM nebst 15% Jahreszinsen eingetragen. In der Zweckerklärung des Sicherungsgebers aus dem Jahr 1998 heißt es, dass die Grundschulden nebst Zinsen und Nebenleistung zur Sicherheit für alle bestehenden und künftigen, auch bedingten oder befristeten Forderungen der Beklagten gegen den Sicherungsgeber aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung dienen. Ferner enthält die Zweckerklärung folgende Bestimmung:

„1.6 Freigabe der Sicherheiten Sobald die Sparkasse wegen aller ihrer Ansprüche – auch bedingter oder befristeter – gegen den Kreditnehmer befriedigt ist, ist sie – auf entsprechendes Verlangen – verpflichtet, ihre Rechte aus der/den Grundschuld(en) freizugeben. Sie ist schon vorher auf Verlangen zur Freigabe verpflichtet, soweit sie die Grundschuld(en) nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Kreditsicherung zur Sicherung ihrer Ansprüche nicht mehr benötigt.“

Ziffer 4 der Zweckerklärung enthält den Hinweis, dass ergänzend die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten Vertragsbestandteil sind und diese in den Kassenräumen der Sparkasse zur Einsichtnahme aushängen/ausliegen. Nr. 22 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthält folgende Regelung:

„Die Sparkasse ist auf Verlangen zur Freigabe von Sicherheiten nach ihrer Wahl verpflichtet, soweit der realisierbare Wert aller Sicherheiten den Gesamtbetrag aller Forderungen der Sparkasse nicht nur vorübergehend um mehr als 10 v.H. übersteigt.“

Der Sicherungsgeber hat gegenüber dem klagenden Land Steuerschulden nebst Zinsen in Höhe von 40.586,59 EUR. Aufgrund vollstreckbarer Anträge des Finanzamtes sind im Januar 2015 in das Wohnungsgrundbuch unter den laufenden Nrn. 5 und 6 zugunsten des klagenden Landes Zwangssicherungshypotheken in Höhe von 4.447,40 EUR und 40.536,59 EUR eingetragen worden.

Wegen der Steuerschulden des Sicherungsgebers erließ das Finanzamt gegenüber dem Sicherungsgeber und der Beklagten im Januar 2015 mehrere Pfändungs- und Einziehungsverfügungen, mit denen unter anderem Ansprüche des Sicherungsgebers auf Rückgewähr oder Teilrückgewähr der zugunsten der Beklagten eingetragenen Grundschulden sowie das Recht des Sicherungsgebers auf Zustimmung zur Löschung aus § 1183 BGB gepfändet wurden.

Das klagende Land verlangt von der Beklagten, die Löschung der Grundschulden zu bewilligen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt das klagende Land seinen Antrag weiter.

Gründe:

I.

Das Berufungsgericht meint, der Rückgewähranspruch des Sicherungsgebers gegen die Beklagte sei zwar mit Abschluss der Sicherungsabrede und der Eintragung der Grundschulden in das Grundbuch entstanden. Er sei aber nicht fällig, weil die aufschiebende Bedingung, unter der er stehe, noch nicht eingetreten sei. Erst nach Bedingungseintritt müsse der Sicherungsnehmer auf Verlangen die Grundschulden zurückgewähren. Zeitpunkt und Form der Rückgewährverpflichtung bestimme die Sicherungsvereinbarung. Bei der hier vorliegenden weiten Sicherungsvereinbarung, die eine Revalutierung der Grundschulden erlaube, trete die aufschiebende Bedingung nicht schon mit der Tilgung der Verbindlichkeit ein, die Anlass für die Bestellung der Grundschulden gewesen sei. Eine Rückgewähr könne erst dann verlangt werden, wenn der Sicherungszweck endgültig entfalle, weil keine Revalutierung mehr in Betracht komme. Dass eine Neuvalutierung noch erfolgen könne, erscheine nicht ausgeschlossen. Unbeschadet dessen fehle es auch deshalb an dem Eintritt der aufschiebenden Bedingung, unter der der gepfändete Rückgewähranspruch stehe, da nach der Zweckerklärung die Verpflichtung zur Freigabe erst auf Verlangen des Sicherungsgebers eintrete. An einem derartigen Freigabeverlangen fehle es. Die Geltendmachung des Freigabeanspruchs durch das klagende Land genüge nicht, denn in der Freigabeaufforderung liege eine konkludente Kündigung der Sicherungsvereinbarung, zu der nur der Sicherungsgeber und nicht auch der Pfändungsgläubiger berechtigt sei.

II.

Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.

1. Das Berufungsgericht stellt rechtsfehlerfrei und von der Revision als ihr günstig nicht angegriffen fest, dass das klagende Land Ansprüche des Sicherungsgebers gegen die Beklagte auf Rückgewähr der Grundschuld wirksam gepfändet (§§ 321 Abs. 1, 309 AO) und sich zur Einziehung hat überweisen lassen (§§ 314, 315 AO).

a) Bei den Grundschulden handelt es sich um Sicherungsgrundschulden, welche alle bestehenden und künftigen Forderungen der Beklagten gegen den Sicherungsgeber aus der bankmäßigen Geschäftsbeziehung absichern. Ein Sicherungsgeber hat aus dem Sicherungsvertrag gegen den Sicherungsnehmer einen durch den Wegfall des Sicherungszwecks aufschiebend bedingten schuldrechtlichen Anspruch auf Abtretung, auf Verzicht oder auf Aufhebung des nicht valutierten Teils der Grundschulden (vgl. BGH, Urteil vom 24. März 2016 – IX ZR 259/13, NJW 2016, 3239 Rn. 8), der bereits vor Bedingungseintritt abgetreten (vgl. Senat, Urteil vom 19. April 2013 – V ZR 47/12, BGHZ 197, 155 Rn. 7 mwN) und gepfändet werden kann (vgl. Senat, Beschluss vom 12. Oktober 2017 – V ZB 131/16, NJW 2018, 710 Rn. 11).

b) Mit Überweisung der gepfändeten Forderung wird der Vollstreckungsgläubiger ermächtigt, das Recht des Vollstreckungsschuldners im eigenen Namen geltend zu machen (vgl. BFHE 150, 396, 398). Die Pfändung und Einziehung des Anspruchs auf Rückgewähr einer Grundschuld umfasst daher grundsätzlich das Recht des Vollstreckungsgläubigers, im Wege der Vollstreckung die Löschung der Grundschuld zu verlangen. Soweit unter Hinweis auf das Verbot der zwecklosen Pfändung (§ 803 ZPO) vertreten wird, eine Pfändung mit dem Ziel der Löschung der Grundschuld sei unzulässig, weil die Vollstreckung in den Rückgewähranspruch keine Befriedigung des Vollstreckungsgläubigers bewirke (vgl. Clemente, Recht der Sicherungsgrundschuld, 4. Aufl., Rn. 931; Huber, Die Sicherungsgrundschuld, S. 206 f.), überzeugt dies jedenfalls nicht, wenn der Pfändungsgläubiger – wie hier – gleichzeitig Gläubiger eines nachrangigen Rechts ist. Denn er hat ein unmittelbares Interesse an der Löschung der Grundschuld, da sich sein Recht mit Löschung der Grundschuld im Rang verbessert, (vgl. Gladenbeck/Samhat, Kreditsicherung durch Grundschulden, 10. Aufl., Rn. 920; Stöber/Rellermeyer, Forderungspfändung, 17. Aufl., Rn. F.120).

2. Richtig ist auch die Annahme des Berufungsgerichts, dass dem Sicherungsgeber gegen die Beklagte kein Anspruch auf vollständige oder teilweise Rückgewähr der Grundschulden zusteht.

a) Unverzichtbare Voraussetzung für einen Rückgewähranspruch ist, dass die aufschiebende Bedingung, unter der der gepfändete Rückgewähranspruch steht, eingetreten ist. Denn erst ab Bedingungseintritt muss der Sicherungsnehmer dem Pfändungsgläubiger die Grundschuld zurückgewähren (Senat, Urteil vom 19. April 2013 – V ZR 47/12, BGHZ 197, 155 Rn. 11). Wann, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Form der Sicherungsnehmer dem Sicherungsgeber die Grundschuld zurückgewähren muss, bestimmt sich nach der Sicherungsvereinbarung. Bei einem engen Sicherungszweck, bei dem die Grundschuld nur der Sicherung einer bestimmten Verbindlichkeit dient, tritt die aufschiebende Bedingung schon mit der Tilgung der Anlassverbindlichkeit ein. Ist dagegen ein weiter Sicherungszweck vereinbart, der eine Revalutierung der Grundschuld erlaubt, kann die Rückgewähr erst dann verlangt werden, wenn eine solche Revalutierung endgültig nicht mehr in Betracht kommt; das ist (erst) der Fall, wenn die Geschäftsbeziehung endet (vgl. Senat, Urteil vom 19. April 2013 – V ZR 47/12, BGHZ 197, 155 Rn. 12; BGH, Urteil vom 19. April 2018 – IX ZR 230/15, BGHZ 218, 261 Rn. 65) oder wenn die Sicherungsvereinbarung geändert oder gekündigt wurde (vgl. Gladenbeck/Samhat, Kreditsicherung durch Grundschulden, 10. Aufl., Rn. 602; Otte, DNotZ 2011, 897, 899).

Soweit dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10. November 2011 (IX ZR 142/10, BGHZ 191, 277 Rn. 14, 16) zu entnehmen sein könnte, dass die aufschiebende Bedingung bei einer weiten Sicherungsvereinbarung schon mit der vollständigen Tilgung der Schulden eintritt und die zulässige Revalutierung nur als auflösende Bedingung anzusehen ist, hat der IX. Zivilsenat auf Anfrage des erkennenden Senats mitgeteilt, dass er daran nicht festhält.

b) Daran gemessen besteht mangels Bedingungseintritts kein Anspruch des Sicherungsgebers auf Rückgewähr der Grundschulden.

aa) Zutreffend verneint das Berufungsgericht zunächst einen Rückgewähranspruch aus der Sicherungsvereinbarung.

(1) Nach der formularmäßigen Zweckerklärung dienen die bestellten Grundschulden zur Sicherheit für alle bestehenden und künftigen, auch bedingten oder befristeten Forderungen der Beklagten gegen den Sicherungsgeber aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung. Diese weite Sicherungsvereinbarung gestattet die Neuvalutierung der zugunsten der Beklagten bestellten Grundpfandrechte. Die Pfändung und Einziehung des Rückgewähranspruchs durch das klagende Land steht einer nachträglichen Neuvalutierung der Grundschulden im Rahmen der bestehenden Sicherungsvereinbarung nicht entgegen. Denn der Pfändungsgläubiger hat den Anspruch auf Rückgewähr nur in der Form gepfändet, wie er nach der Sicherungsvereinbarung besteht (vgl. Senat, Urteil vom 19. April 2013 – V ZR 47/12, BGHZ 197, 155 Rn. 14 für die insoweit vergleichbare Rechtsposition des Zessionars). Der Pfändungsgläubiger muss vor der Pfändung getroffene Abreden zwischen Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer gegen sich gelten lassen. Er kann ebenso wenig wie der Zessionar des Rückgewähranspruchs verlangen, dass der Sicherungsgeber den Rückgewähranspruch fällig werden lässt (vgl. Senat, Urteil vom 18. Juli 2014 – V ZR 178/13, BGHZ 202, 150 Rn. 20; BGH, Urteil vom 11. Februar 1988 – IX ZR 77/87, NJW-RR 1988, 972 f.).

Deshalb kann der Sicherungsnehmer trotz der Pfändung des Rückgewähranspruchs die Grundschuld neu valutieren, wenn eine wirksame weite Sicherungsabrede getroffen wurde (vgl. Gladenbeck/Samhat, Kreditsicherung durch Grundschulden, 10. Aufl., Rn. 911; Stöber/Rellermeyer, Forderungspfändung, 17. Aufl., Rn. F.116). Das ist auch hier möglich, weil die Geschäftsbeziehung zwischen der Beklagten und dem Sicherungsgeber einschließlich der Sicherungsvereinbarung nach den Feststellungen des Berufungsgerichts unverändert besteht.

(2) Eine Beendigung der Geschäftsbeziehung oder der Sicherungsvereinbarung kann das klagende Land, wie das Berufungsgericht zutreffend sieht, auch nicht durch die Geltendmachung des Rückgewähranspruchs herbeiführen. Der Vollstreckungsgläubiger, der einen Anspruch des Sicherungsgebers auf Rückgewähr einer Grundschuld pfändet, ist nicht berechtigt, die Sicherungsvereinbarung oder die Geschäftsbeziehung zum Sicherungsnehmer zu kündigen; die Pfändung des Rückgewähranspruchs verschafft ihm nicht das Kündigungsrecht (vgl. Hintzen, Pfändung und Vollstreckung im Grundbuch, 6. Aufl., § 4 Rn. 116; Huber, Die Sicherungsgrundschuld, S. 201 f.; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung, Band III, S. 252; Stöber/Rellermeyer, Forderungspfändung, 17. Aufl., Rn. F.118).

bb) Ein Rückgewähranspruch des Sicherungsgebers ergibt sich auch nicht aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten, denn aus diesen folgen keine weitergehenden Ansprüche als aus der Sicherungsvereinbarung. Nr. 1.6 Abs. 1 Satz 1 der Sicherungsabrede verpflichtet die Beklagte zwar, ihre Rechte aus der Grundschuld auf Verlangen des Sicherungsnehmers freizugeben, wenn sie wegen ihrer Ansprüche befriedigt ist. Damit ist aber nur das Recht des Sicherungsnehmers angesprochen, den Sicherungsvertrag jederzeit zu kündigen, wenn die Grundschuld nicht mehr valutiert (vgl. Staudinger/Wolfsteiner, BGB [2019], Vorbem. zu §§ 1191 ff. Rn. 167; Gladenbeck/Samhat, Kreditsicherung durch Grundschulden, 10. Aufl., Rn. 735).

3. Entgegen der Ansicht der Revision besteht auch kein Anspruch auf Freigabe der Grundschulden in Teilen.

a) Zwar bestimmt Nr. 1.6 Abs. 1 Satz 2 der Sicherungsabrede i.V.m. Nr. 22 Abs. 2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten, dass die Beklagte schon vor vollständiger Befriedigung aller ihrer Ansprüche auf Verlangen zur Freigabe verpflichtet ist, soweit sie die Grundschuld(en) nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Kreditsicherung zur Sicherung ihrer Ansprüche nicht mehr benötigt bzw. soweit der realisierbare Wert aller Sicherheiten den Gesamtbetrag aller Forderungen der Beklagten nicht nur vorübergehend um mehr als 10 v.H. übersteigt. Die Voraussetzungen für eine Teilfreigabe liegen jedoch nicht vor, da die Geschäftsbeziehung zwischen der Beklagten und dem Sicherungsgeber einschließlich der Sicherungsvereinbarung unverändert fortbesteht.

b) Aus der Treuhandnatur des Sicherungsvertrags ergibt sich ungeachtet eines ausdrücklich vereinbarten Freigabeanspruchs die Pflicht des Sicherungsnehmers, die Sicherheit schon vor Beendigung des Vertrags zurückzugewähren, wenn und soweit sie endgültig nicht mehr benötigt wird. Diese Pflicht folgt gemäß § 157 BGB aus dem fiduziarischen Charakter der Sicherungsabrede sowie der Interessenlage der Vertragsparteien. Soweit Sicherheiten nicht nur vorübergehend nicht mehr benötigt werden, ist ihr weiteres Verbleiben beim Sicherungsnehmer ungerechtfertigt (vgl. BGH, Beschluss vom 27. November 1997 – GSZ 1/97 und 2/97, BGHZ 137, 212, 219). Wenn sich aus der Sicherungsvereinbarung nichts anderes ergibt, muss daher die Grundschuld in diesen Fällen auf Verlangen des Sicherungsgebers auch in Teilen zurückgewährt werden (vgl. Senat, Urteil vom 19. April 2013 – V ZR 47/12, BGHZ 197, 155 Rn. 12; Urteil vom 8. Dezember 1989 – V ZR 53/88, NJW-RR 1990, 455; BGH, Urteil vom 19. April 2018 – IX ZR 230/15, BGHZ 218, 261 Rn. 65).

c) Entgegen der Ansicht der Revision liegt eine lediglich vorübergehende Übersicherung des Sicherungsnehmers nicht nur dann vor, wenn eine Revalutierung oder das Entstehen sonstiger zu sichernder Forderungen gegen den Sicherungsgeber konkret absehbar ist und bevorsteht. Vorübergehend ist eine Übersicherung bei einer weiten Sicherungsabrede vielmehr solange, bis sie endgültig ist (vgl. BGH, Beschluss vom 27. November 1997 – GSZ 1/97 und 2/97, BGHZ 137, 212, 219). Der Anspruch des Sicherungsgebers auf Teilfreigabe einer Sicherheit setzt daher nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs den Eintritt einer insoweit endgültigen Übersicherung des Sicherungsnehmers und damit den Wegfall des Sicherungszwecks voraus (vgl. Senat, Urteil vom 19. April 2013 – V ZR 47/12, BGHZ 197, 155, Rn. 12; BGH, Urteil vom 14. Mai 1996 – XI ZR 257/94, BGHZ 133, 25, 30; Urteil vom 10. November 2011 – IX ZR 142/10, BGHZ 191, 277 Rn. 16; Urteil vom 19. April 2018 – IX ZR 230/15, BGHZ 218, 261 Rn. 65). Das ist bei einer weiten Sicherungsvereinbarung (erst) der Fall, wenn die Geschäftsbeziehung zwischen Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer beendet (vgl. Senat, Urteil vom 19. April 2013 – V ZR 47/12, BGHZ 197, 155, Rn. 12) oder wenn die Sicherungsvereinbarung geändert oder gekündigt wurde (vgl. Gladenbeck/Samhat, Kreditsicherung durch Grundschulden, 10. Aufl., Rn. 602; Otte, DNotZ 2011, 897, 899). Denn dann ist eine Revalutierung der Grundschuld ungeachtet des vereinbarten weiten Sicherungszwecks sicher ausgeschlossen (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 2011 – IX ZR 142/10, BGHZ 191, 277 Rn. 15). An einer Beendigung der gesamten Geschäftsbeziehung zwischen der Beklagten und dem Sicherungsgeber oder einer Änderung oder Kündigung der Sicherungsvereinbarung mangelt es aber, wie vorstehend bereits ausgeführt (vgl. Rn. 17).

d) Zutreffend nimmt das Berufungsgericht schließlich an, dass das klagende Land ein Teilfreigabeverlangen nicht wirksam geltend machen kann. Im Verlangen auf Rückgewähr einer nicht oder nicht voll valutierten Grundschuld liegt zwar regelmäßig die konkludente Kündigung einer weiten Sicherungsabrede, da die Kündigung nicht ausdrücklich erklärt werden muss (vgl. Gladenbeck/Samhat, Kreditsicherung durch Grundschulden, 10. Aufl., Rn. 737). Die Pfändung des Rückgewähranspruchs verschafft dem Vollstreckungsgläubiger aber kein Kündigungsrecht (vgl. hierzu oben Rn. 18).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

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