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Eigentümerwechsel im Grundbuch – Eingreifen Voreintragungsgrundsatz

OLG Rostock – Az.: 3 W 162/15 – Beschluss vom 30.05.2017

Auf die Beschwerde des weiteren Beteiligten wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Waren (Müritz) vom 09.12.2015 aufgehoben.

Gründe

I.

Eingetragener Eigentümer u. a. der im Rubrum näher bezeichneten Grundstücke war Herr J. S. Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag nebst Auflassung vom 24.07.2015 veräußerte dieser u. a. die bezeichneten Grundstücke an die nunmehr eingetragene Eigentümerin.

Der Urkundsnotar stellte unter dem 12.10.2015 den Antrag, den Eigentumswechsel einzutragen. Der Antrag ging am 21.10.2015 beim Grundbuchamt ein.

Auf Antrag von Herrn J. S. und der Stiftung „A.“ vom 12.05.2015 auf Durchführung eines freiwilligen Landtausches ordnete der weitere Beteiligte den freiwilligen Landtausch „Mirow V“ nach dem FlurbG an, dem u. a. die im Rubrum bezeichneten Flurstücke unterlagen. Im Zuge des Landtausches sollte die Stiftung „A.“ Eigentümerin dieser Flurstücke werden, während Herr J. S. für die von ihm in das Verfahren eingebrachten Flurstücke ein bislang im Eigentum der Stiftung stehendes Grundstück zu Eigentum erhalten sollte.

Mit Ausführungsanordnung vom 03.08.2015 ordnete der weitere Beteiligte die Ausführung des Tauschplanes an und setzte als Zeitpunkt des Eintritts des neuen Rechtszustandes und damit der rechtlichen Wirkungen des Tauschplanes den 01.10.2015 fest.

Nach Bestandskraft am 20.10.2015 hat der weitere Beteiligte mit Schreiben vom 22.10.2015, beim Grundbuchamt eingegangen am 26.10.2015, gemäß § 79 FlurbG um Berichtigung der betroffenen Grundbücher ersucht.

In Vollziehung des eingangs genannten Kaufvertrages nebst Auflassung hat das Grundbuchamt am 08.12.2015 antragsgemäß die nunmehr eingetragene Eigentümerin und gleichzeitig eine jeweils bewilligte Rückauflassungsvormerkung zu Gunsten von Herrn J. S. in die Grundbücher eingetragen.

Mit Zwischenverfügung vom 09.12.2015 an den weiteren Beteiligten hat das Amtsgericht sodann darauf hingewiesen, dass der von ihm beantragten Eintragung entgegenstehe, dass die in den Grundbüchern von R., Blatt … und … verzeichneten und nunmehr auf die Stiftung „A.“ zu übertragenden Grundstücke nicht mehr im Eigentum des Herrn J. S. stünden, da dieser seinen Grundbesitz mittlerweile veräußert habe. Darüber hinaus seien die Grundstücke mittlerweile mit einer Rückauflassungsvormerkung zu Gunsten von Herrn J. S. belastet. Das Ersuchen sage nichts darüber aus, was mit diesen Belastungen zu geschehen habe. Es müsse daher den neuen Eigentums- und Belastungsverhältnissen angepasst werden.

Gegen diese Zwischenverfügung wendet sich der weitere Beteiligte mit seiner am 15.12.2015 eingegangenen Beschwerde. Er verweist auf den erfolgten Rechtsübergang zum 01.10.2015, infolgedessen zum Zeitpunkt der Eigentumsumschreibung von Herrn J. S. auf die „L. GbR“ am 08.12.2015 das Grundbuch unrichtig gewesen sei. Es sei daher zunächst die Grundbuchberichtigung zu vollziehen gewesen, bevor weitere Umschreibungen, z. B. auf Grundlage der Auflassung vom 24.07.2015, hätten erfolgen können. Aufgrund des Eigentumsübergangs außerhalb des Grundbuchs seien die neuen Tauschflurstücke an die Stelle der in der Auflassung vom 24.07.2015 genannten alten Tauschflurstücke des Herrn S. getreten. Entsprechend laste auch die Rückauflassungsvormerkung auf dem neuen Tauschflurstück.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 16.12.2015 der Beschwerde nicht abgeholfen. Es hat ausgeführt, dass die gemäß § 39 GBO vorgeschriebene Voreintragung von Herrn J. S. nicht gegeben sei. Zum Zeitpunkt des Eingangs des Eintragungsersuchens des weiteren Beteiligten habe dem Grundbuchamt bereits der notarielle Kaufvertrag vom 24.07.2015 nebst Antrag des Urkundsnotars vom 12.10.2015 auf Eigentumsübertragung auf die „L. GbR“ vorgelegen. Dieser Antrag sei dem Ersuchen des weiteren Beteiligten gemäß § 17 GBO vorgegangen und somit vor jenem zu erledigen gewesen, was sodann am 08.12.2015 auch erfolgt sei.

Der weitere Beteiligte hat hierauf nochmals seine Auffassung bekräftigt, dass die Zwischenverfügung des Amtsgerichts samt der ihr zugrunde liegenden Grundbucheintragungen der Verfügungen des Herrn J. S. rechtswidrig sei. Die Ausführungen des Rechtspflegers offenbarten eine grundsätzliche Verkennung der durch das Verfahren des freiwilligen Landtausches vor der zuständigen Flurbereinigungsbehörde entstandenen Rechtslage. Der im Tauschplan vorgesehene neue Rechtszustand trete mit dem in der Ausführungsanordnung genannten Zeitpunkt an die Stelle des bisherigen, ohne dass es hierzu der Eintragung ins Grundbuch bedürfe. Dieses werde bis zu seiner Berichtigung nach § 79 FlurbG unrichtig und sei daher nach dieser Vorschrift zu berichtigen. Es handele sich um einen Rechtsübergang außerhalb des Grundbuchs. Die Einlageflurstücke gingen rechtlich unter. Darauf bezogene Anträge des Alteigentümers habe das Grundbuchamt abzulehnen. Aus diesen Gründen seien die nach dem 01.10.2015 vorgenommenen Grundbucheintragungen wie auch die Ablehnung des Berichtigungsersuchens der Flurbereinigungsbehörde rechtswidrig.

II.

Die Beschwerde ist gemäß §§ 71 Abs. 1, 73 GBO zulässig und auch in der Sache begründet.

Das vom Grundbuchamt in der angefochtenen Zwischenverfügung aufgezeigte Eintragungshindernis im Sinne von § 18 GBO besteht nicht. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts bedarf es keiner Anpassung des Ersuchens des weiteren Beteiligten.

1.

Die Eintragung des Eigentümerwechsels in Vollziehung des notariell beurkundeten Kaufvertrages mit Auflassung vom 24.07.2015 auf den am 21.10.2015 eingegangenen Antrag des Urkundsnotars war bezüglich der hier verfahrensgegenständlichen Flurstücke rechtswidrig, worauf der weitere Beteiligte zutreffend hinweist.

Zum Zeitpunkt der Eintragung am 08.12.2015 war dem Grundbuchamt bereits die Anordnung der Ausführung des Tauschplanes in freiwilligen Landtausch „Mirow V“, von dem die hier verfahrensgegenständlichen Flurstücke betroffen waren, ebenso bekannt wie die Festsetzung des Zeitpunkts des Eintritts des neuen Rechtszustandes, der 01.10.2015.

Mit der Anordnung der Ausführungen eines Flurbereinigungsplanes ist zu dem in ihr bestimmten Zeitpunkt – hier 01.10.2015 – der im Plan vorgesehene neue Rechtszustand gemäß § 61 S. 2 FlurbG an die Stelle des bisherigen getreten. Damit sind die alten eingebrachten Grundstücke als Gegenstand des Eigentums (Sachverhältnis) untergegangen; an ihre Stelle sind im Wege der Surrogation die als Ersatz ausgewiesenen Grundstücke getreten (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 04.01.1996, 20 W 548/95, Rpfleger 1996, 335 mwN.; BayObLG, Beschluss vom 07.11.1985, BReg. 2 Z 22/85, Rpfleger 1986, 129; Beschluss vom 17.01.1984, BReg. 2 Z 120/83, DNotZ 1986, 146; Beschluss vom 23.12.1982, BReg. 2 Z 70/82, BayObLGZ 1982, 455).

Das Grundbuch ist im Bestandsverzeichnis unrichtig geworden und nach § 79 Abs. 1 FlurbG ist es auf Ersuchen der Flurbereinigungsbehörde gemäß § 38 GBO entsprechend den neuen Verhältnissen zu berichtigen, wobei bis zur Berichtigung des Liegenschaftskatasters der Flurbereinigungsplan als amtliches Verzeichnis der Grundstücke im Sinne des § 2 Abs. 2 GBO dient (§ 81 Abs. 1 FlurbG).

Tritt im Zuge einer Flurbereinigung nach Auflassung, aber vor deren Eintragung im Grundbuch – wie hier – an die Stelle des aufgelassenen Einlagegrundstücks ein Ersatzgrundstück, so ist eine Eigentumsumschreibung in Vollziehung der Auflassung vor Durchführung der von der Flurbereinigungsbehörde zu veranlassenden Grundbuchberichtigung nicht möglich. Die alten Grundstücke, die im Grundbuch noch eingetragen sind, sind als solche nicht mehr vorhanden. An ihnen kann daher vor der Eintragung der Änderung des Sachverhältnisses nicht eine Änderung des Rechtsverhältnisses, d. h. die rechtliche Zuordnung zu einem neuen Eigentümer, eingetragen werden. Hierdurch würde das Grundbuchamt unzulässigerweise eine Eintragung vornehmen, von der es mit Sicherheit weiß, dass sie unrichtig ist. Das Grundbuchamt, das die Unrichtigkeit des Grundbuchs infolge der Ausführungsanordnung des Flurbereinigungsplans kennt, hat auch darauf zu achten, dass diese Unrichtigkeit nicht in eine neue Eintragung übernommen und damit weiterhin verlautbart wird. Eine Auflassung kann daher vor der Berichtigung des Grundbuchs auf den durch den Flurbereinigungsplan gestalteten neuen Rechtszustand nicht eingetragen werden (vgl. zu vorstehendem OLG Frankfurt, aaO. mwN.; Beschluss vom 25.09.2001, 20 W 458/00, zitiert nach juris; BayObLG, aaO).

2.

Allerdings können auch unberechtigte Grundbucheintragungen, die wirksam geworden sind, Eintragungshindernisse für nachfolgend beantragte Eintragungen darstellen, etwa wenn hierdurch anderweitige Bewilligungen oder Erklärungen erforderlich werden.

a.

Vorliegend spielt dies jedoch schon deshalb keine Rolle, weil die Eintragungen im Grundbuch auch bei einem rechtmäßigen Handeln des Grundbuchamtes im Ergebnis nicht anders erfolgt wären, als dies nunmehr infolge des Berichtigungsersuchens des weiteren Beteiligten der Fall wäre; insbesondere bedarf es weder einer neuen Auflassung oder einer Änderung der Auflassung vom 24.07.2015 noch auch nur einer zusätzlichen Bewilligung eines Beteiligten.

Hätte das Amtsgericht rechtmäßig gehandelt, dann hätte es zunächst auf das Ersuchen des weiteren Beteiligten die Grundbücher im Bestandsverzeichnis dem Tauschplan entsprechend jeweils berichtigt.

Sodann hätte es unmittelbar auf den Antrag des Urkundsnotars in Vollziehung der Auflassung vom 24.07.2015 den Eigentümerwechsel eintragen können und müssen, denn es entspricht der ständigen obergerichtlichen Rechtsprechung, dass es keiner Erneuerung der Auflassung oder einer Berichtigung der Bezeichnung der aufgelassenen Grundstücke bedarf, wenn – wie hier – im Zuge eines Flurbereinigungsverfahrens nach Auflassung, aber noch vor deren Eintragung im Grundbuch, an die Stelle des aufgelassenen Einlagegrundstücks nach dem Surrogationsprinzip ein Ersatzgrundstück tritt. Vielmehr ist die Auflassungserklärung regelmäßig als auf das Ersatzgrundstück bezogen anzusehen (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 04.01.1996, aaO; BayObLG, Beschluss vom 07.11.1985, aaO; Beschluss vom 23.04.1980, BReg. 2 Z 47/79, Rpfleger 1980, 293; Beschluss vom 13.07.1972, BReg. 2 Z 38/72, BayObLGZ 1972, 242).

Entsprechendes gilt für die bewilligte Rückauflassungsvormerkung.

Mit nunmehrigen Vollzug des Ersuchens des weiteren Beteiligten auf Berichtigung der Grundbücher im Bestandsverzeichnis wird kein anderer Grundbuchstand bewirkt, als der vorstehend dargelegte.

b.

Hinzu kommt, dass der Voreintragungsgrundsatz gemäß § 39 GBO – worauf das Grundbuchamt im Wesentlichen seine Zwischenverfügung stützt – ohnehin nach der, soweit ersichtlich, einhelligen Auffassung in Literatur und Rechtsprechung bei Berichtigung des Bestandsverzeichnisses nach Maßgabe eines Flurbereinigungsplans aufgrund der außerhalb des Grundbuchs eingetretenen Rechtsänderung nicht eingreift (vgl. dazu BayObLG, Beschluss vom 23.12.1982, aaO; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 28.10.1977, 3 W 98/77, OLGZ 1978, 167; Bauer in Bauer/v. Oefele, GBO, 3. Auflage, § 39 Rn. 30; Hügel/Zeiser, GBO, 3. Auflage, § 39 Rn. 20; Demharter, GBO, 30. Auflage, § 39 Rn. 5).

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst; Gerichtskosten fallen für das Beschwerdeverfahren nicht an (vgl. Nr. 14510 KV-GNotKG).

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