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Widerspruch Grundbuchamt nach Rücknahme einer Grundstücksverkehrsgenehmigung

Oberlandesgericht Brandenburg – Az.: 5 W 64/18 – Beschluss vom 20.02.2020

Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin wird das Amtsgericht Perleberg – Grundbuchamt – unter Aufhebung seines Beschlusses vom 4. Mai 2018 – angewiesen, die folgenden Widersprüche zu löschen.

– N… Blatt 243 Abteilung II/4 und II/5

– A… Blatt 64 Abteilung II/5

– H… Blatt 105 Abteilung II/5

– J… Blatt 76 Abteilung II/6

– K… Blatt 438 Abteilung II/8

– L… Blatt 230 Abteilung II/2 und II/3

– P… Blatt 300 Abteilung II/6 und II/7

– S… Blatt 290 Abteilung II/5

– Si… Blatt 249 Abteilung II/1

Gründe

I.

Die Beteiligte zu 1 firmierte zunächst unter … Landbau GmbH. Sie hat durch notariellen Kaufvertrag vom 29. Juni 2015 (UR-Nr. …/2015 des Notars Dr. A… P… in Ha…) verschiedene in den Gemarkungen G…, Kl…und M… gelegene Grundstücke erworben.

Der Beteiligte zu 2 hat die Grundstücksverkehrsgenehmigung am 30. Juli 2015 erteilt. Die Beteiligte zu 1 ist mit ihrer bisherigen Firma „… Landbau GmbH“ am 22. Juni 2017 als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen worden.

Unter dem 27. September 2017 nahm der Landkreis Pr… (Beteiligter zu 2) die Grundstücksverkehrsgenehmigungen zum Grundstückskaufvertrag vom 29. Juni 2015 (UR-Nr. …/2015 des Notar Dr. A… P… aus Ha…) zurück. Mit Schreiben vom 12. Oktober 2017 (Grundakte zu Blatt 130 des Grundbuchs von Po…; Bl. 59) ersuchte der Landkreis Pr… das Grundbuchamt um Eintragung von Widersprüchen zugunsten der Beteiligten zu 3 bis 5 gegen die Eigentumsumschreibung auf die Beteiligte zu 1. Der Landkreis Pr… stützte sein Ersuchen auf § 7 Abs. 2 GrdstVG betreffend die Grundstücke der Kaufgegenstände 3, 4 und 13 der Urkunde…/2015 P vom 29. Juni 2015 des Notars Dr. A… P… aus Ha… Der Grundbuchstand ergibt wie folgt:

a.

N… Blatt 243

– am 22. Juni 2017 als Eigentümerin eingetragen: … Landbau GmbH

– am 10. Juli 2019 als Eigentümerin eingetragen: die Beteiligte zu 1

– 19. Oktober 2018: II/4 Widerspruch zugunsten der …Öko-Landbau GmbH zu Ziffer 24 des Bestandsverzeichnisses

– 19. Oktober 2018: II/5 Widerspruch zugunsten der … Agrarproduktions- und Verwaltungs- Aktiengesellschaft zu Ziffern 1-9 und 12-23 des Bestandsverzeichnisses

b.

A… Blatt 64

– am 22. Juni 2017 als Eigentümerin eingetragen: … Landbau GmbH

– am 30. Oktober 2019 als Eigentümerin: die Beteiligte zu 1

– 19. Oktober 2018: II/5 Widerspruch zugunsten der …Öko-Landbau GmbH

c.

H… Blatt 105

– am 21. Juni 2017 als Eigentümerin eingetragen: … Landbau GmbH

– am 30. Oktober 2019 als Eigentümerin: die Beteiligte zu 1

– 19. Oktober 2018: II/5 Widerspruch zugunsten der …Öko-Landbau GmbH zu Ziffer 24 des Bestandsverzeichnisses

d.

J… Blatt 76

– am 21. Juni 2017 als Eigentümerin eingetragen: … Landbau GmbH

– am 30. Oktober 2019 als Eigentümerin: die Beteiligte zu 1

– 19. Oktober 2018: II/6 Widerspruch zugunsten der … Sonderkulturen GmbH

e.

K… Blatt 438

– am 21. Juni 2017 als Eigentümerin eingetragen: … Landbau GmbH

– am 30. Oktober 2019 als Eigentümerin: die Beteiligte zu 1

– 19. Oktober 2018: II/8 Widerspruch zugunsten der …Öko-Landbau GmbH zu Ziffer 24 des Bestandsverzeichnisses

f.

L… Blatt 230

– am 22. Juni 2017 als Eigentümerin eingetragen: … Landbau GmbH

– am 30. Oktober 2019 als Eigentümerin: die Beteiligte zu 1

– 19. Oktober 2018: II/2 Widerspruch zugunsten der …Öko-Landbau GmbH zu Ziffern 6-10 des Bestandsverzeichnisses

– 19. Oktober 2018: II/3 Widerspruch zugunsten der … Sonderkulturen GmbH zu Ziffern 1-5 des Bestandsverzeichnisses

g.

P… Blatt 300

– am 21. Juni 2017 als Eigentümerin eingetragen: … Landbau GmbH

– am 10. Juli 2019 als Eigentümerin eingetragen: die Beteiligte zu 1

– 19. Oktober 2018: II/6 Widerspruch zugunsten der …Öko-Landbau GmbH zu Ziffern 60-67 des Bestandsverzeichnisses

– 19. Oktober 2018: II/7 Widerspruch zugunsten der … Sonderkulturen GmbH zu Ziffern 36-59 des Bestandsverzeichnisses

h.

S… Blatt 290

– am 21. Juni 2017 als Eigentümerin eingetragen: … Landbau GmbH

– am 4. November 2019 als Eigentümerin eingetragen: die Beteiligte zu 1

– 19. Oktober 2018: II/5 Widerspruch zugunsten der …Öko-Landbau GmbH

i.

Si… Blatt 249

Das Grundbuchblatt ist am 22. Juni 2017 von Blatt 117 übertragen worden.

– am 21. Juni 2017 als Eigentümerin eingetragen: … Landbau GmbH

– am 4. November 2019 als Eigentümerin eingetragen: die Beteiligte zu 1

– 19. Oktober 2018: II/1 Widerspruch zugunsten der …Öko-Landbau GmbH

Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 26. April 2018 regte die Beteiligte zu 1 an, die in den nachfolgenden Grundbüchern eingetragenen Widersprüche gemäß § 7 Abs. 2 S. 1 GrdstVG zugunsten der …Öko-Landbau GmbH jeweils in Abteilung II lfd. Nummern 5 zu löschen:

– N… Blatt 243 Abteilung II/5

– A… Blatt 64 Abteilung II/5

– H… Blatt 105 Abteilung II/5

– J… Blatt 76 Abteilung II/5

– K… Blatt 438 Abteilung II/5

– L… Blatt 230 Abteilung II/5

– P… Blatt 300 Abteilung II/5

– S… Blatt 290 Abteilung II/5

– Si… Blatt 249

Mit Beschluss vom 4. Mai 2018 wies das Amtsgericht Perleberg – Grundbuchamt – die Anregung auf Eintragung der Löschung der Widersprüche zurück. Die Widersprüche seien auf Ersuchen des Landkreises gemäß § 7 Abs. 2 S. 1 GrdStVG eingetragen worden. Die Genehmigung sei widerrufen worden. Die ursprüngliche erteilte Genehmigung sei damit ex tunc weggefallen, so dass das Genehmigungserfordernis nicht mehr erfüllt sei. Die Rechtslage weiche insoweit von derjenigen ab, die der Entscheidung des Brandenburgischen Oberlandesgerichts in dem Beschluss vom 18. Januar 2018 (Az. 5 W 131/17) zugrunde lag. Die eingetragenen Widersprüche trügen nicht den Charakter der Widersprüche gemäß § 53 Abs. 1 S. 1 GBO.

Hiergegen wendet sich die Beteiligte zu 1 und Beschwerdeführerin mit ihrer Beschwerde vom 17. Mai 2018 unter Verweis auf die Entscheidung des Senats vom 26. April 2018 (Az. 5 W 159/17), der das Grundbuchamt nicht abgeholfen hat. Auf Hinweis des Senats hat die Beschwerdeführerin die Anträge dahingehend berichtigt, dass die folgenden am 19. Oktober 2017 gemäß § 7 Abs. 2 S. 1 GrdstVG eingetragenen Widersprüche im Wege der Amtslöschung nach § 53 GBO zu löschen sind:

– N… Blatt 243 Abteilung II/4 und II/5

– A… Blatt 64 Abteilung II/5

– H… Blatt 105 Abteilung II/5

– J… Blatt 76 Abteilung II/6

– K… Blatt 438 Abteilung II/8

– L… Blatt 230 Abteilung II/2 und II/3

– P… Blatt 300 Abteilung II/6 und II/7

– S… Blatt 290 Abteilung II/5

– Si… Blatt 249 Abteilung II/1

Der Beteiligte zu 2 ist vom Senat angehört worden; er hat auf eine Stellungnahme verzichtet. Ferner hat der Senat die Beteiligten zu 3 bis 5 angehört; eine Stellungnahme ist nicht eingegangen.

II.

Die Beschwerde ist gem. § 71 Abs. 1 GBO zulässig. Die Beschwerde unterliegt nicht den Beschränkungen des § 71 Abs. 2 GBO, da ein Widerspruch nicht am guten Glauben des Grundbuchs teilhat (RGZ 117, 346; 352; Senat Beschluss vom 11. Januar 2018, Az. 5 W 131/17)

Die Beschwerde ist begründet.

Durch den Widerspruch wird die Beschwerdeführerin in ihrer Rechtsstellung als Bucheigentümerin (§ 891 BGB) beeinträchtigt. Sollte daher, wie geltend gemacht, die Eintragung zu Unrecht erfolgt sein, könnte sie verlangen, dass der Widerspruch wieder im Grundbuch gelöscht werde. Dieses Verlangen stützt sich auf § 894 BGB, der in solchen Fällen entsprechend anzuwenden ist (BGH NJW 1969, 93). Dementsprechend ist die Beschwerde mit dem Ziel der Löschung begründet, wenn die Voraussetzungen für die Eintragung nicht gegeben waren (OLG Düsseldorf RPfleger 2001, 230 für § 899 BGB; Demharter GBO § 53 Rn. 41; BeckOK GBO/Holzer § 53 Rn. 52). Für die Eintragung eines Widerspruchs auf Behördenersuchen (§ 38 GBO) kann nichts anderes gelten.

Die Voraussetzungen für die Eintragung eines Widerspruchs auf Ersuchen des Beteiligten zu 2 lagen nicht vor. Bei Eintragung eines Widerspruchs auf Ersuchen einer Behörde ist die Grundbuchunrichtigkeit – hier: gegebenenfalls infolge der rückwirkenden Rücknahme der Grundstücksverkehrsgenehmigung – weder notwendige noch hinreichende Bedingung für die Eintragung eines Widerspruchs. Das Grundbuchamt hat nicht zu prüfen, ob das Ersuchen inhaltlich richtig ist, da dafür die ersuchende Behörde verantwortlich zeichnet (vgl. statt vieler: BeckOK GBO/Zeiser § 38 Rn. 15 mwN.). Das Grundbuchamt hat aber unter anderem zu prüfen, ob die konkret ersuchte Eintragung unter die Ersuchenskompetenz der ersuchenden Behörde fällt (so zutr. BeckOK GBO/Zeiser § 38 Rn. 15). Zur Prüfungskompetenz des Grundbuchamts zählt danach insbesondere, ob das Ersuchen auf eine Eintragung gerichtet ist, um die nach der gesetzlichen Vorschrift ersucht werden kann (BGH FGPrax 2014, 192 Rn. 14). Daran fehlt es bei dem in Rede stehenden Eintragungsersuchen.

Das Eintragungsersuchen des Beteiligten zu 2 lässt sich nicht mit einer unmittelbaren Anwendung von § 7 Abs. 2 Satz 1 GrdstVG rechtfertigen. Diese Vorschrift setzt voraus, dass das Grundbuchamt die Eigentumsumschreibung aufgrund eines nicht genehmigten Rechtsgeschäfts vorgenommen hat (v. Selle/Huth LwVG § 1 Rn. 105). Da hier die Genehmigung zum Zeitpunkt der Eigentumsumschreibung erteilt war, scheidet zugleich eine Verletzung von § 7 Abs. 1 GrdstVG und damit die Aufrechterhaltung des Widerspruchs als Amtswiderspruch gemäß § 7 Abs. 2 Satz 3 GrdstVG i. V. m. § 53 Abs. 1 GBO aus (vgl. v. Selle/Huth a.a.O.).

Auch führt die Rücknahme der erteilten Genehmigung nicht dazu, dass zum Zeitpunkt der Eigentumsumschreibung deren Voraussetzungen nicht vorlagen haben und somit ein Widerspruch nach § 53 Abs. 1 GBO einzutragen wäre, um den die Behörde nach § 7 Abs. 2 Satz 1 GrdstVG ersuchen könnte. Zwar mag mit dem Grundbuchamt davon ausgegangen werden können, dass die erteilte Genehmigung einen Verwaltungsakt darstellt (BGH, Beschluss vom 23. November 2012 – BLw 13/11 -, Rn. 12, juris), der mit seiner Rücknahme (§ 48 VwVfG) ex tunc wegfällt und somit von einer Eigentumsumschreibung aufgrund eines nicht genehmigten Rechtsgeschäfts auszugehen ist. Ob wie bei der Nichtigkeit einer Genehmigung auf Antrag im Verfahren vor den Landwirtschaftsgerichten (vgl. hierzu: Düsing/Martinez/Martinez, 1. Aufl. 2016, GrdstVG § 22 Rn. 25 mit Verweis auf § 44 V VwVfg; AG Stralsund 27. 8. 2010 – 61 Lw 5/09, BeckRS 2013, 00325; OVG Lüneburg Beschluss vom 21. Mai 2012 Az. 10 OB 69/12) auch die Wirksamkeit der Rücknahme bzw. die Erteilung der Genehmigung zu klären wäre, ist jedoch für das Grundbuchverfahren ohne Belang, weil – wie bereits ausgeführt – für § 53 Abs. 1 GBO maßgeblich auf den Zeitpunkt der Eigentumsumschreibung abzustellen ist.

Für eine – denkbare – analoge Anwendung von § 7 Abs. 2 Satz 1 GrdstVG auf den hier vorliegenden Fall einer Genehmigungsrücknahme fehlt es an einer planwidrigen Regelungslücke. Den Gesetzesmaterialien (BT-Drs. 3/119, 18) lässt sich entnehmen, dass die in der Genehmigungspflicht liegende Verfügungsbeschränkung bis zur Erteilung der Grundstücksverkehrsgenehmigung befristet sein sollte. Für einen Willen des Gesetzgebers, die Verkehrsfähigkeit landwirtschaftlicher Grundstücke darüber hinaus zu beschränken, bestehen keine Anhaltspunkte, mag er auch den Fall der rückwirkenden Rücknahme einer Grundstücksverkehrsgenehmigung nicht bedacht haben. Demgegenüber ergibt sich aus § 7 Abs. 3 GrdstVG, dass der Gesetzgeber im Interesse „der Rechtsklarheit“ (BT-Drs. 3/2635, 7) von Anfang an ungerechtfertigten Eigentumsumschreibungen nicht durchweg und dauerhaft die Rechtswirksamkeit versagen wollte.

Auf eine – auch analoge – Anwendung von § 7 Abs. 3 GrdstVG kann das Ersuchen ebenso wenig gestützt werden. Die Vorschrift ermächtigt die Genehmigungsbehörde nicht zur Stellung eines Ersuchens, sondern enthält eine Genehmigungsfiktion für den Fall, dass eine entgegen § 7 Abs. 1 GrdstVG eingetragene Rechtsänderung ein Jahr besteht (v. Selle/Huth LwVG § 1 Rn. 79).

Die Kostenfolge ergibt sich hinsichtlich der Gerichtskosten aus § 25 Abs. 1 GNotKG; eine Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten ist nicht veranlasst.

 

 

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