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Zusammenschreibung von zu Hof gehörenden Grundstücken

OLG Köln – Az.: I-2 Wx 331/19 – Beschluss vom 14.11.2019

Die Beschwerde des Beteiligten zu 4) vom 01.10.2019 gegen den am 24.09.2019 erlassenen Beschluss des Amtsgerichts – Grundbuchamts – Königswinter – A-2xx5-5 – wird zurückgewiesen.

Gründe

1.

Das Amtsgericht – Landwirtschaftsgericht – Siegburg hat unter dem 02.07.2019 das Grundbuchamt des Amtsgerichts Königswinter darum ersucht, sämtliche im Rubrum aufgeführten Grundstücke auf einem besonderen Grundbuchblatt (Hofstelle A Blatt 2xx5) zusammen zu führen und dort sodann den Vermerk „Hof gemäß der Höfeordnung“ einzutragen (Bl. 1 d. A.).

Der Beteiligte zu 1) ist der Eigentümer des im Rubrum aufgeführten Grundbesitzes. Die Grundstücke sind ausweislich der Eintragungen in Abteilungen II und III unterschiedlich belastet. Während es sich bei dem in B eingetragenen Grundbesitz lediglich um ein einzelnes Grundstück handelte, welches in Abt. II lediglich mit einer Reallast und einer Vormerkung für die Beteiligten zu 2) und 3) belastet war, handelt es sich bei dem in C belegenen Grundbesitz um 12 Grundstücke, die in Abteilung II mit insgesamt 15 unterschiedlichen Rechten zu Gunsten unterschiedlicher Berechtigter belastet sind. Der in A belegene Grundbesitz besteht aus 26 Grundstücken, die in Abteilung II mit 18 Rechten zu Gunsten verschiedener Berechtigter belastet sind; außerdem ist in Abteilung III eine Grundschuld eingetragen. Bei dem im D belegenen Grundbesitz handelt es sich um zwei Grundstücke, die in Abteilung II mit 4 Rechten zu Gunsten verschiedener Berechtigter belastet sind.

Das Grundbuchamt hat den in B eingetragenen Grundbesitz, da es sich lediglich um ein einzelnes Grundstück gehandelt hat, am 02.08.2019 auf den Antrag des Beteiligten zu 4) in das Grundbuch von A, Bl. 2xx5 übernommen. Weiter hat das Grundbuchamt einen korrespondierenden Hofvermerk auf sämtlichen im Rubrum aufgeführten Grundbuchblättern eingetragen. Mit Verfügung vom 22.10.2019 ist außerdem nach § 10 HöfeVfO eine Höfeakte für den im Rubrum aufgeführten Grundbesitzes angelegt worden (Bl. 28 d.A.). Im Übrigen hat das Grundbuchamt das Ersuchen des Amtsgerichts Siegburg vom 02.07.2019 mit dem angegriffenen Beschluss zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, dass angesichts der Vielzahl der Grundstücke, sowie der eingetragenen Rechte das Erfordernis zahlreicher Rangvermerke in Abt. II bestünde, was in erheblichem Maß zu Unübersichtlichkeit führen würde. Daher sei eine weitere Zusammenschreibung unter dem Aspekt der „Verwirrung“ abzulehnen (Bl. 18 ff. d.A.).

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Landwirtschaftsgerichts Siegburg vom 02.07.2019, mit der geltend gemacht wird, bei der Vorschrift des § 7 HöfeVfO, nach der die zum Hof gehörenden Grundstücke desselben Eigentümers auf Ersuchen des Landwirtschaftsgerichts auf einem besonderen Grundbuchblatt einzutragen seien, würde es sich um zwingendes Recht handeln. Nur ausnahmsweise könne bei Verwirrung von der Zusammenlegung abgesehen werden. Hieran seien aber strenge Anforderungen zu stellen, die vorliegend nicht erfüllt seien (Bl. 20 ff. d.A.).Mit Beschluss vom 28.10.2019 hat das Amtsgericht Königswinter der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache zur Entscheidung dem Oberlandesgericht Köln vorgelegt (Bl. 26 f. d.A.).

2.

Die Grundbuchbeschwerde des Landwirtschaftsgerichts Siegburg ist nach § 71 Abs. 1 GBO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Führung eines gemeinschaftlichen Grundbuchblattes stellt keine Eintragung im Sinne des § 71 Abs. 2 S. 1 GBO dar, so dass die Ablehnung der Zusammenschreibung mit der Beschwerde unbeschränkt anfechtbar ist. Das Landwirtschaftsgericht ist auch beschwerdebefugt, da es nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 bzw. § 7 Abs. 1  HöfeVfO grundsätzlich zur Antragstellung über Hofvermerke und die Zusammenschreibung auf einem Grundbuchblatt befugt ist und mit einer solchen Antragsbefugnis auch eine Beschwerdebefugnis korrespondiert, wenn das Grundbuchamt dem Ersuchen nicht nachkommt (vgl. OLG Celle, Beschluss v. 10.04.2012, 7 W 18/12).

In der Sache hat die Beschwerde indes keinen Erfolg.

Soweit die betroffenen Grundstücke zu einem Hof desselben Eigentümers gehören, sind sie zwar grundsätzlich auf Ersuchen des Landwirtschaftsgerichts auf einem besonderen Grundbuchblatt einzutragen (§ 7 Abs. 1 HöfeVfO); scheitert dies jedoch daran, dass bei einer solchen Zusammenschreibung Verwirrung nach § 4 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 GBO zu besorgen wäre, ist die Hofzugehörigkeit entsprechend § 6 Abs. 4 HöfeVfO jedoch ausnahmsweise durch Eintragung wechselseitiger Hofzugehörigkeitsvermerke kenntlich zu machen (vgl. BGH, Beschluss v. 20.12.2012, V ZB 95/11).

So liegt der Fall hier.

Es besteht zwar eine Bindungswirkung bei der Beurteilung der hier bejahten Frage, ob ein Hof im Sinne der Höfeordnung vorliegt und ob der im Grundbuchbezirk liegende Grundbesitz dem Hof zuzuordnen ist; darüber zu befinden, liegt allein in der Sachkompetenz des Landwirtschaftsgerichts. Nicht hierzu gehört jedoch, ob die grundbuchrechtlichen Voraussetzungen für die nur subsidiär mögliche Eintragung von Hofzugehörigkeitsvermerken vorliegen, ob also bei einer Zusammenschreibung Verwirrung zu besorgen wäre (§ 4 Abs. 2 GBO). Hüter des Grundsatzes der Grundbuchklarheit ist zuvörderst das jeweils zuständige Grundbuchamt. Ihm obliegt es insbesondere, eine Verwirrung im Grundbuch zu verhindern (§§ 4 ff. GBO). Eine Bindung an ein Ersuchen des Landwirtschaftsgerichts besteht daher insoweit nicht (vgl. BGH a.a.O.).

Nach § 4 Abs. 1 GBO kann über mehrere Grundstücke desselben Eigentümers, deren Grundbücher von demselben Grundbuchamt geführt werden, ein gemeinschaftliches Grundbuchblatt geführt werden, wenn hiervon Verwirrung nicht zu besorgen ist. Das gilt nach dem klaren und eindeutigen Wortlaut des § 4 Abs. 2 GBO auch dann, wenn die zu einem Hof im Sinne der Höfeordnung gehörenden Grundstücke in verschiedenen Grundbuchbezirken liegen. Auch in diesen Fällen darf danach keine Verwirrung zu besorgen sein (BGH a.a.O.).

Aus § 7 Abs. 1 HöfeVfO, wonach das Landwirtschaftsgericht das Grundbuchamt von Amts wegen zu ersuchen hat, die zu einem Hof gehörenden Grundstücke auf einem besonderen Grundbuchblatt einzutragen, ergibt sich nichts anderes. Die Vorschrift muss im Zusammenhang mit § 4 Abs. 2 GBO gesehen werden, dessen Entstehungsgeschichte belegt, dass der Gesetzgeber eine Zusammenschreibungspflicht nur unter den in dieser Norm genannten Voraussetzungen statuieren wollte. Der in der Vorschrift enthaltene Verweis auf einen „Hof im Sinne der Höfeordnung“ wurde durch Art. 1 Nr. 4 des Registerverfahrensbeschleunigungsgesetzes vom 20. Dezember 1993 (BGBl. I, S. 2182) mit der Begründung eingeführt, § 7 HöfeVfO enthalte keine besondere Regelung für die Fälle, in denen der Hof in den Bezirken mehrerer Grundbuchämter liege (BT-Drucks. 12/5553, S. 56). Um eine gemeinsame Buchung „zuzulassen“, bedürfe es der Ergänzung des § 7 HöfeVfO durch § 4 Abs. 2 GBO (BT-Drucks. 12/5553, S. 57). Teleologische Erwägungen untermauern diesen Befund. Das Grundbuchrecht wird von dem Grundsatz der Grundbuchklarheit beherrscht. Dem trägt das Gesetz u.a. dadurch Rechnung, dass nach § 3 Abs. 1 Satz 1 GBO jedes Grundstück ein eigenes Grundbuchblatt erhält. Über mehrere Grundstücke desselben Eigentümers, deren Grundbücher von demselben Grundbuchamt geführt werden, kann zwar ein gemeinschaftliches Grundbuchblatt geführt werden. Jedoch ist diese Ausnahme im Interesse der Grundbuchklarheit an die Voraussetzung geknüpft, dass keine Verwirrung zu besorgen ist (§ 4 Abs. 1 GBO). Dass vor diesem Hintergrund eine Zusammenschreibung von Hofgrundstücken trotz zu besorgender Verwirrung sachwidrig wäre, liegt auf der Hand. Dies gilt umso mehr, wenn Grundstücke – wie in den Fällen des § 4 Abs. 2 GBO – in verschiedenen Grundbuchbezirken liegen (vgl. BGH a.a.O.).

Grundsätzlich besteht die Besorgnis der Verwirrung zwar nicht, solange aus dem Grundbuch auch nach Eintragung der Vereinigung zu ersehen ist, auf welchem Teil des nunmehr einheitlichen Grundstücks welches Recht mit welchem Rang lastet. Die unterschiedliche Belastung der zu verbindenden Grundstücke allein begründet – wie § 1131 BGB, der die Verschiedenheit der Belastung voraussetzt, zeigt – regelmäßig nicht die Gefahr der Verwirrung. Solange nämlich aus dem Grundbuch ersichtlich ist, an welchem Teil eines nunmehr einheitlichen Grundstücks welches Recht mit welchem Rang lastet, also die einzelnen Teile nicht katastermäßig verschmolzen sind, ist Verwirrung nicht zu befürchten (vgl. OLG Düsseldorf, Rpfleger 2000, 211 m. w. N.). Ob eine Zusammenschreibung Verwirrung befürchten lässt, ist letztlich eine Frage des Einzelfalls. Insbesondere eine große Anzahl von Grundstücken kann aber hier zu führen (vgl. BeckOK GBO, 36. Edition 2019, Hügel § 4 Rn. 17).

Insofern hat das Grundbuchamt vorliegend zu Recht darauf abgestellt, dass es sich nicht nur um eine Vielzahl von Grundstücken handelt, sondern auch jeweils in Abteilung II des Grundbuchs zahlreiche Rechte – zugunsten unterschiedlicher Berechtigter – eingetragen sind, so dass das Erfordernis entsprechender Rangvermerke entstünde, welches zu erheblicher Unübersichtlichkeit führen würde. Dies gilt insbesondere für die in allen 3 Grundbuchblättern eingetragene (Gesamt-) Reallast, die in einem einheitlichen Grundbuchblatt nur einmal eingetragen werden könnte mit der Folge, dass sich die Rangverhältnisse zu den (meisten) übrigen Dienstbarkeiten jeweils unterscheiden würden, was im Grundbuch jeweils durch die Eintragung von  Rangvermerken klargestellt werden müsste. Insofern hat das Grundbuchamt im Rahmen seiner Zuständigkeit zutreffend die Voraussetzungen für die Zusammenschreibung in einem Grundbuch unter Verweis auf den Grundsatz der Grundbuchklarheit verneint.

4.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht erfüllt.

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