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Wirksamkeit vereinbartes Wiederkaufsrecht bei Nichtausübung einer Bauverpflichtung

LG Memmingen – Az.: 34 O 509/22 – Urteil vom 07.07.2022

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 80.799,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Rückübertragung eines Grundstücks.

Mit notariellem Kaufvertrag des Notars (…) vom 12.06.2015 (UR-Nr. (…), Anlage K1) erwarb die Klägerin von der Beklagten das Grundstück Flur-Nr. (…) der Gemarkung (…). Dieser Vertrag enthält u.a. folgende Regelungen:

„XVIII. Bauverpflichtung

Der Erwerber verpflichtet sich gegenüber dem Veräußerer, auf dem heutigen Vertragsgegenstand bis spätestens zum Ablauf von 5 Jahren von heute an ein Wohnhaus in Übereinstimmung mit dem öffentlichen Baurecht bezugsfertig zu errichten und den Vertragsgegenstand nicht zu veräußern, bevor er seine Bauverpflichtung erfüllt hat.

Es wurde darauf hingewiesen, dass der Veräußerer bereit ist, mit dem Erwerber über eine Fristverlängerung zu verhandeln. Ein Anspruch auf Fristverlängerung besteht jedoch nicht.

XIX. Wiederkaufrecht

Zur Absicherung der in vorstehender Ziffer enthaltenen Verpflichtungen räumt der Erwerber dem Veräußerer das Wiederkaufrecht am Vertragsgegenstand ein.

Der Wiederkaufvertrag kommt zustande durch die Erklärung des Veräußerers gegenüber dem Erwerber, dass er das Wiederkaufrecht ausübt.

Der Veräußerer darf die Wiederkauferklärung nur abgeben, wenn der Erwerber mit der Erfüllung seiner in vorstehenden vereinbarten Verpflichtungen in Verzug ist.

Das Wiederkaufrecht darf nicht mehr ausgeübt werden, wenn der Erwerber nach Eintritt der vorstehenden Voraussetzungen den Veräußerer schriftlich unter Setzung einer Frist von mindestens 3 Monaten zur Ausübung aufgefordert hat und die Frist fruchtlos verstrichen ist.

Das Wiederkaufrecht erlischt in jedem Fall nach Ablauf von 30 Jahren ab dem heutigen Tage, wenn es nicht vorher ausgeübt wurde.

Für den Wiederkaufvertrag gelten folgende Bestimmungen:

1. Wiederkaufpreis ist der heute vereinbarte Kaufpreis ohne Rücksicht auf die künftige Geldwertentwicklung.

2. Der Veräußerer als Wiederkäufer übernimmt nur die Belastungen in Abteilung II, die mit Zustimmung des Veräußerers bestellt wurden.

3. Es wurde darauf hingewiesen, dass der Erwerber als Wiederverkäufer neben dem Kaufpreis Anspruch auf Ersatz seiner Verwendungen auf den Kaufgegenstand hat, soweit dessen Wert bei Ausübung des Wiederkaufrechts dadurch noch erhöht ist.

(…)“

In der Folgezeit versuchte die Klägerin, das Grundstück zu bebauen und beantragte zunächst eine Baugenehmigung für ein Doppelhaus und, nachdem dies abgelehnt wurde, eine Baugenehmigung für ein Zweifamilienhaus mit geplantem Verkauf einer Wohnung. Auch dies wurde abgelehnt. Letztendlich wurde das Grundstück bis dato nicht bebaut, nachdem die Bauverpflichtung von der Beklagten einmalig bis zum 12.06.2021 verlängert wurde.

Mit notarieller Urkunde des Notarvertreters (…) vom 16.09.2021 (UR-Nr. (…), Anlage K2) wurde das Eigentum am Vertragsgrundstück wieder auf die Beklagte zurück übertragen. Zur Begründung berief sich die Beklagte auf die Bauverpflichtung mit vereinbartem Wiederkaufrecht.

Mit Schreiben des Klägervertreters vom 06.10.2021 (Anlage K3) wurde die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 27.10.2021 aufgefordert, das streitgegenständliche Grundstück zurück zu übertragen, da das Wiederkaufrecht unwirksam sei. Hierzu war die Beklagte jedoch nicht bereit.

Die Klägerin trägt vor, dass das streitgegenständliche Grundstück nicht subventioniert, sondern zu einem marktüblichen Preis von 99,- € pro Quadratmeter veräußert worden sei.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass die streitgegenständliche Bauverpflichtung samt Wiederkaufrecht aufgrund Verstoßes gegen das Gebot der angemessenen Vertragsgestaltung im Sinne des § 11 Abs. 2 BauGB unwirksam sei. Denn unter Berücksichtigung der Gesamtumstände, insbesondere einer Bauverpflichtung mit Absicherung durch ein Wiederkaufrecht, das 30 Jahre geltend gemacht werden kann, auf der einen Seite und auf der anderen Seite der Tatsache, dass das Grundstück nicht mit einem Preisnachlass veräußert worden sei, würde der städtebauliche Vertrag die Klägerin unangemessen benachteiligen. Denn das Eigentumsrecht der Klägerin sei durch die Bauverpflichtung mit Wiederkaufrecht der Beklagten erheblich beeinträchtigt, ohne dass die Klägerin hierfür eine angemessene Gegenleistung – wie etwa einen Preisnachlass – erhalten habe. Darüber hinaus müsse die Klägerin das Grundstück zum ursprünglichen Preis zurückgeben und der Gemeinde die erzielte Wertsteigerung zukommen lassen.

Die Klägerin beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, das Grundstück Flur-Nr. (…) der Gemarkung (…) an die Klägerin aufzulassen und die Eintragung im Grundbuch zu bewilligen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.438,67 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, dass die Klägerin ursprünglich 798 qm Baugrund von der Beklagten erworben habe. Dies mache einen Quadratmeterpreis von 67,- € im unerschlossenen Zustand aus. Der erschlossene Baugrund einschließlich der Herstellungsbeiträge für Wasserversorgungs- und Entwässerungseinrichtungen sowie der Grundstücksanschluss würden zu einem Gesamtkaufpreis pro Quadratmeter von 101,25 € führen. Hierbei handele es sich jedoch nicht um den marktüblichen Preis. Die Beklagte gehe davon aus, dass der marktübliche Preis für ein erschlossenes Grundstück in dem streitgegenständlichen Baugebiet zwischen 130,- und 140,- € pro Quadratmeter gelegen habe.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Bauverpflichtung samt Wiederkaufrecht wirksam sei, da die Klägerin durch diese Vertragsgestaltung nicht unangemessen benachteiligt werde. Denn dadurch, dass die Klägerin das Recht gehabt habe, nach Zeitablauf der Bauverpflichtung, die Beklagte aufzufordern, dass Wiederkaufrecht innerhalb von 3 Monaten auszuüben, habe es ihr oblegen, das Ausübungsrecht der Beklagten von 30 Jahren auf 5 Jahre und 3 Monate zu verkürzen. Die Beklagte habe den Grundstückspreis subventioniert, um jungen Familien den Erwerb von Grundeigentum und die Möglichkeit der Errichtung eines Familienheims zu ermöglichen. Im Übrigen sei es im Rahmen der Aufstellung eines Bebauungsplans und dem anschließenden Verkauf von Grundstücken ein Anliegen jeder Kommune, eine Bauverpflichtung aufzunehmen, um Grundstücksspekulationen mit kommunalen Grundstücken von vornherein zu vermeiden und die rasche Bebauung eines Neubaugebiets sicherzustellen. Eine Subventionierung des Grundstückskaufs durch die Gemeinde sei deshalb für die Wirksamkeit der Vereinbarung einer Bauverpflichtung nicht erforderlich, zumal § 176 BauGB der Gemeinde ausdrücklich die Möglichkeit einräume, den Eigentümer eines Grundstücks zu verpflichten, sein Grundstück entsprechend der Festsetzungen eines Bebauungsplanes innerhalb einer zu bestimmenden angemessenen Frist zu bebauen. Der Klägerin stehe deshalb jedenfalls im Ergebnis kein Rückübertragungsanspruch zu.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze samt Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 24.05.2022 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage erweist sich als unbegründet, so dass sie vollumfänglich abzuweisen war.

I.

Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das Landgericht Memmingen örtlich ausschließlich gemäß § 24 ZPO, und sachlich gemäß § 1 ZPO i.V.m. §§ 23 Nr.1, 71 Abs. 1 GVG zuständig.

II.

Die Klage ist unbegründet, da der geltend gemachte Rückübertragungsanspruch nach § 812 Abs. 1 S. 1 BGB nicht besteht.

1. Zwar erlangte die Beklagte das Eigentum am streitgegenständlichen Grundstück auf Grund einer bewussten und zweckgerichteten Mehrung fremden Vermögens, d.h. durch Leistung zur Erfüllung einer vermeintlichen Verbindlichkeit, nämlich der Rückübereignungspflicht nach ausgeübtem Wiederkaufrecht.

2. Das ausgeübte Wiederkaufrecht stellt jedoch einen wirksamen Rechtsgrund für diese Leistung dar. Seine dahingehenden Voraussetzungen sind erfüllt, seine Vereinbarung war wirksam.

a) Der Tatbestand des Wiederkaufrechts, wie es in Ziff. XIX zur Sicherung der Bebauungspflicht aus Ziffer XVIII des notariellen Kaufvertrages vom 12.06.2015 (vgl. Anlage K1, im Folgenden: notarielle Urkunde) vereinbart wurde, ist erfüllt. Eine Bebauung binnen der maßgeblichen Frist erfolgte nicht, ohne dass dies die Beklagte zu verantworten hätte.

b) Die Ausübung des Wiederkaufrechts hatte zur Folge, dass sich die Klägerin der Rückübereignungspflicht bezüglich des Grundstücks gegenübersah und ihre Verpflichtung auch zu Recht durch Rückübertragung des Eigentums am streitgegenständlichen Grundstück gemäß notarieller Urkunde des Notarvertreters (…) vom 16.09.2021 (UR-Nr. (…), Anlage K2) erfüllte.

c) Die Vereinbarung des Wiederkaufrechts ist wirksam.

aa) Mit notariellem Kaufvertrag des Notars (…) vom 12.06.2015 (UR-Nr. (…), Anlage K1) erwarb die Klägerin von der Beklagten das Grundstück Flur-Nr. (…) der Gemarkung (…), wobei eine Bauverpflichtung (Ziff. XVIII) samt Wiederkaufsrecht (Ziff. IX) vereinbart wurde. Die notarielle Urkunde.wahrt zudem die nach § 125 S. 1 BGB i.V.m. § 311b Abs. 1 S. 1 BGB, § 11 Abs. 3 BauGB erforderliche Form.

bb) Die Vereinbarung hält auch der inhaltlichen Überprüfung stand.

Diese bemisst sich an den Bestimmungen des § 11 BauGB. Denn vorliegend wurde mit der Bebauungspflicht gemäß den Festsetzungen des Bebauungsplans, zu deren Absicherung das Wiederkaufrecht dient, ein städtebaulicher Belang zwischen der Gemeinde und der Klägerin vertraglich geregelt (§ 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 Var. 1, § 1 Abs. 1 BauGB), sodass ein städtebaulicher Vertrag vorliegt. Im Ausgangspunkt ist festzuhalten, dass es Ausfluss der gemeindlichen Dispositionsfreiheit ist, Verträge zur Erfüllung ihrer Aufgaben zu schließen. Dabei kommt ihr grundsätzlich Vertragsfreiheit zu, sodass die Vereinbarung einer Gegenleistung nicht grundsätzlich einer besonderen Ermächtigung bedarf (Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr/Reidt, 15. Aufl. 2022, BauGB, § 11 BauGB, Rn. 1 f., 11 m.w.N.). Beim städtebaulichen Vertrag sind der gemeindlichen Vertragsfreiheit jedoch durch die allgemeinen Regeln zum öffentlichen Vertrag sowie insbesondere durch § 11 Abs. 2 BauGB Schranken gesetzt (vgl. hierzu: OLG München, Endurteil vom 16.06.2021 – 20 U 4632/20; Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr/Reidt, 15. Aufl. 2022, BauGB, § 11 BauGB, Rn. 2 m.w.N.). Maßgeblich sind bei der Prüfung die Gesamtumstände, so dass es für die objektive Angemessenheit – anders als bei der Prüfung von AGB – nicht auf einzelne Regelungen ankommt, sondern auf eine Gesamtbetrachtung der vertraglichen Vereinbarungen und der daraus resultierenden Belastungen, aber auch auf die Vorteile für den privaten Vertragspartner. Dabei darf es kein klares Missverhältnis zu Lasten des privaten Vertragspartners geben (vgl. insgesamt OLG München, a.a.O.).

Ein solches Missverhältnis ist im streitgegenständlichen Fall nicht ersichtlich.

(1) Zunächst ist festzuhalten, dass es als Ausfluss der gemeindlichen Vertragsfreiheit grundsätzlich keiner Subventionierung bedarf, damit die Gemeinde überhaupt Erwartungen an den Vertragspartner, welche sich in Vertragskonditionen ausdrücken, stellen darf. Insbesondere hat damit die Marktüblichkeit des Preises per se kein allein entscheidendes Gewicht in der umfassenden Abwägung.

(2) Der Zweck der Bedingung weist deutlich in Richtung der Angemessenheit. Mit der Vereinbarung einer durch Wiederkaufrecht gesicherten Bebauungspflicht sichert sich die Beklagte die Verwirklichung ihrer Planvorstellungen, was Konsequenz der ihr ureigenen Planungshoheit ist. Zur Sicherung der tatsächlichen Bebauung binnen angemessener Frist könnte sie sich alternativ auch einer einseitigen Regelung gemäß § 176 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB durch Bescheid bedienen, wofür lediglich das Vorliegen eines Bebauungsplans erforderlich wäre. Insoweit nutzt sie hier das ihr zur Sicherung ihrer Aufgaben und redlichen Interessen an die Hand gegebene Feinsteuerungspotential der Handlungsform des städtebaulichen Vertrags situationsgemäß.

Zu berücksichtigen ist, dass die Beklagte diese Bedingung mit der Übereignung eines Grundstückes von ihr an die Klägerin verband und nicht erst auf bestehendes Eigentum der Klägerin regelnd einwirkte, was die belastende Wirkung der Regelung abschwächt.

Darüber hinausgehende, gar sachfremde Nebenziele der Gemeinde, welche die so gefundene Angemessenheit erodierten, sind nicht erkennbar.

Zudem sind die Voraussetzungen der Ausübungen klar an diesem Ziel ausgerichtet und allein auf dessen Verwirklichung beschränkt, sodass sich die Klägerin eindeutig dem redlichen Anliegen gegenüber und keinem Einfallstor für Willkür ausgesetzt sah.

Die Homogenität der Regelungen, welche im gesamten Plangebiet von der Beklagten nach unbestrittenem Vortrag so praktiziert wurden, bezeugt die Ernsthaftigkeit des Regelungsanliegens und unterstreicht erneut die Angemessenheit.

(3) Auch in zeitlicher Hinsicht ist die Regelung angemessen, eng am Vertragszweck ausgerichtet und trägt so den beiderseitigen Interessen, wie sie nach dem gemeinsam gefundenem Vertragszweck beachtlich sind, Rechnung.

Zunächst erscheinen die grundsätzlich vereinbarten fünf Jahre (vgl. Ziff. XVIII der notariellen Urkunde) angemessen, um eine Bebauung des Grundstücks durchzusetzen. Die für die private Bau- und Finanzierungsplanung, die behördliche Genehmigung sowie den Bau erforderliche Zeit findet damit ausreichende Berücksichtigung. Die früher übliche 3-jährige Bauverpflichtung wäre inzwischen wohl schon fast zu knapp bemessen.

Zudem stärkt die Möglichkeit der Klägerin, die Beklagte zur Ausübung des Wiederkaufrechts mit einer Frist von drei Monaten verbindlich und endgültig aufzufordern (Ziff. XIX der notariellen Urkunde), ihre Dispositionsfreiheit im Rahmen der vertraglichen Zwecksetzung. So relativiert sich die an sich gegebene dreißigjährige Ausübungsfrist des Wiederkaufsrechts auf drei Monate ab schriftlicher Aufforderung durch die Klägerin.

Deshalb wirkt die Frist nicht als übermäßige Belastung, sondern als Mittel, um Unsicherheiten der Parteien zu verkürzen. Vorliegend schwebt nicht ohne den Willen der Klägerin ein Damoklesschwert über Jahrzehnte hinweg über einer Grundstücksnutzung, die nach dem vertraglichen Zweck gar nicht schutzwürdig wäre. Vielmehr ist die Regelung auf zügige Erreichung des Vertragszwecks konzentriert und bedeutet keine unangemessene Benachteiligung oder gar Härte für die Klägerin.

(4) Letztlich greift der Einwand, der Klägerin seien Investitionschancen entgangen, nicht. Vielmehr ist es ihre eigene Investitionsentscheidung, sich auf das – soweit beanstandungsfreie – Geschäft mit der Beklagten einzulassen und das Grundstück entsprechend den baurechtlichen Vorgaben zu bebauen. Das Verstreichen anderweitiger Investitionsmöglichkeiten geht auf diese Entscheidung zurück. Zu reinen Investitionszwecken war dieses Grundstücksgeschäft nach dem Vertragszweck nicht gedacht, sodass es auch keine Härte bedeuten kann, wenn die Klägerin nun auf die Rückzahlung des vollständigen Kaufpreises verwiesen ist und nicht eine etwaige Wertsteigerung des unbebauten Grundstücks abgreifen kann. Dass grundsätzlich lediglich der Kaufpreis nach näherer Ausgestaltung in Ziff. XIX der notariellen Urkunde zurückzuerhalten ist, erscheint als geringe, von der Eigenverantwortlichkeit der Klägerin umfasste Chanceneinbuße, welche keine Härte begründet. Insbesondere ist es ein legitimes Interesse der Gemeinde, Grundstücksspekulationen mit kommunalen Grundstücken auch in der vorliegenden Fallgestaltung bei Nichterfüllung der Bauverpflichtung von vorneherein auszuschließen.

(5) Die Angemessenheit der Regelung wird nach Auffassung des Gerichts auch durch einen Verkauf des Grundstücks ohne Preisnachlass zu einem marktüblichen Preis nicht in Frage gestellt, sodass es auf die Frage einer etwaigen Subventionierung in dieser Abwägungslage nicht entscheidend ankommt und kein Verkehrswertgutachten erholt werden musste. Wie bereits ausgeführt, könnte die Gemeine die streitgegenständliche Bauverpflichtung auch durch einen Verwaltungsakt gemäß § 176 Abs. 1 S. 1 BauGB gegenüber den Grundstückskäufern anordnen, ohne dass es – mit Ausnahme des Bestehens eines rechtsgültigen Bebauungsplans – weiterer Voraussetzungen bedarf. Sollte der Grundstückseigentümer in diesem Fall der Bauverpflichtung nicht nachkommen, kann die Gemeinde nach Ablauf der gesetzten Fristen und Durchführung erfolgloser Vollstreckungsmaßnahmen sogar gemäß § 176 Abs. 8 BauGB das Enteignungsverfahren nach § 85 Abs. 1 Nr. 5 BauGB einleiten. Aus diesen Regelungen ist mehr als deutlich erkennbar, welchen hohen Stellenwert der Bundesgesetzgeber der gemeindlichen Planungshoheit und deren Umsetzung einräumt. Obwohl diese Regelungen bereits Jahrzehnte alt sind, erlangen sie durch den derzeitigen Wohnraummangel neue Bedeutung und können von den Gemeinden entsprechend angewendet werden. Waren die Baugrundstücke bereits im Eigentum der Gemeinde, macht es durchaus Sinn und stellt im Übrigen auch den rechtlich und tatsächlich einfacheren Weg dar, die Bauverpflichtung bereits im notariellen Kaufvertrag zu verankern und mit einem Wiederkaufrecht der vorliegenden Form abzusichern. Das Gericht verkennt dabei natürlich nicht, dass die Bauverpflichtung grundsätzlich auch in die Gesamtabwägung miteinzustellen ist und insbesondere deren überlange Verpflichtungszeit durch einen Preisnachlass ausgeglichen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 16.04.2010 – V ZR 175/09, der bei einer Kaufpreisverbilligung von 50 % eine 20-jährige Verpflichtung des Käufers, das Grundstück selbst zu nutzen, noch als angemessen erachtet hat). Vorliegend kann jedoch die Verpflichtungszeit – wie bereits erläutert – durch die Klägerin auf 5 Jahre 3 Monate verkürzt werden, so dass kein Preisnachlass zum Ausgleich „notwendig“ war.

3. Sonstige Anspruchsgrundlagen wurden weder vorgetragen noch sind solche sonst ersichtlich.

4. Die geltend gemachten Nebenforderungen (vorgerichtliche Anwaltskosten und Zinsen) teilen das Schicksal der nicht bestehenden Hauptforderung.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.

IV.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1, S. 2 ZPO.

V.

Der Streitwert wurde nach §§ 63, 39 ff. GKG, 3 ff. ZPO festgesetzt.

 

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