OLG Rostock – Az.: 3 W 82/22 – Beschluss vom 24.10.2022
1. Auf die Beschwerde der Beteiligten gegen die Eintragung eines Amtswiderspruchs im Grundbuch wird das Amtsgericht W. (M.) – Grundbuchamt – angewiesen, den im Wohnungsgrundbuch von N., Bl. 2###, im Bestandsverzeichnis (Spalten 5 bis 6) am 31.05.2022 eingetragenen Amtswiderspruch zu löschen.
Gründe:
I.
Mit notariell beurkundeter Teilungserklärung vom 10.08.2021 (UR-Nr. 84### der verfahrensbevollmächtigten Notarin) teilte die eingetragene Eigentümerin und Beteiligte zu 1) das vormals im Grundbuch von N., Bl. 6###, gebuchte Grundstück in 3 Wohnungseigentume. Dem Vollzugsantrag vom 12.08.2021 war die amtliche Abgeschlossenheitsbescheinigung vom 20.07.2021 nebst Aufteilungsplan beigefügt. Unter anderem das vorliegend verfahrensgegenständliche Wohnungseigentum betreffend die Wohnung Nr. 1 im Erdgeschoss wurde am 31.08.2021 antragsgemäß mit der aus dem Rubrum näher ersichtlichen Bezeichnung im dafür neu angelegten Wohnungsgrundbuch Bl. 2### eingetragen. Die anderen zwei Wohnungseigentume betreffend die Wohnungen Nr. 2 und 3 sind in den Wohnungsgrundbüchern von N., Bl. 2### und 2###, gebucht.
Mit Urkunde vom 09.11.2021 (UR-Nr. 11### der verfahrensbevollmächtigten Notarin) veräußerte die eingetragene Eigentümerin und Beteiligte zu 1) das wie oben bezeichnete Wohnungseigentum betreffend die Wohnung Nr. 1 an die Beteiligten zu 2) und 3) für 395.000,- Euro. Die zunächst beantragte Eintragung der Auflassungsvormerkung erfolgte am 06.12.2021.
Am 31.05.2022 hat das Grundbuchamt einen Amtswiderspruch gegen die Eintragung der Gartenfläche WE 1 als Sondereigentum eingetragen zugunsten der jeweiligen Eigentümer in N. Blätter 2### und 2### (derzeit nach wie vor die Beteiligte zu 1)).
Gegen diese Eintragung eines Amtswiderspruchs wenden sich die Beteiligten mit ihrer Beschwerde vom 05.08.2022, mit der sie die Löschung des Amtswiderspruchs begehren, da es für dessen Eintragung keine rechtliche Grundlage gäbe.
Mit Beschluss vom 31.08.2022 hat das Amtsgericht der Beschwerde nicht abgeholfen. Die Eintragung der Gartenfläche WE 1 als Sondereigentum sei eine Gesetzesverletzung. Verletzt sei § 3 Abs. 1 WEG, wonach Sondereigentum grundsätzlich nur an einer bestimmten Wohnung oder an nicht zu Wohnzwecken dienenden bestimmten Räumen gebildet werden könne. Ausnahmen nach § 3 Abs. 2 WEG (Wohnung/Räume bleibt/bleiben dadurch nicht wirtschaftliche Hauptsache) und § 3 Abs. 3 WEG (Angabe Flächenmaße im Aufteilungsplan) seien der Teilungserklärung und der Abgeschlossenheitsbescheinigung nicht zu entnehmen gewesen, noch seien solche mit dem Antrag vom 12.08.2021 oder zwischenzeitlich vorgetragen. Der Beschwerde fehle es an der Darlegung und Glaubhaftmachung, dass das Grundbuch entgegen dem eingetragenen Widerspruch richtig sei.
Die Beteiligten halten daraufhin an ihrer Auffassung fest, dass es für den Amtswiderspruch keine rechtliche Grundlage gäbe und das Grundbuch nicht unrichtig (gewesen) sei. Zum einen seien die benannten Flächen und deren Größe alle korrekt mit erforderlichen Maßen versehen in der Abgeschlossenheitsbescheinigung angegeben. Zum anderen sei die vom Rechtspfleger beschriebene Konstellation hinsichtlich des Umkehrzwangs der wirtschaftlichen Hauptsache nicht aus dem Gesetz zu entnehmen. Das Sondereigentum könne seit der WEG-Reform gemäß § 3 Abs. 2 WEG auch auf Freiflächen erstreckt werden. Die jeweiligen Wohnungen oder die nicht zu Wohnzwecken dienenden Räume müssten jedoch wirtschaftlich die Hauptsache bleiben. Dies sei hier aber der Fall. Der Wert der Gartenfläche (306,40 m²) betrage nur ca. 1/10 des Kaufpreises für das Wohnungseigentum.
II.
1. Die – unbeschränkte – Beschwerde gegen die Eintragung des Amtswiderspruchs mit dem Ziel, diesen zu löschen, ist gemäß §§ 71, 73 GBO zulässig (vgl. nur Demharter, GBO, 32. Aufl., § 53 Rn. 31 m.w.N; § 71 Rn. 39 m.w.N.).
2. Die Beschwerde ist auch in der Sache begründet, denn die Voraussetzungen der Eintragung eines Amtswiderspruchs gemäß § 53 Abs. 1 S. 1 GBO sind und waren nicht erfüllt.
Nach dieser Vorschrift ist von Amts wegen ein Widerspruch einzutragen, wenn das Grundbuchamt unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften eine Eintragung vorgenommen hat, durch die das Grundbuch unrichtig geworden ist. Beides ist vorliegend im Hinblick auf die Eintragung der Gartenfläche WE 1 als Sondereigentum nicht der Fall. Weder hat das Grundbuchamt bei der Eintragung gesetzliche Vorschriften verletzt noch ist ersichtlich, dass das Grundbuch dadurch unrichtig geworden ist.
Vielmehr kann das Sondereigentum gemäß § 3 Abs. 2 WEG in der seit dem 01.12.2020 geltenden Fassung auf einen außerhalb des Gebäudes liegenden Teil des Grundstücks, wie z.B. Gartenflächen, erstreckt werden, es sei denn, die Wohnung oder die Räume bleiben dadurch wirtschaftlich nicht die Hauptsache. Dass Letzteres hier der Fall wäre, ist nicht ersichtlich. Die diesbezügliche Anmerkung des Amtsgerichts im Beschluss vom 31.08.2022 ist unverständlich. Ohnehin wird die Hauptsacheeigenschaft der Wohnung bzw. der Räume grundsätzlich vermutet, insbesondere bei – wie hier – Verbindung einer Wohnung mit einem Garten. Eine Prüfung durch das Grundbuchamt hat nur bei konkreten anderweitigen Anhaltspunkten zu erfolgen (vgl. zu Vorstehendem etwa Grüneberg/Wicke, BGB, 81. Aufl., § 3 WEG Rn. 10; Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl., § 3 Rn. 69; Heinemann in: Ring/Grziwotz/Schmidt-Ränsch, NK-BGB, 5. Aufl., § 3 WEG Rn. 11; jeweils unter Verweis auf die Gesetzesbegründung). Diese gibt es vorliegend nicht.
Soweit das Amtsgericht zudem bemängelt, dass die gemäß § 3 Abs. 3 WEG zur Bestimmung des Grundstücksteils erforderlichen Maßangaben dem Aufteilungsplan in der Teilungserklärung und der Abgeschlossenheitsbescheinigung nicht zu entnehmen seien und auch mit dem Antrag vom 12.08.2021 nicht vorgetragen worden seien, so ist dies wiederum schlicht unverständlich. Dem Antrag vom 12.08.2021 war die Abgeschlossenheitsbescheinigung der unteren Bauaufsichtsbehörde vom 20.07.2021 im Original beigefügt. Dieser wiederum lag der Aufteilungsplan auch bezüglich der Außenfläche WE 1 bei, in dem diese sowohl farblich als auch durch die notwendigen Maßangaben überaus deutlich bestimmt und bezeichnet ist.
Aufgrund vorstehender Ausführungen ist der eingetragene Amtswiderspruch zu löschen.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.