OLG Stuttgart – Az.: 8 W 158/18 – Beschluss vom 18.06.2018
1. Die Beschwerde der Beteiligten Ziff. 1 gegen den Zurückweisungsbeschluss des Amtsgerichts Schwäbisch Gmünd – Grundbuchamt – vom 08.05.2018, Az. SGM024 GRG 350/2018, wird zurückgewiesen.
2. Die Beteiligte Ziff. 1 trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf € 25.000,00 festgesetzt.
Gründe
I.
Am 29.03.2018 schlossen die Beteiligte Ziff. 1 als Verkäuferin und der Beteiligte Ziff. 2 als Käufer vor Notar …, Schwäbisch Gmünd, unter Urkundenrolle Nr. UR 332/2018 einen Kaufvertrag über den eingangs näher genannten Grundbesitz. Auf dem Dach des auf dem Grundbesitz befindlichen Gebäudes ist eine im Wege der aufgeständerten Bauweise montierte Photovoltaikanlage angebracht.
Ebenfalls am 29.03.2018 wurde durch die Beteiligte Ziff. 1 als Eigentümerin vor Notar … unter Urkundenrolle UR 331/2018 B im Hinblick auf die auf dem Dach befindliche Photovoltaikanlage eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit bestellt, dies als sogenannte Eigentümerdienstbarkeit (§ 2 der Urkunde UR 331/2018 B). In § 3 wurde unter der Überschrift „Rechtsnachfolgeklausel“ folgendes geregelt:
(1) Der (auch zukünftige) Eigentümer verpflichtet sich gegenüber der vorstehend Genannten (hier: Frau …) im Wege eines unechten Vertrags zugunsten Dritter, beschränkte persönliche Dienstbarkeiten gleichen Inhalts wie vorstehend unter § 2 zu bestellen, und zwar zu Gunsten beliebiger von dieser benannten Dritten, wenn diese in den zwischen den Beteiligten abzuschließenden Nutzungsvertrag eintreten und die Rechte und Pflichten aus diesem Vertrag übernehmen sowie zugunsten der Erben und Erbeserben des Anlagenbetreibers.
Ein Benennungsrecht zugunsten eines Kreditinstitutes soll – auf Nachfrage des Notars – nicht geregelt werden.
(2) Zur Sicherung des vorgenannten Anspruches auf Eintragung einer inhaltsgleichen Dienstbarkeit wird allseits die Eintragung einer Vormerkung zu Lasten des vorgenannten Grundstücks für die Genannte (Frau …) beantragt und bewilligt. Die Vormerkung soll im Rang nach der Dienstbarkeit unter § 2 eingetragen werden.
Mit Schreiben an das Grundbuchamt vom 03.04.2018 hat der beurkundende Notar …, Schwäbisch Gmünd, unter Übersendung der Urkunde UR 331/2018 B über die Bestellung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit und unter Hinweis auf § 15 GBO die in der Urkunde enthaltenen Eintragungsanträge für die dort aufgeführten Antragsteller gestellt. Mit Schreiben an Notar … vom 16.04.2018 teilte das Grundbuchamt mit, mangels Anspruches gegen den Grundstückseigentümer könne keine Eigentümer-Vormerkung betreffend die Dienstbarkeit eingetragen werden. Der Verkäufer/Eigentümer habe gegenüber dem Käufer/künftigen Eigentümer einen Anspruch auf Eintragung einer Dienstbarkeit erworben. Dieser Anspruch könne ab dem Moment im Grundbuch eingetragen werden, ab dem der Verpflichtete/Käufer als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist, vorher nicht. Schuldner des gesicherten Anspruches müsse derjenige sein, dessen Eigentum oder Grundstücksrecht im Zeitpunkt der Eintragung der Vormerkung von der künftigen Rechtsänderung betroffen ist. Die vom Erwerber zur Eintragung bewilligte und beantragte Vormerkung könne somit erst nach Eigentumsänderung auf den Erwerber eingetragen werden. Anders als eine Eigentümer-Dienstbarkeit könne eine Eigentümer-Vormerkung mangels Anspruches nicht eingetragen werden, da der Eigentümer/Verkäufer gegen sich selbst keinen Anspruch begründen könne. Dieses Eintragungshindernis sei nicht heilbar.
Notar … vertritt die Auffassung, dass eine anfängliche Identität von Eigentümer und Schuldner gerade nicht schädlich für die Eintragungsfähigkeit der Vormerkung ist.
Am 08.05.2018 wurde die in § 2 der Urkunde bestellte beschränkte persönliche Dienstbarkeit im Grundbuch eingetragen.
Durch ebenfalls am 08.05.2018 ergangenen Beschluss hat das Amtsgericht Schwäbisch Gmünd – Grundbuchamt – den Antrag vom 03.04.2018 auf Eintragung einer Vormerkung betreffend die Eintragung einer Dienstbarkeit zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Beteiligte Ziff. 1, vertreten durch Notar …, mit ihrer Beschwerde vom 21.05.2018. Zu deren Begründung trägt die Beteiligte Ziff. 1 vor, die Voraussetzungen für die Eintragung einer Vormerkung seien gegeben. Dass der Beteiligte Ziff. 2 als Erwerber gegenwärtig nicht Eigentümer des Grundstücks ist, sei unschädlich, da dieser seine Verfügungsmacht in der vorliegenden Konstellation von der Eigentümerin ableite. Es bestehe damit eine anfängliche Erfüllungsmöglichkeit, die eine Ausnahme vom Identitätsgebot rechtfertige.
Die Beteiligte Ziff. 1 beantragt im Beschwerdeverfahren,
1. Auf die Beschwerde des Notars wird der Zurückweisungsbeschluss des Amtsgerichts Schwäbisch Gmünd vom 08.05.2018, Az. SMG024 GRG 350/2018, GB 3355, aufgehoben.
2. Das Amtsgericht Schwäbisch Gmünd – Grundbuchamt – wird angewiesen, den Antrag auf Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit (Photovoltaikanlage) gemäß § 3 der notariellen Urkunde vom 29.03.2018, UR 331/2018, GB 3355, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu bescheiden und nicht aus den Gründen des angegriffenen Zurückweisungsbeschlusses zurückzuweisen.
Darüber hinaus wurde angeregt, dem Grundbuchamt zur Verhinderung des drohenden Rangverlusts im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, eine Vormerkung zur Sicherung der durch Antrag vom 29.03.2018, UR 331/2018 B, begehrten Eintragung halbspaltig wie folgt einzutragen:
„Vormerkung zur Sicherung der Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit (Photovoltaikanlage), Bezug; Bewilligung vom 29.03.2018, UR 331/2018 B, Notar Dr. Peter Becker“.
Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht Stuttgart zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die gemäß § 71 GBO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Beteiligten Ziff. 1 hat in der Sache keinen Erfolg. Das Grundbuchamt hat den verfahrensgegenständlichen Eintragungsantrag zur Recht zurückgewiesen.
1.
Das Bürgerliche Gesetzbuch lässt beschränkte dingliche Rechte am eigenen Grundstück zu (§ 889 BGB), sofern sie nicht – wie Vormerkung und Hypothek – eine gesicherte Forderung voraussetzen. Eine solche kann der Eigentümer nicht gegen sich selbst haben (Palandt/Herrler, Bürgerliches Gesetzbuch, 77. Auflage 2018, § 889 BGB, Rdnr. 1). Der zu sichernde Anspruch setzt notwendigerweise die Existenz zweier verschiedener Personen voraus. Eine Auflassungsvormerkung geht regelmäßig unter, wenn der zu sichernde Anspruch durch den Zusammenfall von Gläubiger und Schuldner wegen Konfusion erlischt (BGH NJW 1981, 447). Wird der Vormerkungsberechtigte vor Ausübung eines Vorkaufsrechts Alleinerbe des Verpflichteten, so muss die Vormerkung wegen der nachträglich eintretenden Personenidentität erlöschen, weil niemand mit sich selbst einen Vertrag abschließen kann (BGH NJW 2000, 1033).
Weiter ist das sogenannte Identitätsgebot auf der Passivseite zu beachten. Nach diesem allgemein anerkannten Grundsatz muss der Schuldner des gesicherten Anspruchs bei Eintragung der Vormerkung grundsätzlich Eigentümer des von der Vormerkung betroffenen Grundstücks oder Inhaber des von der Vormerkung betroffenen Rechts sein (BGHZ 134, 182; BGH NJW 2007, 508; BGH NJW 2014, 2431; OLG Hamm FGPrax 2017, 9; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Auflage 2012, Rdnr. 1493). Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass die Vormerkung den Gläubiger nur gegen nachträgliches, nicht auch gegen anfängliches Leistungsunvermögen des Schuldners sichern soll (BGHZ 134, 182). Es beugt zudem einer übermäßigen Vorverlegung des Vormerkungsschutzes vor und dient dadurch der Erhaltung der Verkehrsfähigkeit des betreffenden Grundstücks (BGHZ 134, 182). Schon der Wortlaut des § 886 BGB zeigt deutlich, dass der Gesetzgeber ohne Weiteres von der (ursprünglichen) Identität von Vormerkungsschuldner und betroffenem Rechtsinhaber ausging (vgl. Staudinger/Gursky, Bürgerliches Gesetzbuch, Neubearbeitung 2013, § 883 BGB, Rdnr. 56). Die Zustimmung des Berechtigten zur Vormerkungsbestellung durch den nichtberechtigten Schuldner oder die sonstige Verfügungsmacht des Schuldners über das vormerkungsbetroffene fremde Liegenschaftsrecht genügt nicht (Staudinger/Gursky, a.a.O., § 883 BGB, Rdnr. 56, mit Streitstand in Bezug auf die Frage einer Durchbrechung des Identitätsgebotes über den Fall des gutgläubigen Vormerkungserwerbs hinaus).
2.
Angesichts des Vorgesagten hat das Grundbuchamt im vorliegenden Fall zu Recht die Auffassung vertreten, dass zur Eintragbarkeit der in Rede stehenden Vormerkung der Beteiligte Ziff. 2 als Erwerber im Grundbuch als Eigentümer eingetragen sein muss. Er ist der Schuldner des gesicherten Anspruches. Die Beteiligte Ziff. 1 als Anspruchsberechtigte kann nicht zugleich als Eigentümerin Schuldnerin des Anspruches sein. Eine Vormerkung, die einen Anspruch gegen den Beteiligten Ziff. 2 durch Eintragung bei dem betroffenen Grundstück sicherte, verstieße zur Zeit gegen das Identitätsgebot.
Der Senat sieht auch keine Veranlassung, abweichend hiervon aus den von der Beteiligten Ziff. 1 genannten Gründen der Vormerkungsschutz vorzuverlagern. Richtig ist, dass die Eintragung einer Vormerkung auch zur Sicherung eines künftigen Anspruchs zulässig ist (§ 883 Abs. 1 Satz 2 BGB). Ebenso ist richtig, dass im vorliegenden Fall für den Eigentumsverschaffungsanspruch des Beteiligten Ziff. 2 nach dem Kaufvertrag vom 29.03.2018 insofern bereits ein „hinreichend fester Rechtsboden“ geschaffen worden ist, als ein Rücktrittsrecht des Erwerbers nicht vereinbart worden ist. Das ändert aber nichts daran, dass aus den genannten Gründen nach dem Identitätsgebot der Schuldner des gesicherten Anspruches im Zeitpunkt der Eintragung der Vormerkung Eigentümer des von der Vormerkung betroffenen Grundstücks sein muss. Ein Erwerbsanspruch des (zukünftigen) Schuldners und sogar eine sachen- und grundbuchrechtlich gesicherte Erwerbsaussicht durch Erwerbsvormerkung vermögen eine Vorverlagerung des Vormerkungsschutzes nicht zu rechtfertigen. Eine solche erscheint auch unter dem von der Beteiligten Ziff. 1 angeführten Gesichtspunkt der Vermeidung von Wertungswidersprüchen zum gutgläubigen Vormerkungserwerb nicht angezeigt und ebenso wenig allein auf Grund eines entsprechenden praktischen Bedürfnisses veranlasst. Soweit die Beteiligte Ziff. 1 unter Hinweis auf die Ausführungen von Kohler im Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (7. Auflage 2017, § 883 BGB, Rdnr. 34) die Auffassung vertritt, es sei unschädlich, dass der Erwerber gegenwärtig nicht Eigentümer des Grundstücks ist, da er seine Verfügungsmacht von der Eigentümerin ableite, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Es verbleibt beim Identitätsgebot.
3.
Nachdem die Beschwerde demgemäß zurückzuweisen war, war für die von der Beteiligten Ziff. 1 beantragte einstweilige Anordnung gemäß § 76 GBO kein Raum.
4.
Die Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren beruht auf § 84 FamFG. Auf die Gerichtsgebühr gemäß Nr. 14510 KV GNotKG (1,0-fache Gebühr gemäß Tabelle B) wird hingewiesen. Die Festsetzung des Gegenstandswertes des Beschwerdeverfahrens beruht auf §§ 61, 45 GNotKG.
Gründe für die Zulassung einer Rechtsbeschwerde gemäß § 78 GBO bestehen nicht. Soweit in der Entscheidung des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 19.06.2008 (5 Wx 48/07 – BeckRS 2008, 15841) ausgeführt wurde, das Identitätsgebot könne auch dann gewahrt sein, wenn der vom gegenwärtigen Rechtsinhaber verschiedene Schuldner, insbesondere kraft Einwilligung des Berechtigten, Verfügungsmacht gehabt habe, ist die Zulassung einer Rechtsbeschwerde schon deshalb nicht veranlasst, weil die dortigen Ausführungen als nicht tragend (“Ohne dass es noch darauf ankäme…“) gekennzeichnet worden sind.