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Löschung des Vermerks über Eröffnung des Insolvenzverfahrens

OLG München – Az.: 34 Wx 327/16 – Beschluss vom 21.10.2016

I. Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Rosenheim – Grundbuchamt – vom 16. August 2016 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,- € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beteiligte ist im Grundbuch als Eigentümerin von Teileigentum eingetragen.

Unter dem 9.10.2012 beantragte das Amtsgericht – Insolvenzgericht – unter Vorlage eines ausgefertigten Beschlusses über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens betreffend das Vermögen der I. B. in M. (geboren am …) als Schuldnerin die Eintragung eines Insolvenzvermerks im Grundbuch. Dem kam das Grundbuchamt am 16.10.2012 nach.

Mit Schreiben vom 27.7.2016 beantragte die Beteiligte die Berichtigung des Grundbuchs mit der Begründung, der Insolvenzeröffnungsbeschluss sei nicht vom zuständigen Richter unterschrieben gewesen. Gegen den „nunmehr unterzeichneten“ Beschluss sei Beschwerde eingelegt, im Übrigen sei das Insolvenzverfahren nicht nach den Regeln der ZPO durchgeführt worden. Es sei auch unter ihrem „Mädchennamen“ mit unzutreffender Anschrift eröffnet worden und sie sei in diesem Zeitpunkt nicht zahlungsunfähig gewesen.

Dem Rechtsmittel hat die Urkundsbeamtin des Grundbuchamts nicht abgeholfen und die Sache der Rechtspflegerin vorgelegt. Diese hat die Beschwerde gegen die Eintragung des Insolvenzvermerks am 16.8.2016 – ohne Rechtsmittelbelehrung – zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten vom 2.9.2016, die das Grundbuchamt, ohne abzuhelfen, dem Beschwerdegericht vorgelegt hat.

II.

Das Rechtsmittel ist unbegründet.

1. Gegen die Entscheidung der Rechtspflegerin als für die Führung des Grundbuchs zuständiger Person (§ 23 Nr. 1 Buchst. h RPflG), mit der die Eintragung der Insolvenzeröffnung im Grundbuch durch den Urkundsbeamten nach § 12c Abs. 2 Satz 3 GBO bestätigt wurde (§ 12c Abs. 4 GBO), ist nach § 12c Abs. 4 Satz 2 GBO die Beschwerde gemäß § 11 Abs. 1 RPflG i. V. m. § 71 Abs. 1 GBO statthaft.

Auch wenn sich die Beteiligte gegen eine Eintragung wendet, ist die im Übrigen zulässig (vgl. § 73 GBO) eingelegte Beschwerde hier nicht nach § 71 Abs. 2 GBO beschränkt. Denn der Insolvenzvermerk ist ein Sicherungsmittel mit lediglich negativer Wirkung, der zu keiner Grundbuchsperre führt und an dessen Eintragung sich kein gutgläubiger Erwerb anschließen kann (BGH FGPrax 2011, 267 f.; Hügel/Kramer GBO 3. Aufl. § 71 Rn. 132; Demharter GBO 30. Aufl. § 71 Rn. 39).

2. Eine Abhilfeentscheidung nach § 75 GBO ist bei Gelegenheit der formlosen Beschwerdevorlage zwar nicht ergangen, jedoch für den Anfall der Beschwerde auch nicht zwingend geboten; der Senat ist namentlich in Fällen, in denen eine Abhilfe ersichtlich nicht in Frage kommt, nicht gehindert, sofort über das Rechtsmittel zu entscheiden (vgl. Senat vom 1.8.2013, 34 Wx 62/13 = MittBayNot 2014, 47; Hügel/Kramer § 75 Rn. 1; Budde in Bauer/von Oefele GBO 3. Aufl. § 75 Rn. 1).

3. An einer rechtsmittelfähigen Entscheidung fehlt es nicht deshalb, weil die gesetzlich gebotene Rechtsbehelfsbelehrung (§ 39 FamFG) nicht erteilt wurde. Ein solcher Mangel allein kann auch nicht zur Aufhebung der Entscheidung führen, sondern hat höchstens Auswirkungen auf den Lauf von Rechtsmittelfristen bzw. für eine Wiedereinsetzung (Holzer FamFG § 39 Rn. 8).

4. Das Rechtmittel hat mit dem Ziel der Löschung keinen Erfolg. Weil keine Löschungsbewilligung nach § 19 GBO vorliegt, wäre dies nur im Weg der Amtslöschung nach § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO oder der Berichtigung nach § 22 GBO möglich. Deren Voraussetzungen liegen jedoch nicht vor.

a) Die Eintragung des Insolvenzvermerks ist nicht ihrem Inhalt nach unzulässig i. S. v. § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO.

Unzulässig nach § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO sind nur Eintragungen, die einen Rechtszustand oder -vorgang verlautbaren, den es aus Rechtsgründen nicht geben kann (BGH NJW-RR 2005, 10/11; BayObLG DNotZ 1988, 784/786; BayObLGZ 2001, 301/305; OLG Karlsruhe FGPrax 2014, 49/50; Hügel/Holzer § 53 Rn. 56). Dabei muss sich die Unzulässigkeit der Eintragung aus dem Eintragungsvermerk selbst oder den zulässig in Bezug genommenen Eintragungsunterlagen ergeben (BayObLGZ 1975, 398/403).

Für die angegriffene Eintragung trifft das nicht zu. Das Gesetz sieht die Eintragung eines Insolvenzvermerks an Grundstücken, als deren Eigentümer der Schuldner eingetragen ist, in § 32 Abs. 1 Nr. 1 InsO auf Ersuchen des Insolvenzgerichts (§ 32 Abs. 2 Satz 1 InsO) vor. Die angegriffene Eintragung verlautbart die erforderlichen Angaben, wie das Aktenzeichen des Insolvenzverfahrens, die ergangene Anordnung der Eröffnung und das anordnende Gericht (vgl. Schöner/ Stöber Grundbuchrecht 15 Aufl. Rn. 1632); einen gesetzlich nicht erlaubten Inhalt weist sie nicht auf.

b) Auch eine Berichtigung des Grundbuchs nach § 22 GBO durch Löschung des Vermerks scheidet aus. Das Grundbuch kann gemäß § 22 GBO nur berichtigt werden, wenn dessen Unrichtigkeit sowie die Richtigkeit der begehrten neuen Eintragung (Löschung) jeweils in der Form des § 29 GBO nachgewiesen sind. Der Nachweis ist von der Beteiligten als Antragstellerin zu führen (Demharter § 22 Rn. 36; Hügel/Holzer § 22 Rn. 58). Dabei gilt der grundbuchrechtliche „Beibringungsgrundsatz“; eine Sachaufklärung von Amts wegen durch das Grundbuchamt findet nicht statt (BayObLG Rpfleger 1982, 467; Böttcher ZfIR 2008, 507/509; Kohler in Bauer/von Oefele § 22 Rn. 171 und 174).

Das Grundbuch ist unrichtig, wenn die formelle und die materielle Rechtslage divergieren (§ 894 BGB; Hügel/Holzer § 22 Rn. 25). Dass der eingetragene Insolvenzvermerk unrichtig ist, weil ein wirksamer Eröffnungsbeschluss nicht vorliegt, hat die Beteiligte jedoch nicht nachgewiesen.

aa) Der Beschluss des Insolvenzgerichts vom 28.9.2012 ist nicht mangels einer Unterschrift des Richters nur ein unverbindlicher Entwurf geblieben (vgl. BGH Rpfleger 1998, 123; OLG Köln Rpfleger 2006, 646). Dies folgt schon aus der vorgelegten Ausfertigung; eine solche darf nämlich nach § 4 InsO mit § 329 Abs. 1, § 317 Abs. 2 Satz 1 ZPO nur erteilt werden, wenn der Beschluss unterschrieben ist. Der auf der zur Eintragung vorgelegten Ausfertigung aufgedruckte Name des Richters macht zusammen mit dem Ausfertigungsvermerk nach außen erkennbar, dass und von wem das Original unterschrieben ist.

Auch aus der von der Beteiligten vorgelegten Kopie des Beschlusses mit Datum (28.9.2012) ergibt sich, dass dieser gemäß § 4 InsO i. V. m. § 329 Abs. 1 Satz 2, 317 Abs. 2 ZPO im Original die Unterschrift des Richters trägt. Eine inhaltliche Divergenz zwischen Original und Ausfertigung ist auf den Kopien – bis auf den Aufdruck „Ausfertigung“ und den Ausfertigungsvermerk am Ende – nicht zu erkennen. Dass die von der Beteiligten vorgelegte Kopie der Ausfertigung an anderer Stelle in den Insolvenzakten einpaginiert sein soll als das Original, ist ohne Bedeutung. Eine fehlende Richterunterschrift hätte zudem – mit Wirkung für die Zukunft – nachgeholt werden können (BGH Rpfleger 1998, 123). Überdies ist nicht, schon gar nicht urkundlich (§ 29 Abs. 1 GBO) nachgewiesen, dass der unterschriebene Beschluss sich „seit 4.1.2016 erstmalig“ in der Akte des Insolvenzgerichts befindet.

bb) Dass nach dem Vortrag der Beteiligten gegen den Beschluss des Insolvenzgerichts Beschwerde eingelegt wurde, ist für das Grundbuchverfahren bedeutungslos. Denn die Beschwerde hat gemäß § 4 InsO mit § 570 Abs. 1 ZPO keine aufschiebende Wirkung.

cc) Für eine Nichtigkeit des Eröffnungsbeschlusses ist nichts ersichtlich.

Gerichtliche Entscheidungen können nichtig sein, wenn dem Gericht die Gerichtsbarkeit fehlt, es die ausgesprochene Rechtsfolge nicht gibt oder die getroffene Entscheidung aus tatsächlichen Gründen keine Wirkung hat, etwa weil sie gegen eine nicht existente Partei ergangen ist (vgl. Reichold in Thomas/Putzo ZPO 37. Aufl. vor § 300 Rn. 15 ff.).

(1) Dass der Eröffnungsbeschluss neben dem zutreffenden Geburtsdatum den Geburtsnamen der Beteiligten anstelle ihres durch Eheschließung angenommenen Doppelnamens und eine möglicherweise überholte Anschrift aufführt, bedingt nicht dessen Unwirksamkeit. Zwar ist im Rubrum der Entscheidung die Partei so genau zu bezeichnen, dass kein Zweifel an der Person besteht (vgl. Reichold in Thomas/Putzo § 253 Rn. 7). Dem genügen aber die aufgeführten Daten. Bei ungenauer oder unrichtiger Bezeichnung ist grundsätzlich die Person als Partei anzusehen, die erkennbar durch die Parteibezeichnung betroffen sein soll (etwa OLG Hamburg vom 23.12.2009, 5 U 5/08 nach juris).

(2) Ob das (örtlich) zuständige Insolvenzgericht eröffnet hat, bedarf keiner Klärung, da eine fehlende Zuständigkeit den Beschluss nicht nichtig, sondern höchstens anfechtbar macht (Reichold in Thomas/Putzo vor § 300 Rn. 15).

(3) Soweit die Beteiligte nur pauschal anführt, das Insolvenzverfahren sei nicht nach den Vorschriften der ZPO geführt worden, kann ein solcher Fehler – sollte er denn überhaupt vorgekommen sein – schon nicht zur Nichtigkeit der Entscheidung führen. Dasselbe gilt für die Behauptung, nicht zahlungsunfähig gewesen zu sein. Diese Fragen stellen sich nur im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens gegen den Insolvenzeröffnungsbeschluss (§§ 6, 34 Abs. 2 InsO). Für die sachliche Richtigkeit des Ersuchens trägt grundsätzlich allein die ersuchende Behörde die Verantwortung; das Grundbuchamt ist nicht berechtigt oder gar verpflichtet, die inhaltliche Richtigkeit zu überprüfen (vgl. BayObLG Rpfleger 1970, 346; OLG Hamm Rpfleger 1996, 338; 2011, 453 m. w. N.; Demharter § 38 Rn. 60 – 67).

(4) Abgesehen davon fehlt es an den im Grundbuchverfahren notwendigerweise förmlichen Nachweisen durch Urkunden i. S. v. § 29 Abs. 1 GBO für die Nichtigkeit. Auch deshalb kommt eine Berichtigung ohne Gläubigerbewilligung nicht in Frage (Demharter § 22 Rn. 42).

c) Ob für das damalige Eintragungsersuchen (§ 38 GBO) des Insolvenzgerichts die Form des § 29 Abs. 3 GBO gewahrt wurde, bedarf keiner Erörterung. Denn die Nichtbeachtung dieser Ordnungsvorschrift berührt die Wirksamkeit der Eintragung nicht (Knothe in Bauer/von Oefele § 29 Rn. 5).

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, da die Beteiligte die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens schon kraft Gesetzes zu tragen hat, § 22 Abs. 1 GNotKG.

Den Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens bestimmt der Senat nach dem Regelwert (§ 36 Abs. 1 und 3 GNotKG). Für eine Bemessung nach § 51 GNotKG fehlen hinreichende Anhaltspunkte.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 78 Abs. 2 GBO) liegen nicht vor.

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