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Voraussetzungen des Anfalls der Vollzugsgebühr nach Nr. 22120 KV-GNotKG

OLG Frankfurt am Main – Az.: 20 W 307/16 – Beschluss vom 28.02.2019

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Notwendige Aufwendungen werden im Beschwerdeverfahren nicht erstattet.

Gründe

I.

Der Antragsteller hat beim Landgericht Antrag auf gerichtliche Entscheidung betreffend die sich aus dem Rubrum ergebende Kostenberechnung des Antragsgegners über insgesamt 1.395,28 EUR gestellt. Er hat lediglich die darin berechnete Vollzugsgebühr nach Nr. 22120 KV-GNotKG in Höhe von 785,– EUR beanstandet. In der Überschrift der Kostenberechnung ist auch für die Vollzugsgebühr aufgeführt: „Für das Grundbuch von Stadt1 Blatt …, Grundbuch von Stadt2“.

Nach den Feststellungen des Landgerichts wurde dem Antragsteller gemäß Beschluss des Amtsgerichts Stadt2, …/13, vom 22.08.2014 im Zwangsversteigerungsverfahren ein Grundstück in Stadt1, auf welchem eine Grundschuld in Höhe von 2.300.000,– EUR für die Bank1 GmbH lastete, zugeschlagen. Er berichtigte sein Bargebot jedoch überwiegend nicht. Gemäß Beschluss des Amtsgerichts Stadt2 vom 15.10.2014 ging die Forderung gegen den Antragsteller gemäß § 118 ZVG auf die Gläubigerin, die Bank1 GmbH, über. Der Antragsgegner beurkundete am 30.09.2015 zu seiner UR-Nr. …/2015 die Bestellung einer Grundschuld über 355.000,– EUR auf vorgenanntem Grundeigentum des Antragstellers zu Gunsten der finanzierenden Bank2 Stadt3. Die finanzierende Bank verlangte vor Ablösung der Vorlasten eine Notarbestätigung, welche der Antragsgegner erteilte. Der Antragsgegner erhielt mit Schreiben vom 05.10.2015 der Bank1 AG (vormals Bank1 GmbH) zu treuen Händen die Befriedigungserklärung bezüglich der Forderung aus dem Beschluss vom 15.10.2014, verbunden mit dem Treuhandauftrag, hiervon gegenüber dem Amtsgericht Gebrauch zu machen, sobald die im Schreiben genannten Beträge gezahlt werden. Von der Bank2 erhielt der Antragsgegner nach Überweisung der Ablösesumme mit Schreiben vom 17.11.2015 den Auftrag, die Vorlasten im Grundbuch zu löschen und die Finanzierungsgrundschuld eintragen zu lassen. Mit E-Mail vom 20.11.2015 bat der Antragsgegner die Bank1 AG um Bestätigung, dass der vereinbarte Ablösebetrag bezahlt sei. Das Schreiben der Bank1 AG vom 18.11.2015, mit welchem sie ihn aus dem Treuhandauftrag entließ, wurde dem Antragsgegner auf dem Postweg übersandt. Mit Schreiben vom 26.11.2015 beantragte der Antragsgegner hinsichtlich des vorgenannten Grundstücks die Löschung des Zwangsversteigerungsvermerks, die Eintragung des Antragstellers als Eigentümer ohne Vorlasten sowie die Eintragung der Grundschuld gemäß seiner UR-Nr. …/2015 an erster Rangstelle. Für seine vorgenannten Tätigkeiten erstellte der Antragsgegner dem Antragsteller die hier verfahrensgegenständliche und eine weitere Kostenberechnung vom 05.10.2015.

Der Antragsteller hat sich gegen die Höhe der Vollzugsgebühr gewandt und die Auffassung vertreten, dem Antragsgegner stehe nur eine geringere Vollzugsgebühr, nämlich nach Nr. 22121 KV-GNotKG, zu, da die Gebühr für ein die Urkunde betreffendes Beurkundungsverfahren weniger als 2,0 betragen würde.

Der Antragsgegner hat an seiner Kostenberechnung festgehalten. Er hat die Auffassung vertreten, seine Tätigkeit sei vergleichbar mit derjenigen eines Notars, der mit dem Vollzug eines von einem anderen Notar beurkundeten Kaufvertrags beauftragt sei. Vorliegend sei fiktiver Beurkundungsgegenstand der Erwerb des Grundstücks in Stadt1. Der Auftrag, die Eigentumsumschreibung im Grundbuch in Stadt1 zu betreiben, sei eine Vollzugstätigkeit, die mit der Gebühr nach Nr. 22120 KV-GNotKG mit 1,0 in Ansatz zu bringen sei.

Das Landgericht hat die Handakten des Antragsgegners beigezogen. Die vorgesetzte Dienstbehörde das Antragsgegners hat am 17.02.2016 (Bl. 10 ff. der Akten) und am 23.03.2016 (Bl. 33 ff. der Akten) Stellung genommen.

Durch den angefochtenen Beschluss (Bl. 39 ff. der Akten), auf dessen Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Kostenberechnung auf 723,52 EUR herabgesetzt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Antragsgegner lediglich eine 0,3-Vollzugsgebühr nach Nr. 22111 KV-GNotKG aus dem Wert des Beurkundungsverfahrens, d.h. dem Wert der Grundschuld von 355.000,– EUR, zustehe, mithin insoweit ein Betrag von 220,50 EUR. Ein Fall der Nr. KV 22120 KV-GNotKG liege nicht vor, da jene Kostenvorschrift nur anzuwenden sei, wenn der zu vollziehenden Urkunde kein Beurkundungsverfahren desjenigen Notars zugrunde liege, welche die Vollzugstätigkeit ausübe. Vorliegend habe der Antragsgegner jedoch die bezeichnete Grundschuld beurkundet, auf welche sich seine Vollzugstätigkeit beziehe.

Gegen diesen am 17.10.2016 zugestellten Beschluss hat der Antragsgegner mit am 21.10.2016 eingegangenem Schriftsatz vom 20.10.2016 (Bl. 45 ff. der Akten), auf dessen Einzelheiten verwiesen wird, Beschwerde eingelegt. Im Wesentlichen rügt er, dass die Einholung der entsprechenden Bewilligungen nicht nur zum Zweck des Vollzugs der Grundschuldbestellung im Grundbuch erfolgt sei, sondern auch zum Zweck des Vollzugs der Eigentumsumschreibung des Antragstellers im Grundbuch. Hierauf habe sich auch der Auftrag bezogen. Der Antragsgegner habe eine auf den Vollzug eines fiktiven Kaufvertrags (Versteigerung und Zuschlag des Eigentums) gerichtete Vollzugstätigkeit ausgeübt.

Das Landgericht hat der Beschwerde ausweislich seines Beschlusses vom 26.10.2016 (Bl. 48 der Akten) nicht abgeholfen und hat sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Der Antragsteller hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

II.

Die Beschwerde des Antragsgegners ist gemäß § 129 Abs. 1 GNotKG statthaft und auch ansonsten zulässig, so insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Der Beschluss des Landgerichts ist nicht zu beanstanden. Zu Recht hat das Landgericht die angefochtene Kostenberechnung im Hinblick auf die verfahrensgegenständliche Vollzugsgebühr abgeändert und eine solche nach Nr. 22111 KV-GNotKG aus dem Geschäftswert der Grundschuld in Höhe von 355.000,– EUR in Ansatz gebracht.

Es liegt bereits kein Fall der vom Antragsgegner in Anspruch genommenen Nr. 22120 KV-GNotKG vor. Vollzugsfähig sind in der Regel Vereinbarungen, einseitige Erklärungen, letztwillige Verfügungen und (z. B. gesellschaftsrechtliche) Beschlüsse jeden Inhalts (vgl. Neie in BeckOK KostR, Stand: 15.02.2018, Vorbemerkung 2.2.1.1 KV-GNotKG Rz. 5). Nach Vorbemerkung 2.2.1.2 Nr. 1 KV-GNotKG entsteht (auch) diese Gebühr, wenn der Notar keine Gebühr für ein Beurkundungsverfahren oder für die Fertigung eines Entwurfs erhalten hat, die das zu vollziehende Geschäft betrifft. Selbst nach Auffassung des Antragsgegners bezieht sich seine „Vollzugstätigkeit“ nicht auf eine Beurkundung oder einen Entwurf. Ausweislich seiner Beschwerdeschrift meint der Antragsgegner offensichtlich, nicht eine Urkunde vollzogen zu haben, sondern eine gerichtliche Entscheidung, nämlich die „Ersteigerung und Zuschlag“. Der von ihm angenommene Vollzug knüpft danach nicht einmal an ein anderes notarielles Geschäft – etwa eine isolierte Beratung – an (vgl. die Beispiele bei Neie in BeckOK KostR, a.a.O., Vorbemerkung 2.2.1.2 KV-GNotKG Rz. 2 ff.). Damit ist der Ansatz der Vollzugsgebühr nach Nr. 22120 KV-GNotKG nicht gerechtfertigt. Dieser Kostentatbestand regelt im Übrigen in Übereinstimmung mit der genannten Vorbemerkung eine Vollzugsgebühr für Tätigkeiten, wenn die Gebühr für ein „die Urkunde“ betreffendes Beurkundungsverfahren 2,0 betragen würde. Der Vollzug muss sich also auf ein derartiges „Geschäft“ – so schon die Überschrift über Hauptabschnitt 2 – beziehen (vgl. auch Neie in BeckOK KostR, a.a.O., Nr. 22120 KV-GNotKG Rz. 2; Harder in Leipziger Gerichts- & Notarkostenkommentar (GNotKG), 2. Aufl., Vorbem. 2.2.1.1 KV-GNotKG Rz. 3; so auch Notarkasse, Streifzug durch das GNotKG, 12. Aufl., Rz. 3401).

Selbst wenn man anderer Auffassung wäre und mit dem Antragsgegner eine vergütungspflichtige Vollzugstätigkeit nach der genannten Kostenvorschrift auch auf den gerichtlichen Zuschlag als Hoheitsakt beziehen würde, würde sich im Ergebnis nichts ändern. Zu Recht hat das Landgericht ausgeführt, dass sich die Vollzugstätigkeit auf die vom Antragsgegner beurkundete Grundschuld bezieht. Auf die diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Beschluss kann insoweit Bezug genommen werden. Grundsätzlich gilt die Vollzugsgebühr die Vollzugstätigkeit zu einer konkreten Urkunde ab. Die konkrete Niederschrift ist das Beurkundungsverfahren im Sinne des GNotKG (vgl. dazu Notarkasse, a.a.O., Rz. 3412). Eine solche liegt hier vor. Hierauf bezieht sich mit dem Landgericht die Vollzugsgebühr. Bei Auftragserteilung des beurkundenden Notars muss der Kostenschuldner von daher nicht damit rechnen, dass sich der Vollzug und die dafür anfallenden Gebühren auf anderweitige („fiktive“) Rechtsverhältnisse bezieht. Die Vollzugstätigkeit einem anderen Geschäft – wollte man entgegen den obigen Ausführungen ein solches annehmen – zuzuordnen, scheidet von daher aus.

Abgesehen von dem abgehandelten rechtlichen Ansatz wird die vom Landgericht im angefochtenen Beschluss aufgestellte Kostenberechnung von der Beschwerde nicht beanstandet. Insoweit bedarf es mithin keiner weiteren Ausführungen.

Eine ausdrücklichen Gerichtskostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren bedarf es nicht, da sich die diesbezügliche Kostentragungspflicht aus dem Gesetz ergibt, § 22 GNotKG, Nrn. 19110 ff. KV.

Eine Anordnung der Erstattung notwendiger Aufwendungen für das Beschwerdeverfahren bedarf es nicht, da nicht ersichtlich ist, dass dem Antragsteller, der sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert hat, solche entstanden sind.

Von daher bedarf es der Festsetzung eines Geschäftswerts für das Beschwerdeverfahren nicht.

Gründe dafür, die Rechtsbeschwerde gegen diese Entscheidung zuzulassen, §§ 129 Abs. 2, 130 Abs. 3 Satz 1 GNotKG, 70 FamFG, hat der Senat nicht gesehen, da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen. Weder hat die Sache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht gegeben, da gesetzlich nicht vorgesehen.

 

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