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Notarkosten für Beratungsgebühr für erbrechtliche Beratung

OLG Dresden – Az.: 17 W 1083/16 – Beschluss vom 30.11.2016

Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der – weder mit dem nach §§ 38 Abs. 3 S. 3 FamFG, 130 Abs. 3 S. 1 GNotKG vorgeschriebenen Vermerk noch sonst mit einer Datumsangabe versehene – Beschluss der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des Landgerichts Dresden aufgehoben.

Die Kostenrechnung des Antragsgegners Nr. … vom 16.06.2015 wird dahin geändert, dass die unter Position 2 abgerechnete Beratungsgebühr entfällt, die Summe der umsatzsteuerpflichtigen Beträge daher jetzt 414,69 € beträgt und sich der Rechnungsbetrag einschließlich 19 % Umsatzsteuer (= 78,79 €) auf 493,48 € beläuft. Der Antragsgegner ist verpflichtet, den Antragstellern den zuviel empfangenen Betrag von 529,85 € (= 1.023,33 € – 493,48 €) zu erstatten.

Für beide Instanzen werden Kosten weder erhoben noch erstattet.

Gründe

I.

Das Landgericht hat den Antrag der Kostenschuldner auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Gegen den ihnen jeweils am 12.08.2016 zugestellten Beschluss, auf den Bezug genommen wird, haben die Antragsteller am 12.09.2016 Beschwerde eingelegt; sie verfolgen ihr Begehren unverändert weiter. Der Antragsgegner hält das Rechtsmittel für unbegründet. Wegen aller weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die gemäß §§ 129 Abs. 1, 130 Abs. 3 S. 1 GNotKG i.V.m. §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde der Antragsteller hat Erfolg. Zu Unrecht hat das Landgericht ihren zulässigen Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Der Antrag ist begründet und führt im Umfang der Anfechtung der Kosten(be)rechnung zu deren Abänderung. Zugleich ist gemäß § 90 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 GNotKG die Erstattungsverpflichtung des Notars in Höhe des zuviel empfangenen Betrages auszusprechen.

Die unter Pos. 2 abgerechnete Beratungsgebühr Nr. 24200 KV-GNotKG, in Rechnung gestellt für „erbrechtliche Beratung“, ist nicht schon allein deshalb entstanden und zu zahlen, weil der Notar im ersten Teil des insgesamt etwa eine halbe Stunde dauernden Termins vom 22.12.2014 mit den Antragstellern über deren erbrechtliche Angelegenheiten sprach, dabei gewisse Ratschläge gab und rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten nannte. Wie das eingeholte Gutachten der Ländernotarkasse zutreffend ausführt und auch der Notar nicht bezweifelt, ist über die Erbringung von Beratungsleistungen hinaus zusätzliche Voraussetzung, dass die Antragsteller als Rechtsuchende nach der Beratung verlangt, sie dem Notar einen entsprechenden Beratungsauftrag erteilt hatten. Dies lässt sich, wenngleich an einen solchen Auftrag generell keine hohen Anforderungen zu stellen sind und sich, fehlt es an ausdrücklichen Erklärungen, eine stillschweigende Beauftragung vielfach aus den Umständen ergibt, nicht feststellen. Daher haben die Antragsteller dem Notar für die ihnen zuteil gewordene erbrechtliche Beratung nichts zu zahlen.

1. In der Praxis geschieht eine Auftragserteilung regelmäßig, indem der Rechtsuchende unter kurzer Angabe seines Beratungsanliegens einen Gesprächstermin mit dem Notariat ausmacht, zum vereinbarten Termin erscheint und das persönliche Gespräch mit dem Notar aufnimmt. Ob hier durch eine derartige Anbahnung sowie den Beginn der Besprechung am 22.12.2014 in den Räumlichkeiten des Antragsgegners eine Beauftragung zu erbrechtlicher Beratung erfolgte, hat die Einzelrichterin des Landgerichts, von ihrem Standpunkt eines im Gesprächsverlauf konkludent erteilten Beratungsauftrags aus nachvollziehbar, ungeprüft gelassen. Tatsächlich ist ein von den Antragstellern schon bei Beginn der Besprechung erteilter Auftrag nicht feststellbar.

Nach Darstellung des Antragsgegners haben sich die Antragsteller bei der fernmündlichen Terminsabsprache zum gewünschten Gesprächsgegenstand so geäußert, wie es dann Eingang in den elektronisch geführten Kalender des Notariats gefunden hat, nämlich: „A. … Besprechung Testament“. Damit stimme überein, dass sie ihm im Rahmen der erbrechtlichen Beratung ein Datenblatt über ihre Personalien und vermögensrechtlichen Verhältnisse übergeben hätten. Demgegenüber behaupten die Antragsteller, sie hätten bei Terminsvereinbarung einzig die Erarbeitung einer sie beide betreffenden Vorsorgevollmacht genannt. Das besagte Datenblatt hätten sie dem Notar eingangs des Termins überreicht, damit er sogleich über die wesentlichen Verhältnisse übersichtlich und unmissverständlich im Bilde sei. Der Senat hält die Darstellung der Antragsteller für glaubhaft. Er kann sich jedenfalls nicht davon überzeugen, dass die Terminsvereinbarung mit antragstellerseits vorab angekündigtem Gesprächsgegenstand so verlaufen ist, wie es der insoweit feststellungsbelastete Notar behauptet.

Der im Kalendereintrag genannte Terminszweck darf in seiner indiziellen Bedeutung nicht überschätzt werden. Zieht man den gesamten Ausdruck heran und gleicht die Informationen mit dem überwiegend unstreitigen Vorbringen der Beteiligten ab, so gibt es eine Reihe von Anhaltspunkten, die für die Richtigkeit der Schilderung der Antragsteller streiten. Den Terminswunsch in unmittelbar eigenen Angelegenheiten trugen sie überhaupt erst kurz vor dem 22.12.2014 an das Notariat heran, wahrscheinlich am 19.12.2014 (vgl. Kalenderausdruck). Zu jener Zeit war der Notartermin der hoch betagten Mutter des Antragstellers ebenfalls vom Morgen des 22.12.2014, an dem der Antragsgegner sowohl ein Testament als auch eine Vorsorgevollmacht der Mutter beurkunden sollte und tatsächlich auch beurkundete, bereits seit längerem vereinbart (mutmaßlich seit dem 01.12.2014; vgl. Kalenderausdruck). Beide Termine fanden unmittelbar nacheinander statt, den dezidierten Schilderungen und Erinnerungen der Antragsteller zufolge zunächst der mit der Mutter, anschließend der mit ihnen selbst; in diesem Punkt hat der Senat keinerlei Zweifel an der Richtigkeit ihrer Darstellung, zumal der Antragsgegner den ebenso plastischen wie plausiblen Darlegungen zur zeitlichen Abfolge nichts Substanzielles entgegen gesetzt, sondern seine vage Erinnerung von einer umgekehrten Reihenfolge ersichtlich allein auf die in seinem Terminskalender eingetragen gewesenen Uhrzeiten gestützt hat (Antragsteller 9:30 Uhr, Mutter 10:00 Uhr). Unstreitig ist weiter, dass es in dem die Antragsteller selbst betreffenden Termin planmäßig zumindest auch um das Thema Vorsorgevollmachten der Eheleute gehen sollte und in der Tat auch ging; gerade auf der Grundlage der Erörterungen im zweiten Gesprächsteil erstellte der Notar anschließend den schriftlichen Entwurf. In der Zusammenschau aller Umstände hält es der Senat wenn nicht für gewiss, so doch für sehr gut möglich, dass der oder die betreffende Notariatsangestellte den Kalendereintrag zum Termin der Antragsteller schlicht irrtümlich oder aber missverständlich so gefasst hat, als wünschten die Eheleute selbst – wie in Wahrheit nicht – eine testamentsbezogene Beratung oder gar Beurkundung.

Soweit die Antragsteller zu Beginn ihres Notartermins eine Kurzübersicht über ihre Familien– und ihre Immobilienbesitzverhältnisse überreicht haben, spricht dies entgegen der Einschätzung des Antragsgegners nicht in hohem Maße für ein bereits im Vorfeld artikuliertes Interesse an erbrechtlicher Beratung. Die Aushändigung dieser Übersicht machte nach Art und Inhalt auch dann Sinn, wenn die Antragsteller sie allein zu dem Zweck erstellt hatten, dem Notar für eine kompetente Beratung in puncto Vorsorgevollmacht eine rasche und zuverlässige Orientierung über ihre wesentlichen persönlichen Verhältnisse zu ermöglichen. Die weitere erstinstanzliche Erläuterung der Antragsteller, die beiden Immobilien samt unterschiedlichen Eigentumsverhältnissen hätten sie deshalb in die Übersicht aufgenommen, weil bekanntlich „die Gebühren für die Vorsorgevollmacht bei unterschiedlicher Verteilung des Vermögens differenziert berechnet werden“, hält der Senat zwar für fragwürdig; sie klingt reichlich bemüht und deutet eher auf den Versuch einer nachträglichen Plausibilisierung oder „Rechtfertigung“ der in der Übersicht auftauchenden  Angaben hin. Aus einer damit immerhin gut vorstellbaren punktuellen Unaufrichtigkeit der Antragsteller folgt jedoch nicht, dass auch ihren übrigen, in sich stimmigen, sehr detaillierten und zudem betont sachlich ohne jeden Vorwurf an den Notar gehaltenen Angaben in gesteigertem Maße zu misstrauen wäre. Überdies fühlten sie sich im gerichtlichen Verfahren zu dem besagten Detailpunkt offenbar bemüßigt, der entsprechenden Deutung und Argumentation des Notars möglichst etwas entgegen zu halten (obwohl dies objektiv nicht veranlasst war und womöglich nicht der Wahrheit entsprach).

2. Ist damit jedenfalls nach den Grundsätzen der Feststellungslast davon auszugehen, dass die Antragsteller bis zur Aufnahme des Gesprächs am 22.12.2014 lediglich eine Beratung in Sachen Vorsorgevollmacht (und ggf. Patientenverfügung), nicht hingegen zusätzlich eine Beratung in eigenen erbrechtlichen Angelegenheiten verlangt hatten, haben sie den Antragsgegner auch im Verlaufe des Gesprächs weder ausdrücklich noch konkludent mit der Erbringung erbrechtlicher Beratungsleistungen beauftragt.

a) Eine ausdrückliche Auftragserteilung gab es nicht, wird auch nicht vom Antragsgegner behauptet. Eine solche hätte etwa vorgelegen, wenn der Notar das Gespräch mit einer entsprechenden Frage oder der über seine damalige (Fehl-)Vorstellung Aufschluss gebenden Feststellung: „Sie möchten also in Testamentsfragen beraten werden.“ begonnen und die Antragsteller hierauf bejahend geantwortet oder genickt hätten. So oder vergleichbar liefen die Dinge gerade nicht ab. Vielmehr eröffnete der Notar das Gespräch nach Entgegen- und Kenntnisnahme der Informationen aus der von den Eheleuten übergebenen Übersicht mit der Frage, wie sie ihren Nachlass bisher geregelt hätten.

b) Ein im weiteren Gesprächsverlauf konkludent erteilter Beratungsauftrag, den das Landgericht angenommen hat, ist ebenfalls zu verneinen. Die Antragsteller konnten nicht wissen, dass der Antragsgegner aufgrund der damals allein ihm bekannten Eintragungen in seinem Bürokalender irrig annahm, sie hätten (vorab) Beratungsbedarf in eigenen Testamentsangelegenheiten (angemeldet). Seine einleitende Frage, wie sie ihren Nachlass bislang geregelt hätten, durften sie als allgemein interessierte Nachfrage deuten, auf die zu antworten – entgegen der Einschätzung der Notars im gerichtlichen Verfahren – durchaus ein Akt, wenn nicht ein Gebot der Höflichkeit war. Das gilt umso mehr, als letztwillige Vorsorge für den Tod und rechtzeitige Vorsorge für ein krankheitsbedingt kaum oder gar nicht mehr selbstbestimmt führbares Leben thematisch nicht weit auseinander liegen und der Antragsgegner im unmittelbar zuvor durchgeführten Termin mit der Mutter des Antragstellers neben einer Vorsorgevollmacht zugleich ein Testament beurkundet hatte. All das, was dann im Gesprächstermin mit den Antragstellern in puncto „erbrechtlicher Beratung“ nachfolgte, lässt auch unter Berücksichtigung von Treu und Glauben nicht auf die stillschweigende Erteilung oder Billigung eines Beratungsauftrags schließen. Fragen stellte ausschließlich der Notar; die Antragsteller antworteten nur, wenngleich durchaus bereitwillig. Aus den Antworten konnte der Notar ersehen, dass sich die Antragsteller um eine letztwillige Regelung ihrer Angelegenheiten bereits aktiv gekümmert, dabei ein privatschriftliches Berliner Testament errichtet hatten und dass sie perspektivisch anstrebten, es aber zum aktuellen Zeitpunkt für unrealistisch hielten, zum Vorteil der deutlich jüngeren Ehefrau bzw. der beiden gemeinsamen Kinder L. und T. Pflichtteilsverzichtserklärungen der zwei älteren Töchter T. und W. des Ehemanns zu erreichen. Wenn der Notar in diesen Zusammenhängen von sich aus gewisse erbrechtliche Hinweise und Ratschläge gab, mussten die Antragsteller das nicht als Beratungsofferte verstehen, deren An-, genauer: Hinnahme durch sie einen kostenpflichtigen Auftrag auslöste. Die überschaubare Dauer von lediglich zehn, vielleicht fünfzehn Minuten, in denen es um das Thema Erbrecht ging, spricht tendenziell ebenfalls dagegen, dass sich den Antragstellern der Eindruck aufdrängen musste, der Notar wolle sie in ihren erbrechtlichen Angelegenheiten entgeltlich beraten.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf folgenden Erwägungen: Während das Verfahren im ersten Rechtszug gerichtsgebührenfrei ist, fällt für das Beschwerdeverfahren an sich die Gebühr der Nr. 19110 KV-GNotKG in Höhe von 90,00 € an. Indessen hält es der Senat für unangebracht, mit der Gebühr, abweichend vom Grundsatz des § 25 Abs. 1 GNotKG, die obsiegenden Beschwerdeführer oder umgekehrt den in erster Instanz keineswegs völlig grundlos erfolgreich gewesenen Antragsgegner zu belasten. Er ordnet deshalb vorsorglich die Nichterhebung an, § 81 Abs. 1 S. 2 FamFG. Dasselbe gilt für die gerichtlichen Auslagen, welche das Landgericht für den ersten Rechtszug ausdrücklich den Antragstellern auferlegt hatte. Unter den gegebenen Umständen erscheint es angezeigt, auch insoweit die Nichterhebung von Kosten anzuordnen, zumal es lediglich um 7,00 € geht (zwei Pauschalen Nr. 31002 KV-GNotKG für die beiden Zustellungen des angefochtenen Beschlusses an die Antragsteller). Der Ausspruch zur Nichterstattung außergerichtlicher Kosten erklärt sich sowohl aus dem im Ergebnis wechselvollen Verfahrensablauf als auch daraus, dass keine Seite anwaltlichen Beistand hinzugezogen hat.

Die Entbehrlichkeit und damit das Unterbleiben einer Geschäftswertfestsetzung versteht sich nach dem Vorgesagten von selbst.

Gründe schließlich, die Rechtsbeschwerde zuzulassen (§§ 70 Abs. 2 FamFG, 129 Abs. 2, 130 Abs. 3 S. 1 GNotKG), gibt es keine.

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