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Stellung als Mitglied des Aufsichtsbeirats eines eingetragenen Vereins

KG Berlin – Az.: 1 W 507/15 – Beschluss vom 03.05.2016

Die Beschwerde wird nach einem Wert von … € zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

In notarieller Verhandlung vom 25. April 2014 (UR-Nr. 230/2014 des Notars …) erklärten die Beteiligte zu 1) sowie …A… und …B… im Namen des Beteiligten zu 2) – eines eingetragenen Vereins -, die Beteiligte zu 1) verkaufe das Grundstück an den Beteiligten zu 2) zu einem Preis von … €; die Vertragsparteien seien sich über den Übergang des Eigentums am Grundstück einig.

Im Vereinsregister (…) waren am 25. April 2014 …A… und …B… als gemeinsam vertretungsberechtigte Vorstandsmitglieder des Beteiligten zu 2) eingetragen. Weiter ist zur Vertretungsbefugnis des Vorstands eingetragen, bei Rechtsgeschäften mit einem Wert über 15.000 € (…) sei die schriftliche Zustimmung des Aufsichtsbeirats erforderlich.

Mit Schreiben vom 14. Juli 2014 hat Notar … u.a. eine Ausfertigung der UR-Nr. 230/2014 überreicht und beantragt, das Eigentum auf den Beteiligten zu 2) umzuschreiben und die zu dessen Gunsten eingetragene Vormerkung zu löschen. Auf eine den Aufsichtsbeirat betreffende Zwischenverfügung hat der Notar eine notariell beglaubigte Erklärung des …B… und des …C… vom 23. Oktober 2014 (UR-Nr. 386/2014 des Notars …) eingereicht, mit der sie als Aufsichtsbeirat des Beteiligten zu 2) dem Kaufvertrag UR-Nr. 230/2014 zustimmen. Beigefügt war ein Protokoll der Mitgliederversammlung des Beteiligten zu 2) vom 13. Juni 2014 mit notariell beglaubigten Unterschriften von …D… als Protokollführer und …B… als Versammlungsleiter (UR-Nr. 404/2014 des Notars …). Der Notar hat zudem eine Satzung des Beteiligten zu 2) in der Fassung vom 13. Juni 2014 vorgelegt, die …E… und …A… am 11. Dezember 2014 notariell beglaubigt unterschrieben haben (UR-Nr. 594/2014 des Notars …). Das Grundbuchamt hat die Anträge vom 14. Juli 2014 mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten (Bd III Bl. 51 bis 177) Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig (§§ 71 ff. GBO), jedoch nicht begründet. Das Grundbuchamt hat die Anträge zu Recht gemäß § 18 Abs. 1 GBO zurückgewiesen. Die Voraussetzungen für die Umschreibung des Eigentums auf den Beteiligten zu 2) liegen nicht vor. Denn es ist nicht gemäß § 20 GBO nachgewiesen, dass die nach § 925 BGB erforderliche Auflassung gemäß §§ 164 Abs. 1, 26 Abs. 1 S. 2 BGB mit Wirkung für und gegen den Beteiligten zu 2) erklärt ist.

Die Erklärungen von …A… und …B… in der UR-Nr. 230/2014 genügen dafür nicht, da ihre Vertretungsmacht nach § 26 Abs. 1 S. 3 BGB unter der im Vereinsregister eingetragenen (§ 70 BGB) einschränkenden Bedingung steht, dass der Aufsichtsbeirat der Auflassung zustimmt. Die Beschränkung gilt auch für den dinglichen Vertrag gemäß §§ 873, 925 BGB; die Formulierung “bei Rechtsgeschäften” sei die Zustimmung erforderlich, erfasst nicht nur Verpflichtungs-, sondern auch Verfügungsgeschäfte. Die Wertgrenze ist ebenfalls überschritten, weil das Grundstück – wie auch aus dem vereinbarten Kaufpreis ersichtlich – einen Verkehrswert von über 15.000 € hat. Es ist nicht nachgewiesen, dass die (bedingungslos erklärte) Auflassung entsprechend §§ 177 Abs. 1, 182 Abs. 1, 184 BGB wirksam geworden ist. Aus der Zustimmungserklärung UR-Nr. 386/2014 ergibt sich das nicht hinreichend. Das folgt bereits aus dem Umstand, dass der Aufsichtsbeirat des Beteiligten zu 2) ausweislich des Protokolls vom 13. Juni 2014 und § 11 Abs. 1 der Satzung aus drei Mitgliedern besteht. Es ist nicht erkennbar, dass die Regelungen über die Beschlussfassung in § 11 Abs. 6 der Satzung, die die Willensbildung betreffen, auch für die schriftlich zu erteilende Zustimmung gelten. Der Erlass einer weiteren Zwischenverfügung nach § 18 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GBO ist insoweit nicht geboten, weil es zudem an dem erforderlichen Nachweis fehlt, dass …B… und …C… am 23. Oktober 2014 – letzterer als Vorsitzender – Mitglieder des Aufsichtsbeirats des Beteiligten zu 2) waren.

Knüpft die Zustimmungsmacht an eine bestimmte Rechtsstellung an, ist neben dem Nachweis der Zustimmungserklärung in zumindest öffentlich beglaubigter Form (§ 29 Abs. 1 S. 1 GBO) auch nachzuweisen, dass derjenige, der die Zustimmung erteilt, diese Stellung tatsächlich innehat (vgl. OLG Hamm, FGPrax 2013, 196, 197). Kann der Nachweis – wie hier mangels Eintragung – nicht in der Form des § 32 GBO geführt werden, muss die Organstellung gemäß § 29 Abs. 1 S. 2 GBO grundsätzlich durch öffentliche Urkunden nachgewiesen werden (vgl. OLG Hamm, a.a.O.; BayObLGZ 1991, 24, 34 f.). Der Beschluss über die Wahl des Aufsichtsbeirats ist aber nicht durch eine über die Mitgliederversammlung notariell aufgenommene Niederschrift beurkundet worden (vgl. dazu BayObLGZ, a.a.O. unter Verweis auf § 130 AktG). Darüber hinaus würde eine solche Urkunde gemäß § 415 ZPO nur den Vorgang der Beschlussfassung beweisen, nicht aber, dass die Beschlüsse vom 13. Juni 2014 wirksam sind. Das setzt u.a. eine – durch das Grundbuchamt nicht überprüfbare – ordnungsgemäße Einberufung der Mitgliederversammlung durch Einladung sämtlicher Mitglieder und die satzungsmäßige Beschlussfähigkeit der Versammlung voraus (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 75. Aufl., § 32 Rn. 9). Mit den Mitteln des Grundbuchverfahrens ist auch die durch die Satzung bestimmte Zusammensetzung des Aufsichtsbeirats nicht feststellbar. Die eingereichte Fassung der Satzung vom 13. Juni 2014 (eingetragen in das Vereinsregister am …, § 71 BGB), erfüllt die Anforderungen des § 29 Abs. 1 GBO nicht. Denn die notariell beglaubigten Unterschriften von …E… und …A… beweisen gemäß § 416 ZPO nur, dass sie die (schlüssige) Erklärung abgegeben haben, es handele sich um die am 13. Juni 2014 beschlossene Fassung der Satzung, nicht aber die inhaltliche Richtigkeit ihrer Erklärung. Gleiches gilt für das Versammlungsprotokoll (vgl. BayObLG, NJW-RR 1989, 1168, 1170 m.w.N.).

Die Stellung als Mitglied des Aufsichtsbeirats kann nicht entsprechend § 26 Abs. 3 WEG durch eine Niederschrift über den Bestellungsbeschluss nachgewiesen werden, bei der Unterschriften öffentlich beglaubigt sind (a.A. LG Bochum, Rpfleger 1979, 462; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., Rn. 3650; Stöber/Otto, Handbuch zum Vereinsrecht, 11. Aufl., Rn. 455). Für eine Analogie fehlt es an einer unbeabsichtigten Gesetzeslücke und an der Vergleichbarkeit. Während der eingetragene Verein gemäß § 58 Nr. 4 BGB die Protokollierung von Beschlüssen frei regeln kann (Palandt/Ellenberger, a.a.O., § 58 Rn. 4), ist für die Wohnungseigentümergemeinschaft mit § 24 Abs. 6 WEG bestimmt, welche Personen die Niederschrift zu unterschreiben haben (BayObLGZ 1961, 392, 396; Senat, Beschluss vom 5. September 2011 – 1 W 503/11). Die Beschlussfähigkeit der Versammlung der Wohnungseigentümer ergibt sich aus dem Gesetz oder aus abweichenden Regelungen in der Teilungserklärung, die öffentlich beurkundet oder beglaubigt sein muss. Die Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft sind aus dem Grundbuch ersichtlich. Zudem sind die Anforderungen an eine Nichtigkeit ihrer Beschlüsse gemäß § 23 Abs. 4 WEG gegenüber dem eingetragenen Verein erhöht.

Eine Nachweiserleichterung durch entsprechende Anwendung von § 26 Abs. 3 WEG ist auch nicht wegen der dienenden Funktion des Grundbuchrechts geboten. Das bedeutet lediglich, dass sich nicht nach dem Verfahrensrecht bestimmt, wer Rechtsträger von Eigentum sein kann. Aus dieser Funktion folgt aber nicht, dass von den Formerfordernissen des § 29 Abs. 1 GBO abzusehen ist, wenn das materielle Recht eine solche Form nicht vorschreibt. So kann eine Vollmacht gemäß § 158 BGB unter beliebigen Bedingungen erteilt werden. Dennoch kann eine solche Vollmacht im Grundbuchverfahren keine Verwendung finden, wenn z.B. der Eintritt einer (das Außenverhältnis betreffenden) aufschiebenden Bedingung nicht in der Form des § 29 Abs. 1 GBO nachgewiesen werden kann (OLG Köln, ZEV 2007, 592, 593 f.; Schöner/Stöber, a.a.O., Rn. 3306). Die Sicherheit und Praktikabilität des Grundstücksverkehrs, der die Nachweisanforderungen dienen (Senat, FGPrax 2015, 5, 6), müssen nicht zurücktreten, wenn die Beweisnot allein auf dem Willen des Vollmachtgebers beruht, der die Vertretungsmacht von einer nicht formgerecht nachzuweisenden Bedingung abhängig gemacht hat (OLG Köln, a.a.O., S. 594). Für die Vertretungsverhältnisse eines eingetragenen Vereins gilt nichts anderes (Senat, Beschluss vom 5. September 2011, a.a.O.).

Der Beteiligte zu 2) hat die Möglichkeit, seine Satzung so zu gestalten und im Vereinsregister eintragen zu lassen, dass der Nachweis der Vertretungsmacht im Grundbuchverfahren geführt werden kann. Z.B. könnte er (für Grundstücksgeschäfte) bestimmen, dass die Zustimmung des Aufsichtsbeirats als erteilt gilt, wenn zwei Personen die Zustimmung erklären, deren Bestellung sich aus einer von einem Vorstandsmitglied unterschriebenen Versammlungsniederschrift ergibt. Hierdurch würde auch ein Einklang zwischen dem materiellen Recht und den Prüfungspflichten des Grundbuchamts hergestellt.

Der beantragten Löschung der Vormerkung steht aus den zuvor genannten Gründen ebenfalls ein Hindernis entgegen.

Die Wertfestsetzung beruht auf § 61 Abs. 1 und 2, § 36 Abs. 1 GNotKG. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen gemäß § 78 Abs. 2 S. 1 GBO vor.

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