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Nacherbenvermerk Grundbuch – Beschwerdeberechtigung bei abgelehnter Löschung

Grundbuch-Streit: Löschung des Nacherbenvermerks vor Gericht

Das Oberlandesgericht Frankfurt hat entschieden, dass der Nacherbenvermerk im Grundbuch zugunsten der Beteiligten zu 2 aufgehoben wird. Der Beteiligte zu 1, ein dementer und geschäftsunfähiger Vorerbe, hat erfolgreich Beschwerde gegen die Zwischenverfügung des Grundbuchamts eingelegt. Die Entscheidung verdeutlicht, dass bei befreiter Vorerbschaft der Erlös aus dem Verkauf von Erbschaftsgegenständen vom Vorerben für persönliche Zwecke verwendet werden darf, ohne dass dies als unentgeltliche Verfügung gilt.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 20 W 196/22   >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Aufhebung der Zwischenverfügung: Das OLG Frankfurt hob die Zwischenverfügung des Grundbuchamts auf, die die Löschung des Nacherbenvermerks abgelehnt hatte.
  2. Befugnisse des befreiten Vorerben: Der Beteiligte zu 1, als befreiter Vorerbe, darf über den Nachlass verfügen und den Erlös für persönliche Zwecke nutzen.
  3. Rechtsstellung der Beteiligten: Der Beteiligte zu 1 ist als befreiter Vorerbe antrags- und beschwerdeberechtigt bezüglich der Löschung des Nacherbenvermerks.
  4. Verwendung des Verkaufserlöses: Der Verkaufserlös des Grundbesitzes sollte zur Deckung der Pflegekosten des Vorerben verwendet werden.
  5. Entgeltliche Verfügung: Die Verfügung des befreiten Vorerben gilt als entgeltlich, auch wenn die Gegenleistung dem Vorerben persönlich zugutekommt.
  6. Keine unentgeltliche Verfügung: Die Nutzung des Erlöses für persönliche Pflegekosten des Vorerben stellt keine unentgeltliche Verfügung dar.
  7. Keine Sicherung des Kaufpreises für die Nacherbin: Der Beteiligte zu 1 musste den Kaufpreis nicht anteilig für die Nacherbin sichern.
  8. Keine Gerichtskosten für den erfolgreichen Beteiligten: Der Beteiligte zu 1 trägt aufgrund des Erfolgs seiner Beschwerde keine Gerichtskosten.

Rechtsfragen rund um den Nacherbenvermerk im Grundbuch

Nacherbe im Grundbuch
(Symbolfoto: insta_photos /Shutterstock.com)

Im Bereich des Erbrechts nehmen Nacherbenvermerke im Grundbuch eine wichtige Rolle ein. Sie sind zentrale Instrumente, um die Rechte von Nacherben zu sichern und zu regeln, wie Eigentum nach dem Tod des Erblassers übertragen wird. Die Eintragung eines Nacherbenvermerks im Grundbuch und dessen Löschung werfen häufig rechtliche Fragen auf, insbesondere wenn es um die Beschwerdeberechtigung und die Bedingungen einer gültigen Löschung geht. Diese Thematik betrifft nicht nur Erblasser und Erben, sondern auch Rechtsanwälte und Notare, die in solchen Fällen beratend und beurkundend tätig sind.

Diese Rechtsmaterie ist geprägt von einer Vielzahl gesetzlicher Bestimmungen und gerichtlicher Entscheidungen, die für alle Beteiligten von entscheidender Bedeutung sind. In dem nachfolgenden Detailbericht wird ein konkretes Urteil beleuchtet, welches wichtige Aspekte rund um den Nacherbenvermerk und die damit verbundenen rechtlichen Herausforderungen aufzeigt. Lesen Sie weiter, um tiefer in die Materie einzutauchen und ein umfassendes Verständnis für diese wichtige juristische Thematik zu entwickeln.

Der Fall des Nacherbenvermerks: Ein rechtlicher Überblick

Im Fokus des Urteils des OLG Frankfurt, Az.: 20 W 196/22 vom 12.01.2023, stand der Nacherbenvermerk im Grundbuch und die damit verbundene Beschwerdeberechtigung bei dessen abgelehnter Löschung. Zentral war die Frage, ob und unter welchen Bedingungen ein solcher Vermerk gelöscht werden kann, insbesondere wenn der eingetragene Vorerbe geschäftsunfähig ist. Im spezifischen Fall war der Beteiligte zu 1, ein mittlerweile dementer und geschäftsunfähiger Mann, zusammen mit seiner ersten Ehefrau als Miteigentümer eines Grundstücks eingetragen. Nach dem Tod der Ehefrau und gemäß dem gemeinschaftlichen Testament wurde der Mann als befreiter Vorerbe im Grundbuch eingetragen und ein Nacherbenvermerk zugunsten der gemeinsamen Tochter, der Beteiligten zu 2, vermerkt.

Die rechtliche Auseinandersetzung um den Nacherbenvermerk

Die rechtliche Auseinandersetzung entzündete sich, als der Beteiligte zu 1 das Grundstück veräußerte. Die Veräußerung erfolgte durch seine zweite Ehefrau, die mittels einer Vorsorgevollmacht handelte. Das Problem lag darin, dass der Verkaufserlös für die Deckung seiner Pflegekosten verwendet werden sollte, was die Frage aufwarf, ob dies eine entgeltliche Verfügung im Sinne des § 2113 Abs. 2 BGB darstellt. Das Grundbuchamt lehnte die Löschung des Nacherbenvermerks ab, da der endgültige Nachweis der entgeltlichen Verfügung fehlte und das Entgelt dem befreiten Vorerben und nicht dem Nachlass zugutekam.

Gerichtliche Entscheidung: Aufhebung der Zwischenverfügung

Das Gericht hob die Zwischenverfügung des Grundbuchamts auf, da es kein Hindernis für die Löschung des Nacherbenvermerks sah. Es stellte klar, dass die Verfügung des befreiten Vorerben als entgeltlich gilt, auch wenn die Gegenleistung ihm persönlich zugutekommt. Entscheidend war, dass die Verfügung des Vorerben nicht unentgeltlich war, da ein vollwertiges Entgelt vorlag. Somit konnte das Grundbuch als unrichtig angesehen werden, da das Grundstück durch eine wirksame entgeltliche Verfügung aus dem Nachlass ausschied.

Schlüsselaspekte des Urteils und seine Bedeutung

Dieses Urteil betont die rechtliche Bedeutung des Nacherbenvermerks und die Rolle des befreiten Vorerben. Es zeigt auf, dass die Entscheidung, ob eine Verfügung des befreiten Vorerben als entgeltlich anzusehen ist, auf der objektiven Bewertung des Entgelts und dessen Verwendung beruht. Zudem unterstreicht das Urteil die Wichtigkeit der Rolle von Rechtsanwälten und Notaren bei der Gestaltung und Umsetzung von Testamenten sowie bei der Handhabung von Grundbuchangelegenheiten. Es verdeutlicht, dass die rechtliche Beurteilung solcher Fälle stets von den spezifischen Umständen des Einzelfalls abhängt und fundiertes juristisches Wissen erfordert.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Was ist ein Nacherbenvermerk im Grundbuch?

Ein Nacherbenvermerk ist ein Eintrag im Grundbuch, der die Rechte des Nacherben schützt. Dieser Vermerk wird eingetragen, wenn der Erblasser in seiner letztwilligen Verfügung eine Vor- und Nacherbschaft angeordnet hat und sich im Nachlass ein Grundstück befindet.

Nach dem Tod des Erblassers wird der Vorerbe zunächst als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Um zu verhindern, dass die Rechte des Nacherben durch einen gutgläubigen Erwerb eines Dritten zerstört werden, wird der Nacherbenvermerk im Grundbuch eingetragen. Dieser Vermerk wird in der zweiten Abteilung des entsprechenden Grundbuchs eingetragen und warnt potenzielle Erwerber.

Der Nacherbenvermerk wird von Amts wegen nach § 51 GBO (Grundbuchordnung) in das Grundbuch aufgenommen. Er verhindert den gutgläubigen Erwerb eines Nachlassgrundstücks durch einen Dritten.

In bestimmten Fällen kann der Nacherbe vom Erwerber des Grundstücks die Herausgabe verlangen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Vorerbe das Anwesen verkauft hat. In der Regel muss der Nacherbe einem solchen Verkauf zustimmen.

Ist der Nacherbfall eingetreten, gibt es niemanden mehr, der durch eine entsprechende Grundbucheintragung geschützt werden müsste. Der im Grundbuch befindliche Nacherbenvermerk ist demnach auf Antrag des Nacherben hin zu löschen.

Es ist zu betonen, dass der Nacherbenvermerk keine Grundbuchsperre bewirkt. Der künftige Nacherbe ist durch den unverändert eingetragenen Nacherbenvermerk gegen einen Rechtsverlust geschützt.

Zusammengefasst dient der Nacherbenvermerk im Grundbuch dazu, die Rechte des Nacherben zu schützen und potenzielle Erwerber zu warnen. Er wird eingetragen, wenn eine Vor- und Nacherbschaft angeordnet wurde und ein Grundstück zum Nachlass gehört. Der Vermerk kann gelöscht werden, wenn der Nacherbfall eingetreten ist.


Das vorliegende Urteil

OLG Frankfurt – Az.: 20 W 196/22 – Beschluss vom 12.01.2023

Die angefochtene Zwischenverfügung wird aufgehoben.

Gründe

I.

Der jetzt …-jährige Beteiligte zu 1, der mittlerweile dement und geschäftsunfähig sein soll, war verheiratet mit Frau Vorname1 Nachname1 Nachname2 (im Folgenden: erste Ehefrau des Beteiligten zu 1). Die Beteiligte zu 2 ist deren gemeinsame Tochter. Der Beteiligte zu 1 und seine erste Ehefrau waren im Grundbuch als Miteigentümer des oben bezeichneten Grundbesitzes, des mit einem Einfamilien-Reihenendhaus bebauten Grundstücks Straße1 in Stadt1 nebst Garagengrundstück, zu je ½ eingetragen.

Am 18.04.1996 errichteten der Beteiligte zu 1 und seine erste Ehefrau ein notarielles gemeinschaftliches Testament (UR-Nr. … des Notars A in Stadt2; Bl. 98 ff. d.A.). Die Eheleute setzten sich darin gegenseitig als befreite Vorerben ein. Nacherbin nach dem Tod des Letztversterbenden sollte die Beteiligte zu 2 sein.

Am XX.XX.2011 verstarb die erste Ehefrau des Beteiligten zu 1. Daraufhin wurde gemäß dem Testament im Grundbuch der Beteiligte zu 1 anstatt seiner ersten Ehefrau zu ½ als befreiter Vorerbe eingetragen, außerdem wurde für diesen Anteil ein Nacherbenvermerk zugunsten der Beteiligten zu 2 eingetragen.

Später heiratete der Beteiligte zu 1 erneut. Seine zweite Ehefrau war Frau Vorname2 Vorname3 Nachname1 Nachname2. Dieser hatte er bereits zuvor mit notarieller Urkunde vom 18.03.2016 (UR-Nr. … des Notars B in Stadt3; Bl. 123 ff. d.A.) eine Vorsorgevollmacht erteilt. Darin heißt es, der Beteiligte zu 1 bevollmächtige seine (spätere) zweite Ehefrau „als meine Vertrauensperson für den Fall meiner Geschäftsunfähigkeit oder meiner Betreuungsbedürftigkeit, die durch eine schriftliche Bestätigung meines behandelnden Arztes oder meines Hausarztes nachgewiesen sein muss“.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 31.05.2022 (UVZ-Nr. … der Notarin C in Stadt3; unvollständig Bl. 109 ff. d.A., vollständige II. Ausfertigung in Akte, nicht paginiert) veräußerte der Beteiligte zu 1, vertreten durch seine zweite Ehefrau unter Nutzung der Vorsorgevollmacht, den oben bezeichneten Grundbesitz an Frau Vorname4 D und Herrn Vorname5 D. Eine ärztliche Bestätigung, wie in der Vorsorgevollmacht angegeben, ist nicht Bestandteil der Grundakte und wird auch in der Vertragsurkunde nicht erwähnt. In dem Vertrag wird die Auflassung erklärt und der Beteiligte zu 1 „bewilligt und beantragt“ die Löschung des Nacherbenvermerks. Der Kaufpreis beträgt 649.000 €. Hierzu liegt eine „Verkehrswertermittlung“ des Gutachters E vom 14.05.2022 vor, wonach der Wert des Grundstücks auf 647.000 € geschätzt wird (in Akte; nicht paginiert).

Nach Angabe des Beteiligten zu 1 soll der Verkaufserlös zur Deckung seiner Pflegekosten verwendet werden.

Mit Schriftsatz vom 25.07.2022 (in Akte; nicht paginiert) hat die Urkundsnotarin beantragt, den Nacherbenvermerk zu löschen, „jedoch mit der Maßgabe, die Löschung […] erst mit Eigentumsumschreibung im Grundbuch einzutragen“. Die dazu angehörte Beteiligte zu 2 hat der Löschung mit Schreiben vom 17.08.2022 widersprochen (in Akte; nicht paginiert).

Das Grundbuchamt hat am 14.09.2022 eine Zwischenverfügung erlassen (in Akte; nicht paginiert). Darin hat es erklärt, dem Antrag auf Löschung des Nacherbenvermerks könne derzeit nicht entsprochen werden. Dem Vollzug stehe das Hindernis entgegen, dass der endgültige Nachweis der entgeltlichen Verfügung fehle. Komme das Entgelt nicht dem Nachlass, sondern dem befreiten Vorerben zugute, liege kein Fall des § 2113 Abs. 2 BGB vor. Nicht unentgeltlich sei eine Verfügung des befreiten Vorerben nur, wenn die (gleichwertige) Gegenleistung in den Nachlass fließe (Verweis auf Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rn. 3480, 3485). Dem „Antragsteller“ werde daher aufgegeben, nachzuweisen, dass der hälftige Kaufpreis auf ein Nachlasskonto eingezahlt worden sei und für die Nacherbin gesichert sei.

Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 06.10.2022 (in Akte; nicht paginiert) hat der Beteiligte zu 1 Beschwerde eingelegt. Seine zweite Ehefrau sei als seine Bevollmächtigte gemäß § 2136 BGB berechtigt, entgeltlich über das Grundstück zu verfügen. Als befreiter Vorerbe sei er nicht zur Sicherung des Kaufpreises für die Nacherbin verpflichtet. Der Beschluss des Grundbuchamts sei aufzuheben und das Grundbuchamt sei anzuweisen, nach Eigentumsumschreibung den Nacherbenvermerk wegen offensichtlicher Unrichtigkeit gemäß § 22 GBO zu löschen.

Die Beteiligte zu 2 meint, es liege bisher kein wirksam abgeschlossener Kaufvertrag vor. Die Vollmacht sei nur für den Fall der Geschäftsunfähigkeit oder der Betreuungsbedürftigkeit erteilt. Nach der GBO sei ein Nachweis der Geschäftsunfähigkeit oder Betreuungsbedürftigkeit in öffentlich beglaubigter Form notwendig. Voraussetzung sei auch eine schriftliche Bestätigung durch einen behandelnden Arzt oder Hausarzt, die mitsamt dem Nachweis, dass es sich um den behandelnden Arzt oder Hausarzt handele, entsprechend öffentlich beglaubigt sein müsse. Nichts davon liege vor.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde mit Beschluss vom 02.11.2022 nicht abgeholfen (in Akte; nicht paginiert). Die Löschung des Nacherbenvermerks ohne Zustimmung des Nacherben erfolge auf Antrag vor Eintritt der Nacherbfolge, wenn Grundbuchunrichtigkeit nachgewiesen sei. Unrichtig sei das Grundbuch unter anderem dann, wenn vom befreiten Vorerben mit wirksamer entgeltlicher Verfügung veräußert sei. Sowohl die Tatsache, dass der Kaufpreis den durch ein Gutachten festgestellten Wert übersteige, als auch der Verkauf an Dritte sprächen für eine entgeltliche Verfügung. Komme das Entgelt jedoch nicht dem Nachlass, sondern dem befreiten Vorerben zugute, liege kein Fall des § 2113 Abs. 2 BGB vor. Hier solle der Kaufpreis die Pflegekosten des Vorerben sichern und gerade nicht dem Nachlass zugutekommen.

II.

Die Beschwerde hat Erfolg, so dass die angefochtene Zwischenverfügung aufzuheben ist. Eine Entscheidung in der Sache ist dem Beschwerdegericht nicht möglich, da Gegenstand des Beschwerdeverfahrens nur die Zwischenverfügung und nicht der Eintragungsantrag selbst ist (vgl. BGH WM 2021, 1773 Rn. 9; BGH NJW 2021, 1673 Rn. 17). Der Senat kann deshalb das Grundbuchamt in diesem Verfahren nicht zur Löschung des Nacherbenvermerks anweisen. Er hat vorliegend auch nicht darüber zu entscheiden, ob der Beteiligte zu 1 bei Vertragsschluss wirksam durch seine zweite Ehefrau vertreten wurde.

1. Die Beschwerde ist zulässig.

a) Die Beschwerde ist gemäß § 71 Abs. 1 GBO statthaft. Auch eine Zwischenverfügung ist eine Entscheidung im Sinne des § 71 Abs. 1 GBO (Senat v. 30.03.2022 – 20 W 17/22, Juris-Rn. 23; OLG München FGPrax 2022, 201, 202; OLG Karlsruhe v. 07.09.2022 – 19 W 64/21, Juris-Rn. 28).

b) Der Beteiligte zu 1 ist auch beschwerdeberechtigt. Die Beschwerdeberechtigung im Fall einer Zwischenverfügung folgt aus der Antragsberechtigung (OLG München WM 2020, 1070; KG NJWRR 2020, 1095, 1096; OLG Karlsruhe v. 01.09.2022 – 19 W 81/21, Juris-Rn. 9). Antragsberechtigt ist gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 GBO jeder, dessen Recht von der Eintragung betroffen wird oder zu dessen Gunsten die Eintragung erfolgen soll. Die Löschung des Nacherbenvermerks erfolgt (jedenfalls auch) zugunsten des veräußernden Eigentümers, weswegen dieser antrags- und beschwerdeberechtigt ist. Dies gilt zumindest dann, wenn die Löschung – wie hier – zusammen mit der Eintragung des Eigentumsübergangs beantragt wird (jeweils stillschweigend vorausgesetzt von OLG Bamberg FamRZ 2016, 848; Senat NJWRR 2018, 1480, 1481; OLG Nürnberg v. 19.12.2019 – 15 W 4412/19, Juris-Rn. 16; OLG Hamm v. 31.05.2022 – 15 W 293/21, Juris-Rn. 28). Erst nach Eintragung des Erwerbers erlischt die Beschwerdeberechtigung des Veräußerers (vgl. BGH NJW 2014, 1593 Rn. 7; OLG Hamm FGPrax 1995, 14, 15).

Die Gegenauffassung, wonach für die Löschung des Nacherbenvermerks stets nur der Erwerber antragsberechtigt sein soll, weil die Löschung des Nacherbenvermerks denklogisch erst nach der Eintragung des Eigentumswechsels erfolgen könne (OLG München FamRZ 2020, 951, 952), führt zu der für die Vertragsparteien untragbaren Konsequenz, dass zunächst der Eigentumswechsel vollzogen werden müsste, bevor geklärt werden könnte, ob der Nacherbenvermerk der Löschung unterliegt. Denn vor Erwerb des Eigentums stünde auch dem Erwerber kein Antragsrecht zu, da er von dem Nacherbenvermerk bis dahin nicht betroffen wäre. Im vorliegenden Fall der Zwischenverfügung vor Eintragung des Erwerbers würde dies weitergehend bedeuten, dass eine Anfechtung der Zwischenverfügung weder durch den Veräußerer noch durch den Erwerber möglich wäre.

2. Die Beschwerde ist auch begründet. Die Zwischenverfügung ist nicht nach § 18 Abs. 1 Satz 1 GBO veranlasst, denn das in ihr angegebene Hindernis besteht nicht. Der Beteiligte zu 1 braucht den Kaufpreis nicht anteilig für die Beteiligte zu 2 zu sichern. Die Löschung des Nacherbenvermerks hängt davon nicht ab.

Das Grundbuch, in das ein Nacherbenvermerk (§ 51 GBO) eingetragen ist, wird unrichtig (§ 22 GBO), wenn das Grundstück aus dem Nachlass ausscheidet. Dies kann bei – wie hier – befreiter Vorerbschaft gemäß §§ 2136, 2113 Abs. 1 BGB durch Verfügung des Vorerben auch ohne Zustimmung des Nacherben geschehen. Ausgeschlossen ist nur eine (ganz oder teilweise) unentgeltliche Verfügung (§§ 2113 Abs. 2, 2136 BGB). Eine solche liegt hier aber nicht vor, auch dann nicht, wenn der Beteiligte zu 1 als Vorerbe den Erlös aus dem Grundstücksverkauf für seine Pflege zu verwenden beabsichtigt, so dass er der Beteiligten zu 2 im Nacherbfall möglicherweise nicht mehr in vollem Umfang des der Nacherbschaft unterliegenden Anteils zufließen wird.

Unentgeltlich ist eine Verfügung dann, wenn ihr objektiv kein vollwertiges, in die Erbmasse fließendes Entgelt gegenübersteht und der Vorerbe dies subjektiv weiß oder hätte erkennen müssen (BGHZ 5, 173, 182; BGH NJW 1984, 366, 367; BGH NJW 1999, 2037, 2038; stRspr). Dagegen ist eine Veräußerung nicht schon deshalb als unentgeltlich anzusehen, weil die Gegenleistung dem befreiten Vorerben persönlich zugutekommt. Der befreite Vorerbe ist als solcher gemäß §§ 2134, 2136 BGB befugt, Erbschaftsgegenstände, mithin auch die aus der Veräußerung eines Erbschaftsgegenstandes erhaltene Gegenleistung, für sich zu verwenden (BGH NJW 1977, 1631, 1632; BGH NJW 1985, 382, 383). Lässt sich dagegen der nicht befreite Vorerbe bei der Veräußerung von Nachlassgegenständen eine Gegenleistung versprechen, die für den persönlichen Verbrauch durch ihn bestimmt ist, dann kann diese nicht als eine in den Nachlass fließende Gegenleistung und somit nicht als Entgelt im Sinne des § 2113 Abs. 2 BGB angesehen werden (BGHZ 69, 47, 51 f.).

Nichts Anderes besagt die vom Grundbuchamt herangezogene Fundstelle: „Der befreite Vorerbe darf den Nachlass für sich verwenden (§§ 2134, 2136 BGB); bei der befreiten Vorerbschaft ist es daher gleichgültig, ob die Gegenleistung in den Nachlass gelangt (§ 2111 BGB) oder ob sie lediglich dem Vorerben persönlich zugutegekommen ist“ (Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl. 2020, Rn. 3480). Die weitere Angabe aaO. Rn. 3485 „Kommt das Entgelt nicht dem Nachlass, sondern dem befreiten Vorerben zugute, liegt kein Fall des § 2113 Abs. 2 BGB vor (vgl. dazu Rn. 3480)“ mag etwas missverständlich formuliert sein, aber durch den Verweis auf die vorgenannte Fundstelle wird deutlich, wie es gemeint ist, dass nämlich auch dann, wenn das Entgelt nicht dem Nachlass, sondern dem befreiten Vorerben zugutekommt, keine unentgeltliche Verfügung vorliegt.

3. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich. Der Beteiligte zu 1 hat angesichts des Erfolgs der Beschwerde gemäß §§ 22 Abs. 1, 25 Abs. 1 GNotKG keine Gerichtskosten zu tragen. Die Anordnung einer Kostenerstattung zulasten der Beteiligten zu 2 wäre unbillig, nachdem diese keine Verantwortung für den Inhalt der Zwischenverfügung trifft.

4. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 78 Abs. 2 Satz 1 GBO liegen nicht vor. Die vereinzelte abweichende Entscheidung des OLG München zur Frage der Beschwerdeberechtigung erfordert noch keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 78 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GBO).

5. Einer Festsetzung des Geschäftswerts bedarf es danach nicht.

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