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Versagung der Löschung der Eintragung einer Briefgrundschuld bei Teilabtretung

OLG Düsseldorf – Az.: I-3 Wx 86/20 – Beschluss vom 02.09.2020

Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben, soweit mit ihr der Antrag auf Löschung des Rechts in Blatt 6… Abt. III lfd. Nr. 1 zurückgewiesen worden ist. Insoweit wird das Grundbuchamt angewiesen, von den geäußerten Bedenken Abstand zu nehmen.

Gründe

I.

Mit notariellem Vertrag vom 6. November 2018 veräußerte die Beteiligte zu 1. den im hiesigen Beschlusseingang bezeichneten Grundbesitz an die Beteiligte zu 2., dies mit Ausnahme im einzelnen bezeichneter Rechte in Abt. II lastenfrei. In Blatt 6… ist in Abt. III lfd. Nr. 1 eine Briefgrundschuld über 450.000 DM für die Stadtsparkasse Mülheim a.d.Ruhr eingetragen. Hierzu wurde am 31. Januar 2019 eine Eigentumsübertragungsvormerkung in allen drei Blättern eingetragen. In der Folgezeit, mit notariell beurkundetem Vertrag vom 12. März 2019, veräußerte die Beteiligte zu 2. die in den Blättern 2… sowie 3… eingetragenen Grundstücke (Hingbergstraße 101) weiter an die Beteiligten zu 3.; die Eigentumsumschreibung sollte ohne Zwischeneintragung der Beteiligten zu 2. von der Beteiligten zu 1. an die Beteiligten zu 3. erfolgen; die Beteiligte zu 2. trat ihren Eigentumsverschaffungsanspruch – damit einhergehend die Rechte an der eingetragenen Vormerkung – an die Beteiligten zu 3. ab. Schließlich erwarben die Beteiligten zu 3. von der Beteiligten zu 2. mit notariellem Vertrag vom 22. August 2019 auch das Grundstück Blatt 6… (…), aufgrund Nachtragsurkunde vom 17. Oktober 2019 gleichfalls mit den vorgenannten Bestimmungen.

Unter dem 20. Mai 2019 hat der Verfahrensbevollmächtigte als beurkundender Notar die Löschung der Rechte Blatt 2… Abt. III lfd. Nrn. 9 und 10 sowie Blatt 6… Abt. III lfd. Nrn. 1 und 2, ferner unter Bezugnahme auf die Urkunde von 2018 hinsichtlich aller drei Grundbuchblätter „die vertragsgemäße Eigentumsumschreibung“ Zug-um-Zug gegen Vormerkungslöschung beantragt. Dem Antrag beigefügt gewesen ist unter anderem eine Löschungsbewilligung der für die Rechte in Blatt 6… eingetragenen Gläubigerin, der heutigen Sparkasse M., bezüglich dieser beiden Rechte vom 25. Februar 2019 nebst dem Grundschuldbrief zum Recht Blatt …A III/1 über 450.000 DM vom 23. April 1982 und einer schriftlichen, gesiegelten Abtretungserklärung der damaligen Stadtsparkasse M. vom 18. Dezember 1981 hinsichtlich eines zweitrangigen Teilbetrages jener Grundschuld von 100.000 DM an Herrn …, wobei es darüber hinaus hieß, die Zedentin bewillige die Eintragung der Abtretung in das Grundbuch bei gleichzeitiger Bildung eines Teilgrundschuldbriefes und dessen Aushändigung an den Zessionar.

Daraufhin hat das Grundbuchamt am 25. Juni 2019 eine Zwischenverfügung erlassen. Es hat Hindernisse bei der Löschung eines Rechts in Blatt …0 geltend gemacht und (wegen der diesbezüglichen Abtretungen) Bedenken dagegen geäußert, die Auflassungsvormerkungen tatsächlich zu löschen. Außerdem hat es beanstandet, im Hinblick auf die Löschung des Rechts Blatt 6… III/1 seien wegen des zweitrangigen Teilbetrages Rechtsinhaberschaft und Bewilligungsbefugnis der Sparkasse zweifelhaft, nachzuweisen sei deren Wiedererlangung durch Rückabtretung an die Sparkasse in der Form des § 29 GBO.

Der Verfahrensbevollmächtigte hat mit Schrift vom 7. Oktober 2019 unter anderem erwidert, die Teilabtretung sei nicht vollzogen worden.

Sodann hat der Notar mit gesiegelter Schrift vom 17. Oktober 2019 zu Blatt 6… gestellte, hier belanglose Anträge sowie aus der Schrift vom 20. Mai 2019 den Antrag auf Umschreibung des Eigentums auf die Beteiligte zu 2. nebst Vormerkungslöschung zurückgenommen und durch neue Anträge ersetzt; der Löschungsantrag zum Recht III/1 ist nicht betroffen gewesen.

Mit weiterer Zwischenverfügung vom 6. November 2019 (Erlassdatum) ist das Grundbuchamt betreffend alle drei mit der ersten Zwischenverfügung beanstandeten Punkte auch nach dem inzwischen erreichten Aktenstand im Ergebnis dabei verblieben, dass den Anträgen nicht entsprochen werden könne.

Nach weiterer Korrespondenz, darunter eine Zwischenverfügung vom 11. November 2019, hat das Grundbuchamt mit der angefochtenen Entscheidung erklärt, „der … am 20.05.2019 gestellte Antrag“ werde zurückgewiesen.

Hiergegen wendet sich das Rechtsmittel mit Datum vom 13. April 2020. Dessen Begründung führt ausschließlich Gesichtspunkte im Zusammenhang mit der Löschung des Rechts in Blatt 6… III/1 an.

Diesem Rechtsmittel hat das Grundbuchamt mit ausführlich begründetem weiterem Beschluss vom 8. Mai 2020 nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht als Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Grundakten Bezug genommen.

II.

Die Sache ist infolge der vom Grundbuchamt ordnungsgemäß erklärten Nichtabhilfe dem Senat zur Entscheidung angefallen, vgl. § 75 GBO.

Das Rechtsmittel der Beteiligten – mangels anderer Angabe ist es als gemäß § 15 Abs. 2 GBO im Namen aller Antrags-und Beschwerdeberechtigten eingelegt anzusehen – ist als (unbeschränkte) Grundbuchbeschwerde nach §§ 71 Abs. 1, 72, 73 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GBO zulässig.

Es hat auch in der Sache Erfolg. Das Grundbuchamt hat die begehrte Löschung aus unzutreffendem Grunde versagt.

1.

Inhaltlich richtet sich die Beschwerde allein gegen die Versagung der Löschung des Rechts in Blatt 6… III/1.

Anders kann die Rechtsmittelschrift nicht verstanden werden. Denn mit den weiteren Beanstandungen des Grundbuchamtes – in mehreren vorangegangenen Zwischenverfügungen – zu der Löschung eines weiteren Rechts in Blatt 2… Abt. II sowie der Auflassungsvormerkungen (Letztgenanntes ist nur zu Blatt 6… überholt) setzt sich die Beschwerdebegründung in keiner Weise auseinander, was umso mehr erforderlich gewesen wäre, als die Beteiligten während des Laufes des Eintragungsverfahrens bemüht gewesen sind, die vom Grundbuchamt insoweit geäußerten Bedenken auszuräumen.

Die Rechtsmittelbeschränkung begründet zugleich die Feststellung, dass die Beteiligten jedenfalls hinsichtlich des beschwerdegegenständlichen Löschungsantrages keine Bestimmung nur gemeinsamer Behandlung der mehreren Anträge nach § 16 Abs. 2 GBO getroffen haben.

Ist nach alledem im Beschwerdeverfahren einzig über die angefochtene Entscheidung zu befinden, soweit mit ihr der Löschungsantrag zum hiesigen Recht zurückgewiesen worden ist, stellt sich die Frage nicht mehr, ob das Grundbuchamt auf der Grundlage der von ihm vertretenen Standpunkte berechtigterweise die mehreren Eintragungsanträge insgesamt zurückgewiesen hat.

2.

Das vom Grundbuchamt gesehene Eintragungshindernis zum hiesigen Antrag besteht nicht.

Da nach § 46 Abs. 1 GBO die Löschung einer Eintragung ihrerseits eine Eintragung darstellt, bedarf sie nach § 19 GBO der Bewilligung des Betroffenen, und das ist im Grundsatz der in seinem grundbuchmäßigen Recht nachteilig Berührte. Indes kommen als bewilligungsberechtigt nicht nur diejenigen, die nach den Verlautbarungen des Grundbuchs aus der Eintragung, mithin aufgrund ihrer Buchposition, berechtigt sind, in Betracht, sondern auch diejenigen, die zwar im Grundbuch nicht als Berechtigte eingetragen sind, bei denen das Grundbuchamt aber positive Kenntnis von ihrem Rechtserwerb hat. Denn in derartigen Fällen genügt die Bewilligung des Buchberechtigten dann nicht mehr, wenn die Vermutung des § 891 Abs. 1 BGB – wonach, falls für jemanden im Grundbuch ein Recht eingetragen ist, vermutet wird, dass ihm das Recht zustehe – widerlegt ist, weil sich für das Grundbuchamt die Unrichtigkeit des Grundbuchs zweifelsfrei ergibt, da es von allen Tatsachen Kenntnis erlangt hat, die die Rechtsänderung begründen (BGH NJW-RR 2006, 888 ff – Tz. 14; OLG München Rpfleger 2006, 393 f – juris-Version Tz. 11 f; jeweils m.w.Nachw.; zur Bedeutung des § 891 BGB bei Briefrechten näher Senat, Beschluss vom 28. Oktober 2016 in Sachen I-3 Wx 290/15 – juris-Version Tz. 21 f).

Hier beruft sich das Grundbuchamt auf eine Teilabtretung des zu löschenden Grundpfandrechts durch die eingetragene Gläubigerin an einen Dritten außerhalb des Grundbuchs. Für diese Rechtsänderung wäre nach §§ 1192 Abs. 1, 1154 Abs. 1 Satz 1,

1. Halbs. BGB die Erteilung der Abtretungserklärung in schriftlicher Form und die Übergabe des (Teil-)Hypothekenbriefs erforderlich. Für eine Erteilung ist zwar nicht zwingend erforderlich, dass die Erklärung dem neuen Gläubiger vom alten ausgehändigt wird, es reicht aus, dass der alte sich der Erklärung zugunsten des neuen derart entäußert, dass dieser darüber verfügen kann, namentlich indem es ihm ermöglicht wird, sich von der bei einem Dritten liegenden Erklärung eine Abschrift erteilen zu lassen (vgl. Palandt-Herrler, BGB, 79. Aufl. 2020, § 1154 Rdnr. 5 m.Nachw.).

Zur Kenntnis des Grundbuchamtes gelangt ist aber einzig das Vorliegen einer (Teil-)Abtretungserklärung in schriftlicher Form, weder die Erteilung der Erklärung an den Zessionar – in welcher Form auch immer -, noch die Übergabe des Briefs an diesen. Denn vorgelegt worden sind Erklärung und – ungeteilter – Brief von der eingetragenen Gläubigerin, mithin der präsumtiven Zedentin, nicht vom vermeintlichen Zessionar. Es fehlt, und zwar auch unter Berücksichtigung der in der Erklärung zugleich abgegebenen Eintragungsbewilligung, jeder Anhaltspunkt dafür, dass eine der beiden Unterlagen oder beide den Beherrschungsbereich der eingetragenen Gläubigerin jemals verlassen hätten. Im Gegenteil spricht das Unterlassen des Betreibens der nach der Abtretungserklärung vorgesehenen Grundbucheintragung und Teilbriefbildung während nunmehr knapp 39 Jahren indiziell gegen jenen Umstand. Erst recht steht hier der Vermutung des § 891 BGB keine zuwiderlaufende Vermutung nach § 1155 BGB gegenüber. Im übrigen legt die Entscheidung des Oberlandesgerichts München schon deshalb keine andere Beurteilung nahe, weil dort kein Briefrecht, sondern die Abtretung eines Eigentumsverschaffungsanspruchs in Rede stand.

Möglicherweise ist die Sichtweise des Grundbuchamtes von § 26 Abs. 1 GBO beeinflusst gewesen, denn hiernach hat bei der Übertragung von Briefrechten die Vorlage der Abtretungserklärung des bisherigen Gläubigers – bei Gericht – eine weitere Erklärungen erübrigende Wirkung; um diese Vorschrift geht es hier jedoch nicht. Zum einen hat sie einen rein grundbuchverfahrensrechtlichen Gehalt (Unnötigkeit einer Eintragungsbewilligung), wohingegen im vorliegenden Zusammenhang die materiell-rechtliche Lage den Ausschlag gibt. Zum anderen kann es nach der Gesamtheit der eingereichten Grundbucherklärungen, nämlich der Löschungsbewilligung der eingetragenen Gläubigerin, keinem ernsthaften Zweifel unterliegen, dass hier heute (zum jetzigen Fall) nicht, wie in § 26 Abs. 1 GBO geregelt, die (Teil-)Übertragung einer Grundschuld eingetragen werden soll.

III.

Im Hinblick auf den Erfolg des Rechtsmittels erübrigt sich eine Kostenentscheidung ebenso wie eine Festsetzung des Geschäftswertes von Amts wegen. Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde hat schon deshalb zu unterbleiben, weil sie von den obsiegenden Beteiligten mangels Beschwer nicht zulässigerweise eingelegt werden könnte.

 

 

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