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Löschung einer Belastung bei Unauffindbarkeit einer notariellen Bewilligungsurkunde

Unauffindbare notarielle Urkunden: Löschung von Belastungen

Das Oberlandesgericht München entschied, dass eine Belastung im Grundbuch nicht gelöscht werden kann, nur weil die zugehörige notarielle Bewilligungsurkunde unauffindbar ist. Das Gericht betonte, dass die Unrichtigkeit der Eintragung nachweislich belegt werden muss. Zudem blieb offen, ob die Belastung aufgrund alter Rechtsnormen weiterhin Gültigkeit besitzt, auch wenn sie nach heutigem Recht möglicherweise nichtig wäre.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 34 Wx 19/15  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Zurückweisung der Beschwerde: Das OLG München wies die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts München zurück, die Belastung im Grundbuch zu löschen.
  2. Nachweis der Unrichtigkeit: Die Unrichtigkeit einer Grundbucheintragung muss nachgewiesen werden, bevor eine Löschung vorgenommen werden kann.
  3. Rechtliche Gültigkeit der Belastung: Mögliche Gültigkeit der Belastung aufgrund älterer Rechtsnormen, trotz potenzieller Nichtigkeit nach aktuellem BGB.
  4. Ermittlungspflichten des Grundbuchamts: Das Gericht betont, dass das Grundbuchamt nicht verpflichtet ist, die Bewilligungsurkunde aktiv zu suchen.
  5. Unbestimmtheit des Rechts: Die Beteiligte konnte nicht nachweisen, dass die Belastung aufgrund der Unauffindbarkeit der Urkunde unbestimmt und daher nichtig ist.
  6. Übergangsbestimmungen des BGB: Die Belastung könnte durch Übergangsbestimmungen des BGB weiterhin Bestand haben.
  7. Kein automatischer Ausschluss des Rechts: Das Fehlen der Bewilligungsurkunde führt nicht automatisch zur Unwirksamkeit der Belastung.
  8. Möglichkeit weiterer rechtlicher Schritte: Es bleibt offen, ob weitere rechtliche Schritte, wie ein Amtslöschungsverfahren, Erfolg haben könnten.

Der Streit um die Löschung einer Grundbuchbelastung

Löschung Grundbuchbelastung bei unauffindbarer Urkunde
(Symbolfoto: Africa Studio /Shutterstock.com)

Im Zentrum des Rechtsstreits steht die Frage der Löschung einer Belastung im Grundbuch, die durch eine unauffindbare notarielle Bewilligungsurkunde bedingt ist. Dieser Fall wurde vor dem Oberlandesgericht München unter dem Aktenzeichen 34 Wx 19/15 verhandelt, wobei die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des Amtsgerichts München vom 19. Dezember 2014 zurückgewiesen wurde.

Die Ursache: Unauffindbare Bewilligungsurkunde und ihre Folgen

Ausgangspunkt des Verfahrens war der Erwerb eines Grundbesitzes durch die Beteiligte, bei dem eine Belastung aus dem Jahr 1899 im Grundbuch eingetragen ist. Diese Belastung beinhaltet, dass das Grundstück nur an Personen veräußert werden darf, die bestimmte Verpflichtungen übernehmen. Der Knackpunkt: Die dafür erforderliche notarielle Bewilligungsurkunde ist unauffindbar. Weder im Grundbuchamt noch im Staatsarchiv konnte eine Kopie der Urkunde gefunden werden, was Zweifel an der Bestimmbarkeit und Gültigkeit der Belastung aufwarf.

Rechtliche Herausforderungen und die Entscheidung des Gerichts

Das OLG München setzte sich mit der Frage auseinander, ob die Belastung aufgrund der Unauffindbarkeit der Bewilligungsurkunde gelöscht werden kann. Hierbei wurde deutlich, dass die Beweislast für die Unrichtigkeit der Eintragung beim Antragsteller liegt. Der Fall war kompliziert, da die Belastung bereits vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) im Jahr 1900 eingetragen wurde. Nach damaligem Recht konnten solche Belastungen rechtsgültig eingetragen werden und behalten ihre Gültigkeit auch unter dem BGB, sofern sie vor dessen Inkrafttreten wirksam wurden. Dies bedeutet, dass die Nichtigkeit der Belastung nicht ohne Weiteres aus der Unauffindbarkeit der Urkunde gefolgert werden kann.

Implikationen des Urteils und offene Fragen

Obwohl das Gericht die Beschwerde zurückwies, bleibt der Fall in rechtlicher Hinsicht interessant. Das Urteil betont, dass die materielle Unrichtigkeit des Grundbuchs nicht allein aus der Unauffindbarkeit einer Urkunde abgeleitet werden kann. Es wirft auch die Frage auf, wie mit altrechtlichen Eintragungen umgegangen werden sollte, die nach heutigem Recht möglicherweise als nichtig angesehen würden. Das Gericht ließ offen, ob in einem Amtslöschungsverfahren möglicherweise eine andere Entscheidung getroffen werden könnte.

Das Urteil des OLG München stellt somit einen wichtigen Bezugspunkt für ähnliche Fälle dar, in denen die Gültigkeit von Grundbucheinträgen aufgrund fehlender Urkunden infrage gestellt wird. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung in ähnlich gelagerten Fällen entwickeln wird.

Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt


Inwiefern ist die Notwendigkeit einer notariellen Bewilligungsurkunde für Grundbucheinträge relevant?

Die Notwendigkeit einer notariellen Bewilligungsurkunde für Grundbucheinträge ist aus mehreren Gründen relevant.

Erstens dient sie der Rechtssicherheit. Das Grundbuch ist ein öffentliches Register, in dem alle Grundstücke und ihre rechtlichen Verhältnisse eingetragen sind. Die Eintragungen klären, wer Eigentümer eines Grundstücks ist und welche Rechte und Belastungen auf dem Grundstück lasten.

Zweitens ist die notarielle Bewilligungsurkunde ein wesentlicher Bestandteil des Prozesses der Eigentumsübertragung. Der Notar setzt den Kaufvertrag auf, überwacht die Eigentumsumschreibung im Grundbuch und hilft, Risiken zu vermeiden.

Drittens ist die notarielle Bewilligungsurkunde eine formelle Voraussetzung für die Eintragung im Grundbuch. Nach § 29 Abs. 1 der Grundbuchordnung (GBO) muss die Bewilligung öffentlich beglaubigt sein, was in der Regel durch einen Notar erfolgt.

Viertens hat der Notar eine Prüfpflicht. Er muss die Eintragungsfähigkeit der Anmeldung oder Erklärung prüfen. Obwohl das vollständige Unterlassen der Prüfung disziplinarrechtlich geahndet werden kann, bindet eine Vorprüfung durch den Notar das Grundbuchamt nicht.

Fünftens ist die notarielle Bewilligungsurkunde für die Praxis des Grundbuchverkehrs von Bedeutung. Das Grundbuchamt muss nicht die Rechtslage als solche prüfen, sondern kann sich auf die Prüfung der formellen Voraussetzungen, insbesondere der Bewilligung, beschränken.

Insgesamt trägt die Notwendigkeit einer notariellen Bewilligungsurkunde zur Effizienz und Rechtssicherheit im Grundbuchverkehr bei.

Welche Rolle spielt die Unauffindbarkeit einer Bewilligungsurkunde im Kontext der Löschung von Grundbuchbelastungen?

Die Unauffindbarkeit einer Bewilligungsurkunde kann im Kontext der Löschung von Grundbuchbelastungen eine wichtige Rolle spielen. Wenn eine Bewilligungsurkunde nicht auffindbar ist, kann dies den Prozess der Löschung einer Grundbuchbelastung erschweren, da die Bewilligungsurkunde als Informationsquelle über den Inhalt des Rechts dient.

In einem Fall, der vom Oberlandesgericht Köln behandelt wurde, strebte eine Grundstückseigentümerin die Löschung eines eingetragenen Rechts an ihrem Grundstück an. Die Bewilligungsurkunde war jedoch nicht auffindbar, da die Grundakten vermutlich infolge des Krieges verloren gegangen waren. Das Grundbuchamt lehnte den Antrag auf Löschung ab, da die Unauffindbarkeit der Bewilligung das materielle Recht nicht in Frage stellte.

Es ist jedoch möglich, einen Löschungsantrag zu stellen, wenn die Bewilligungsurkunde unauffindbar ist. In diesem Fall muss der Eigentümer eidesstattlich versichern, dass die Urkunde unauffindbar ist und der Verbleib nicht bekannt ist.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Unauffindbarkeit einer Bewilligungsurkunde nicht automatisch zu einer Löschung führt. Es muss nachgewiesen werden, dass die im Grundbuch eingetragene Belastung nicht mehr besteht oder dass die Eintragung unrichtig ist.

Insgesamt kann die Unauffindbarkeit einer Bewilligungsurkunde den Prozess der Löschung von Grundbuchbelastungen erschweren und erfordert zusätzliche Schritte und Nachweise.

Wie wirkt sich die Nichtigkeit gemäß § 137 BGB auf Grundbucheinträge aus?

Die Nichtigkeit einer rechtlichen Handlung gemäß § 137 BGB hat direkte Auswirkungen auf Grundbucheinträge, da sie Verfügungsbeschränkungen betrifft, die nicht durch Rechtsgeschäfte übertragen werden können. Wenn eine Verfügung, die im Grundbuch eingetragen wurde, nichtig ist, bedeutet dies, dass die betreffende Eintragung im Grundbuch nicht den wahren rechtlichen Zustand widerspiegelt.

Im Kontext des Grundbuchrechts ist die Nichtigkeit einer Verfügung besonders relevant, da das Grundbuch die Eigentumsverhältnisse und Belastungen von Grundstücken dokumentiert und öffentlichen Glauben genießt. Dies bedeutet, dass die im Grundbuch eingetragenen Rechte als richtig und vollständig gelten, solange kein Widerspruch eingetragen ist oder die Unrichtigkeit nicht offenkundig ist (§ 892 BGB).

Wenn eine Verfügung aufgrund eines schuldrechtlichen Veräußerungsverbots nach § 137 BGB nichtig ist, bleibt die Eintragung im Grundbuch zwar bestehen, aber die materielle Rechtslage entspricht nicht dem Grundbucheintrag. In einem solchen Fall kann der wahre Berechtigte einen Berichtigungsanspruch nach § 894 BGB geltend machen, um das Grundbuch an die tatsächliche Rechtslage anzupassen. Dies kann durch Eintragung eines Widerspruchs oder durch Löschung der nichtigen Verfügung erfolgen.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Urteil vom 6. Juli 2012 (V ZR 122/11) klargestellt, dass ein schuldrechtliches Veräußerungsverbot nicht automatisch nach 30 Jahren erlischt und dass ein Löschungsanspruch der Vormerkung aus § 894 und § 886 BGB besteht. Dies zeigt, dass die Nichtigkeit einer Verfügung, die im Widerspruch zu einem schuldrechtlichen Veräußerungsverbot steht, durchaus zu einem Löschungsanspruch im Grundbuch führen kann.

Zusammenfassend hat die Nichtigkeit einer Verfügung gemäß § 137 BGB erhebliche Auswirkungen auf Grundbucheinträge, da sie die Notwendigkeit einer Berichtigung des Grundbuchs zur Folge haben kann, um die tatsächliche Rechtslage korrekt widerzuspiegeln.


Das vorliegende Urteil

OLG München – Az.: 34 Wx 19/15 – Beschluss vom 30.03.2015

I. Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des Amtsgerichts München – Grundbuchamt – vom 19. Dezember 2014 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beteiligte hat Grundbesitz mit Auflassung vom 21.2.2014 und Eintragung vom 19.12.2014 erworben, darunter das mit FlSt 2240 bezeichnete Grundstück, an dem in der Zweiten Abteilung folgende Belastung eingetragen ist:

Das Grundstück darf nur an jemand veräußert werden, der in die seitens der früheren Besitzerin gegenüber der Landeshauptstadt M. nach Maßgabe der Urk. d. k. Notars H. Nr. 2107 vom 24.08.1898 eingegangenen Verpflichtungen in der betreffenden Erwerbsurkunde ausdrücklich eintritt; eingetragen am 16.01.1899 und hierher von Bl. … übertragen am 19.12.2014.

In der Erwerbsurkunde vom 21.2.2014 findet sich folgende Feststellung:

Der Notar hat – erfolglos – versucht, beim Grundbuchamt oder beim Staatsarchiv eine Kopie der Eintragungsbewilligung zu erhalten. Der Grundbuchbote hat festgestellt, dass die Grundakten nur für die Zeit bis Kriegsende 1945 zurückgehen. Das Bay. Staatsarchiv hat mit Schreiben vom 17.12.2013 insbesondere mitgeteilt, dass die Urkunde im Bestand fehlt und es keinen Hinweis auf den möglichen Verbleib geben könne(n).

Er (hat) darauf hingewiesen, dass diese Belastung wegen ihrer Bedeutung als Verkaufsverbot möglicherweise seit Einführung des BGB nichtig ist, § 137 BGB.

Er hat angeregt, dass sich die Beteiligten die Eintragungsbewilligung beschaffen, hilfsweise sich mit der Stadt M. in Verbindung setzen.

Die Beteiligte hat mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 9.10.2014 beantragt, die Eintragung ersatzlos zu löschen, und zwar wegen Nichtigkeit (§ 137 BGB) sowie deswegen, weil die eingegangene Verpflichtung nicht mehr bestimmbar sei. Das Grundbuchamt hat mit Beschluss vom 19.12.2014 den Antrag zurückgewiesen. Die in den Grundakten fehlende Eintragungsbewilligung könne nicht zur Löschung des Rechts führen. In der Regel lasse sich die Urkunde über Staatsarchiv, Notararchiv oder den Berechtigten, wenn auch aufwändig, wiederfinden. Ob das Recht ohne die weiteren Angaben in der Urkunde so unbestimmt sei, dass es gelöscht werden könne, erscheine fraglich.

Derartige Veräußerungsverbote seien nach heutigem Stand eher als eine Art Dienstbarkeit zu verstehen. Auch für das Grundbuchamt gelte das Grundbuch als richtig, d. h. es sei zu unterstellen, dass das Recht seinerzeit zulässigerweise eingetragen bzw. umgeschrieben wurde. Altrechtliche Rechte verlören ihre Gültigkeit nicht bereits dadurch, dass sie gegebenenfalls heute nicht mehr so eingetragen werden könnten.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten vom 13.1.2015, der das Grundbuchamt nicht abgeholfen hat. Zur Begründung des Rechtsmittels wird weiter die Auffassung vertreten, dass die Bewilligung „endgültig“ fehle, die eingetragene Belastung schlichtweg gegenstandslos und zudem als Veräußerungsverbot nichtig sei. Anfragen an die aus der eingetragenen Belastung Berechtigte seien bislang ohne abschließende Reaktion geblieben.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Gegen die Antragszurückweisung ist die Grundbuchbeschwerde nach § 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1 GBO zulässig (vgl. § 73 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 GBO; § 10 Abs. 2 Satz 1, § 11 FamFG); insbesondere ist die Beteiligte auch beschwerdeberechtigt, weil sie jedenfalls im Zeitpunkt der Rechtsmitteleinlegung im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen war. Geltend macht die Beteiligte ersichtlich die nachträgliche Unrichtigkeit des Grundbuchs, nämlich entweder dadurch, dass mit Inkrafttreten des BGB die eingetragene Belastung ohnehin unwirksam geworden sei, oder dadurch, dass sie wegen Unauffindbarkeit der in dem Eintrag bezeichneten Urkunde mit den daraus ersichtlichen Verpflichtungen nicht mehr bestimmbar sei. Mit diesem Ziel unterliegt auch die gegen die abgelehnte Löschung eingelegte Beschwerde keinen Beschränkungen (vgl. BayObLG FGPrax 1998, 164/165; Demharter GBO 29. Aufl. § 71 Rn. 30; Meikel/Schmidt-Räntsch GBO 11. Aufl. § 71 Rn. 75; zweifelnd Hügel/Kramer GBO 2. Aufl. § 71 Rn. 166).

2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Die Beteiligte hat nach § 22 GBO keinen Berichtigungsanspruch.

a) Berichtigt werden kann das Grundbuch durch die Vornahme der in diesem Fall beantragten ersatzlosen Löschung der mitübertragenen Veräußerungsbeschränkung (Demharter § 22 Rn. 2). Wenn die Bewilligung desjenigen fehlt, dessen Recht von der Eintragung betroffen ist (vgl. § 19 GBO), ist es aber notwendig, dass die Unrichtigkeit nachgewiesen wird (§ 22 Abs. 1 GBO). Dieser Nachweis obliegt, unabhängig von der Beweislast in einem Prozess über den materiellen Berichtigungsanspruch nach § 894 BGB, dem Antragsteller (allgem. Meinung; siehe BayObLGZ 1985, 225/228; 1988, 102/107). An ihn sind strenge Anforderungen zu stellen; ein gewisser Grad von Wahrscheinlichkeit genügt nicht. Der Antragsteller muss – in der Form des § 29 GBO – lückenlos ausräumen, was der begehrten berichtigenden Eintragung – hier also der Löschung – entgegenstehen könnte. Freilich brauchen ganz entfernt liegende, nur theoretische Möglichkeiten nicht ausgeräumt zu werden (BayObLGZ 1988, 102/107; 1995, 413/416). Keiner Nachweisführung bedarf es, wenn sich die materielle Unrichtigkeit aus der Eintragung im Grundbuch selbst – einschließlich zulässiger Bezugnahmen (vgl. § 874 BGB) – ergibt. Auch was offenkundig ist, braucht nicht bewiesen zu werden (vgl. Demharter § 22 Rn. 37; Hügel/Holzer § 22 Rn. 59/61).

b) Nach diesen Grundsätzen kann die eingetragene Belastung derzeit nicht gelöscht werden. Insbesondere kann nicht ohne Nachweis von einer Grundbuchunrichtigkeit ausgegangen werden.

(1) Offenkundig (§ 29 Abs. 1 Satz 2 GBO; zum Begriff Meikel/Hertel § 29 Rn. 615), namentlich allgemeinkundig (Meikel/Hertel Rn. 616) oder zumindest beim Grundbuchamt oder dem Beschwerdegericht (§ 74 GBO) zweifelsfrei bekannt (Meikel/Hertel Rn. 617) ist die (materielle) Nichtigkeit der Belastung nicht. Dies folgt nicht bereits aus § 137 Satz 1 BGB, wonach die Befugnis zur Verfügung über ein veräußerliches Recht nicht durch Rechtsgeschäft ausgeschlossen oder beschränkt werden kann. Auch der Notar hat bei Beurkundung dazu nur festhalten können, dass die Belastung „wegen ihrer Bedeutung als Verkaufsverbot möglicherweise seit Einführung des BGB“ (Gesetz vom 18.8.1896, RGBl S. 195; in Kraft getreten am 1.1.1900) nichtig sei. Indessen ist die Eintragung älteren Datums; ohne Kenntnis der in der bezeichneten Urkunde genannten Verpflichtungen und der dafür seinerzeit maßgeblichen rechtlichen Grundlage erschließt sich bereits nicht ohne Weiteres die Unwirksamkeit. Überdies sind – siehe zu (2) – Übergangsbestimmungen zu beachten.

(2) Rechte, mit denen ein Grundstück bei Inkrafttreten des BGB am 1.1.1900 belastet war, blieben grundsätzlich bestehen (vgl. Art. 184 Satz 1 EGBGB), und zwar mit dem sich aus den bisherigen Gesetzen ergebenden Inhalt und Rang. Ob sie so nach dem 31.12.1899 noch hätten begründet werden können, spielt keine Rolle (BayObLGZ 1986, 89/94).

Nach der Rechtslage vor dem 1.1.1900 gab es dem heutigen Recht fremde Verfügungsbeschränkungen (Sprau, Justizgesetze in Bayern, vor Art. 57 AGBGB Rn. 58). Diese hatten unterschiedliche Formen (z. B. Veräußerungs- und Belastungsverbote, Eigentumsvorbehalte). Solche Beschränkungen blieben nach der Übergangsvorschrift des Art. 168 EGBGB aufrecht erhalten und waren in das Grundbuch zu übernehmen (Sprau a. a. O.; siehe Henle/Schmitt GBO § 82 Vorbem II B 1 d). In der Stadt M. wie in deren Umland galt seinerzeit – von hier nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen – Bayerisches Landrecht (Völderndorff Bayer. Zivilgesetzstatistik 1880 S. 145). In dessen Geltungsbereich war es zulässig, Verfügungsbeschränkungen zur Sicherung von Forderungen zu vereinbaren und ihnen durch Eintragung in das damals bestehende Hypothekenbuch (§§ 21, 22 Nr. 7 Hypothekengesetz für das Königreich Bayern vom 1.6.1822; Text bei Henle Hypothekengesetz 5. Aufl.) dingliche Wirkung zu verleihen (BayObLGZ 13, 146/149; 15, 89/92; Henle/Schmitt a. a. O.). Hatten sie vor Inkrafttreten des BGB Wirksamkeit erlangt, sind sie auch danach wirksam geblieben. Die bestehenden Hypothekenbücher waren von dem Zeitpunkt an, den das Staatsministerium der Justiz für die einzelnen Amtsgerichtsbezirke bestimmte, als Grundbücher im Sinne des BGB anzusehen, das Überleitungsverfahren in Bayern war im Wesentlichen schon im Jahr 1905 abgeschlossen (vgl. Henle/Schmitt Einleitung IV.). Was im Hypothekenbuch eingetragen war, bildete von da an auch Grundbuchinhalt.

Um eine im Grundbuch (formal wirksam) eingetragene Verfügungsbeschränkung der bezeichneten Art kann es sich hier handeln, wenn auch der Inhalt der dinglich gesicherten Übernahmeverpflichtung aus dem Grundbuch selbst nicht zu entnehmen ist, sondern sich erst aus der bezeichneten Urkunde erschließen dürfte. Die genaue rechtliche Einordnung in den „numerus clausus“ der dem BGB geläufigen dinglichen Rechte kann auf sich beruhen. Jedenfalls spricht nichts gegen einen privatrechtlichen Charakter der Belastung noch gegen die Rechtsinhaberschaft der in der Eintragung bezeichneten Körperschaft (vgl. BayObLGZ 1962, 24/31 für Gemeindeservitut). Eine Nichtigkeit der im Grundbuch verlautbarten Beschränkung wegen Verstoßes gegen die spätere gesetzliche Bestimmung des § 137 (Satz 1) BGB ist somit auszuschließen.

(3) Die Beteiligte beruft sich weiter auf „Gegenstandslosigkeit der dinglichen Belastung“, weil das Recht wegen Unauffindbarkeit der Bewilligungsurkunde – nachträglich – unbestimmbar geworden sei. Sie macht damit geltend, das Grundbuch sei aufgrund materiell-rechtlicher Unwirksamkeit des noch verlautbarten Rechts unrichtig.

Festzuhalten ist zunächst, dass das Fehlen einer Bewilligung als rein verfahrensrechtlicher Erklärung (BGH FGPrax 2013, 53/54) – diese bildet lediglich die formelle Voraussetzung und Rechtfertigung der Grundbucheintragung (Demharter § 19 Rn. 13) – sich nicht auf die materiell-rechtliche Seite des Geschäfts auswirkt (BayObLGZ 2000, 176/179; Hügel/Holzer § 19 Rn. 8; Demharter § 19 Rn. 17). Demnach kann die Unauffindbarkeit der Bewilligung schon nicht den Bestand des materiellen Rechts in Frage stellen.

Soweit die Beteiligte der Sache nach zum Ausdruck bringen will, auch das materielle Recht selbst sei seinem Inhalt nach nicht mehr bestimmbar, ist damit zwar auch der sachenrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz angesprochen (dazu Palandt/Bassenge BGB 74. Aufl. Überbl v § 873 Rn. 14; Kössinger in Bauer/von Oefele GBO 3. Aufl. § 19 Rn. 79/80). Dieser lässt sich aber – jedenfalls vor Ausschöpfung weiterer durchaus naheliegender Möglichkeiten – nicht in Frage stellen. Aus dem bisher erfolglos verlaufenen Bemühungen der Beteiligten, von der als Berechtigter ausgewiesenen Landeshauptstadt M. den Inhalt der Belastung in Erfahrung zu bringen – die Beteiligte hat Anschreiben vom 10.10.2014, 28.11.2014 und 8.12.2014 vorgelegt -, folgt nichts Gegenteiliges. Erfahrungsgemäß können sich in einer Großstadtverwaltung Recherchen zu derartigen – alten – Urkunden über längere Zeit hinziehen. Zudem verweist das Grundbuchamt zutreffend auch auf weitere Auskunftsstellen. Dass insoweit erschöpfende und abschließende Auskünfte gegeben wurden, ist nicht ersichtlich. Ergibt sich zudem aus der Grundbucheintragung ein Berechtigter, kann ohnehin ein etwaiges Löschungsbegehren problemlos im Klageweg (§ 894 BGB) verfolgt werden. Die Beteiligte steht somit nicht rechtlos.

3. Der Senat weist darauf hin, dass die gegenständliche Entscheidung eine Beschwerde im Antragsverfahren betrifft. Über den Erfolg eines etwaigen Amtslöschungsverfahrens (vgl. § 53 Abs. 1 GBO) ist damit keine Aussage getroffen.

Hinzuweisen ist an dieser Stelle jedoch – unverbindlich – auf Folgendes:

a) Um eine inhaltlich unzulässige Eintragung, die nicht dem Regelungsbereich von § 22 GBO unterliegt, sondern nach § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO zu löschen wäre (Meikel/Böttcher § 22 Rn. 85), handelt es sich nicht. Unter einer unzulässigen Eintragung versteht man eine solche, die einen Rechtszustand oder -vorgang verlautbart, den es nicht geben kann (z. B. BayObLGZ 2001, 301; Meikel/Schneider § 53 Rn. 130 m. w. N.); die Eintragung müsste also mit dem ihr zu entnehmenden Inhalt rechtlich überhaupt ausgeschlossen und damit ungeeignet sein, ein Recht zu begründen (Meikel/Schneider a. a. O.). Gegenstandslosigkeit wäre kein Fall inhaltlicher Unzulässigkeit (Meikel/Schneider § 53 Rn. 133; siehe im Übrigen zu b)). Bereits aus dem Inhalt der Eintragung selbst müsste sich die inhaltliche Unzulässigkeit ergeben (z. B. BayObLGZ 1991, 139/141; Meikel/Schneider § 53 Rn. 135).

Das ist hier nicht der Fall. So wäre selbst die Eintragung einer Verfügungsbeschränkung nach Inkrafttreten des BGB nicht ohne Weiteres als unzulässig zu beurteilen (KG OLGE 11, 1 f.). Ob die Eintragung selbst hinreichend das Recht als solches – nämlich die Belastung mit Verpflichtungen aus einer bestimmten notariellen Urkunde – bezeichnet oder ob sie auch den Gegenstand der Verpflichtung als Rechtsinhalt ausweisen müsste, dürfte in diesem Zusammenhang nicht von Bedeutung sein. Jedenfalls kann letztlich nicht mit Sicherheit gesagt werden, dass sich die inhaltliche Unzulässigkeit der gegenständlichen Eintragung bereits aus ihr selbst ergibt (Meikel/Schneider § 53 Rn. 138; z. B. BayObLGZ 1987, 359/363; 1989, 442/445).

Im Übrigen gilt – was den fraglichen Inhalt der Belastung angeht – im Verfahren nach § 53 GBO zwar das Amtsermittlungsprinzip (§ 26 FamFG); indessen steht bereits die Einleitung von Ermittlungen im pflichtgemäßen Ermessen des Grundbuchamts. Insoweit wäre zu berücksichtigen, dass auch dort Mitwirkungspflichten der Beteiligten zur Beibringung von Tatsachen und Beweismitteln bestehen (Gottwald in Bassenge/Roth FamFG 12. Aufl. § 26 Rn. 18), um eine bereits seit 1899 unbeanstandet vorhandene Eintragung zur Löschung zu bringen (siehe dazu auch Senat vom 9.3.2015, 34 Wx 39/14). Dass die Beteiligte ihre Pflichten bereits ausgeschöpft hat, dürfte zu bezweifeln sein (siehe vorstehend zu 2.b.(3)).

b) Die Löschung sogenannter gegenstandsloser Eintragungen unterliegt dem Amtsverfahren nach § 84 GBO. Die Bestimmung erfasst Gegenstandslosigkeit aus rechtlichen (§ 84 Abs. 2 Buchst. a GBO) wie aus tatsächlichen Gründen (§ 84 Abs. 2 Buchst. b GBO). Rechtlich gegenstandslos sind etwa entstandene, in der Zwischenzeit jedoch wieder erloschene Rechte; tatsächlich gegenstandslos sind Rechte, wenn der Gegenstand des Rechts weggefallen ist (siehe Demharter § 84 Rn. 4 und 6, Rn. 12 f.). In beiden Alternativen dürften sich gegenwärtig – namentlich ohne Kenntnis der in der bezeichneten Erwerbsurkunde eingegangenen Verpflichtungen – keine genügenden Anhaltspunkte für die Annahme finden, dass die Eintragung gegenstandslos ist und das Grundbuchamt von Amts wegen tätig werden müsste (vgl. § 85 GBO). Eine „Wiederherstellung“ der nicht vorhandenen, möglicherweise aber wieder auffindbaren Urkunde, auf die sich die Eintragung – ohne Bezugnahme – gründet, braucht das Grundbuchamt nur zu betreiben, wenn es dies für angezeigt hält (siehe § 1 Abs. 1 Satz 3 WiederherstVO vom 26.7.1940, RGBl I S. 1048; BGBl III 315-11-4; Text bei Demharter Anhang 5). Vor Ausschöpfung sämtlicher Möglichkeiten, sie wiederaufzufinden, dürfte ein derartiges Verfahren ohnehin ausscheiden.

4. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Der Geschäftswert ist nach § 79 Abs. 1 Satz 1 GNotKG festzusetzen und nach § 36 Abs. 3 GNotKG zu bemessen.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 78 Abs. 2 GBO) liegen nicht vor.

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