AG Wittlich – Az.: Lw 11/10 – Urteil vom 20.02.2014
1. Die Genehmigung des notariellen Kaufvertrages vom … – Urkundenrollen-Nr. … des Notars … wird versagt.
2. Die Gerichtskosten hat die Antragstellerin zu tragen. Außergerichtliche Kosten – auch für das Beschwerdeverfahren- werden nicht erstattet.
3. Der Geschäftswert wird auf 15.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Mit notariellem Vertrag vom … erwarb die Antragstellerin von … mehrere Grundstücke, Flur … Nr. …, Flur … Nr. … und Flur … Nr. …, jeweils eingetragen im Grundbuch für … Blatt …, zu einem Gesamtkaufpreis in Höhe von 15.000,00 Euro.
Der beurkundende Notar unterließ es, den Vertrag der Antragsgegnerin als der zuständigen Behörde zur Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz vorzulegen. Nachdem die Antragstellerin am 12. Juni 2006 als Eigentümerin ins Grundbuch eingetragen wurde, hat das Grundbuchamt auf Antrag der Antragsgegnerin am 8. Juni 2007 einen Widerspruch in das Grundbuch von … Blatt … eingetragen. Die Erteilung eines von der Antragstellerin beantragen Negativattestes gemäß § 5 Grundstücksverkehrsgesetz hat die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 6. August 2007 bestandskräftig abgelehnt.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 10. Dezember 2009 hat die Verkäuferin …, ihr Mann war zwischenzeitlich verstorben, das Grundstück Flur … Nr. … an ihre Tochter … für einen Kaufpreis in Höhe von 15.000,00 Euro veräußert. Die grundstückverkehrsrechtliche Genehmigung wurde von der Antragsgegnerin am 10. März 2010 erteilt. Eine grundbuchrechtliche Umschreibung steht noch aus, da die Antragstellerin im Grundbuch als Eigentümerin ausgewiesen ist.
Am 29. Juli 2010 beantragte …, vertreten durch ihre Tochter …, von der Antragsgegnerin die grundstücksverkehrsrechtliche Genehmigung des mit der Antragstellerin abgeschlossenen notariellem Kaufvertrages vom ….
Mit einem an die Antragsgegnerin adressierten Schreiben vom 4. August 2010 zeigten … und … als Nebenerwerbslandwirte ihr Interesse an dem Erwerb des verfahrensgegenständlichen Grundstücks Flur … Nr. … an.
Mit Bescheid vom 29. September 2010 versagte die Antragsgegnerin die Genehmigung des notariellen Kaufvertrages betreffend des Grundstücks Flur … Nr. … da nach ihrer Auffassung … als Nebenerwerbslandwirte ein schützenswertes Interesse an dem Erwerb hätten. Das Grundstück Flur … Nr. … sei Bestandteil der Wirtschaftsstelle der … und damit für die Existenzfähigkeit deren Betrieb von großer Bedeutung. Insofern würde die Veräußerung des Grundstücks an die Antragstellerin als Nichtlandwirt eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens bedeuten.
Dieser Bescheid wurde der Antragstellerin am 1. Oktober 2010 zugestellt. Mit einem bei der Antragsgegnerin am 12. Oktober 2010 eingegangen Antrag hat die Antragstellerin die gerichtliche Entscheidung beantragt.
Mit Beschluss vom 7. Dezember 2011 hat das Amtsgericht – Landwirtschaftsgericht – Wittlich die Genehmigung des notariellen Kaufvertrags vom … versagt.
Aufgrund der gegen diese Entscheidung eingelegten Beschwerde der Antragstellerin hat sodann das Pfälzische Oberlandesgericht Zweibrücken mit Beschluss vom 20. September 2012 den angefochtenen Beschluss aufgehoben, da dieser nicht von den bei der Entscheidung mitwirkenden landwirtschaftlichen Beisitzern unterzeichnet worden war, und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht Wittlich zurückverwiesen.
Die Antragstellerin ist der Ansicht, die Genehmigung sei nach § 8 Nr. 1 Grundstücksverkehrsgesetz zu erteilen, da das Grundstück Flur … Nr. …, hinsichtlich dessen Genehmigungspflicht besteht, nach den Festsetzungen eines Flächennutzungsplanes nicht mehr ausschließlich zur land- oder fortwirtschaftlichen Nutzung bestimmt sei. Dies folge daraus, dass das Grundstück laut Flächennutzungsplan teilweise als Mischgebiet ausgewiesen sei.
Zudem bestreitet die Antragstellerin die Leistungsfähigkeit und Aufstockungswürdigkeit des Nebenerwerbsbetriebes der Erwerbsinteressenten ….
Die Antragstellerin beantragt, die Erteilung der Genehmigung für den Kaufvertrag vom …-Urkundenrollen- Nr. … für die Parzelle in der Gemarkung … Flur … Nr. ….
Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag zurückzuweisen.
Sie macht geltend, die streitgegenständliche Parzelle sei nur zu einem kleinen Teil im Flächennutzungsplan als Mischgebiet ausgewiesen, sodass das Grundstück nicht den überwiegenden landwirtschaftliche Zweck verliere. Zudem sei der Betrieb der Eheleute … leistungsfähig. Sie bewirtschaften insgesamt eine Nutzfläche von ca. 32,5 Hektar und betrieben seit 2010 ausschließlich Ackerbau. Angesichts der vorgelegten Verkaufsbelege für das 2013 ergebe sich auch deutlich, dass der Betrieb gewinnorientiert arbeite und Gewinne in einer Größenordnung erziele, die für einen leistungsfähigen Nebenerwerbsbetrieb sprechen.
Des Weiteren seien die Eheleute …, insbesondere auf die in Rede stehende Parzelle angewiesen, da sie Bestandteil ihrer Hofstelle sei und diese eine wirtschaftliche Einheit bilde.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist zwar zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingereicht, jedoch in der Sache unbegründet. Die Genehmigung des notariellen Kaufvertrags ist zu versagen.
Insbesondere liegt vorliegend kein Genehmigungszwang gemäß § 8 Nr. 1 Grundstücksverkehrsgesetz vor.
Danach ist die nach § 2 Grundstücksverkehrsgesetz erforderliche Genehmigung unter anderem zu erteilen, wenn eine Gemeinde an der Veräußerung beteiligt ist, das veräußerte Grundstück im Gebiet der beteiligten Gemeinde liegt und durch einen Bauleitplan im Sinne des § 1 Abs. 2 Baugesetzbuch nachgewiesen wird, dass das Grundstück für andere als die in § 1 Grundstücksverkehrsgesetz bezeichneten Zwecke vorgesehen ist. Letztere Voraussetzung ist jedoch nicht gegeben.
Der Flächennutzungsplan weist für ca. ¾ der Grundstücksfläche eine Fläche für die Landwirtschaft aus, während das restliche ¼ als gemischte Baufläche ausgewiesen ist. Nach § 8 Nr. 1 Grundstücksverkehrsgesetz muss das Grundstück allerdings für andere als die im § 1 bezeichneten Zwecke vorgesehen sein. Demnach müsste das Grundstück durch den Bauleitplan seine Zweckbestimmung als landwirtschaftliches Grundstück, insbesondere zum Beispiel infolge einer vorgesehenen Bebauung, verlieren. Dies ist bei der in Rede stehenden Parzelle, die überwiegend als Fläche für die Landwirtschaft vorgesehen ist und damit der landwirtschaftliche Zweck nicht verloren gegangen ist, gerade nicht der Fall.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des Oberlandesgerichts Koblenz vom 15.01.2002, da in dem dort zu beurteilenden Fall das gesamte verfahrensgegenständliche Grundstück von dem Bauleitplan und der damit verbundenen Veränderung der Nutzung erfasst war.
Die beantragte Genehmigung ist jedoch zu versagen, da die Veräußerung des fraglichen Grundstücks eine ungesunde Bodenverteilung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 Grundstücksverkehrsgesetz darstellt, die auch nicht durch eine Auflage oder Bedingung gem. den §§ 10, 11 Grundstücksverkehrsgesetz ausgeräumt werden kann.
Nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung stellt die Veräußerung eines land- bzw. forstwirtschaftlichen Grundstückes an einen Nichtlandwirt regelmäßig eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens dar, wenn ein leistungsfähiger Haupt- oder Nebenerwerbslandwirt, dessen Betrieb dringend der Aufstockung bedarf, zum Erwerb der Flächen zu den Bedingungen des Kaufpreis bereit und in der Lage ist (vgl. BGBZ 134, S. 166 ff; BGB Beschluss vom 26.04.2002, Az: BLw 2/02).
Vorliegend bestehen für das Gericht nach Anhörung der Erwerbsinteressenten … keine Zweifel daran, dass diese die vorgenannten Voraussetzungen erfüllen.
Sie betreiben Ackerbau im Nebenerwerb und bewirtschaften dazu ca. 32 Hektar, wobei etwa die Hälfte der Fläche im Eigentum der Erwerbsinteressentin … steht und die andere Hälfte angepachtet ist.
Die in Rede stehende Fläche stellt, wovon sich das Gericht im Rahmen eines Ortstermins selbst überzeugt hat, einen Teil der Hofstelle dar, auf die die Erwerbsinteressenten dringend angewiesen sind. Im Falle eines Verlustes dieser Nutzungsmöglichkeit würde die Bewirtschaftung der Hofstelle in unzumutbarer Weise erschwert. Zum einen würden ihnen Unterstellkapazitäten durch den Wegfall des Schuppens, der zur Zeit auf der streitgegenständlichen Parzelle steht, verloren gehen, die nicht zu kompensieren sind. Zum anderen würde eine Aufspaltung der Hofstelle das Rangieren erschweren. Zudem erscheint es unbillig, den Erwerbsinteressenten diejenigen Erweiterungskapazitäten, die bereits in der Hofstelle angelegt sind (zum Unterstellen von Gerätschaften und zu einer etwaigen erneuten Umstellung auf Vieh Wirtschaft) durch den Verkauf der Parzelle zu entziehen, denn damit würde ihrem landwirtschaftlichen Betrieb die Flexibilität genommen, die für seine langfristige Zukunftsfähigkeit erforderlich ist.
Das die Erwerbsinteressentin … bereit und in der Lage ist, den damals vereinbarten Kaufpreis in Höhe von 15.000,00 Euro zu zahlen, hat sie bereits dadurch gezeigt, dass sie die Parzelle mit notariellem Kaufvertrag vom 10. Dezember 2009 zu den gleichen Konditionen erworben hat.
Die Berücksichtigung ihres Erwerbsinteresses hat sie auch nicht dadurch verwirkt, dass ihr die in Rede stehende Fläche schon einmal vor dem Verkauf an die Antragstellerin zum Kauf angeboten wurde.
Diesbezüglich hat die Erwerbsinteressentin für das Gericht glaubhaft geschildert, dass sie zum Zeitpunkt des damaligen Kaufangebots dieses aus wirtschaftlichen Gründen ausgeschlagen habe, da nicht nur der Kaufpreis um 2.000,00 Euro höher geigen habe, sondern zudem auch eine Verpflichtung zur Übernahme der gesamten Heizkosten für die Eltern zu deren Lebzeiten, gefordert worden sei. Von daher ist angesichts der fehlenden Vergleichbarkeit der Kaufbedingungen nicht von einer Verwirkung des Erwerbsinteresses auszugehen.
Insgesamt würde daher der Verkauf der hier in Rede stehenden Fläche an die Antragstellerin als unstreitige Nichtlandwirtin zu einer ungesunden Verteilung von Grund und Boden führen, weshalb die Genehmigung zu versagen ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 44 Abs. 1, 45 Abs. 1 Landwirtschaftsverfahrensgesetz. Da die Antragstellerin das Verfahren nicht durch grobes Verschulden verursacht hat, war eine Erstattung außergerichtlicher Kosten nicht anzuordnen.